32Kündigung eines „zugewiesenen“ Gemeinde-Vertragsbediensteten und Betriebsratsmitgliedes
Kündigung eines „zugewiesenen“ Gemeinde-Vertragsbediensteten und Betriebsratsmitgliedes
Die Dienstrechtskompetenz der Länder (Art 21 Abs 1 Bundes-Verfassungsgesetz [B-VG]) kann nicht dahin verstanden werden, dass sie die Beendigung von Dienstverhältnissen dienstzugewiesener Vertragsbediensteter (VB) auch dann abschließend erfassen würde, wenn in deren „Beschäftigerbetrieb“ Mitglieder des BR besonderen bundesgesetzlichen Kündigungsschutzbestimmungen unterliegen. Dagegen spricht schon das „Berücksichtigungsprinzip“.
Die §§ 120 f ArbVG werden von landesgesetzlichen Kündigungsschutzbestimmungen für an ausgegliederte Rechtsträger dienstzugewiesene VB nicht verdrängt. Eine Kündigung von dienstzugewiesenen VB, die Mitglieder des BR einer der in § 1 Abs 1 Wr Stadtwerke-ZuweisungsG genannten Gesellschaften sind, bedarf daher auch der Einhaltung der §§ 120 f ArbVG.
Eine allfällige gerichtliche Zustimmung ersetzt dabei nicht die Anforderungen an eine Kündigung nach Maßgabe der landesgesetzlichen Bestimmungen und ist daher zwar notwendige, uU aber keine hinreichende Bedingung für die Kündigung eines dienstzugeteilten VB, der auch Personalvertreter ist.
[1] Der Kl ist seit Juni 1998 bei der Bekl als VB nach der Wiener Vertragsbedienstetenordnung 1995 – VBO 1995 – beschäftigt und der Wiener Linien GmbH & Co KG (idF: Wiener Linien) aufgrund des Wiener Stadtwerke-Zuweisungsgesetzes zur Dienstleistung als Straßenbahnfahrer dauernd zugewiesen. Die bei der Bekl für den Kl zuständige Personalstelle ist die Magistratsdirektion „Personalstelle Wiener Stadtwerke“. Bei den Wiener Linien ist ein BR eingerichtet. Der Kl war zum Zeitpunkt der Kündigung sowohl Mitglied des BR Fahrbetrieb und Kundendienst als auch Mitglied des Zentralbetriebsrats (ZBR) der Wiener Linien. Zudem war er als Mitglied des im Betrieb der Wiener Linien errichteten Dienststellenausschusses Straßenbahn und betriebliches Betriebsmanagement Personalvertreter. Die Bekl kündigte das Dienstverhältnis zum Kl mit Schreiben vom 17.6.2020 zum 30.11.2020 wegen gröblicher Verletzung von Dienstpflichten auf.
[2] [...] Der Zentralausschuss der Personalvertretung der Bediensteten der Gemeinde Wien hatte auf Antrag der Bekl vom 9.4.2020 am 28.4.2020 beschlossen, der Kündigung des Kl zuzustimmen. Die aufgrund der dagegen erhobenen Beschwerde 288 des Kl zuständige gemeinderätliche Personalkommission hatte der Kündigung des Kl mit Beschluss vom 10.6.2020 ebenso zugestimmt. Die Verständigung von der Zustimmung der gemeinderätlichen Personalkommission ging am selben Tag der MA-Personalstelle der Wiener Stadtwerke zu, deren Leiterin das Kündigungsschreiben am 17.6.2020 unterschrieb. Die Bekl stützte sich im Kündigungsschreiben auf eine dem Kl am 1.4.2020 ausgehändigte Verwarnung, am 4.2.2020 entgegen der Betriebsvorschrift (BV-FD-2013) den Dienst als Straßenbahnfahrer in Privatkleidung angetreten zu haben, und darauf, dass der Kl bis April 2020 anlässlich der aktuellen Corona-Krise im sozialen Netzwerk „Facebook“ auf der öffentlichen Seite „Team *“ falsche Tatsachen betreffend die Vorsorgemaßnahmen der Wiener Linien zum Schutz der Mitarbeiter:innen geäußert habe.
[3] Der Kl begehrte die Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses über den 30.11.2020 hinaus. Soweit revisionsgegenständlich, brachte er vor, er sei nicht nur Personalvertreter, sondern genieße als BR Kündigungsschutz gem §§ 120 ff ArbVG. Die Kündigung sei mangels vorheriger Zustimmung des Gerichts rechtsunwirksam, aber auch (aus näher dargelegten Gründen) inhaltlich unberechtigt und verfristet. [...]
[4] Die Bekl bestritt, beantragte Klagsabweisung und wandte ein, der Kl habe im Zeitraum Februar 2020 bis April 2020 durch mediale Auftritte in sozialen Netzwerken mit Äußerungen falscher Tatsachen über die Vorsorgemaßnahmen der Wiener Linien zum Schutz der MitarbeiterInnen in der Corona-Krise Unruhe gestiftet, seine Kollegen verunsichert und die Arbeit des Krisenstabes behindert. Es liege folglich ein Kündigungsgrund gem § 42 Abs 2 Z 1 VBO vor. Die Funktionen des Kl als Mitglied der Personalvertretung und des (Zentral-) BR könnten seine Dienstpflichtverletzungen nicht rechtfertigen.
