38Mitgliedschaft bei einer politischen Partei und Weltanschauung
Mitgliedschaft bei einer politischen Partei und Weltanschauung
Der Diskriminierungsgrund der Weltanschauung erstreckt sich auf politische Überzeugungen, die über die Bezugnahme auf einzelne politische Fragen hinausgehen und sich gleich einer Weltanschauung darstellen.
Die Mitgliedschaft zu einer politischen Partei kann Ausdruck einer Weltanschauung sein, wenn sie sich als Leitauffassung vom Leben und von der Welt als einem Sinnganzen erweist, die zur komplexen Deutung des persönlichen und gemeinschaftlichen Standorts für das individuelle Lebensverständnis dient und von einer Mehrzahl von Personen hinreichend stabil vertreten wird.
[1] Der Kl war seit 15.12.2008 bei der Bekl als Vertragsbediensteter beschäftigt.
[2] Er bewarb sich am 15.3.2019 [...] für die Position als Vizerektor für Lehre, Forschung und Internationales an der Pädagogischen Hochschule * (in der Folge: PH). Der Hochschulrat der PH reihte den Kl in einem Gutachten vom Juni 2019 mit 53 von 60 möglichen Punkten an erster Stelle. Seine Mitbewerberin erreichte als Zweitgereihte drei Punkte weniger.
[3] In weiterer Folge beauftragte die Bekl einen externen Gutachter [...]. Der Gutachter empfahl [...] die Bestellung der zweitgereihten Bewerberin zur Vizerektorin. Die Bundesministerin entschied, dieser Bewerberin den Vorzug zu geben.
[4] Der Kl ist Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ). Er war während des gesamten Bewerbungsverfahrens in der SPÖ als Bezirksrat, als Vorsitzender des Finanzausschusses für * sowie als stellvertretender Vorsitzender der * Bezirksvertretung tätig.
[5] Die Gleichbehandlungskommission des Bundes kam in ihrem Gutachten vom 3.12.2020 zum Ergebnis, dass der Kl [...] aufgrund seiner Weltanschauung diskriminiert wurde.
[6] Der Kl begehrt die Entgeltdifferenz [...] in Höhe von 82.995,13 € sA. Der Hochschulrat, dessen Empfehlungen während der letzten „Bestellungsrunden“ gefolgt worden sei, habe der Bundesministerin seinen Reihungsvorschlag vorgelegt, in dem der Kl Erstgereihter gewesen sei. Der Akt sei zunächst mehrere Monate unbearbeitet liegen geblieben. Kurz vor der Nationalratswahl 2019 sei ein externer Gutachter mit einer Gutachtenserstellung beauftragt worden, die im Hochschulgesetz nicht vorgesehen sei. In der Folge habe die Bundesministerin die Mitbewerberin des Kl zur Vizerektorin der PH bestellt. Vor dem Hintergrund dieser Abläufe sei er bei der Begründung eines Dienstverhältnisses aufgrund seiner Weltanschauung iSd (gemeint:) § 13 Abs 1 Z 1 B-GlBG diskriminiert worden und mache Schadenersatz (inhaltlich) iSd § 17 B-GlBG geltend. Auszugehen sei von einer Diskriminierung aufgrund seiner (politischen) Weltanschauung, weil er der SPÖ angehöre.
[...] Mit der Parteizugehörigkeit sei eine bestimmte Weltanschauung verbunden, nämlich die Verbreitung bestimmter Werte wie sozialer Zusammenhalt und bestimmte bildungspolitische Zugänge. [...]
[7] Die Bekl bestritt das Klagebegehren dem Grund und der Höhe nach. Sie wandte insb mit näherer Begründung ein, dass der Kl im Auswahlverfahren nicht wegen seiner Weltanschauung diskriminiert worden sei. Die Zugehörigkeit zu einer politischen Partei sei keine Weltanschauung. Die Parteien SPÖ und ÖVP trenne keine Weltanschauung. Die Bundesministerin habe – wie alle Mitglieder der damaligen Expertenregierung – keiner politischen Partei angehört.
[8] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Zusammengefasst ging es davon aus, dass der Kl zur Frage seiner Weltanschauung iSd § 13 Abs 1 B-GlBG kein ausreichendes Vorbringen erstattet habe. [...]
[9] Das Berufungsgericht gab der Berufung des Kl Folge, hob das Urteil des Erstgerichts auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an dieses zurück. Der Kl habe ein ausreichendes Vorbringen zu der von ihm behaupteten Diskriminierung erstattet. [...]
[11] Der Rekurs ist [...] zulässig, er ist jedoch im Ergebnis nicht berechtigt.
