Reissner/Neumayr (Hrsg)Zeller Kommentar zum Öffentlichen Dienstrecht

Manz Verlag, Wien 2022, Gesamtwerk in 4 Mappen inkl 64. ErgLfg, 2.984 Seiten, € 328,–

HELMUTZIEHENSACK (WIEN)

Keiner Vorstellung mehr bedarf der Zeller Kommentar zum Arbeitsrecht. Er hat sich am juristischen LeserInnenmarkt bereits bestens etabliert und liegt in dritter Auflage vor. Dabei fehlte noch eine Kommentierung des öffentlichen Dienstrechts. Diese Lücke wurde nunmehr gefüllt: Die neun bedeutenden Gesetze dieses besonderen Teils des Arbeitsrechts werden kommentiert, und zwar Beamten-Dienstrechtsgesetz (BDG), Vertragsbedienstetengesetz (VBG), Gehaltsgesetz, Pensionsgesetz, Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, Bundesbedienstetenschutzgesetz, die Reisegebührenvorschrift, Bundes- Personalvertretungsgesetz (PVG) und das Dienstrechtsverfahrensgesetz (DVG). Unter der bewährten Herausgeberschaft von Gert-Peter Reissner von der Universität Graz und Matthias Neumayr, Vizepräsident des OGH und Universität Salzburg wurden die genannten Normen von ca 30 AutorInnen aus Lehre und Praxis (Advokatur, öffentlicher Dienst, Interessenvertretungen und Justiz) kommentiert. Vertreten sind ÖGB – GÖD (Christine Altersberger, Stefan Jöchtl), AK OÖ (Klaus Mayr), AK Steiermark (Biljana Milanovic, Karl Schneeberger) und AK Wien (Petra Streithofer), Rechtsanwaltschaft (Jens Winter, auch Universität Wien), diverse Universitäten wie Wirtschaftsuniversität Wien (Susanne Auer-Mayer), Universität Linz (Barbara Födermayr, Johanna Naderhirn, Reinhard Resch), Universität Innsbruck (Peter Bußjäger, Lamiss Khakzadeh, Andreas Mair, Thomas Müller, Andreas Wimmer), Universität Salzburg (Benjamin Kneihs, Walter J. Pfeil, Sebastian Schmid, Bernhard Spiegel, auch BM für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz) und Universität Graz (Gert-Peter Reissner), selbstverständlich aber auch die Höchstgerichte OGH (Matthias Neumayr, auch Universität Salzburg), VwGH (Philipp Cede, Angela Julcher, auch Universität Salzburg), VfGH (Stefan Leo Frank) und die beiden Ministerien BM für Landesverteidigung (Anton Laschalt) sowie BM für Justiz (Gerhard Nogratnig, Markus Zeiringer).

Angesichts dieser Vielzahl an bekannten und bewährten BearbeiterInnen verwundert es nicht, dass sich das Endergebnis sehen lässt. Gediegene und qualitativ auf höchstem Niveau stehende Kommentierungen überzeugen auf ganzer Linie. Dies gilt insb auch für das „Steckenpferd“ des Rezensenten, nämlich das VBG: Vgl etwa die richtungsweisenden Ausführungen Naderhirns zu den komplexen Themenstellungen der DG-Kündigung von Vertragsbediensteten während des ersten Dienstjahres, beginnend mit der Frage, wie sich dieses erste Jahr bemisst, währenddessen die DG-Kündigung nicht schriftlich und ohne Angabe eines Grundes erfolgen muss (§ 32 VBG Rz 6 ff; dem Ansatz von Ziehensack, VBG Praxiskommentar § 32 Rz 40 folgend, nämlich in Rz 9), bis hin zu jener, ob dennoch die Angabe eines Grundes vom Gesetzgeber zugelassen wird (Rz 3 f). Diverseste Problem- und Fragestellungen handelt Resch bei seiner Kommentierung des § 36 VBG ab, wobei er den Ansatz der Herausnahme von gerichtlichen Vergleichen (im Wege der teleologischen Reduktion) von der Sondervertragsregelung des § 36 VBG (Ziehensack, VBG Praxiskommentar § 36 Rz 101) nicht teilt (Resch in Neumayr/Reissner [Hrsg], ZellKomm ÖffDR § 36 VBG Rz 32); diese erscheint mE jedoch geboten, um zweckmäßige gerichtliche Vergleichslösungen nicht zeitlich zu blockieren und zu verkomplizieren, zumal der Schutz der Gebietskörperschaft Bund diesfalls durch die Vertretung durch die Finanzprokuratur eine bereits hinreichende Absicherung erfährt und dies auf Grund des Forums („wachsames Auge des arbeitsgerichtlichen Senates“) auch für die Rechtsposition der DN gilt. Soweit das Auge reicht, finden sich überaus interessante und systematische Abhandlungen des öffentlichen Dienstrechtes, etwa auch zur brennenden Frage der Handhabung von Gleitzeitguthaben bei All-In-Bezügen (siehe dazu überzeugend Jöchtl, § 48 BDG Rz 21). 345 DN-Schutzmaßnahmen erlangen natürlich auch im öffentlichen Dienst nicht unwesentliche Bedeutung, gerade etwa, wenn es um Umbau- und Renovierungsmaßnahmen von Amtsgebäuden unter Aufrechterhaltung des Dienstbetriebs (also ohne zwischenzeitigen Auszug in Ersatzräumlichkeiten) geht. Nach dem Bundes-Bedienstetenschutzgesetz (B-BSG) (§§ 65 f) iVm B-VOLV (Verordnung zum Schutz gegen Lärm und Vibrationen betreffend den Bundesbereich) besteht die Notwendigkeit für den DG, Lärmmessungen durch fachkundige Personen durchzuführen (Streithofer in Neumayr/Reissner [Hrsg], ZellKomm ÖffDR § 65 B-BSG Rz 13). Es bedarf der Vermeidung der Aussetzung von DN gegenüber gehörgefährdendem Lärm, worunter ein Auslösewert von 80 dB bzw ein Expositionsgrenzwert von 85 dB verstanden wird. Störender Lärm liegt vor, wenn der Beurteilungspegel über 50 dB in Räumen liegt, in welchen überwiegend geistige Tätigkeiten ausgeführt werden (Streithofer in ZellKomm ÖffDR § 65 B-BSG Rz 7). 65 dB beträgt der Grenzwert dann, wenn es sich um Räume handelt, in welchen einfache Bürotätigkeiten oder vergleichbare Tätigkeiten ausgeführt werden. Der Personalvertretung, also dem Dienststellenausschuss kommt das Recht nach § 9 Abs 6 PVG zu, über die Einhaltung der DN-Schutzmaßnahmen informiert zu werden (Streithofer in ZellKomm ÖffDR § 65 B-BSG Rz 19).