[5] Die Rechte der Personalvertretung kämen nach dem Wiener Personalvertretungsgesetz (W-PVG) den Organen der Personalvertretung zu und nicht ihren Mitgliedern. Dies gelte in gleicher Weise auch für Betriebsräte. Der Wiener Landesgesetzgeber habe für Gemeindebedienstete, die Mitglieder der Personalvertretung seien, einen eigenen Bestandschutz vorgesehen, der den Bestandschutz für Betriebsratsmitglieder ersetze. [...]
[6] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.
[...]
[7] Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung der Bekl keine Folge. [...]
[8] Die ordentliche Revision sei zulässig, weil oberstgerichtliche Rsp zur Frage fehle, ob die Kündigung bzw Entlassung von Gemeindebediensteten der Stadt Wien, die zur Dienstleistung ausgegliederten Betrieben zugewiesen sind und dem BR einem dieser Betriebe angehören, den Beschränkungen der §§ 120 ff ArbVG unterliegen. [...]
[11] Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.
[...]
[13] 1. Nicht weiter fraglich ist, dass der Kl als VB iSd § 1 Abs 1 Z 3 Wr Stadtwerke-ZuweisungsG den Wiener Linien als einem Betrieb iSd § 36 ArbVG dienstzugeteilt ist. Er ist nicht nur Personalvertreter nach dem W-PVG, sondern auch gewähltes Betriebsratsmitglied nach dem ArbVG (zur Zulässigkeit s nur RS0121025).
[...]
[20] 2.3. Ein Vergleich der Kündigungsschutzbestimmungen [für VB bzw Personalvertreter und Betriebsratsmitglieder] zeigt damit, dass (dienstzugewiesene) VB als solche ebenso wie dem II. Teil des ArbVG unterliegende AN, die Betriebsratsmitglieder sind, durch die Anforderung eines besonderen Kündigungsgrundes kündigungsgeschützt sind (wobei vergleichsweise jeweils auch auf eine beharrliche bzw gröbliche Dienstpflichtverletzung abgestellt wird). Der Kündigungsschutz nach den §§ 120 f ArbVG geht aber inhaltlich und institutionell darüber hinaus, weil bei ihm zusätzlich und überdies gerichtlich im Kern auf den Schutz des Mandats und seiner Ausübung Bedacht zu nehmen ist.
[21] 3. Da der Kl (auch) die tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 120 f ArbVG erfüllt, ist zu prüfen, ob deren Anwendung kompetenzrechtlich und landesgesetzlich verdrängt wird.
[22] 3.1. In Abweichung von der Bundeskompetenz für Angelegenheiten des Arbeitsrechts (Art 10 Abs 1 Z 11 B-VG) obliegt den Ländern gem Art 21 Abs 1 S 1 B-VG die Gesetzgebung und Vollziehung in den Angelegenheiten des Dienstrechtes einschließlich des Dienstvertragsrechtes und des Personalvertretungsrechtes der Bediensteten der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände, soweit für alle diese Angelegenheiten in Abs 2, in Art 14 Abs 2, Abs 3 lit c und Abs 5 lit c und in Art 14a Abs 2 lit e und Abs 3 lit b nicht anderes bestimmt ist. Gem Art 21 Abs 2 B-VG obliegt den Ländern auch die Gesetzgebung und Vollziehung in den Angelegenheiten des AN-Schutzes der Bediensteten (Abs 1) und der Personalvertretung der Bediensteten der Länder, soweit die Bediensteten nicht in Betrieben tätig sind. Soweit nach dem ersten Satz nicht die Zuständigkeit der Länder gegeben ist, fallen die genannten Angelegenheiten in die Zuständigkeit des Bundes.
[23] 3.2. Zum Verhältnis der Gesetzgebungskompetenz des Bundes zur Regelung des Betriebsverfassungsrechts und der Dienstrechtskompetenz der Länder hat der OGH bereits in seiner E 8 ObA 78/07i (betreffend die verschlechternde Versetzung einer dienstzugewiesenen Landesbeamtin im Hinblick auf § 101 ArbVG) unter ausführlicher Auseinandersetzung mit der Literatur zunächst hervorgehoben, dass nach den allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsätzen für die Auslegung der Kompetenzbestimmungen die Gesetzgeber der gegenbeteiligten Gebietskörperschaften auf die von der jeweiligen anderen Gebietskörperschaft wahrzunehmenden Interessen Rücksicht zu nehmen haben („Berücksichtigungsprinzip“, s auch RS0123471). [...]
[24] 3.3. In der E 9 ObA 151/08h (betreffend die verschlechternde Versetzung eines dienstzugewiesenen VB) führte der OGH [...] aus, dass aufgrund der Kompetenzverteilung für Gemeindebedienstete, 289 die in Betrieben tätig sind, gem Art 21 B-VG weiterhin das Land gesetzgebungsbefugt sei. Die bundesrechtlichen Vorschriften über die betriebliche Interessenvertretung gelangten nur dann zur Anwendung, wenn das jeweilige Land von dieser Kompetenz keinen Gebrauch mache. Im konkreten Fall habe der Gesetzgeber des W-PVG aber eindeutig zu erkennen gegeben, dass auch nach der Ausgliederung der Wiener Stadtwerke das Personalvertretungsrecht der Gemeinde Wien auf betrieblicher Ebene weiter gelten solle und somit von der Kompetenz gem Art 21 Abs 1 und Abs 2 B-VG Gebrauch gemacht. Im Anschluss an die Lehrmeinung von Rebhahn/Kietaibl (in Tomandl, ArbVG § 33 Rz 3) führe eine verfassungskonforme Auslegung des § 33 ArbVG zum Schluss, dass dann, wenn der Landesgesetzgeber – wie gegeben – seine Kompetenz zur Regelung des Personalvertretungsrechts für an ausgegliederte Betriebe zugewiesene Gemeindebedienstete in Anspruch nehme, hinsichtlich dieser Beschäftigten für die Fortwirkung der Betriebsverfassung des ArbVG kein Raum bleibe (s auch RS0125258).
