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Betriebs(teil-)übergang bei Payrolling

VERENAVINZENZ (GRAZ)
  1. Für die Beurteilung des Vorliegens einer wirtschaftlichen Einheit ist zu prüfen, ob die vom Veräußerer übertragenen Betriebsmittel bei ihm eine einsatzbereite Gesamtheit darstellten, die als solche ausreichte, die für die wirtschaftliche Tätigkeit des Unternehmens charakteristischen Dienstleistungen ohne Inanspruchnahme anderer wichtiger Betriebsmittel oder anderer Unternehmensteile erbringen zu können.

  2. In Konstellationen, in denen Personal und Betriebsmittel zur Erfüllung des arbeitstechnischen Zwecks einer wirtschaftlichen Einheit erforderlich sind, kann ein Betriebsübergang vorliegen, wenn nur Personal freiwillig übernommen wird und wenn den materiellen Betriebsmitteln insgesamt nur untergeordnete Bedeutung für die wirtschaftliche Einheit zukommt.

  3. Die für den Anlassfall charakteristische Tätigkeit des Überlassers bestand im Bereitstellen von DN für einen einzigen Großkunden, die von diesem gezielt ausgewählt, teilweise sogar von ihm selbst rekrutiert wurden und mitunter jahrelang bei ihm beschäftigt waren. Es handelte sich daher nicht um beliebig austauschbare Arbeitskräfte. Ihre Übernahme war wegen dieser besonderen Bindung an den Beschäftiger für die Tätigkeit eines jeden Nachfolgers des Überlassers praktisch notwendig.

[1] Die Kl war seit 1.9.2011 bei einem Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen (in der Folge: Überlasser) beschäftigt und wurde von diesem an eine AG (in der Folge: Beschäftiger) mit den Aufgaben einer Projektanalystin und Assistentin des Vorstands überlassen.

[2] Der Beschäftiger war der Hauptkunde des Überlassers, der an dieses Unternehmen laufend bis zu 40 AN überließ. Andere Kunden gab es nur in verhältnismäßig geringfügigem Umfang. Zu mehr als 50 % handelte es sich um AN, die bereits vom Beschäftiger rekrutiert worden waren. Die übrigen wurden vom Überlasser nach Jobprofilen 272 rekrutiert, die ihm vom Beschäftiger bekanntgegeben wurden. Mit allen DN schloss der Überlasser auftragsgemäß Dienstverträge mit Exklusivitätsklausel ab, nach der sie ausschließlich an das Beschäftigerunternehmen überlassen werden durften. Der Inhalt der Dienstverträge, das Gehalt und bestimmte wörtlich vorgegebene Klauseln wurden vom Beschäftiger vorgegeben. Mit den meisten dieser Dienstverträge wurde die Anwendung des für den Betrieb des Beschäftigers geltenden KollV vereinbart. Vor Vertragsabschluss legte der Überlasser jeden dieser von ihm ausgefertigten Dienstverträge dem Beschäftiger zur Genehmigung vor. Der Überlasser führte für die DN die Anmeldung zur SV, die Personaladministration, die Lohnverrechnung, die Lohnauszahlung und die Bearbeitung arbeitsrechtlicher Fragen durch. Er bekam vom Beschäftiger abgezeichnete Stundenlisten als Grundlagen für die Lohnverrechnung. Urlaubsvereinbarungen wurden unmittelbar mit dem Beschäftiger getroffen, Prämien und außertourliche Gehaltserhöhungen wurden von diesem vorgegeben.

[3] Dieser Vorgangsweise lag ein schriftlicher Überlassungsvertrag zwischen Überlasser und Beschäftiger zugrunde. Pro Jahr wurden ca fünf bis zehn überlassene DN in das Stammpersonal des Beschäftigers übernommen, andererseits wurden laufend neue Mitarbeiter zur Überlassung an den Beschäftiger gesucht und eingestellt.

[4] Der Überlasser führte die Geschäfte mit eigenen Mitteln und eigenem Personal durch, das aus dem Geschäftsführer, seiner Gattin, zwei Disponentinnen und einer teilzeitbeschäftigten Lohnverrechnerin bestand. Für die Verwaltung wurde eine eigens für den Überlasser entwickelte Software verwendet.

[5] Am 31.12.2015 kündigte der Beschäftiger den Vertrag mit dem Überlasser, dessen wirtschaftliche Grundlage damit weitgehend zerstört wurde. Der Jahresumsatz des Überlassers sank von im Jahr 2014 erzielten 3.800.000 € auf 240.000 €. Wegen der Exklusivitätsklausel war es ihm nicht möglich, die überlassenen Mitarbeiter anderweitig einzusetzen. Ihre Dienstverträge mit dem Beschäftiger [gemeint wohl: Überlasser] wurden daher zum Jahresende 2015 einvernehmlich beendet, mit Ausnahme von 4 oder 5 Mitarbeiterinnen, darunter der Kl, die in Karenz waren.