[12] 1. Die Rekurswerberin bekämpft nicht nur die Aufhebung der erstgerichtlichen E, sondern wendet sich auch gegen die sich aus den Gründen des Aufhebungsbeschlusses ergebende Rechtsansicht des Berufungsgerichts. Alleine aus einer Parteimitgliedschaft könne nicht auf die persönliche Weltanschauung einer betroffenen Person geschlossen werden. [...] Der Kl habe kein ausreichendes Vorbringen zum Vorliegen seiner Weltanschauung erstattet, weshalb das Klagebegehren nicht schlüssig begründet worden sei.
Dazu ist auszuführen: [...]
3. „Weltanschauung“ und „politische Anschauung“:
3.1 EMRK und Unionsrecht:
[16] 3.1.1 Nach Art 9 EMRK hat jedermann Anspruch auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit: dieses Recht umfasst die Freiheit des einzelnen [sic] zum Wechsel der Religion oder der Weltanschauung. Die Gewährleistung des Schutzes der Weltanschauung durch Art 9 EMRK hat die GRC übernommen. [...] Unter einer Weltanschauung ist eine zusammenhängende Sichtweise grundsätzlicher Lebensfragen, eine Sicht der Welt „als Ganzes“ zu verstehen („some coherent view on fundamental problems“, EKMR Appl 8741/79, X/Deutschland; EGMR Bsw 7511/76 ua, Campbell und Cosans/Vereinigtes Königreich, Rn 36). In der E vom 18.3.2008, 14618/03, Blumberg vs Germany, scheint der EGMR zu betonen, dass es weniger auf die Anzahl erfasster Lebensbereiche bzw -fragen als vielmehr auf das Vorliegen einer zusammenhängenden Sichtweise ankommt, wenn er die zitierte Formel im Singular verwendet: „a coherent view on a fundamental problem“
(Mathy, Minderheitsrechte 321 im Betriebsrat [2022] 257 f). Verlangt wird weiters ein gewisses Maß an Stichhaltigkeit, Ernsthaftigkeit, Zusammenhang und Bedeutung („a certain level of cogency, seriousness, cohesion and importance“
, weitere Hinweise bei Mathy, aaO 258, FN 1128). Nicht jede persönliche Überzeugung kann daher vom Schutzbereich des Art 9 EMRK erfasst sein. Die Rsp sah etwa im Pazifismus eine Weltanschauung (Grabenwarter/Pabel, EMRK7 § 22 Rz 122 mwH; 9 ObA 122/07t).
[17] Zwar kennt Art 9 EMRK nicht den Begriff der „politischen Anschauung“, jedoch verbietet Art 14 EMRK ua jegliche Diskriminierung wegen der „politischen oder sonstigen Anschauung“.
[18] 3.1.2 Auch Art 21 Abs 1 GRC („Nichtdiskriminierung“) unterscheidet die Begriffe der „Religion oder der Weltanschauung“ einerseits vom Begriff der „politischen oder sonstigen Anschauung“ andererseits. Nach der Rsp des EuGH sind für die Zwecke der Anwendung der RL 2000/78/ EG die Begriffe „Religion“ und „Weltanschauung“ die zwei Seiten ein und desselben Diskriminierungsgrundes, die von dem Grund der „politischen oder sonstigen Anschauung“ in Art 21 GRC zu unterscheiden sind (EuGHC-804/18 und C-341/19, ECLI:EU:C:2021:594, WABE, Rn 47). Erst jüngst hat der Gerichtshof diese Rsp beibehalten und weiters ausgesprochen, dass der durch die RL 2000/78/ EG garantierte Schutz vor Diskriminierung nur die in Art 1 dieser Richtlinie abschließend aufgeführten Gründe umfasst, sodass sie weder politische oder gewerkschaftliche Überzeugungen noch künstlerische, sportliche, ästhetische oder sonstige Überzeugungen oder Präferenzen erfasst (EuGHC-344/20, ECLI:EU:C:2022:774, Rn 28).
[19] [...]
3.2 Österreichische Rechtsprechung:
[20] 3.2.1 Der OGH musste die Frage, ob auch eine politische Anschauung (Überzeugung) eine Weltanschauung iSd § 13 B-GlBG sei, in der bereits zitierten Entscheidung 9 ObA 122/07tnicht abschließend beantworten. [...] Kritische Auffassungen über die Asylgesetzgebung und -praxis allein seien keine „Weltanschauung“ iSd § 13 B-GlBG.
[21] [...]
3.3 Lehre und Schrifttum:
[22] 3.3.1 In der Lehre wird darauf hingewiesen, dass weder der Wortlaut der RL 2000/78/EG noch die – taxativen – Kataloge der Diskriminierungsgründe in § 13 B-GlBG und § 17 GlBG die „politische oder sonstige Anschauung“ als Diskriminierungsgrund nennen. Dies schließe allerdings nicht aus, eine politische Weltsicht als „Weltanschauung“ zu qualifizieren, wenn sie den allgemeinen Kriterien dafür genüge. Eine politische Ideologie, die eine ausreichend komplexe Weltsicht beinhalte, sei daher durchaus Weltanschauung. [...]