[25] Zur Regelung des § 39 Abs 1 dritter Satz W-PVG („Soweit nach anderen Gesetzen, die auf Dienststellen der Gemeinde Wien anzuwenden sind, dem Betriebsrat ein Mitwirkungsrecht zusteht, kommt dieses der Personalvertretung zu.“
) wurde festgehalten, dass daraus nicht auf eine Kompetenzerweiterung dahin zu schließen sei, dass der Personalvertretung zusätzlich zu den ihr nach dem Personalvertretungsrecht zustehenden Rechten global sämtliche im ArbVG geregelte Mitwirkungsrechte eingeräumt werden sollten, zumal die §§ 3 f W-PVG selbst detaillierte Regelungen über die Mitwirkungsrechte der Personalvertretung treffen.
[26] 3.4. Darauf gestützt wurde in der E 9 ObA 110/10g für eine VB auch ein (ergänzender) Entlassungsschutz nach den §§ 105, 106 ArbVG verneint. 3.5. [...]
[27] 4. In der Literatur merkte Jabornegg zu 9 ObA 151/08h (DRdA 2011, 332 [335]) kritisch an, die seinerzeitige Neufassung des Art 21 Abs 2 B-VG durch die Bundesverfassungsgesetz-Novelle 1981 habe – iVm Art 21 Abs 1 B-VG sowie unter Berücksichtigung der Übergangsregelung des Art III Abs 1 der B-VG-Novelle BGBl 1981/350– hinsichtlich der Gemeinde- und Gemeindeverbandsbediensteten lediglich eine Landeskompetenz dahingehend begründet, dass auch die in Betrieben beschäftigten Gemeindebediensteten dem vom Landesgesetzgeber erlassenen Personalvertretungsrecht unterliegen können und dementsprechend nicht mehr ausschließlich beim Beschäftigerbetrieb von der gesetzlichen Betriebsverfassung des ArbVG erfasst würden. Die Kompetenzlage sollte aber keinesfalls so verstanden werden, dass dem Landesgesetzgeber auch noch die Befugnis übertragen worden sei, gleichsam den an sich nur vom Bundesgesetzgeber zu definierenden personellen Geltungsbereich der gesetzlichen Betriebsverfassung nach ArbVG einzuschränken. Es erscheine nicht normzweckkonform, bei unterschiedlichen Gesetzgebungskompetenzen für die Belegschaftsverfassung im Überlasserunternehmen und im Beschäftigerunternehmen davon auszugehen, dass die eine Gesetzgebungskompetenz die andere verdränge. Eine „verfassungskonforme“ Auslegung des § 33 ArbVG müsse daher dazu führen, dass die vom Landesgesetzgeber wahrgenommene Kompetenz zur Regelung der Personalvertretung für an ausgegliederte Betriebe zugewiesene Gemeindebedienstete zwar durchaus zu beachten sei, aber nur im Tätigkeitsbereich der Gemeinde selbst sowie hinsichtlich der dienstrechtlichen Beziehungen zwischen der Gemeinde und den Gemeindebediensteten, nicht hingegen iS einer völligen Verdrängung der zusätzlich gegebenen Belegschaftszugehörigkeit der zugewiesenen Bediensteten gem den §§ 33 ff ArbVG im ausgegliederten Unternehmen.
[28] 5.1. Diese Erwägungen sind jedenfalls für die vorliegende Konstellation weiterzuführen.
[29] Für diese ist hervorzuheben, dass der Kündigungsschutz von Betriebsratsmitgliedern im ArbVG – anders als etwa der allgemeine Versetzungsoder Kündigungsschutz – schon strukturell nicht als Mitwirkungsbefugnis der Arbeitnehmerschaft (3. Hauptstück) ausgestaltet ist und insb auch nicht von ihren Mitwirkungsrechten in personellen Angelegenheiten (Abschnitt 3, §§ 98 ff ArbVG) erfasst wird. Der Kündigungs- und Entlassungsschutz von Betriebsratsmitgliedern ist vielmehr in einem eigenen 4. Hauptstück („Rechtsstellung der Mitglieder des Betriebsrates“, § 115 ArbVG) geregelt, womit im ArbVG bei der Kündigung von Betriebsratsmitgliedern von vornherein keine Anknüpfungspunkte für eine belegschafts- oder personalvertretungsrechtliche Mitwirkung bestehen.
[30] 5.2. Die Dienstrechtskompetenz der Länder (Art 21 Abs 1 B-VG) kann nicht dahin verstanden werden, dass sie die Beendigung von Dienstverhältnissen dienstzugewiesener VB auch dann abschließend erfassen würde, wenn in deren „Beschäftigerbetrieb“ Mitglieder des BR besonderen bundesgesetzlichen Kündigungsschutzbestimmungen unterliegen. Dagegen spricht schon das – auch von Jabornegg ins Treffen geführte – Berücksichtigungsprinzip (Pkt 3.2.).