[6] Die bis Ende 2015 an den Beschäftiger überlassenen Mitarbeiter wurden sonst im Wesentlichen nahtlos weiter beschäftigt. Einzelne wurden von der Bekl eingestellt und wiederum an den Beschäftiger überlassen. Es konnte nicht festgestellt werden, wie viele ehemals überlassene Arbeitskräfte in das Stammpersonal des Beschäftigers wechselten und wie viele ihm in der Folge von der Bekl weiter überlassen wurden.

[7] Ein Wechsel von anderem Personal fand zwischen Überlasser und Bekl nicht statt. Es wurden der Bekl vom Überlasser auch weder Unterlagen noch die von ihm verwendete Software übergeben. Die mit der Abwicklung der Überlassung beim früheren Überlasser beschäftigten AN schieden im Wesentlichen dort aus, wurden aber nicht von der Bekl übernommen. [...]

[8] Der Kl wurde anlässlich der Beendigung ihres Karenzurlaubs am 30.9.2018 vom Überlasser mitgeteilt, dass sie wegen der Kündigung des Überlassungsvertrags nicht mehr weiterbeschäftigt werde.

[9] Sie begehrt die Feststellung, dass zwischen ihr und der Bekl spätestens ab 1.10.2018 infolge Betriebsübergangs ein aufrechtes Dienstverhältnis bestehe.

[10] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

[...]

[11] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. [...]

[12] Die nach § 508a ZPO zugelassene, auf den Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der Kl strebt die Klagsstattgebung an, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. [...]

[13] Die Revision ist zulässig, weil die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts durch das Berufungsgericht iSd Grundsätze der Rsp zum Betriebsübergang einer Klarstellung bedarf. Die Revision ist dementsprechend auch berechtigt.

[14] 1. Nach § 3 Abs 1 AVRAG tritt dann, wenn ein Unternehmen, Betrieb oder Betriebsteil auf einen anderen Inhaber übergeht, dieser als AG mit allen Rechten und Pflichten in die im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse ein.

[15] Für einen Übergang iSd mit dieser Bestimmung umgesetzten RL 77/187/EWG (aktuell 2001/23/EG) ist die Wahrung der Identität der Einheit entscheidend (RIS-Justiz RS0110832 [T11]). Die „wirtschaftliche Einheit“ ist dabei nicht mit dem betriebsverfassungsrechtlichen Betriebsbegriff ident, sondern orientiert sich an der organisatorischen Zusammenfassung von Betriebsmitteln zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit (9 ObA 17/18t mwN). Für die Rechtsfolgen des Betriebsübergangs nach § 3 AVRAG kommt es nicht auf das Vorliegen eines Rechtsgeschäfts zwischen früherem und neuem Inhaber an, sondern es ist der faktische Übertragungsvorgang entscheidend (RS0110832 [T20]; RS0102972 [T2]).

[16] Ob ein Betriebsübergang vorliegt, ist im Einzelfall aufgrund der den Vorgang kennzeichnenden tatsächlichen Umstände zu beurteilen (RS0082749 [T23]). Dabei ist iS eines beweglichen Systems eine Gesamtbewertung der einzelnen Umstände vorzunehmen, zumal der Betriebsübergang in einem sehr weiten Sinn zu verstehen ist. Derartige Umstände sind beispielsweise die Übernahme der materiellen und immateriellen Betriebsmittel und des Großteils der Belegschaft, die allfällige Ähnlichkeit der vor und nach der Übernahme verrichteten Tätigkeit, der Übergang der Kundschaft und die Fortführung der wirtschaftlichen Einheit (RS0082749 [T3]; 9 ObA 81/19f). [...]

[18] Entscheidend ist regelmäßig die Art des Unternehmens, weil sich daraus auch die Bedeutung der verschiedenen Betriebsmittel und der Arbeitskraft ergibt (9 ObA 17/18t mzwN). Aus der Rsp kann auch nicht abgeleitet werden, dass es in jedem Fall notwendig ist, dass auch zumindest ein wesentlicher Teil des Verwaltungspersonals wechselt (9 ObA 49/14t). Diese Notwendigkeit ist als Grundsatz auch aus der E des OGH8 ObA 64/07f273 nicht abzuleiten. Ausgangspunkt war ein typisches Leiharbeitsunternehmen, bei dem kaum AN im „eigenen“ Betrieb iS einer organisatorischen Einheit beschäftigt, sondern am Markt angeboten und in Beschäftigungsbetrieben für deren Zweck in deren Organisation eingesetzt werden. Wesentlich war danach, dass ein Teil des Verwaltungspersonals und ein Teil der Leih-AN zu einem anderen Leiharbeitsunternehmen wechselt, um dort die gleichen Tätigkeiten im Dienst der Kunden auszuüben. Die Prüfung war, ob die von dem Übergang betroffenen Mittel als solche ausreichen, um die für die typischen Überlasser-Tätigkeit kennzeichnenden Leistungen ohne Inanspruchnahme anderer wichtiger Betriebsmittel und ohne Inanspruchnahme anderer Unternehmensteile weiter erbringen zu können.