[23] 3.3.2 Erfüllt eine politische Einstellung daher diese allgemeinen Kriterien einer Weltanschauung, so qualifiziert sie die herrschende Lehre in Österreich als Weltanschauung [...].
3.4 Daraus folgt:
[24] 3.4.1 Ein Diskriminierungsgrund der „politischen oder sonstigen Anschauung“, wie ihn Art 21 Abs 1 GRC oder Art 14 EMRK nennen, ist weder im taxativen Katalog der RL 2000/78/EG noch im ebenfalls taxativen Katalog des § 13 Abs 1 B-GlBG (vgl § 13a Abs 1 und 2 B-GlBG) enthalten (Dullinger/Windisch-Graetz in Windisch-Graetz, GlBG2 § 17 Rz 37). Der österreichische Gesetzgeber wollte jedoch, wie sich aus den dargestellten Gesetzesmaterialien ergibt, auch politische und ideologische Lebensentwürfe iS einer Weltanschauung als vom Geltungsbereich des Diskriminierungsschutzes mitumfasst ansehen (9 ObA 122/07t). Nach Art 8 Abs 1 RL 2000/78/EG können die Mitgliedstaaten Vorschriften einführen oder beibehalten, die im Hinblick auf die Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes günstiger als die in der RL 2000/78/EG vorgesehenen Vorschriften sind.
[25] 3.4.2 Geht daher eine politische Anschauung (Überzeugung, Einstellung) über die Bezugnahme auf einzelne politische Fragen hinaus und stellt sie sich bei Gesamtbetrachtung gleich einer Weltanschauung dar, so kann sie unter den Diskriminierungsgrund der Weltanschauung iSd § 13 Abs 1 B-GlBG subsumiert werden. Erforderlich ist dafür ein gewisser Grad an Verbindlichkeit, Ernsthaftigkeit und Bedeutung der Überzeugung. Außerdem muss es sich dabei um eine umfassende Leitauffassung vom Leben und von der Welt als einem Sinnganzen handeln sowie zur Deutung des persönlichen und gemeinschaftlichen Standorts für das individuelle Lebensverständnis dienen (9 ObA 122/07t).
4. Zur Frage[,] ob die Mitgliedschaft in politischen Gruppierungen bzw Parteien (für sich genommen) eine vom Diskriminierungsschutz des GlBG umfasste „Weltanschauung“ darstellt.
4.1 In der Rsp des OGH wurde dazu bisher nicht Stellung genommen: [...]
[28] 4.2 Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH2012/12/0013) führte [...] aus, dass § 13 B-GlBG auch Diskriminierungen wegen der Zugehörigkeit zur sozialdemokratischen Gesinnungsgemeinschaft bzw dem Fehlen einer solchen verbiete. [...]
[38] 4.4 Diese Literaturmeinungen lassen erkennen, dass sich die Frage, ob die Mitgliedschaft zu einer politischen Partei (für sich genommen) unter den Begriff der Weltanschauung iSd gesetzlichen Diskriminierungsverbot[s] zu subsumieren ist, nicht allgemein gültig beantworten lässt. Wenngleich die Frage der Zugehörigkeit zu einer Kirche oder Glaubensgemeinschaft vom Begriff „Religion“ umfasst sein mag (ErläutRV 285 BlgNR XXII. GP 11), trifft dies auf eine parteipolitische Zugehörigkeit nicht uneingeschränkt zu.
[39] 4.5 Zusammengefasst vertritt der erkennende Senat daher die Auffassung, dass die bloße politische Meinung über einzelne politische Fragen oder Aspekte nicht einer Weltanschauung gleichzusetzen ist. Eine parteipolitische Zugehörigkeit bzw Mitgliedschaft kann aber Ausdruck einer Weltanschauung sein, wenn sie sich als Leitauffassung vom Leben und von der Welt als einem Sinnganzen erweist, die zur komplexen Deutung des persönlichen und gemeinschaftlichen Standorts für das individuelle Lebensverständnis dient und von einer Mehrzahl von Personen hinreichend stabil vertreten wird. 322
5. Zur Behauptung (zum Vorbringen) eines Diskriminierungstatbestands:
[40] 5.1 Gem § 20a B-GlBG hat der Kl einen möglichen Diskriminierungstatbestand zu behaupten und die Tatsachen glaubhaft zu machen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung vermuten lassen.
[41] 5.2 In einem ersten Schritt ist daher Vorbringen zum Vorliegen eines Diskriminierungstatbestands zu erstatten. Stützt sich ein Kl auf eine Diskriminierung wegen einer Weltanschauung, hat er ein entsprechendes substantiiertes Vorbringen zu erstatten, um dem Gericht die Beurteilung zu ermöglichen, ob es sich um eine Weltanschauung iSd Gesetzes handelt (9 ObA 130/21i; 6 Ob 38/17g; RS0123606). Erst in einem weiteren Schritt sind die dazu vorgebrachten Tatsachen glaubhaft zu machen (§ 274 ZPO). [...]