[31] 5.3. Es ist aber auch nicht ersichtlich, dass der Wiener Landesgesetzgeber für dienstzugewiesene VB die Anwendung des Kündigungsschutzes für Betriebsratsmitglieder nach dem ArbVG überhaupt ausschließen hätte wollen. Zufolge der Erläuterungen (ErlBem zum Entwurf des Gesetzes, mit dem Bestimmungen über die Zuweisung von Bediensteten der Gemeinde Wien erlassen und das W-PVG [3. Novelle zum W-PVG] geändert worden sind, Beilage Nr 33/1998, PrZ 1623/98-MDBLTG, S 16) ging er vielmehr selbst im Hinblick auf Mitwirkungsrechte von möglichen „Zweigleisigkeiten“ aus:
„Unter Bedachtnahme auf Art 21 Abs 2 B-VG und auf das Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) wird sich auf dem Gebiet der Bedienstetenvertretung eine Doppelzuständigkeit ergeben. Für die derzeitigen Bediensteten der Wiener Stadtwerke gelten auch die Bestimmungen des Wiener Personalvertretungsgesetzes (W-PVG). Daran würde sich auch nichts ändern, wenn sie zur Dienstleistung an die WStW-Neu dienstzugeteilt werden (so auch eines der Hauptergebnisse des bereits mehrfach erwähn- Kündigung 290 ten Gutachtens von Univ.-Prof. Dr. Tomandl). Für die WStW-Neu gilt jedoch uneingeschränkt das ArbVG, sodass die Interessen der von der WStWNeu selbst neu aufgenommenen Arbeitnehmer von Betriebsräten im Sinn des ArbVG und nicht von Personalvertretern nach dem W-PVG wahrzunehmen sind. Damit werden Beamte und Vertragsbedienstete der Gemeinde Wien, die den WStW-Neu dienstzugeteilt sind, doppelt vertreten. Für sie sind sowohl die Organe der Personalvertretung nach dem W-PVG als auch die Betriebsräte nach dem ArbVG zuständig. Auf jeden Fall sollen aber den zugewiesenen Bediensteten jene personellen Mitwirkungsrechte der Organe der Personalvertretung gewahrt bleiben, die den Bestand und den eigentlichen Inhalt des Dienstverhältnisses betreffen. Die folgenden Änderungen des W-PVG treffen die entsprechenden Vorkehrungen.“
[32] Wie den zitierten Erläuterungen (S 18) zu entnehmen ist, war dem Wiener Landesgesetzgeber auch bewusst, dass er „weder das Mitbestimmungsorgan (Betriebsrat) noch das Ausmaß der Mitbestimmung nach den Bestimmungen des ArbVG verändern“ dürfe. Es wäre aber zulässig, „für den Bereich der WStW-NEU jene Mitwirkungsrechte der Organe der Personalvertretung außer Kraft zu setzen, die mit dem Mitbestimmungsrecht der Betriebsräte in Konflikt geraten könnten“. Zufolge der Erläuterungen sollten daher die wirtschaftlichen Mitwirkungsrechte und jene personellen Mitwirkungsrechte, die auf die tatsächliche Arbeitsleistung im Unternehmen bezogen sind, im W-PVG außer Kraft gesetzt werden, wogegen jene personellen Mitwirkungsrechte der Organe der Personalvertretung, die den Bestand und den eigentlichen Inhalt des Dienstverhältnisses betreffen, gewahrt bleiben sollten. Aus diesem Ansinnen ergibt sich aber nicht, dass der Wiener Landesgesetzgeber einen bundesgesetzlich bestehenden mandatsbedingten Kündigungsschutz für Betriebsratsmitglieder für seine dienstzugewiesenen VB verdrängen oder auch nur zu seinen eigenen Agenden zählen hätte wollen. Diesbezüglich bestehen, wie dargelegt, auch keine Anknüpfungspunkte für personelle Mitwirkungsrechte der Organe der Personalvertretung.
[33] 5.4. Anderes geht auch nicht aus § 1 Abs 4 S 1 Wr Stadtwerke-ZuweisungsG hervor. Dass „durch die Zuweisungen gemäß Abs 1“ leg cit „in der dienst- und besoldungsrechtlichen Stellung der in einem durch Vertrag begründeten Dienstverhältnis Beschäftigten keine Änderung“ eintritt, betrifft noch keine Änderung „durch eine Betriebsratstätigkeit“.
[34] Die Fortgeltung der personalvertretungsrechtlichen Kompetenzen schließt danach die Geltung der für Betriebsratsmitglieder geltenden Kündigungsschutzbestimmungen des ArbVG nicht aus.
[35] 5.5. Die Annahme einer abschließenden landesgesetzlichen Regelung, die der Anwendbarkeit des ArbVG entgegenstünde, wäre nicht zuletzt nicht normzweckkonform, weil dem besonderen Kündigungsschutz für Betriebsräte, wie dargelegt, weder nach den Kündigungsbestimmungen der VBO noch nach dem Wr Stadtwerke-ZuweisungsG noch unter Bedachtnahme auf die Mitwirkungsrechte der Personalvertretung nach dem W-PVG in gleicher Weise Rechnung getragen würde. Damit bestünde gerade für den Kern der Betriebsratstätigkeit ein Rechtsschutzdefizit.
