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Nettoeinkommenseinbuße von 13 % begründet im konkreten Fall noch keine Sozialwidrigkeit der Kündigung

KLAUSBACHHOFER

Die Kl wurde von der Bekl am 15.2.2021 zum 31.5.2021 gekündigt und begehrt, die Kündigung wegen Sozialwidrigkeit gem § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG für rechtsunwirksam zu erklären.

Die 1984 geborene Kl hat keine Sorgepflichten und kann mit hoher Wahrscheinlichkeit innerhalb von sechs Monaten wiederum eine Vollzeitbeschäftigung als Sicherheitsdienst-, Büro- oder Handelsangestellte erlangen. Das monatliche Nettogehalt der Kl bei der Bekl betrug durchschnittlich € 1.768,88, sie ist in der Lage, in Hinkunft ein monatliches Nettogehalt von € 1.535,14 zu beziehen. Die Kl behauptet unter Berufung darauf, dass für die Be152urteilung, ob wesentliche Interessen des AN beeinträchtigt sind, auch das Gesamteinkommen zu berücksichtigen sei, monatliche Fixkosten von € 1.200,-, sodass ihr nicht einmal täglich € 10,- für Grundnahrungsmittel verblieben.

Nachdem beide Vorinstanzen das Klagebegehren abgewiesen hatten, erhob die Kl eine außerordentliche Revision an den OGH, die jedoch von diesem unter nachstehender wesentlicher Begründung verworfen wurde:

Eine erfolgreiche Anfechtung einer Kündigung wegen Sozialwidrigkeit nach § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG bedarf des Nachweises, dass die Kündigung wesentliche Interessen des Gekündigten beeinträchtigt. Dabei ist nicht nur die Möglichkeit der Erlangung eines neuen, einigermaßen gleichwertigen Arbeitsplatzes, sondern die gesamte wirtschaftliche und soziale Lage des AN zu berücksichtigen.

Da jede Kündigung die Interessen des DN beeinträchtigt und mit sozialen Nachteilen verbunden ist, müssen Umstände vorliegen, die eine Kündigung für den AN über das normale Maß hinaus nachteilig machen. Das Berufungsgericht wäre keineswegs bei der Beurteilung der Beeinträchtigung der Interessen der Kl durch die Kündigung nur vom prozentuellen Vergleich zwischen dem bisherigen und dem zu erwartenden Einkommen ausgegangen. Es habe vielmehr auf die Rsp Bedacht genommen, wonach bei den Einkommenseinbußen nicht auf starre Prozentsätze abgestellt werden darf, sondern alle wirtschaftlichen und sozialen Umstände zueinander in Beziehung zu setzen und nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu gewichten sind. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, das in der voraussichtlichen Nettoeinkommenseinbuße von 13,21 % angesichts der konkreten Umstände des Einzelfalls noch keine ins Gewicht fallende Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Lage der Kl erblickte, hielt sich daher für den OGH noch im Rahmen der bisherigen Rsp. Dies umso mehr, als es sich bei den von der Kl genannten Beträgen um Nettobeträge exklusive Sonderzahlungen handelte.

Der von der Revisionswerberin schließlich behauptete sekundäre Verfahrensmangel lag nach Ansicht des OGH ebenso nicht vor: Bereits das Berufungsgericht habe darauf hingewiesen, dass die Corona-Krise als vermittlungshemmender Faktor vom berufskundlichen Sachverständigen ohnedies berücksichtigt wurde. Die im Verfahren erster Instanz anwaltlich vertretene Kl begehrte zudem erstmals in der Revision, die „nunmehr vorherrschende hohe Inflation und die damit einhergehende Teuerungswelle“ zu berücksichtigen. Dabei handelte es sich aber jedenfalls um eine unbeachtliche Neuerung.