[42] [...] Gegenstand des Rekursverfahrens vor dem OGH ist daher ausschließlich die – von den Vorinstanzen unterschiedlich beurteilte – Frage, ob das vom Kl erstattete Vorbringen ausreichend ist, um auf dieser Grundlage das Verfahren zur Glaubhaftmachung des vom Kl behaupteten Diskriminierungstatbestands durchzuführen.
5.3 Dazu ist klarzustellen: [...]
[45] 5.5 Entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts genügt [...] das bisher erstattete Vorbringen, der Kl sei (aktives) Mitglied der SPÖ, nicht, ebensowenig [sic] sein weiteres Vorbringen, mit der Zugehörigkeit zur SPÖ sei die „Weltanschauung“ des Werts des sozialen Zusammenhalts sowie bestimmte bildungspolitische Zugänge verbunden. Allein die Tatsache, dass nach Einholung eines externen Gutachtens letztendlich eine andere Bewerberin berücksichtigt wurde, bedeutet nicht zwingend, dass dieser Vorgangsweise eine Weltanschauung des Kl als verpöntes Motiv zugrunde liegt. Vielmehr bedarf es eines Vorbringens, aus dem sich ergibt, dass das Motiv der Bekl, die Bewerbung des Kl unberücksichtigt zu lassen, eine der Bekl bekannte oder von ihr dem Kl zugesonnene Weltanschauung im oben dargelegten – vom Diskriminierungsschutz umfassten – Sinn war. Da die dazu vorgetragenen Tatsachen zu unvollständig geblieben sind, um die begehrte Rechtsfolge daraus abzuleiten, hätte (auch) dieser rechtliche Aspekt mit dem Kl erörtert werden müssen.
[46] [...]
[47] 6. Das Verfahren erweist sich aus diesen Gründen und zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung als ergänzungsbedürftig. [...]
Vordergründig erweist sich der vorliegende Beschluss als ein weiteres Glied in einer Kette von Entscheidungen, in denen der Berufung auf das Diskriminierungsverbot wegen der Weltanschauung (insb) mangels ausreichenden Vorbringens kein Erfolg beschieden war (OGH8 ObA 69/09vDRdA 2011, 543 [Bei]: Parteilosigkeit; OGH 29.3.2017, 6 Ob 38/17g: Burschenschaft; OGH9 ObA 130/21i ZAS 2022, 175 [Mazal]: Maskentragen; vgl zum erforderlichen Vorbringen im Rahmen des § 13 B-GlBG insb Mair in Reissner/Neumayr [Hrsg], ZellKomm ÖffDR [35. Lfg 2022] § 20a B-GlBG Rz 7). Dennoch sticht die vorliegende E heraus: Dies ist weder darauf zurückzuführen, dass das Verfahren zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen wurde, noch daraus abzuleiten, dass das streitgegenständliche Bewerbungsverfahren bereits die Bundes-Gleichbehandlungskommission (B-GBK 3.12.2020, I/255/20) befasst hat (vgl aber die Begründungspflicht gem § 20 Abs 5a B-GlBG) und sowohl Gegenstand einer parlamentarischen Anfrage (413/AB 27. GP) als auch der medialen Berichterstattung (https://zackzack.at/2021/05/13/postenbesetzung-an-ph-wien-politische-diskriminierunghttps://zackzack.at/2021/05/13/postenbesetzung-an-ph-wien-politische-diskriminierung [abgefragt am 15.4.2023]) war. Vielmehr nimmt der OGH erstmals dazu Stellung, ob die Mitgliedschaft bei einer politischen Partei als Ausdruck einer (politischen) Weltanschauung zu qualifizieren ist und damit unter dem Schutz des Antidiskriminierungsrechtes steht.