[36] 5.6. Im Ergebnis wird die Anwendbarkeit der §§ 120 f ArbVG hier daher nicht von den genannten landesgesetzlichen Kündigungsschutzbestimmungen verdrängt. Eine Kündigung von dienstzugewiesenen VB, die Mitglieder des BR einer der in § 1 Abs 1 Wr Stadtwerke-ZuweisungsG genannten Gesellschaften sind, bedarf daher auch der Einhaltung der §§ 120 f ArbVG.
[37] 6.1. Die E 9 ObA 110/10g steht dazu nicht im Widerspruch, weil sie – anders als hier – die vom Mitwirkungsrecht der Belegschaftsvertretung in personellen Angelegenheiten betroffene Frage der Anwendbarkeit der §§ 105 f ArbVG betraf.
[38] 6.2. Ob die §§ 120 f ArbVG auch für in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehende dienstzugewiesene Bedienstete gelten (s dazu VwGH2004/12/0084), kann hier aufgrund der grundlegend anders gearteten Struktur eines solchen Dienstverhältnisses dahinstehen.
[39] 6.3. Klarstellend ist anzumerken, dass eine gerichtliche Zustimmung nur nach Maßgabe des Kündigungsschutzes der §§ 120 f ArbVG erfolgen kann, sie jedoch nicht die Anforderungen an eine Kündigung nach Maßgabe der landesgesetzlichen Bestimmungen ersetzt (daher zwar notwendige, unter Umständen aber keine hinreichende Bedingung für die Kündigung eines [dienstzugeteilten] VB, der auch Personalvertreter der Bekl ist).
[40] 7. Zusammenfassend sind die Vorinstanzen zutreffend zum Ergebnis gelangt, dass die Kündigung des Kl aufgrund seiner Funktion als Mitglied des BR der Wiener Linien GmbH & Co KG gem § 120 Abs 1 ArbVG (auch) der Zustimmung des Gerichts bedurft hätte. In Ermangelung einer solchen wurde das Dienstverhältnis nicht wirksam beendet, ohne dass es der von der Bekl vermissten Prüfung der von ihr angezogenen Kündigungsgründe bedürfte. Der Revision der Bekl war danach keine Folge zu geben.
Die ausführlich und sorgsam begründete E ist im Ergebnis und auch in ihrer zentralen Begründung völlig überzeugend. Sie wird den verfassungsrechtlichen Kompetenzregelungen ebenso gerecht wie dem dadurch bedingten komplexen Verhältnis von landesgesetzlichem Personalvertretungsrecht und bundesgesetzlichem Betriebsverfassungsrecht in rechtlich ausgegliederten Betrieben mit dem Landesdienstrecht unterliegenden zugewiesenen Gemeindebediensteten.
Zur Gesetzgebungskompetenz im Zusammenhang mit Gemeindeausgliederungen ergibt sich aus Art 21 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 Satz 1 B-VG eine generelle 291 Kompetenz der Länder für das Personalvertretungsrecht von Gemeindebediensteten (Beamten oder VB), auch für den Fall, dass diese „in Betrieben“ tätig sind. Versteht man dies iSd wohl hA dahingehend, dass damit nicht nur rechtlich unselbständige Betriebe gemeint sind (was genau besehen wohl die eher zutreffende Auslegung wäre; siehe mwN Jabornegg, Ausgliederung und Betriebsverfassungsrecht, in Brodil, Ausgliederungen [2009] 43 ff, 45 f), muss man die Landesgesetzgebungskompetenz für die Personalvertretung von Gemeindebediensteten auch auf deren Beschäftigung in den ausgegliederten Unternehmen beziehen. Wie aber der OGH zutreffend hervorhebt, entfällt die Bundeskompetenz erst, wenn die Länder eine entsprechende Regelung treffen. Fehlt es daran, bleibt es allein bei der bundesgesetzlichen Betriebsverfassung nach ArbVG. Letzteres kommt etwa für ausgegliederte Betriebe oberösterreichischer Gemeinden zum Tragen, weil § 1 Abs 4 Oö Gemeinde-Personalvertretungsgesetz (G-PVG) den Geltungsbereich des Gemeindepersonalvertretungsrechts ausdrücklich auf „Anstalten und Betriebe einer Gemeinde ... ohne Rechtspersönlichkeit ...“
beschränkt (siehe weitere Hinweise bei Jabornegg in Brodil, Ausgliederungen 50 FN 15).
Fallbezogen gilt freilich speziell für die Stadt Wien gem Art III Abs 4 B-VG der Novelle 1981, dass Landesbedienstete hinsichtlich der landesgesetzlichen Personalvertretungskompetenz auch Gemeindebedienstete sind. Da weiters gem § 4 Abs 7 Wr-PVG die im § 1 Abs 1 des Wiener Stadtwerke- Zuweisungsgesetzes angeführten Gesellschaften Dienststellen iSd § 4 Abs 1 bis 6 Wr-PVG sind, hat Wien von der Gesetzgebungskompetenz in Personalvertretungsangelegenheiten auch hinsichtlich der in ausgegliederten Rechtsträgern beschäftigten Gemeindebediensteten Gebrauch gemacht (vgl Kühteubl, Ausgliederung – Arbeitsrechtliche Fragen bei der Übertragung von Aufgaben durch Bund, Länder und Gemeinden [2006] 143 ff; Jabornegg in Brodil, Ausgliederungen 47). Fraglich ist, und zwar auch im vorliegenden Streitfall, was das im Einzelnen bedeutet.