[19] Daraus ergibt sich noch nicht der Umkehrschluss, dass für andere Arten von Unternehmen – Anbieter von Payrolling – ohne Übergang von wenigstens einer Person aus dem Verwaltungsbereich kein Betriebsübergang vorliegen kann.

[20] Nach der Rsp des EuGH müssen bei der Prüfung, ob eine Einheit übergegangen ist, sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnende Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören namentlich die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit. Diese Umstände sind jedoch nur Teilaspekte der vorzunehmenden Gesamtbewertung und dürfen deshalb nicht isoliert betrachtet werden (Rs C-13/95, Süzen, ECLI:EU:C:1997:141, Rn 14; vgl auch C-29/91, Redmond Stichting, ECLI:EU:C:1992:220, Rn 24; C-392/92, Christel Schmidt, ECLI:EU:C:1994:134, Rn 17; C-340/01, Abler ua, ECLI:EU:C:2003:629, Rn 33). Den verschiedenen Kriterien kommt notwendigerweise je nach der ausgeübten Tätigkeit und nach den Produktions- oder Betriebsmethoden, die in dem betreffenden Unternehmen, Betrieb oder Betriebsteil angewendet werden, unterschiedliches Gewicht zu (vgl C-298/18, Grafe und Pohle, ECLI:EU:C:2020:121, Rn 22 insb 25; C-160/14, Ferreira da Silva e Brito ua, ECLI:EU:C:2015:565, Rn 25).

[21] Eine solche Einheit muss nicht unbedingt bedeutsame materielle oder immaterielle Betriebsmittel umfassen. In bestimmten Wirtschaftszweigen liegen diese Betriebsmittel nämlich oft nur in ihrer einfachsten Form vor, und es kommt dort im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft an. Daher kann eine organisierte Gesamtheit von AN, denen eigens und auf Dauer eine gemeinsame Aufgabe zugewiesen ist, eine wirtschaftliche Einheit darstellen, ohne dass weitere Betriebsmittel vorhanden sind (Rs C-127/96, Hernández Vidal ua, ECLI:EU:C:1998:594, Rn 27; C-458/05, Jouini ua, ECLI:EU:C:2007:512, Rn 32). Auch in Konstellationen, in denen Personal und Betriebsmittel zur Erfüllung des arbeitstechnischen Zwecks einer wirtschaftlichen Einheit erforderlich sind, kann daher ein Betriebsübergang vorliegen, wenn nur Personal freiwillig übernommen wird und wenn den Betriebsmitteln etwa insgesamt nur untergeordnete Bedeutung für die wirtschaftliche Einheit zukommt.

[22] Wenn der neue Unternehmer nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern – hier neben dem Kunden – auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil der Belegschaft übernimmt, die sein Vorgänger gezielt für diese Tätigkeit eingesetzt hatte, dann erwirbt er eine organisierte Gesamtheit von Faktoren, die ihm die Fortsetzung der Tätigkeiten oder bestimmter Tätigkeiten des übertragenden Unternehmens auf Dauer erlaubt (C-298/18, Grafe und Pohle, ECLI:EU:C:2020:121, Rn 39; C-463/09, CLECE, ECLI:EU:C:2011:24, Rn 36 mwN). Es spielt insoweit auch keine Rolle, ob die Übernahme eines wesentlichen Teils des Personals im Rahmen einer zwischen Veräußerer und Erwerber vereinbarten vertraglichen Übertragung erfolgt oder ob sie auf einer einseitigen Entscheidung des früheren Inhabers, die Arbeitsverträge des übergegangenen Personals zu kündigen, gefolgt von einer einseitigen Entscheidung des neuen Inhabers, im Wesentlichen dasselbe Personal zur Erfüllung derselben Aufgaben einzustellen, beruht (C-463/09, CLECE, ECLI:EU:C:2011:24, Rn 37 f).

[23] Dies gilt nach der Rsp des EuGH auch bei Leiharbeitsunternehmen. Kennzeichnend für solche Unternehmen ist im Allgemeinen – wie sich auch aus der Vorlageentscheidung ergibt – das Fehlen einer eigenen Betriebsorganisation, nach der in einem solchen Unternehmen verschiedene entsprechend der Organisation des Veräußerers abtrennbare wirtschaftliche Einheiten bestimmt werden können. Bei typischen Leiharbeitsunternehmen ist eine Prüfung vorzunehmen, bei der deren Besonderheiten Rechnung getragen wird, anstatt zu untersuchen, ob ihrer Organisation nach eine wirtschaftliche Einheit vorliegt. In diesem Zusammenhang ist für die Beurteilung des Vorliegens einer wirtschaftlichen Einheit iSd RL 2001/23 zu prüfen, ob die vom Veräußerer übertragenen Betriebsmittel bei ihm eine einsatzbereite Gesamtheit darstellten, die als solche dazu ausreichte, die für die wirtschaftliche Tätigkeit des Unternehmens charakteristischen Dienstleistungen ohne Inanspruchnahme anderer wichtiger Betriebsmittel oder anderer Unternehmensteile erbringen zu können (C-458/05, Jouini ua, ECLI:EU:C:2007:512, Rn 32 ff).