Ausführlich setzt sich der OGH in der vorliegenden E zunächst mit der Rechtslage nach der EMRK sowie dem Unionsrecht auseinander. Dabei kommt dem Begriff der Weltanschauung iSd Art 9 EMRK mit Blick auf den Verfassungsrang, welcher der EMRK in der österreichischen Rechtsordnung zukommt (BGBl 1964/59), sowie ihrer Vorbildfunktion sowohl für die GRC als auch für die RL 2000/78/ EG maßgebliche Bedeutung zu. Während der OGH die vom EGMR gebrauchte Definition der Weltanschauung sowie einen Teil der Spruchpraxis (weitere Beispiele bei Mathy, Die Weltanschauung im Spannungsfeld zwischen Betriebsverfassungsrecht und Antidiskriminierungsrecht, DRdA 2023, 20 [22]) korrekt wiedergibt, erscheint die Auseinandersetzung mit der Systematik der EMRK (Rz 17) weniger geglückt: Besonders der Umstand, dass die „politische oder sonstige Anschauung“ zwar in Art 14 EMRK (Diskriminierungsverbot) erwähnt wird, nicht jedoch in Art 9 EMRK (Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit), darf nicht zu Fehlschlüssen verleiten (ausführlich zum Folgenden Mathy, Minderheitsrechte im Betriebsrat [2022] 247 ff; ders, DRdA 2023, 21 ff): Denn anders als die deutsche Sprachfassung, welche in Art 14 EMRK den in keiner anderen Bestimmung gebrauchten Begriff „Anschauung“ verwendet, bedienen sich die beiden authentischen Sprachfassungen der EMRK der im Rahmen des Art 10 EMRK (Meinungsfreiheit) gebrauchten Terminologie (opinion [engl], opinion [franz]). MaW: Der Begriff „Anschauung“ in Art 14 EMRK ist als „Meinung“ zu lesen. Bloße Meinungen sind aber – egal ob sie politischer oder sonstiger Natur sind – einer Subsumtion unter den Begriff der Weltanschauung iSd EMRK nicht zugänglich. Anderes gilt jedoch in Bezug auf Überzeugungen systemischer Natur – unabhängig 323 davon, ob es sich um wissenschaftlich fundierte Theorien (Evolutionstheorie), religiös konnotierte („unpolitische“) Philosophien (zB Anthroposophie), politische Ideologien (zB Kommunismus) oder parteipolitische Programme handelt. Angesichts des Art 52 Abs 3 Satz 1 GRC, der einen Gleichlauf zwischen den korrespondierenden Bestimmungen der EMRK und der GRC anordnet, muss letztlich dasselbe auch für das Unionsrecht gelten. Die gegenteilige Auffassung des EuGH, welche aus der weitschweifigen Aufzählung der Diskriminierungsmerkmale in Art 21 GRC zu einer restriktiven Lesart der Diskriminierungsmerkmale des Art 1 RL 2000/78/EG gelangt und politische Überzeugungen vom Begriff der Weltanschauung iSd RL 2000/78/EG ausschließt (EuGHC-344/20, S.C.R.L., ECLI:EU:C:2022:774, Rz 28), vermag daher nicht zu überzeugen: Nicht nur, dass sie es unterlässt, der Vorgabe des Art 52 Abs 3 Satz 1 GRC Rechnung zu tragen, sie ist vielmehr bereits im Ansatz verfehlt. Andernfalls müsste man auch zur Auffassung gelangen, dass das Diskriminierungsmerkmal „Hautfarbe“ nicht von den Antidiskriminierungsrichtlinien erfasst wäre. Denn auch dieses wird in Art 21 GRC ausdrücklich erwähnt, während es weder von Art 19 AEUV noch den Antidiskriminierungsrichtlinien genannt wird. Zu Recht ist es allerdings einhellige Auffassung, dass das in Art 1 RL 2000/43/EG normierte Diskriminierungsmerkmal „Rasse“ insb auch die „Hautfarbe“ umfasst (Mohr in Franzen/Gallner/Oetker [Hrsg], EuArb4 [2022] RL 2000/43/EG Art 1 Rz 2).
Zwar muss der OGH aufgrund des Auslegungsmonopols des EuGH in Bezug auf das Unionsrecht auch dessen restriktive Interpretation des Begriffs der Weltanschauung iSd Art 1 RL 2000/78/EG seiner E zugrunde legen. Im Einklang mit der hA im Schrifttum stellt dieser allerdings klar, dass die politische Überzeugung eine Weltanschauung iSd innerstaatlichen Antidiskriminierungsrechtes darstellt, solange die allgemeinen Vorgaben des Begriffs der Weltanschauung erfüllt sind. Eine solche Auslegung erlaubt nicht nur die auf eine bloße Mindestharmonisierung abzielende RL 2000/78/EG. Vielmehr erweist sie sich aufgrund der in den Materialien dokumentierten Absicht des Gesetzgebers (RV 285 BlgNR 22. GP 11: zum B-GlBG; RV 307 BlgNR 22. GP 15: zum GlBG) sowie aufgrund objektiv-teleologischer Erwägungen (Reissner, Ausgewählte Fragen zum Schutzgrund der Religion oder Weltanschauung, in Reissner/Mair [Hrsg], Antidiskriminierungsrecht [2022] 47 [60 f]; Krejci, Antidiskriminierung, Privatautonomie und Arbeitnehmerschutz [Teil II], DRdA 2005, 501 [506]: „Parteibuchwirtschaft“) als geboten. Vor dem Hintergrund der niederschwelligen Anforderungen des Weltanschauungsbegriffes (EKMR 10.3.1981, 8741/79, X vs Germany: „some coherent view on fundamental problems“
) werden von diesem daher auch die Programme der etablierten politischen Parteien erfasst, die Zielvorstellungen für eine Vielzahl an Lebensbereichen definieren (Melzer-Azodanloo, Diskriminierung aufgrund der Weltanschauung, ZAS 2010, 228 [234]; Mathy, Minderheitsrechte 271 ff mwN). Gegen diese Auslegung des Begriffs der Weltanschauung lässt sich im Übrigen auch nicht einwenden, dass die etablierten Parteien in zahlreichen Fragen (zumindest im Kern) gleiche oder wenigstens ähnliche Positionen vertreten (anders Mazal, Parteimitgliedschaft und Weltanschauung, ecolex 2023, 155). Diese Übereinstimmungen stehen der Qualifikation parteipolitischer Programme als Weltanschauung nicht entgegen. Andernfalls müsste man – entgegen der einhelligen Auffassung (vgl nur Reissner in Reissner/Mair [Hrsg], Antidiskriminierungsrecht 55 f) – wohl auch zum Ergebnis gelangen, dass die Übereinstimmungen zwischen den abrahamitischen Religionen es ausschließen, diese unter den Religionsbegriff des Antidiskriminierungsrechtes zu subsumieren.
