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Die Zustellung der Klage ersetzt die schriftliche Geltendmachung gemäß § 26 Abs 6a VBG

RICHARDHALWAX

Die Kl ist seit 2013 als Vertragsbedienstete bei der Bekl beschäftigt. Mit Änderung des Dienstvertrags vom 28.5.2021 wurde der Kl mitgeteilt, dass die Dauer der anrechenbaren Vordienstzeiten für die Bemessung des Besoldungsdienstalters mit 3.534 Tagen abzüglich eines Vorbildungsausgleichs von 924 Tagen festgesetzt worden sei. Dieses Schreiben wurde von der Kl am 7.6.2021 übernommen und enthielt den Hinweis, dass sie eine unrichtige Nichtanrechnung von Vordienstzeiten binnen sechs Monaten nach Zustellung dieser Mitteilung schriftlich beim DG geltend machen müsse und danach binnen weiterer sechs Monate Klage beim Arbeits- und Sozialgericht erheben könne.

Die Kl begehrt mit ihrer am 31.8.2021 eingebrachten Klage die Feststellung, dass für die Ermittlung ihres Besoldungsdienstalters weitere vier Jahre und vier Monate an Vordienstzeiten anzurechnen seien, ohne dass sie dies zuvor bei der Bekl schriftlich geltend gemacht hätte.

Die Bekl bestritt die Anrechenbarkeit weiterer Vordienstzeiten und wendete zudem ein, dass die Klage verfristet sei, weil es die Kl verabsäumt habe, diese Vordienstzeiten innerhalb von sechs Monaten nach der Mitteilung über die Feststellung der anrechenbaren Vordienstzeiten schriftlich geltend zu machen.

Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision mangels Rsp des OGH zur Auslegung des § 26 Abs 6a VBG zulässig sei. Die Revision der Kl ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, sie ist auch berechtigt.

Nach § 26 Abs 5 VBG hat die Personalstelle die Dauer der anrechenbaren Vordienstzeiten festzustellen und dem Vertragsbediensteten nachweislich mitzuteilen. Nach § 26 Abs 6a VBG ist eine unrichtige Nichtanrechnung von Vordienstzeiten vom Vertragsbediensteten (Z 1) bis zum Ablauf von sechs Monaten nach dem Tag der Mitteilung über die Feststellung der anrechenbaren Vordienstzeiten beim DG schriftlich geltend zu machen und (Z 2) bis zum Ablauf von sechs Monaten nach dem Tag der Geltendmachung gegenüber dem DG gerichtlich geltend zu machen, widrigenfalls diese Vordienstzeiten nicht zu berücksichtigen sind. Die Berichtigung einer unrichtigen Anrechnung durch den DG ist nach § 26 Abs 6a VBG nur innerhalb von sechs Monaten nach Mitteilung an den Vertragsbediensteten zulässig.

Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass der Gesetzgeber die Geltendmachung zusätzlicher Vordienstzeiten mit § 26 Abs 6a VBG an eine Frist binden wollte, um die Planbarkeit für den öffentlichen DG zu erhöhen. Nach den Materialien hat der Vertragsbedienstete die Anrechnung beim DG „schriftlich geltend zu machen bzw sodann binnen spätestens sechs Monaten gerichtlich geltend zu machen“. Entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts lässt sich daraus aber schon im Hinblick auf die Konjunktion „bzw“ nicht ableiten, dass eine Klage ohne vorherige außergerichtliche Geltendmachung unzulässig wäre.

Eine außergerichtliche Geltendmachung kann es dem DG freilich ermöglichen, allfällige Fehler bei der Berechnung des Besoldungsdienstalters zu berichtigen und dadurch die mit einem Gerichtsverfahren verbundenen Kosten zu vermeiden. Dennoch handelt es sich bei § 26 Abs 6a VBG um keine Schutzvorschrift zu Gunsten einer erneuten Berechnung durch den DG. Ist dem Gesetz doch nicht zu entnehmen, dass der Vertragsbedienstete mit seiner Klage so lange zuwarten müsste, bis der DG die Berechnung des Besoldungsdienstalters neuerlich geprüft hat. Dadurch unterscheidet sich § 26 Abs 6a VBG wesentlich vom ehemals obligatorischen Aufforderungsverfahren nach § 8 AHG (Amtshaftungsgesetz) idF BGBl 1949/20, wonach die klagsweise Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen nur möglich war, wenn der Rechtsträger die Ansprüche nicht binnen drei Monaten nach Einlangen der Aufforderung anerkannt hat.

Im Übrigen ist allgemein anerkannt, dass die strengere Form die einfachere ersetzt, sodass ein Schriftformerfordernis auch durch die Zustellung einer gerichtlichen Klage erfüllt wird. Deshalb ersetzt beispielsweise die Zustellung einer Klage nach stRsp die für eine Darlehenskündigung vereinbarte Schriftform. Auch eine Erhöhung des Mietzinses aufgrund einer Indexveränderung, für die § 16 Abs 9 MRG (Mietrechtsgesetz) Schriftlichkeit vorsieht, kann durch die Zustellung einer Klage erfolgen.

Letztlich würde es keinen Sinn machen, wenn man von einem Vertragsbediensteten, der sich aufgrund der Nichtanrechnung von Vordienstzeiten zur Klagsführung entschlossen hat, etwa zeitgleich ein zusätzliches Schreiben an den DG verlangen würde. Auch im Fall des § 26 Abs 6a VBG ersetzt die Zustellung der Klage deshalb die schriftliche Geltendmachung gegenüber dem DG. Für die Einhaltung der in § 26 Abs 6a VBG vorgesehenen Fristen reicht es demnach aus, dass innerhalb von sechs Monaten nach dem Tag der Mitteilung über die Feststellung der anrechenbaren Vordienstzeiten eine Klage eingebracht wird, ohne dass eine zusätzliche außergerichtliche Geltendmachung beim DG erforderlich wäre.

Da die Kl ihre Ansprüche innerhalb von sechs Monaten nach dem Tag der Mitteilung über die Fest242stellung der anrechenbaren Vordienstzeiten gerichtlich geltend gemacht hat, ist ihre Klage nicht verfristet. Mangels Feststellungen zu den von der Kl behaupteten Vordienstzeiten kann die Berechtigung des von der Kl erhobenen Feststellungsbegehrens nicht beurteilt werden, was zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und zur Zurückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht führt.