Eine Möglichkeit wäre iSd von Rebhahn/Kietaibl (in Tomandl, ArbVG § 33 Rz 3) näher ausgeführten und vom OGH in der früheren E vom 26.8.2009, 9 ObA 151/08h, übernommenen Annahme einer „gespaltenen“ Belegschaft in dem Sinne, dass eine Belegschaftsvertretung nach Bundes- und eine nach Landesrecht nebeneinander besteht, je nachdem, ob es um die eigenen AN des ausgegliederten Unternehmens geht oder um die zugewiesenen Gemeindebediensteten. Dies würde aber – worauf schon früher (Jabornegg, DRdA 2011, 332 [336]) hingewiesen worden ist – der gesicherten, an Wortlaut und Zweck orientierten Auslegung des AN-Begriffs des § 36 ArbVG widersprechen, wonach in bloßer Anknüpfung an die faktische Beschäftigung auch überlassene AN ganz allgemein (und zwar ohne Rücksicht auf eine Mindestbeschäftigungsdauer: OGH 29.9.2020, 9 ObA 65/20d) und ohne weiteres als Teil der Belegschaft des Beschäftigerunternehmens erfasst sind und dies auch für überlassene Gemeindebedienstete gilt.
Der Hinweis, dass wegen der Notwendigkeit einer verfassungskonformen Auslegung – und entgegen der insoweit klaren Geltungsbereichsabgrenzung gem § 33 ArbVG – die Landeskompetenz auch den völligen Ausschluss von zugewiesenen Gemeindebediensteten aus dem ArbVG beinhalten müsse, vermag nicht zu überzeugen.
Im Gegenteil: Art 21 Abs 2 B-VG begründet iVm Art 21 Abs 1 B-VG hinsichtlich der Gemeindeund Gemeindeverbandsbediensteten lediglich eine Landeskompetenz dahingehend, dass auch die in Betrieben beschäftigten Gemeindebediensteten weiterhin dem vom Landesgesetzgeber erlassenen Personalvertretungsrecht unterworfen werden können und daher nicht mehr ausschließlich beim Beschäftigerbetrieb von der gesetzlichen Betriebsverfassung des ArbVG erfasst werden. Das bedeutet aber keinesfalls, dass dem Landesgesetzgeber auch noch die Befugnis übertragen worden ist, in den bloß an die faktische Beschäftigung der zugewiesenen Gemeindebediensteten im ausgegliederten Rechtsträger anknüpfenden personellen Geltungsbereich des ArbVG einzugreifen und damit die insoweit alleinige Kompetenz des Bundesgesetzgebers für die gesetzliche Betriebsverfassung einzuschränken.
Mit Recht verweist der OGH (auch) in der vorliegenden E insofern wieder auf das „Berücksichtigungsprinzip“ bei der Auslegung von Gesetzgebungskompetenzen. So wenig es daher angeht, in „gewöhnlichen“ AN-Überlassungsfällen die gesetzliche Betriebsverfassung des ArbVG einschließlich der Belegschaftsbefugnisse bloß entweder im Überlasserunternehmen oder im Beschäftigerunternehmen anzuwenden, so wenig erscheint es normzweckkonform, bei unterschiedlichen Gesetzgebungskompetenzen für die Belegschaftsverfassung der Gemeinde selbst als „Überlasserin“ und des rechtlich ausgegliederten Beschäftigerunternehmens davon auszugehen, dass die eine Gesetzgebungskompetenz die andere verdrängt (dazu auch schon Jabornegg in Brodil, Ausgliederungen 46 f). Eine „verfassungskonforme“ Auslegung der §§ 33 und 36 ArbVG darf daher im gegebenen Zusammenhang keinesfalls eine rechtliche „Spaltung“ der Belegschaft des ausgegliederten Unternehmens bewirken, sondern muss dazu führen, dass bei vom Landesgesetzgeber wahrgenommener Kompetenz zur Regelung der Personalvertretung für an ausgegliederte Betriebe zugewiesene Gemeindebedienstete diese weiterhin Teil der „Gemeindebelegschaft“ bleiben und damit insofern dem Gemeinde-Personalvertretungsrecht unterliegen, ohne aber deshalb ihre bundesgesetzlich geregelte Zugehörigkeit zur Gesamtbelegschaft des ausgegliederten Unternehmens einzubüßen und aus der Betriebsverfassung des ArbVG herauszufallen.
