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Auch ein Mitglied des Wahlvorstands ist zur Anfechtung der Betriebsratswahl aktiv anfechtungslegitimiert

MARTINACHLESTIL

Am 18.10.2021 wurde die Gruppenversammlung des wissenschaftlichen Personals der P* Universität * zur Wahl des Wahlvorstands für die Wahl des BR für das wissenschaftliche Personal abgehalten. Aufgrund eines von der Personalabteilung am 20.10.2021 übermittelten Verzeichnisses mit 2003 AN erstellte der Wahlvorstand eine 1.982 Personen umfassende Wählerliste. Dagegen wurden keine Einsprüche erhoben.

In diesem Wählerverzeichnis waren 141 Personen, vor allem Tutoren und Lektoren, nicht enthalten, deren Arbeitsverträge rückwirkend zum 1. bzw 15.10.2021 abgeschlossen wurden. Darüber hinaus fehlten im Wählerverzeichnis 19 Personen, die am Tag der Gruppenversammlung bereits für die Universität tätig waren, wovon zwei aber noch nachträglich in die Wählerliste aufgenommen wurden. Bei der Wahl des BR für das wissenschaftliche Personal am 24. und 25.11.2021 wurden 509 gültige Stimmen abgegeben, wovon 336 auf die erste Liste und 173 auf die zweite Liste entfielen, was elf bzw fünf Mandaten im BR entspricht.

Die Vorinstanzen haben die Wahl für ungültig erklärt, weil zumindest 17 für die Universität wahlberechtigte AN nicht in das Wählerverzeichnis aufgenommen worden seien, obwohl sich dadurch die Mandatsverteilung im BR verändern hätte können. In der außerordentlichen Revision macht der bekl BR als Revisionswerber geltend, dass – wiewohl nach § 59 Abs 1 ArbVG die einzelnen Wahlberechtigten die Wahl des BR beim Gericht anfechten können – die Kl als Mitglied des Wahlvorstands dennoch nicht aktiv anfechtungslegitimiert sei, weil sie die Wählerliste nicht überprüft habe und den Fehler daher selbst verantworte.

Der OGH schloss sich den Vorinstanzen an und führte aus, dass dem Gesetz eine solche Einschränkung der Anfechtungsbefugnis nicht zu entnehmen ist. Dementsprechend ist auch allgemein anerkannt, dass Mitglieder des Wahlvorstands ebenfalls anfechtungsberechtigt sind. Da das Gesetz hier selbst eine klare und eindeutige Regelung trifft, liegt trotz Fehlens einer ausdrücklichen Rsp des OGH keine erhebliche Rechtsfrage vor.

Der VwGH hat in einer älteren Entscheidung noch zum BRG die Auffassung vertreten, dass eine Person, die in der Wählerliste nicht aufscheint und dagegen keine Einwendungen erhoben hat, nicht wahlberechtigt und damit auch nicht anfechtungsberechtigt sei (VwGH1704/64 Arb 8.193). Der OGH hat diese Rechtsansicht aber bereits zu 9 ObA 22/91 mit umfassender Begründung verworfen und ausgesprochen, dass das Unterlassen eines Einspruchs das Recht zur Anfechtung der Betriebsratswahl nicht ausschließt. Diese Rechtsansicht wurde vom OGH zu 9 ObA 121/05t bestätigt und von der Lehre gebilligt.

Nach § 59 Abs 1 ArbVG setzt eine Anfechtung der Betriebsratswahl voraus, dass durch die Verletzung wesentlicher Bestimmungen des Wahlverfahrens oder leitender Grundsätze des Wahlrechts das Wahlergebnis beeinflusst werden konnte. Nach stRsp des OGH kann eine solche Verletzung wesentlicher Bestimmungen des Wahlverfahrens insb darin gelegen sein, dass wahlberechtigte Personen nicht in die Wählerliste aufgenommen wurden (OGH 13.2.1991, 9 ObA 22/91; OGH 12.7.2006, 9 ObA 121/05t; OGH 20.10.2022, 9 ObA 154/21v). Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, wonach die Unvollständigkeit der Wählerliste an sich geeignet war, die dort nicht angeführten AN von einer Wahlbeteiligung abzuhalten, ist damit von der bisherigen Rsp des OGH gedeckt. Der Revisionswerber kann sich auch nicht darauf berufen, dass sich die betroffenen AN auch dann nicht an der Wahl beteiligt hätten, wenn sie in die Wählerliste aufgenommen worden wären, weil nach der Rsp schon die objektive Eignung des Fehlers, das Wahlergebnis zu beeinflussen, ausreicht (RS0113481).

Die vom Revisionswerber relevierte Frage, ob die rückwirkende Begründung eines Arbeitsverhältnisses zur Wahlberechtigung führen kann, muss im vorliegenden Fall nicht beantwortet werden, weil schon die Beteiligung jener 17 Personen, die am Tag der Gruppenversammlung bereits für die Universität tätig und damit wahlberechtigt waren, aber nicht in die Wählerliste aufgenommen wurden, zu einer Veränderung der Mandatsverteilung führen hätte können.

Die außerordentliche Revision des bekl BR war daher mangels einer erheblichen Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.