[24] 2. Die für den Anlassfall charakteristische und die damalige wirtschaftliche Grundlage des Überlasserunternehmens bildende Tätigkeit bestand im Bereitstellen von DN für einen einzigen Großkunden, die von diesem gezielt für dessen Bedarf ausgewählt und teilweise von ihm sogar selbst rekrutiert wurden. Die „Überlasserin“ übernahm dabei die formale AG-Stellung einschließlich der administrativen Personalverwaltung, alle übrigen AN-Funktionen nahm der Beschäftiger wahr. Die Dienstvertragsbedingungen wurden bis hin zur 274 Vereinbarung des für seinen Betrieb geltenden KollV von ihm vorgegeben („Payrolling“). Dementsprechend durften diese DN auch exklusiv nur diesem Beschäftiger überlassen werden.

[25] Diese charakteristische Leistung des Überlassungsunternehmens erforderte praktisch keine materiellen Betriebsmittel. Ihr Büroaufwand einschließlich EDV-Software beschränkte sich auf die auch sonst in jedem Unternehmen erforderliche Personalverwaltung.

[26] Hingegen wies die nicht unerhebliche Anzahl von bis zu 40 für ein einziges Unternehmen verwaltete AN die wesentlichen Merkmale der organisierten wirtschaftlichen Einheit auf.

[27] Es handelte sich hier nicht um beliebig durch andere fachlich Geeignete austauschbare Arbeitskräfte, sondern um Personen, die für den besonderen Bedarf des Kunden ausgewählt und teilweise (Kl) jahrelang bei ihm beschäftigt waren. Ihre Übernahme war wegen dieser besonderen Bindung an den Beschäftiger für die Tätigkeit eines jeden Nachfolgers des Überlassers praktisch notwendig.

[28] Hätte die Bekl die beim Beschäftiger eingesetzten aktiven DN des früheren Überlassers nicht wieder eingestellt (abgesehen von der nicht festgestellten Anzahl, die in die Stammbelegschaft übernommen wurde), hätte der Beschäftiger entweder plötzlich auf eine große Zahl von ausgewählten ständigen Mitarbeitern verzichten, oder von der Anwendung seines bevorzugten Personalleasingmodells (Payrolling) hinsichtlich aller dieser Mitarbeiter abgehen müssen. Erst durch die Weiterbeschäftigung dieser DN, wenn auch nach formeller Neueinstellung beim Beschäftiger, war die Bekl in der Lage, dem Kunden eine nahtlose Fortführung der bisher vom Überlasser erbrachten Leistungen zu gewährleisten.

[29] In dieser besonderen Konstellation liegen daher die dargestellten Kriterien eines Betriebsübergangs vor. Daran ändert das Fehlen eines Übergangs materieller Betriebsmittel und Personalverwaltungsressourcen, die in jedem anderen Personalverleihunternehmen bereits vorhanden und für die Erbringung der hier charakteristischen Leistung ohne entscheidender Bedeutung sind, nichts. Eine Übergabe von Personalakten oder Vertragsbedingungen an die Bekl war schon deshalb bei der Gesamtabwägung ohne ausschlaggebende Bedeutung, weil die Beschäftigungsbedingungen hier einseitig vom Kunden vorgegeben waren und er sie auch wieder an die Bekl überbinden konnte. Dass der Bekl nicht alle AN übernahm, steht der Annahme eines Betriebsübergangs nicht entgegen, zumal die tatsächlichen Übernahmen auf der unstrittigen Absicht beruhten, insoweit die bisherige Geschäftstätigkeit fortzuführen (vgl 9 ObA 193/98t mwN; 9 ObA 17/18t).

[30] Die organisatorische Einheit (vgl RS0082749) ist hier in der in ihrem Arbeitsvertrag mit dem früheren Überlasser beim Beschäftiger zusammengefasster und ausschließlich bei diesem einsetzbarer (Exklusivitätsklausel) Gruppen von AN zu sehen, die insoweit die maßgeblichen Faktoren des mit „Payrolling“ befassten Betriebsteils des früheren Überlassers darstellten. Es lag also nicht nur ein Auftragsübergang, sondern auch ein Übergang der hier beim Payrolling entscheidenden Arbeitskräfte dieses Betriebsteils vor.