Im Anschluss an die allgemeinen Ausführungen zum Begriff der Weltanschauung erörtert der OGH, ob auch die Mitgliedschaft bei einer politischen Partei unter diesen Begriff zu subsumieren ist. Dabei lässt er es nicht mit der höchstgerichtlichen Judikatur bewenden, welche eine Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zur sozialdemokratischen Gesinnungsgemeinschaft als Diskriminierung aufgrund der Weltanschauung iSd § 13 B-GlBG qualifiziert hat (VwGH2012/12/0013 ZfVB 2013/1441). Vielmehr führt der OGH nach ausführlicher Darstellung des Meinungsstandes im Schrifttum unter Hinweis auf die Materialien zum B-GlBG aus, dass zwar die „Zugehörigkeit zu einer Kirche oder Glaubensgemeinschaft vom Begriff ‚Religion‘ umfasst sein mag“
, dass dies jedoch auf eine parteipolitische Zugehörigkeit „nicht uneingeschränkt“ zutreffe (Rz 38). Damit erteilt der OGH einem Automatismus in Bezug auf die Subsumtion unter den Begriff der Weltanschauung eine klare Absage. Die in der daran anschließenden Zusammenfassung enthaltene Passage (Rz 39), dass „[eine parteipolitische Zugehörigkeit bzw Mitgliedschaft [...] Ausdruck einer Weltanschauung sein kann, wenn sie sich als Leitauffassung vom Leben und von der Welt als einem Sinnganzen erweist, die zur komplexen Deutung des persönlichen und gemeinschaftlichen Standorts für das individuelle Lebensverständnis dient und von einer Mehrzahl von Personen hinreichend stabil vertreten“
werde, erweist sich allerdings als weniger eindeutig: Der Gliedsatz könnte sich nämlich sowohl auf das Subjekt des Satzes („parteipolitische Zugehörigkeit bzw Mitgliedschaft“
) als auch auf einen Teil des Objekts („Weltanschauung“
) beziehen. Ersteres wird man dem OGH freilich nicht unterstellen dürfen, denn die „parteipolitische Zugehörigkeit bzw Mitgliedschaft“
als solche ist – anders als die (uU) zugrundeliegende Überzeugung systemischer Natur – gewiss keine „Leitauffassung vom Leben [...]“
. Aber auch die zweite Lesart erscheint zweifelhaft, zumal diese eines Mehrwertes entbehrt: Denn der Gliedsatz gibt lediglich die allgemeinen Anforderungen wieder, welcher der OGH an den 324 Begriff der Weltanschauung stellt. Damit erweist sich die vorliegende E in dieser zentralen Passage als auslegungsbedürftig.
Im Schrifttum wurden diese Ausführungen des OGH bereits dahin gedeutet, dass die Mitgliedschaft zu einer Kirche oder Glaubensgemeinschaft Ausdruck einer Religion sei, wohingegen die Mitgliedschaft zu einer politischen Partei nicht als Ausdruck einer Weltanschauung zu werten sei (Mazal, ecolex 2023, 155). Eine derartige Unterscheidung lässt allerdings nicht nur die äußerst zurückhaltende Formulierung des OGH in Bezug auf die Zugehörigkeit zu Kirchen und Glaubensgemeinschaften („umfasst sein mag“
) außer Acht, sondern nimmt auch zu wenig Rücksicht auf die Materialien: Diese streichen nämlich die enge Verwandtschaft zwischen dem Diskriminierungsmerkmal der Religion und jenem der Weltanschauung hervor (RV 285 BlgNR 22. GP 11). Wenn nun die Materialien „die Zugehörigkeit zu einer Kirche oder Glaubensgemeinschaft“
vom Begriff der Religion umfasst sehen (RV 285 BlgNR 22. GP 11), muss daher sinngemäß Gleiches auch für den Begriff der Weltanschauung gelten. Dagegen könnte nunmehr freilich eingewendet werden, dass die Mitgliedschaft bei einer politischen Partei nicht zwangsläufig Ausdruck einer (politischen) Weltanschauung sein müsse, sondern auf vielfältige Gründe (Familientradition, Karriereerwägungen etc) zurückzuführen sein könne (vgl Körber-Risak in Gruber-Risak/Mazal [Hrsg], Arbeitsrecht: System und Praxiskommentar [39. Lfg 2022] Kap VIII Rz 84). Wiederum trifft das Gleiche aber auch in Bezug auf die Mitgliedschaft zu Kirchen und Glaubensgemeinschaften zu: So sieht die von der deutschen Bischofskonferenz beschlossene Grundordnung des kirchlichen Dienstes (idF vom 22.11.2022) vor, dass der Kirchenaustritt regelmäßig ein Einstellungshindernis bzw einen Beendigungsgrund darstellt. Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass nach Maßgabe der Berufsausbildung und des Wohnortes die Mitgliedschaft zur katholischen Kirche keine Frage der Überzeugung, sondern des sozialen Überlebens sei (Brune/Schmitz-Scholemann, Chefarzt, Egenberger und nun eine Hebamme, NZA 2022, 1646 [1652]).
