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Für Assistenzkräfte „ohne Ferien“ gebührt keine Abgeltung der Zeiten außerhalb des Kindergartenjahres

RICHARDHALWAX
§ 111 Abs 2 ,
§ 104 Abs 2
Tiroler G-VBG 2012

Die Kl war bei der Bekl zuletzt von 26.1.2005 bis zur einvernehmlichen Beendigung des Dienstverhältnisses wegen ihres Pensionsantritts am 31.3.2020 als Kindergartenhelferin mit 25 Wochenstunden teilzeitbeschäftigt. Auf das Dienstverhältnis ist das Tiroler Gemeinde-Vertragsbedienstetengesetz 2012 (G-VBG) anwendbar. Die Bekl zahlte der Kl anlässlich der Beendigung des Dienstverhältnisses eine Urlaubsersatzleistung für nicht verbrauchte 5,6 Arbeitstage (28 Stunden) aus, die sie für den Zeitraum 1.9.2019 bis 31.3.2020 errechnete.240

Die Vorinstanzen wiesen übereinstimmend das Begehren der Kl auf Zahlung einer weiteren Urlaubsersatzleistung von € 932,56 für 15 Arbeitstage (75 Stunden) ab. Diese Differenz hatte die Kl unter Einbeziehung der zwischen dem 1.4.2020 und dem Ende des Schuljahres 2020 liegenden Ferien- und Feiertage errechnet.

Die dagegen gerichtete außerordentliche Revision der Kl wurde mangels erheblicher Rechtsfrage zurückgewiesen.

Das Tiroler G-VBG 2012 unterscheidet zwischen Assistenzkräften ohne Ferien und Assistenzkräften mit Ferien:

Die Dienstleistung für Assistenzkräfte ohne Ferien richtet sich nach dem Kinderbetreuungsjahr iSd § 2 Abs 16 Tiroler Kinderbildungs- und Kinderbetreuungsgesetz. Danach ist das Kinderbetreuungsjahr der Zeitraum vom 1.9. bis zum 31.8. des nachfolgenden Kalenderjahres.

Für Assistenzkräfte mit Ferien – wie die Kl – richtet sich die Dienstleistung nach dem Kindergartenjahr iSd § 2 Abs 17 Satz 1 Tiroler Kinderbildungs- und Kinderbetreuungsgesetz. Das Kindergartenjahr ist der Zeitraum des Unterrichtsjahres iSd § 109 Abs 3 Tiroler Schulorganisationsgesetz 1991. Danach beginnt das Unterrichtsjahr mit dem Schuljahr und dauert bis zum Beginn der Hauptferien. Ausgenommen sind bestimmte schulfreie Tage.

Das Ausmaß des Erholungsurlaubs beträgt für beide AN-Gruppen bis zum vollendeten 43. Lebensjahr 200 Dienststunden und ab dem vollendeten 43. Lebensjahr 240 Dienststunden. Urlaubsjahr ist das Kinderbetreuungsjahr. Zeiten einer Beurlaubung während der Zeiten außerhalb des Kindergartenjahres gelten als verbrauchter Erholungsurlaub (§ 111 Abs 1 und 2 iVm § 104 Abs 1 lit c [„allfälligen“] bzw Abs 2 lit a Tiroler G-VBG 2012).

Nach § 81 Abs 1 Tiroler G-VBG 2012 gebührt dem Vertragsbediensteten bei Beendigung des Dienstverhältnisses für das laufende Kalenderjahr eine Ersatzleistung als Abgeltung für den Erholungsurlaub, der der Dauer der Dienstzeit in diesem Kalenderjahr im Verhältnis zum gesamten Kalenderjahr entspricht. Bereits verbrauchter Erholungsurlaub dieses Kalenderjahres ist auf das aliquote Urlaubsausmaß anzurechnen. Für Assistenzkräfte nach § 110 Abs 1 und 2 Tiroler G-VBG 2012 tritt anstelle des Kalenderjahres das Kinderbetreuungsjahr (§ 104 Abs 1 lit a und Abs 2 lit a Tiroler G-VBG 2012). Die Ersatzleistung gebührt in dem Ausmaß der Bemessungsgrundlage, das dem Verhältnis des aliquoten Urlaubsausmaßes unter Anrechnung bereits verbrauchten Erholungsurlaubs nach Abs 1 zum vollen Urlaubsausmaß entspricht (§ 81 Abs 2 letzter Satz Tiroler G-VBG 2012).