§ 18 GehG regelt die Mehrleistungszulagen, deren Bemessung der Zustimmung des BM für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport bedarf (Abs 2 leg cit). Insoweit erscheint die Anführung der Zuständigkeit der Dienstbehörde etwas unscharf bzw unvollständig (Wimmer in ZellKomm ÖffDR § 18 GehG Rz 16, unter Verweis auf VwGH 1966/VwSlg 6936 A). Es trifft zwar zu, dass es eines eigenen Aberkennungsbescheides bedarf, um die rechtskräftig zugesprochenen Mehrleistungszulagen pro futuro wieder in Wegfall zu bringen (Wimmer in ZellKomm ÖffDR § 18 GehG Rz 17), doch sollte an dieser Stelle wohl ergänzt werden, dass in der Praxis nur befristete Überstundenpauschalen vergeben werden; durch die Notwendigkeit neuer Ansuchen nach Zeitablauf wird die Flexibilität der Dienstbehörde gewahrt, auf Erfordernisse und Veränderungen des Dienstbetriebes zu reagieren und evtl auch ohne die bislang angeordneten bzw „bestellten“ Zusatzleistungen auszukommen.

Die heiklen Fälle der „Verwendungsänderung und Versetzung“ behandelt § 35 GehG, wobei die Folgebestimmung des § 36 GehG zur sozialen Abfederung die sogenannte „Ergänzungszulage“ vorsieht, welche in der Praxis zuweilen auch als „Fallschirmregelung“ bezeichnet wird. Müller (in ZellKomm ÖffDR §§ 18, 35 GehG Rz 17 ff) gliedert dabei übersichtlich in die Abberufungsfälle aus Gründen, welche BeamtInnen nicht zu vertreten haben, und solchen, für welche dies nicht gilt.

Die Aufnahme eines II. Teils über „Unionsrechtliche Aspekte“ (bearbeitet von Spiegel) sowie eines III. Teils über das Universitätsdienstrecht (kommentiert von Pfeil) runden das Werk gekonnt ab und zeigen den Weitblick in der Schwerpunktsetzung. Nicht alle Bestimmungen haben bereits eine Kommentierung erfahren, bei manchen (wie bspw §§ 4-4b, 20a, 20b, 24-24b, 27-29m, 64-78a VBG, § 13 GehG betreffend Übergenussrückforderungen bei BeamtInnen) muss

diese noch nachgeliefert werden. Etwas kurz geraten erscheinen zudem auch die Ausführungen zum in der Praxis (auch respektive der Anzahl von Rechtsstreitigkeiten) nicht unerhebliche Bedeutung erlangenden Besoldungs dienst alter (Bußjäger in ZellKomm ÖffDR § 12 BDG bzw Mayr in ZellKomm ÖffDR § 26 VBG, wobei letzterer doch etwas mehr an Information bietet) – frühere Bezeichnung: „Vorrückungsstichtag“ –, zumal an dieses die Bezugshöhe anknüpft. Dies tut dem Werk aber keinen Abbruch. Es vermag vollinhaltlich zu überzeugen, wie bereits die vorangegangenen Veröffentlichungen im Kreis der Zeller Kommentar-Familie (Kommentar zum Arbeitsrecht, Handbuch Arbeitsvertrags- Klauseln). Arbeitsgerichte, auf Arbeitsrecht spezialisierte Anwaltskanzleien, auf diesem Gebiet tätige Interessenvertretungen, aber auch Rechtsabteilungen von Zentral- und nachgeordneten Dienststellen, schlicht alle Personen, welche im Personalrecht tätig werden und Fälle im Bereich des öffentlichen Dienstrechtes zu bearbeiten haben, werden mit diesem vierbändigen Mammutwerk bestens bedient. Aufgeteilt auf vier Mappen wurde ein Mittelweg gewählt zwischen dem Modell des Loseblattwerkes einerseits und den herkömmlichen gebundenen Büchern: Der Zeller Kommentar zum öffentlichen Dienstrecht findet sich in der Form von vier Mappen mit diversen Faszikeln mit Ringbuchlagerung. Dies ermöglicht es, die benötigten Kommentarstellen auch zu Besprechungen, Verhandlungsterminen etc mitzunehmen, ohne der Gefahr ausgesetzt zu sein, dass einzelne Loseblätter verloren zu gehen drohen, da dem die Faszikelbindung entgegensteht. Es bedarf keiner Kristallkugel, um dem Werk den ihm gebührenden durchschlagenden Erfolg vorherzusagen. Die (dringende) Kauf-, Lese- und Konsultierungsempfehlung versteht sich von selbst.