Es verdient festgehalten zu werden, dass auch der OGH nunmehr die These von der „gespaltenen Belegschaft“ in ausgegliederten Gemeindeunternehmen (ungeachtet der Erwähnung dieser Meinung beim Zitat der OGH-E 26.8.2009, 9 ObA 151/08h) zu Recht nicht mehr aufgreift und stattdessen klar und eindeutig von der grundsätzlichen Zugehörigkeit der zugewiesenen Gemeindebediensteten 292 (auch) zur Belegschaft des ausgegliederten Rechtsträgers iSd §§ 33 ff ArbVG ausgeht. Dieser Befund gilt ungeachtet des Umstands, dass der OGH letztlich streng fallbezogen nur davon spricht, dass die kritischen Erwägungen gegen eine Verdrängung der Bundesgesetzgebungskompetenz durch die Landesgesetzgebungskompetenz „jedenfalls für die vorliegende Konstellation weiterzuführen“
sei. Überaus verdienstvoll in diesem Zusammenhang sind die Hinweise und Ausführungen des OGH zu den Gesetzesmaterialien zum Entwurf des Wiener Stadtwerke-Umstrukturierungsgesetzes, wo zum Art II betreffend die 3. Novelle zum W-PVG ganz klar und deutlich davon gesprochen wird, dass „Beamte und Vertragsbedienstete der Gemeinde Wien, die den WStW-NEU dienstzugeteilt sind, doppelt vertreten“
werden, weil für sie „sowohl die Organe der Personalvertretung nach dem W-PVG als auch die Betriebsräte nach dem ArbVG zuständig“
sind (Blg 33/1998 PrZ 1623/98-MDBLTG S 17, 18). Dies zeigt, dass auch der Wiener Landesgesetzgeber selbst hinsichtlich der ausgegliederten Rechtsträger der Wiener Stadtwerke nicht im Entferntesten an die Möglichkeit einer nach Personalvertretung gem W-PVG und Betriebsverfassung gem ArbVG „gespaltenen Belegschaft“ gedacht hat und dies mit Sicherheit auch nicht wollte.
Des Weiteren ergibt sich aus den besagten Erläuterungen (unter ausdrücklicher Bezugnahme auf ein von Tomandl erstattetes Gutachten vom 27.4.1998: Blg 33/1998 PrZ 1623/98-MDBLTG S 18 f) als Grundprinzip der Neufassung, dass „die Mitwirkung der Organe der Personalvertretung jedenfalls nur die Rechtsbeziehungen zwischen der Gemeinde Wien und den dienstzugeteilten Beamten betreffe“
(wobei hinzuzufügen wäre, dass dies selbstverständlich auch für zugeteilte VB zu gelten hätte), und ein Wiener Landesgesetz „weder das Mitbestimmungsorgan (Betriebsrat) noch das Ausmaß der Mitbestimmung nach den Bestimmungen des ArbVG verändern“ dürfe. Es wäre jedoch zulässig, „für den Bereich der WStW-NEU jene Mitwirkungsrechte der Organe der Personalvertretung außer Kraft zu setzen, die mit dem Mitbestimmungsrecht der Betriebsräte in Konflikt geraten könnten“
, was im Gesetzesentwurf dann teilweise verwirklicht wurde, „um Zwistigkeiten zwischen den Organen der Personalvertretung bzw den Betriebsräten nach Möglichkeit zu vermeiden“
.
Insgesamt ergibt sich daher, dass nicht nur die richtig verstandene verfassungsrechtliche Kompetenzlage dem Landesgesetzgeber ganz allgemein keine Befugnis übertragen hat, den vom Bundesgesetzgeber zu definierenden personellen Geltungsbereich der gesetzlichen Betriebsverfassung nach ArbVG einzuschränken, sondern dass speziell der Wiener Landesgesetzgeber solches auch tatsächlich weder beabsichtigt noch im W-PVG in irgendeiner Weise verwirklicht hat. Vielmehr hat der Wiener Landesgesetzgeber lediglich angeordnet, dass die im Rahmen der Wiener Stadtwerke an die ausgegliederten Rechtsträger zugewiesenen Gemeindebediensteten im Geltungsbereich der Personalvertretung der Gemeinde Wien verbleiben, dass dies aber nichts daran ändert, dass sie angesichts ihrer faktischen Beschäftigung im rechtlich ausgegliederten Unternehmen zugleich in grundsätzlich vollem Umfang der Betriebsverfassung nach dem ArbVG unterliegen. Demnach betrifft die Zugehörigkeit zur Personalvertretung nur den Tätigkeitsbereich der Gemeinde selbst sowie die dienstrechtlichen Beziehungen zwischen der Gemeinde und den Gemeindebediensteten, nicht hingegen die faktische Beschäftigung im ausgegliederten Unternehmen.
Selbstverständlich ist auch nach der gesetzlichen Betriebsverfassung des ArbVG – ähnlich wie bei „gewöhnlichen“ AN-Überlassungsfällen jeweils im Einzelnen zu prüfen –, ob im Hinblick auf die Besonderheiten der dauernden Zuweisung an einen ausgegliederten Rechtsträger in Fragen der Belegschaftsmitwirkung nur die Belegschaft der Gemeinde oder nur die Belegschaft des ausgegliederten Rechtsträgers oder – was eben auch sein kann – beide Belegschaften betroffen sind (vgl mwN ausführlich Jabornegg in Brodil, Ausgliederungen 57 f, 58 ff). Je nach Ergebnis der Analyse für die einzelnen Sachbereiche ergibt sich dann die Zuständigkeit nur der Gemeinde-Personalvertretung oder nur der Betriebsratsorganisation im ausgegliederten Rechtsträger oder eben beider Belegschaftsvertretungen gemäß den jeweils für sie geltenden Mitwirkungsregelungen (siehe auch bereits Jabornegg, DRdA 2011, 336).