[31] 3. Davon ausgehend erweist sich die in der Revisionsbeantwortung enthaltene Rüge sekundärer Feststellungs- und Verfahrensmängel als unbegründet. Soweit die rechtliche Beurteilung nicht ohnedies von den darin reklamierten Tatsachen ausgegangen ist, wie dem Nichtübergang des Verwaltungsapparats, kommt es darauf für das Ergebnis nicht an. Die Behauptung, dass von der Bekl nicht alle DN des Überlassers übernommen wurden, steht in keinem Widerspruch zu der Feststellung, wonach daraus einige AN zum Beschäftiger gewechselt sind. Dass auch neue AN eingestellt wurden, entspricht den bisherigen Abläufen in diesem Geschäftsmodell. Dass das genaue Verhältnis der vom früheren Überlasser zur Bekl (neuer Überlasser) übernommenen AN zu jenen, die gleich direkt zum Beschäftiger wechselten, nicht festgestellt werden konnte, geht nicht zu Lasten der Kl, der der Nachweis gelungen ist, dass im Wesentlichen sämtliche früher überlassene AN nahtlos weiter beschäftigt wurden. Ausgehend davon wäre es schon im Ansatz die Sache der beweisnäheren (RS0039895 [T2] = RS0039939 [T35]; 8 Ob 14/18v [Pkt 4.4]) Bekl gewesen, konkret darzustellen, dass die entscheidende Anzahl der AN auf den Beschäftiger überging. Auch hat ja die Bekl die typische Dienstleistung (Payrolling) übernommen. Einer weiteren Erörterung dieser Frage bedarf es aber schon deshalb nicht, weil die Bekl gar nicht releviert, dass insoweit ein Betriebsübergang zur Beschäftigerin stattgefunden hätte. Der OGH hat auch bereits klargestellt, dass grundsätzlich auch beim Payrolling die Bezeichnung zu Vertragspartner entscheidend ist (8 ObA 51/17k), und zwar auch beim Betriebsübergang (9 ObA 19/18z). [Anm der Autorin: Die beiden Verweise beziehen sich wohl tatsächlich auf 8 ObA 51/17h sowie 9 ObA 19/18m. Auch inhaltlich ist der Satz schwer verständlich. In 8 ObA 51/17h hat der OGH jedenfalls klargestellt, dass für die Beurteilung, ob eine Überlassung von Arbeitskräften vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungform (zB die Bezeichnung des zwischen Überlasser und Beschäftiger bestehenden Vertragsverhältnisses) maßgeblich ist.] Insoweit bedarf eine effektive Umsetzung der Betriebsübergangs-RL (vgl zum „Arbeitsverhältnis“ ngEuGHC-242/09, Albron Cateri, ECLI:EU:C:2010:317) auch einer Beachtung der Besonderheiten der hier vorliegenden atypischen Arbeitskräfteüberlassung (Payrolling).

[32] Soweit der Rsp des EuGH Ansatzpunkte für gespaltene Arbeitsverhältnisse zu entnehmen sind (C-344/18, ISS Facility Services NV, ECLI:EU:C:2020:239), ist einerseits nicht ersichtlich, ob diese Ausführungen des EuGH nicht überhaupt nur zur unionsrechtlichen Zulässigkeit einer nationalen Betriebsübergangsregelung in diesem Sinne (vgl Rz 20) zu verstehen sind. Andererseits ist im Zusammenhalt mit den sonstigen Regelungen und Problemstellungen (Koordination der Arbeitszeiten oder der Urlaube zwischen zwei Arbeitsverhältnissen, 275 zusätzliche Arbeitswege uva) jedenfalls davon auszugehen, dass der in der Rsp bisher angenommene Übergang auf einen neuen Betriebsinhaber (9 ObA 94/07z mwN) regelmäßig jedenfalls als die günstigere Rechtsfolge anzusehen ist (vgl Art 8 der RL 2001/23/EG) und die Aufspaltung zu einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen führen würde (C-344/18, Rn 35). Anders als zu C-344/18 liegt hier auch ein von den betroffenen AG im Umfang gestaltbarer Betriebsübergang vor.

[33] 4. Den Feststellungen des Erstgerichts ist nicht zu entnehmen, ob das Dienstverhältnis der Kl nach deren Karenz von der Überlasserin bis zum Schluss der Verhandlung erster Instanz aufgelöst wurde oder es bei der vorgebrachten Ankündigung geblieben ist. Einer Klärung dieser Frage bedarf es aber nicht, weil der Betriebsübergang ex lege zum Übergang der im maßgeblichen Zeitpunkt aufrechten Dienstverhältnisse auf den Übernehmer führt, der nach § 3 Abs 1 AVRAG mit sämtlichen Rechten und Pflichten in die bestehenden Arbeitsverträge eintritt (Gahleitner in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 § 3 AVRAG Rz 41).

[34] Zum Zeitpunkt der Beendigung des Überlassungsvertrags mit dem DG der Kl bzw des Beginns der Überlassungstätigkeit der Bekl war das Dienstverhältnis der karenzierten Kl unstrittig jedenfalls aufrecht und ist damit auf die Bekl übergegangen. Diese hat sich ihrerseits nicht auf eine Beendigung (zB durch Eventualkündigung) dieses Dienstverhältnisses berufen.