Mit Beschluss vom 20.9.2022, G 210/2022, hat der VfGH den von der Kl im Verfahren gestellten Antrag, „das Wort bzw die Wortfolge ‚verbrauchter‘ Erholungsurlaub in § 104 Abs 2 lit c Tiroler G-VBG 2012“ als verfassungswidrig aufzuheben, als unzulässig zurückgewiesen.

In ihrer außerordentlichen Revision stützt sich die Kl auch nicht mehr auf einen Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, sondern – unter Bezugnahme auf Art 7 Arbeitszeit-RL und Art 31 GRC – auf eine grundrechtskonforme Anwendung der § 111 Abs 2 iVm § 104 Abs 2 Tiroler G-VBG 2012. Die Kl regt daher an, einen Antrag auf Vorabentscheidung an den EuGH des Inhalts zu stellen, ob Art 7 der Arbeitszeit-RL 2003/88/EG sowie Art 31 GRC dahin auszulegen seien, dass sie Bestimmungen des nationalen Rechts (§ 101 Abs 2 iVm § 104 Abs 2 iVm § 81 G-VBG) entgegenstünden, die einem Vertragsbediensteten den Anspruch auf nicht verbrauchte Ferienzeiten im Falle eines unterjährigen Austritts aus dem Dienstverhältnis verwehren würden.

Mit ihrer Argumentation strebt die Kl im Ergebnis eine Art „Ausgleichszahlung“ bei unterjähriger Beendigung des Dienstverhältnisses für den Entgeltunterschied zu Assistenzkräften ohne Ferien an. Dies über die Urlaubsersatzleistung erreichen zu wollen, ist aber verfehlt. Kommt es vor Verbrauch des Urlaubs zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, so ist der offen gebliebene Anspruch in Geld abzufinden. Die Urlaubsersatzleistung soll den noch offenen, bisher nicht erfüllten Urlaubsanspruch in Geld abgelten. Sie bietet aber – worauf das Berufungsgericht zutreffend hinweist – keinen Ersatz für eine erst nach Beendigung des Dienstverhältnisses gelegene „fiktive“ Urlaubszeit und erst recht keinen Ersatz für eine in der Entgelthöhe berücksichtigte, aber nicht verbrauchte „Freizeit“.

Ein Verstoß der geltenden gesetzlichen Regelungen des Tiroler G-VBG 2012 zur Urlaubsersatzleistung gegen Art 31 Abs 2 GRC und Art 7 der Arbeitszeit-RL 2003/88/EG ist aus zwei Gründen nicht zu erkennen: Zum einen möchte die Kl durch den begehrten Entfall des Wortes „verbraucht“ in § 104 Abs 2 lit c Tiroler G-VBG 2012 einen über das in § 74 Abs 1 lit a bzw lit b Tiroler G-VBG 2012 festgelegte Urlaubsausmaß hinausgehenden „Urlaub“ bei Berechnung der Urlaubsersatzleistung berücksichtigt wissen. Art 7 Abs 2 der RL 2003/88 räumt dem AN jedoch nur einen Mindesturlaubsanspruch von vier Wochen ein. Eine finanzielle Abgeltung eines über den vierwöchigen Mindesturlaub hinausgehenden Urlaubsteils ist daher unionsrechtlich nicht geboten. Zum anderen stellen die gesetzlichen Regelungen des Tiroler G-VBG 2012 den Anspruch der Kl auf bezahlten Jahresurlaub nicht in Frage. Auch der mit diesem Anspruch auf „bezahlten“ Jahresurlaub verbundene Anspruch auf eine finanzielle Vergütung für bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommene Jahresurlaub wird der Kl durch die behauptete Diskriminierung gegenüber Assistenzkräften „ohne Ferien“ nicht genommen. Die Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens ist daher nicht zielführend.241