FriedelRechtsrisiko bei Entgeltbemessung

Duncker & Humblot Verlag, Berlin 2021, 335 Seiten, € 89,90

ANDREASRAFFEINER

Ein jeder von uns weiß, dass das Recht an und für sich ein gewisses Risiko beinhaltet. Auf diese Weise drohen bei rechtlichen Fehleinschätzungen dem Rechtsanwender Vermögens- und Rechtsgütereinbußen. Als Komponente von tragischer Tragweite kommt das Rechtsrisiko ins Spiel.

Johanna Simone Friedel, die Verfasserin des zu rezensierenden Werkes, welches von der Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München im Wintersemester 2020/21 als Dissertation angenommen wurde und auch neuere Literatur und Rsp zum Inhalt hat, versteht es in vorbildlicher Art, das Risiko im Recht und das Recht als Risiko differenziert zu durchleuchten. Folglich ist ein Risiko immer die Folge einer eigenen Fehlentscheidung. Das Rechtsrisiko als solches wird, wenn die Rechtsgüter- oder Vermögenseinbußen aufgrund dieser eigenen Handlung, die auf einer falschen (oder später gerichtlich nicht rechtskräftigen bestätigten) rechtlichen Einschätzung fußt, möglich. Dass natürlich auch eine Lenkungsfunktion des immanenten Rechtsrisikos und eine Kategorisierung desselbigen erwähnt werden, macht das vorliegende Buch spannend und informativ zugleich.

Die Autorin versteht es, mit der notwendigen Liebe zum Detail und ausführlich, dies anhand des fragmentarisch geregelten und folglich wertungsbasierten Arbeitsrechts dingfest zu machen. Das Arbeitsentgelt als solches erfährt seine Bestimmung von einer Menge vertraglicher, gesetzlicher und kollektivvertraglicher Einflussgrößen, und es ist nicht von der Hand zu weisen, dass der AG im Resultat verpflichtet ist, die Vergütung seiner AN korrekt und genauestens zu berechnen. In dieser Grundlage finden wir natürlich auch die anfallenden Sozialversicherungsbeiträge und die Lohnsteuer als wesentliche Kennzahlen. Es ist daher die Pflicht eines jeden AG, das richtige Entgelt zu ermitteln.

Und da steckt der Teufel im Detail.Friedel betont, dass bei der Bemessung vielerlei Fehler unterlaufen können und das Risiko der Aufdeckung groß ist. Diese Bemessungsfehler können dem AG teuer zu stehen kommen, zumal sie im Arbeitsverhältnis, Steuer- und Sozialversicherungsrecht aufs Schärfste sanktioniert werden. Die Folgen können verheerend sein, zumal die ermittelten Parameter auch im Bilanz-, Sanktionen- und Insolvenzrecht Einzug halten können.

So gelingt es der Autorin, adäquat und in jeglicher Hinsicht pragmatische Ansätze und konkrete Handlungsanweisungen in Worte zu kleiden, welche das in der Praxis bedeutsame Entgeltrisiko bewältigen. Im Fachjargon spricht man in diesem Fall von einer Vergütungscompliance.Friedel schneidet die Begründung der Risikozuweisung an den AG an, umreißt das Risikomanagement und versäumt es nicht, die Frage der Wahrung der Grenzen der Risikozuweisung einer mehr als nur zufriedenstellende Antwort zuzuführen.

Das vorliegende Buch besticht durch eine sehr gute und übersichtliche Einteilung. Der Leser findet sich schnell zurecht und kann in jedem Kapitel gleich vertiefende Elemente vorfinden. Die Verfasserin hat sich mit einer nicht alltäglichen und keineswegs einfachen Materie beschäftigt. Es bleibt zu hoffen, dass das Rechtsrisiko als Gefahrenquelle beim Abschluss eines Vertrages erkannt wird und möglichst ausgeschlossen wird. Denn die Nichtbeachtung, die Falschanwendung oder die Übertretung von Gesetzen können als pflichtwidriges Unterlassen oder Handeln umrissen werden. Das kompakte und in der gleichen Weise lesenswerte Buch ist ein Werk, das einen besonderen Platz im Arbeitsrecht einnimmt und jedem, und es ist einerlei, ob es sich um einen AG oder einen AN handelt, wärmstens ans Herz zu legen ist.