Völlig zutreffend weist der OGH darauf hin, dass die Dienstrechtskompetenz der Länder gem Art 21 Abs 1 B-VG nicht dahin verstanden werden kann, dass sie die Beendigung dienstzugewiesener VB auch in dem Fall abschließend erfassen würde, wenn diese als Betriebsratsmitglieder den besonderen Kündigungsvorschriften der §§ 120 f ArbVG unterliegen, weil das dem „Berücksichtigungsprinzip“ widerspräche. Weiters erbringt der OGH unter 5.3. und 5.4. seiner Entscheidungsbegründung durch genaue Analyse der einschlägigen Gesetzesmaterialien den Nachweis, dass der Wiener Landesgesetzgeber diesbezüglich auch gar keine einschränkenden Regelungen treffen wollte. Überdies zeigt er unter 2. bis 2.3. sowie 5.5., dass der Kündigungsschutz nach den §§ 120 f ArbVG inhaltlich und institutionell über den Kündigungsschutz für VB und auch über jenen nach dem W-PVG hinausgeht und es daher bei Nichtanwendung der §§ 120 f ArbVG gerade im Kern der Betriebsratstätigkeit zu einem Rechtsschutzdefizit käme.
Angesichts dieser überzeugenden Argumente wäre es wohl gar nicht notwendig gewesen, auch noch darauf hinzuweisen, dass der Kündigungsschutz für Betriebsratsmitglieder „schon strukturell nicht als Mitwirkungsbefugnis der Arbeitnehmerschaft (3. Hauptstück) ausgestaltet“ sei und insb „auch nicht von ihren Mitwirkungsrechten in personellen Angelegenheiten [...] erfasst“ werde. Denn die Beurteilung hätte wohl auch dann nicht anders ausfallen dürfen, wenn der Sonderschutz als konstitutives Zustimmungsrecht des BR iVm der Möglichkeit des AG, bei Vorliegen besonderer Kündigungsgründe 293 die verweigerte Zustimmung im Klageweg ersetzen zu lassen, konstruiert wäre. Denn auch dann bliebe es bei der zutreffenden Auslegung des Art 21 Abs 1 B-VG und dem bei Nichtanwendung des Sonderschutzes gegebenen Rechtsschutzdefizits.
Ergänzend wäre außerdem noch anzumerken, dass entsprechend den obigen Ausführungen unter 1. zu den Gesetzgebungskompetenzen gem Art 21 Abs 1 und 2 B-VG auch eine ausdrückliche landesgesetzliche Regelung, wonach für an ausgegliederte Rechtsträger zugewiesene Gemeindebedienstete im Falle ihrer Betriebsratsmitgliedschaft nicht die §§ 120 f ArbVG, sondern nur der Sonderschutz nach VBO und PVG zu gelten habe, jedenfalls ein verfassungswidriger Eingriff in die Bundesgesetzkompetenz wäre.
Im Übrigen ist es verständlich, dass der OGH mangels konkreter Entscheidungsrelevanz ausdrücklich offenlässt, ob die §§ 120 f ArbVG auch für in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehende dienstzugewiesene Bedienstete gelten. In der Sache selbst lässt sich freilich angesichts der insoweit in keiner Weise unterscheidenden Gesetzgebungskompetenzregelungen des B-VG und der gesicherten Auslegung des § 36 ArbVG, wonach eben auch zugewiesene Beamte grundsätzlich unter den betriebsverfassungsrechtlichen AN-Begriff zu subsumieren sind, wohl nicht daran zweifeln, dass auch bei ihnen im Fall ihrer Betriebsratsmitgliedschaft der besondere Beendigungsschutz nach den §§ 120 ff ArbVG greifen muss.
Immerhin verweist der OGH auf das Erkenntnis des VwGH 26.1.2005, 2004/12/0084, wo für einen zugewiesenen Beamten deutlich gemacht wurde, dass das Beamtendienstrecht einer Anwendung des Versetzungsschutzes nach § 101 ArbVG ebenso wenig entgegensteht wie bei Betriebsratsmitgliedschaft des zugewiesenen Beamten auch des Sonderschutzes nach § 115 Abs 3 ArbVG. Im erstgenannten Fall wird das Nebeneinander von Betriebsverfassung und Beamtendienstrecht vom VwGH zu Recht so gesehen, dass bei einer verschlechternden Versetzung nicht nur die rechtzeitige Verständigung des BR zu erfolgen habe, sondern vor allem auch die Einholung einer Betriebsratszustimmung „für die ‚Rechtswirksamkeit‘ der nachfolgenden individuellen Maßnahme des Dienstgebers (im vorliegenden Fall die nach dienstrechtlichen Kriterien durchzuführende qualifizierte Verwendungsänderung) konstitutiv“
sei: „Diese Voraussetzung ist für den Bereich öffentlich-rechtlicher Bediensteter wohl als Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für eine bescheidförmig zu verfügende Personalmaßnahme zu deuten.“
Ganz in diesem Sinn führt auch der OGH unter 6.3. für den entschiedenen Fall aus, dass eine gerichtliche Zustimmung iSd §§ 120 f ArbVG nicht die Anforderungen an eine Kündigung nach Maßgabe der landesgesetzlichen Bestimmungen ersetze und „daher zwar notwendige, unter Umständen aber keine hinreichende Bedingung für die Kündigung eines (dienstzugeteilten) Vertragsbediensteten“ sei, „der auch Personalvertreter der Beklagten ist“
.