ANMERKUNG
1.
Einleitung

Mit der vorliegenden E präzisiert der OGH die bereits bestehende Judikaturlinie zum Themenbereich „Betriebsübergang bei Arbeitskräfteüberlassung“. So nahm das Höchstgericht (OGH8 ObA 64/07fDRdA 2009/24, 319[Binder]) bereits im Jahr 2007 Stellung zur Grundkonstellation des Betriebsübergangs beim Überlasser und betonte – bei Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit – die grundsätzliche Anwendbarkeit des § 3 AVRAG in derartigen Situationen. Der OGH setzte dabei im Wesentlichen die Wertungen des EuGH in der Rs Jouini (C-458/05, ECLI:EU:C:2007:512) um. Die Übernahme überlassener AN bei Betriebsübergang des Beschäftigers hat der OGH (9 ObA 19/18mDRdA 2019/21, 236 [Reissner] = ZAS 2019/59, 323 [Pfalz]; 9 ObA 50/19xDRdA 2020/21, 252 [Schrattbauer] = ARD 6657/5/2019) hingegen bereits mehrmals verneint.

Die vorliegende E stellt nun einen weiteren Puzzlestein dar, wurde dem Höchstgericht doch ein Musterbeispiel eines Payrolling-Systems zur Beurteilung vorgelegt. Der Beschäftiger übte einen Großteil der AG-Funktionen aus, welche sich nicht nur auf die Vorgabe des Inhalts der Dienstverträge, der Höhe des Gehalts und das Recruiting beschränkten, sondern sogar in einer Exklusivitätsklausel mündeten, die es dem Überlasser verbot, die Leih-AN bei anderen Unternehmen einzusetzen. Der Überlasser beschränkte sich hingegen auf die Anmeldung zur SV, Personaladministration, Lohnverrechnung und -auszahlung sowie die Bearbeitung arbeitsrechtlicher Fragen.

Der Überlassungsvertrag zwischen Überlasser und Beschäftiger wurde aufgekündigt, in Folge wurden – aufgrund der Exklusivitätsklausel – alle Dienstverträge der überlassenen AN zum Überlasser beendet. Einzig mit wenigen überlassenen Mitarbeiter:innen, darunter der in Karenz befindlichen Kl, kam es zu keiner Vertragsbeendigung. Die restlichen überlassenen Arbeitskräfte wurden allesamt weiterbeschäftigt, sie wechselten in die Stammbelegschaft des Beschäftigers oder wurden von der nunmehr Bekl, einem anderen Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen, eingestellt und wiederum an den Beschäftiger überlassen. Der Kl wurde bei Rückkehr aus der Karenz zum ursprünglichen Überlasser die Beendigung des Dienstverhältnisses angekündigt. Sie begehrt daher die Feststellung, aufgrund eines Betriebsübergangs in einem aufrechten Dienstverhältnis zum neuen Überlasser zu stehen.

2.
Betriebsübergang bei Arbeitskräfteüberlassung

Entscheidend für das Vorliegen eines Betriebsübergangs ist nach stRsp die Übernahme einer wirtschaftlichen Einheit, die im Zuge des Übergangs ihre Identität bewahrt. Um dies zu beurteilen, sind jene Kriterien heranzuziehen, die der EuGH erstmals in der Rs Spijkers (24/85, ECLI:EU:C:1986:127) herausgearbeitet hat. Demnach ist auf den Übergang von materiellen und immateriellen Aktiva, die Übernahme von Belegschaft(steilen), die Fortführung einer ähnlichen Tätigkeit sowie die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit abzustellen. Es ist also zu prüfen, ob eine organisierte Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigenem Zweck existiert, die hinreichend strukturiert und selbständig ist (EuGHC-127/96, C-229/96 und C-74/97, Hernández Vidal ua, ECLI:EU:C:1998:426, Rn 26).

Bei der rechtlichen Beurteilung ist allerdings auch auf die Art des Unternehmens abzustellen. So erkannte der EuGH, dass bestimmte Wirtschaftszweige vor allem auf die menschliche Arbeitskraft abstellen, während materielle oder immaterielle Betriebsmittel nur in ihrer einfachsten Form vorliegen. Daher kann auch der Übergang einer organisierten Einheit von AN ausreichen, ohne dass weitere Betriebsmittel vorhanden sind (EuGH Rs Hernández Vidal Rn 27). Die Arbeitskräfteüberlassungsbranche zählt, so der EuGH in der Rs Jouini ua (Rn 35 ff), zu dieser Art von Unternehmen, ist sie doch vor allem durch das Vorhandensein der Leih-AN, deren Fachkenntnissen sowie einer geeigneten Verwaltungsstruktur zum Verleih derselben geprägt. Weitere bedeutende Betriebsmittel sind für die Ausübung der Tätigkeit nicht nötig. Daher kann die Gesamtheit aus Verwaltungs angestellten, Leih-AN und Fachkenntnissen eine wirtschaftliche Einheit darstellen, die 276 im Rahmen eines Betriebsübergangs übertragen wird.