In Bezug auf den Begriff der Weltanschauung gilt es, zwei Ebenen voneinander abzugrenzen (vgl Mathy, Minderheitsrecht 256 ff mwN): Der Begriff der Weltanschauung setzt zunächst ein hinreichend komplexes und von einer Personenmehrheit vertretenes Gedankensystem voraus. Es handelt sich dabei um das Erfordernis einer (über bloße Einzelfragen hinausgehenden) systemischen Natur des (von einer Personenmehrheit vertretenen) Gedankengebildes (Philosophie, Ideologie etc), welches die Weltanschauungsfreiheit sowohl gegenüber der Meinungsfreiheit als auch der Gewissensfreiheit abgrenzt. Neben dieser objektiven Voraussetzung („Weltanschauung an sich“) tritt allerdings auch noch eine subjektive Voraussetzung: die feste Überzeugung des Einzelnen von diesem Gedankensystem („Weltanschauung auf der Ebene des Einzelnen“).
Das Bestehen einer festen Überzeugung ist freilich eine innere Tatsache, welche keines unmittelbaren Beweises zugänglich ist. Ob ein bestimmtes Verhalten tatsächlich Ausdruck einer festen Überzeugung von einer Religion oder Weltanschauung ist, lässt sich für andere niemals mit abschließender Gewissheit beantworten. Man ist in diesem Bereich vielmehr auf Erfahrungssätze angewiesen (allgemein Rechberger in Fasching/Konecny [Hrsg], Kommentar zu den Zivilprozessgesetzen III/13 Vor § 266 ZPO Rz 44). Gerade im Zusammenhang mit dem Diskriminierungsmerkmal „Religion“ sind die Gerichte in erster Linie mit Benachteiligungen aufgrund (angeblicher) Glaubensbekundungen konfrontiert und somit auf den Rückgriff auf Erfahrungssätze angewiesen: So zog es der OGH nicht in Zweifel, dass das Tragen eines islamischen Gesichtsschleiers (OGH9 ObA 117/15vDRdA 2017, 50 [Rebhahn] = ZAS 2017, 38 [Marhold]) oder die Befolgung des für einen Brahmanen und Priester bestehenden religiösen Gebotes, nicht mit Fleisch in Berührung zu kommen (OGH8 ObA 59/20iDRdA 2022, 402 [Dullinger] = ZAS 2023, 72 [Mazal]), anders denn als Ausdruck der Religiosität verstanden werden könne. Ebenso wie die Mitgliedschaft bei einer Glaubensgemeinschaft oder das Befolgen religiöser Kleidungs- bzw Verhaltensvorschriften erfahrungsgemäß Ausdruck der Religiosität ist, erweist sich die Mitgliedschaft bei einer politischen Partei – und umso mehr die Ausübung politischer Funktionen in deren Rahmen – erfahrungsgemäß als Ausdruck des Bestehens einer festen Überzeugung bezüglich einer bestimmten politischen Grundhaltung. Die allgemeine Verbreitung dieses Erfahrungssatzes lässt sich nicht zuletzt daran ablesen, dass sich im vorliegenden Fall beide Streitparteien zur Untermauerung ihres Standpunktes darauf berufen: Während der Kl darauf hinweist, dass man seine Parteimitgliedschaft sowie die Übernahme politischer Funktionen nicht anders denn als sinnfälligen Ausdruck seiner (politischen) Weltanschauung verstehen könne, weist die Bekl zur Untermauerung dessen, dass die politische Gesinnung des Kl keinen Einfluss auf ihre Entscheidung hatte, auf die Parteilosigkeit der damaligen Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung hin (vgl zu letzterem B-GBK 3.12.2020, I/255/20). Allerdings erweist sich die Mitgliedschaft sowohl bei Kirchen und Glaubensgemeinschaften als auch bei politischen Parteien lediglich als Indiz für das Bestehen einer festen Überzeugung (vgl J. A. Egger, Die Begriffe „Religion“ und „Weltanschauung“ im Antidiskriminierungsrecht, ASoK 2018, 346 [353]; Mathy, Minderheitsrechte 276; ders, DRdA 2023, 24). Nachdem die Verbindung zwischen der Mitgliedschaft und dem Bestehen einer festen Überzeugung nämlich bloß durch einen einfachen Erfahrungssatz hergestellt wird, ist dieser Schluss auch im jeweiligen Einzelfall widerleglich (vgl Mathy, Minderheitsrechte 273). 325
Vor diesem Hintergrund ist mE der OGH in Rz 39 folgendermaßen zu verstehen: Die Mitgliedschaft bei einer politischen Partei ist nur dann Ausdruck einer Weltanschauung, wenn einerseits das politische Programm dieser Partei den allgemeinen Anforderungen des Weltanschauungsbegriffes genügt und von einer Mehrzahl von Personen vertreten wird („Weltanschauung an sich“) sowie sich andererseits keine Hinweise ergeben, die den erfahrungsgemäß bestehenden Zusammenhang zwischen der Mitgliedschaft und dem Bestehen einer festen Überzeugung ernsthaft in Zweifel ziehen („Weltanschauung auf der Ebene des Einzelnen“).
