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Wirksame Zustellung eines Urteils bei fehlender Bekanntgabe einer Änderung der Abgabestelle

ALEXANDERDE BRITO

Der Kl begehrte die Zahlung einer Invaliditätspension in eventu die Gewährung der gesetzlich vorgesehenen Rehabilitationsmaßnahmen.

Das Erstgericht wies die Klagebegehren ab. Eine Ausfertigung des Ersturteils wurde an der Anschrift des Kl zur Abholung ab 10.2.2022 hinterlegt. Das Erstgericht erklärte das Ersturteil mit Amtsvermerk vom 18.3.2022 für rechtskräftig und vollstreckbar.

Am 21.6.2022 stellte der Kl beim Erstgericht einen Verfahrenshilfeantrag zur Erhebung einer Berufung gegen das Ersturteil. Er gab zu Protokoll, dass er von der Ladung zur Tagsatzung nichts gewusst habe, weil er vom 23.11.2021 bis 2.5.2022 in einer Justizanstalt angehalten gewesen sei. Deswegen habe er auch das Ersturteil nicht beheben könne. Nach Bewilligung der Verfahrenshilfe durch das Erstgericht erhob der Verfahrenshelfer am 6.10.2022 Berufung gegen das Ersturteil. Das Berufungsgericht wies die Berufung als verspätet zurück.

Dagegen richtete sich der Rekurs des Kl. Der Rekurs des Kl ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Eine Partei, die während eines Verfahrens ihre Abgabestelle ändert, hat dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen. Wird diese Mitteilung unterlassen, so ist die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen. Es kann weiterhin an die bisherige Abgabestelle zugestellt werden. Eine Hinterlegung wirkt daher als Zustellung und zwar unabhängig davon, wo sich die Partei befindet und welche Abgabestelle für sie sonst in Betracht gekommen wäre.

Das Berufungsgericht hat diese Rsp bei seiner Entscheidung beachtet. Der Kl teilte die Änderung seiner Abgabestelle dem Gericht nicht mit, sodass die während seiner Abwesenheit von der bisherigen Abgabestelle erfolgte Hinterlegung am 10.2.2022 damit wirksam war. Der am 21.6.2022 zu Protokoll gegebene Verfahrenshilfeantrag wurde daher nicht innerhalb der Berufungsfrist eingebracht.

Auch wenn der Kl vom Gericht nicht entsprechend angeleitet wurde, ändert dies nichts am Eintritt der Rechtsfolgen des ZustG. Irrtümer, die zur Versäumung einer Prozesshandlung führen, können allenfalls mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bekämpft werden. Die Zustellung ist jedenfalls wirksam. Dem Rekurs war somit nicht Folge zu geben.268