Der OGH (22.11.2007, 8 ObA 64/07f) hat diese Wertungen der Rs Jouini ua– mE unpräzise – derart übertragen, dass „nur die Gesamtheit aus Verwaltungsangestellten, Leiharbeitnehmern und Fachkenntnissen einen eigenen Zweck haben“ und dementsprechend im Rahmen eines Betriebsübergangs als wirtschaftliche Einheit übertragen werden könne. Daraus schließt wiederum ein Teil der Lehre (Bruckmüller/Lamplmayr, Betriebsübergang bei Payrolling/Arbeitskräfteüberlassung, ecolex 2023/38, 69 [70; EAnm]), dass der Übergang der überlassenen Arbeitskräfte alleine keine wirtschaftliche Einheit iSd Betriebsübergangsrechts darstellen könne.

3.
Sonderfall „Payrolling“?

In der vorliegenden E beschäftigt sich der OGH nun mit einem Sonderfall der Arbeitskräfteüberlassung, nämlich dem sogenannten „Payrolling“ bzw „Payroll-System“. Dieses ist nach hA (Schörghofer, Grenzfälle der Arbeitskräfteüberlassung [2015] 12, 111; Tomandl, Arbeitskräfteüberlassung4 [2021] 33 f) dadurch charakterisiert, dass der Beschäftiger nicht nur bloßer Empfänger der Arbeitskraft ist, sondern den Einsatz der Leih-AN zentral mitgestaltet. Ihm werden Rechte übertragen, die bei der Arbeitskräfteüberlassung sonst typischerweise den Überlasser treffen. Beim Überlasser verbleibt beim Payrolling oft nur die namensgebende Entgeltzahlung.

Der OGH hat nun herausgearbeitet, dass die Tätigkeit des Überlassungsunternehmens im betroffenen Sachverhalt de facto keine materiellen Betriebsmittel erforderte und dass bereits die Gruppe der in ein einziges Unternehmen überlassenen AN für sich jene wirtschaftliche Einheit darstellte, die im Rahmen eines Betriebsübergangs übertragen werden konnte. Entscheidend dafür war zum einen die Exklusivitätsklausel, die die überlassenen AN in besonderem Maße an den Beschäftiger gebunden hatte, zum anderen die (jahre-)lange Dauer der Überlassung. Die überlassenen Arbeitskräfte wurden, ähnlich wie in der Rs Albron Catering (EuGHC-242/09, ECLI:EU:C:2010:625), ständig beim Beschäftiger abgestellt, sie konnten nirgendwo anders eingesetzt werden. Daher sei, und dies ist wohl der wesentliche Unterschied zu 8 ObA 64/07f, der Übergang einer Verwaltungsstruktur oder des Verwaltungspersonals nicht notwendig gewesen. Das Höchstgericht stellte recht lapidar fest, dass die materiellen Betriebsmittel und Verwaltungsressourcen wohl auch in jedem anderen Personalverleihunternehmen bereits vorhanden seien, daher sei diesen Elementen der Spijkers-Kriterien bei der Arbeitskräfteüberlassung in Form von Payrolling nur eine untergeordnete Rolle einzuräumen.

Die organisatorische Einheit beim Payrolling besteht damit aus jener Gruppe von AN, die an einen einzigen Kunden überlassen wurden. AN, die dieser Gruppe nicht angehören, etwa weil sie in andere Unternehmen überlassen wurden oder eben Teil des Verwaltungsapparats waren, haben deshalb auch keinen Anspruch auf Übernahme durch den neuen Überlasser (Kietaibl, Teilbetriebsübergang bei Überlassungs- und Payrollingbetrieben, JAS 2022, 389 [393; EAnm]). Das Höchstgericht spitzt diesen Grundsatz in der vorliegenden E sogar noch weiter zu, sind doch nachweislich nicht alle überlassenen AN auf den neuen Überlasser übergegangen, sondern wurden einige Leih-AN direkt vom Beschäftiger eingestellt. Dazu führt der OGH aus, dass es Sache des neuen Überlassers gewesen wäre, konkret darzustellen, dass die – für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit – entscheidende Anzahl der AN auf den Beschäftiger überging.

Das Höchstgericht betonte jedoch auch, dass es sich beim vorliegenden Sachverhalt um eine „besondere Konstellation“ handle. Damit ist mE weder eine Judikaturwende in Sachen Betriebsübergang bei Arbeitskräfteüberlassung herauszulesen, noch sollen die Ausführungen für alle Fälle von Payrolling gelten (so auch Bruckmüller/Lamplmayr, ecolex 2022/38, 71). Der OGH löst, wie dessen Mitglieder zuweilen selbst betonen, eben nur konkrete Fälle.

4.
Übernahme einzelner überlassener AN durch den Beschäftiger

Im vorliegenden Sachverhalt übernimmt der Beschäftiger nach Beendigung des Überlassungsvertrags mit dem ursprünglichen Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen einzelne überlassene AN, die in die Stammbelegschaft überführt werden, ohne dass den restlichen Leih-AN ein derartiger Anspruch eingeräumt wird. Die Übernahme in die Stammbelegschaft ist ein zentrales Anliegen der Leiharbeits-RL, welche den Beschäftiger bspw gem Art 6 leg cit dazu verpflichtet, alle Leih-AN über offene Stellen im Betrieb zu unterrichten (Schrattbauer, Arbeitskräfteüberlassung [2015] 36). Wie die vorliegende E zeigt, stehen den nicht übernommenen Leih-AN nur wenige arbeitsrechtliche Bestimmungen zur Verfügung, um ebenfalls eine Übernahme in die Stammbelegschaft des Beschäftigers zu erreichen.