Der Fokus, den der OGH darauf legt, ob die Mitgliedschaft bei einer politischen Partei als Ausdruck einer (politischen) Weltanschauung zu werten ist, droht freilich, den Blick auf die Besonderheiten des Antidiskriminierungsrechtes zu verstellen: Anders als im Rahmen der Weltanschauungsfreiheit, wo es neben der systemischen Natur des von einer Personenmehrheit vertretenen Gedankengebäudes auch auf die feste Überzeugung dessen ankommt, der sich auf den Schutz der Weltanschauungsfreiheit beruft, wird im Rahmen des Diskriminierungsverbotes aufgrund der Weltanschauung ein anderer Blickpunkt – jener der benachteiligenden Person – eingenommen. Der durch das Diskriminierungsverbot aufgrund der Weltanschauung vermittelte Schutz wird all jenen zuteil, welche wegen des tatsächlichen oder bloß angenommenen Vorliegens einer (politischen) Weltanschauung eine benachteiligende Behandlung erfahren. Damit greift das Diskriminierungsverbot aufgrund der (politischen) Weltanschauung – wie auch der OGH zu Recht hervorstreicht (Rz 44 f) – bereits aufgrund der Zuschreibung einer bestimmten (politischen) Weltanschauung infolge der Mitgliedschaft bei einer politischen Partei (Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 [2021] § 17 GlBG Rz 49; Mathy, MinderheitsMinderheitsrechte 273). Wiederum gilt es dabei, auf Erfahrungssätze zurückzugreifen: Wenn sich die Mitgliedschaft bei einer politischen Partei erfahrungsgemäß als Ausdruck einer (politischen) Weltanschauung darstellt, wird Parteimitgliedern auch erfahrungsgemäß eine bestimmte (politische) Weltanschauung zugesonnen. Damit erweist sich das Abstellen auf das Merkmal „Parteimitgliedschaft“ typischerweise auch als unzulässige Diskriminierung (Mair in Reissner/Neumayr, ZellKomm ÖffDR § 13 B-GlBG Rz 8; Mathy, Minderheitsrechte 294 f).
Ob im streitgegenständlichen Bewerbungsverfahren die (politische) Weltanschauung bzw die Parteimitgliedschaft Motiv der Personalentscheidung war, ist im zweiten Rechtsgang zu klären. Der Kl hat zunächst Indizien für das Vorliegen eines verpönten Motivs vorzubringen (und danach auch glaubhaft zu machen). Dabei vermag der bloße Verweis auf das Gutachten der B-GBK, das erforderliche Vorbringen nicht zu ersetzen (vgl RISJustiz RS0037780 [T13]). Als Hilfstatsachen für den Nachweis eines verpönten Motivs kommen neben diskriminierenden Äußerungen der AG-Seite bspw auch das explizite Nachfragen nach der konkreten Ausprägung des Diskriminierungsmerkmals in Betracht (Mair in Reissner/Neumayr, ZellKomm ÖffDR § 20a B-GlBG Rz 8 mwN; vgl auch Grünberger, Personale Gleichheit [2013] 723: allein der Umstand, „Merkmalsträger“ zu sein, ist unzureichend). Zumindest in den Einzelprüfungen der GBK bzw den Gutachten B-GBK wird zudem auch die Intransparenz des Auswahlverfahrens als ein wesentliches Indiz für das Vorliegen einer Diskriminierung gewertet (vgl etwa GBK II/74/09; B-GBK 28.7.2015, II/46/15; 13.7.2016, II/73/16). Letzteres könnte sich für das streitgegenständliche Bewerbungsverfahren als relevant erweisen.