Die karenzierte AN im Ausgangssachverhalt hat zum einen keine rechtliche Möglichkeit, ein aufrechtes Beschäftigungsverhältnis zum Beschäftiger durchzusetzen. Die auch vom OGH angesprochene E des EuGH in der Rs Albron Catering scheint auf den ersten Blick einschlägig, stellt der EuGH doch, ähnlich wie im vorliegenden Sachverhalt, darauf ab, dass es für die überlassenen AN keinen „Plan B“ gibt, der einzige Zweck ihrer Beschäftigung beim Überlasser also der Einsatz beim (alten) Beschäftiger war und sie ständig dorthin abgestellt wurden (vgl dazu Reissner, Überlassene Arbeitskräfte und Betriebsübergang beim Beschäftiger, DRdA 2019/21, 236[EAnm]). Anders als in der Rs Albron Cateringkam es aber nicht zu einem Betriebsübergang beim Beschäftiger, sondern beim Überlasser. Da der Beschäftiger unverändert geblieben ist, hat die Kl keine Möglichkeit, über das Betriebsübergangsrecht eine Aufnahme in das Stammpersonal des Beschäftigers zu erreichen. 277

Auch die Tatsache, dass der Beschäftiger laut Sachverhaltsfeststellungen einen Teil der überlassenen AN direkt in die Stammbelegschaft überführt hat, hilft der AN nicht. Alle Ansätze in der Literatur (vgl Baringer/Greiner, Die Dauerüberlassung in Form des Payrollings und § 2 Abs 4 AMFG, ASoK 2021, 278 mwN), den Beschäftiger in Payrolling-Konstruktionen als direkten AG festzumachen, gehen ins Leere. Selbst ein Umweg über das österreichische Antidiskriminierungsrecht – nämlich dann, wenn die aus der Karenz zurückkehrende AN glaubhaft machen könnte, dass die Nichtübernahme in die Stammbelegschaft des Beschäftigers eine mittelbare Geschlechterdiskriminierung bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses darstellt – würde ihr nach § 12 Abs 1 GlBG nur einen Anspruch auf Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens einräumen. Einen „Nachziehanspruch“, dh die tatsächliche Beseitigung der Diskriminierung durch Begründung eines Arbeitsverhältnisses beim Beschäftiger, gibt es aber im Antidiskriminierungsrecht nicht.

Aus all diesen Überlegungen folgt, dass der Beschäftiger bei Beendigung des Überlassungsvertrags einzelne Leih-AN in das Stammpersonal aufnehmen kann, ohne damit die Übernahme der restlichen Belegschaftsteile zu riskieren. Dem Beschäftiger wird dadurch die Möglichkeit eingeräumt, Angehörige derselben AN-Gruppe – wohl nur aufgrund wirtschaftlicher Erwägungen – sanktionslos unterschiedlich zu behandeln. Diese Vorgehensweise ist ihm innerhalb seiner eigenen Belegschaft aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes untersagt.

5.
Fazit

Die vorliegende E führt im Wesentlichen die bereits bekannten allgemeinen Grundsätze für die Annahme eines (Teil-)Betriebsübergangs weiter. Es ist eine abgrenzbare Einheit auszumachen, die von einem anderen Inhaber übernommen wird und dort die gleiche Tätigkeit weiterführt wie beim alten AG. Gerade bei Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen liegt die Schwelle für das Zustandekommen einer wirtschaftlichen Einheit noch einmal deutlich niedriger, judiziert der EuGH doch, dass bereits die Übernahme der Gesamtheit aus Verwaltungsangestellten, Leih-AN und Fachkenntnissen ausreichend sein kann. Da aber auch hier eine Einzelfallbetrachtung vorgenommen werden muss, kann, wie im vorliegenden Sachverhalt, bereits die Übernahme der zu einem bestimmten Beschäftiger abgestellten Leih-AN ausreichen, wenn dem Verwaltungsapparat im konkreten Fall nur untergeordnete Bedeutung zukommt.

Dass die Kl nicht den Betriebsübergang auf den Beschäftiger behauptet hat, ist mE als verpasste Chance einzuordnen. Betrachtet man einerseits die vom EuGH in der Rs Jouiniadaptierten Anforderungen an das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit und andererseits den Umstand, dass auch der Beschäftiger überlassene Arbeitskräfte in seine Stammbelegschaft überführt hat, wäre ohne Argumentation auch in diese Richtung möglich gewesen. Wie im Fall Albron Catering gab es ja auch hier nicht zuletzt wegen der Exlusivitätsklausel keinerlei „Plan B“ für die überlassenen AN.