105Keine verpönte Motivkündigung, wenn Arbeitnehmer Vertragsänderung ablehnt
Keine verpönte Motivkündigung, wenn Arbeitnehmer Vertragsänderung ablehnt
Die Bekl hatte aufgrund betrieblicher Umstrukturierungen versucht, mit der Kl durch Nachtrag zum Dienstvertrag eine neue Stellenbeschreibung und Funktionsbezeichnung zu vereinbaren. Weder Gehalt, Tätigkeit noch kollektivvertragliche Einstufung der Kl wären hierdurch geändert worden. Nachdem die Kl das Änderungsangebot des AG nicht akzeptiert hatte, sprach die Bekl ihr die Kündigung aus. 229
Die Berufungsinstanz stellte zur Kündigungsanfechtung der Kl wegen eines verpönten Motivs (§ 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG) fest, dass aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls der Kündigung der Bekl kein verpöntes Motiv zugrunde liegt.
Der OGH wies die außerordentliche Revision der Kl gegen die Entscheidung der Berufungsinstanz zurück. Der OGH stellte in seiner Urteilsbegründung zunächst fest, dass nach § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG eine Kündigung angefochten werden kann, wenn sie wegen der offenbar nicht unberechtigten Geltendmachung von vom AG in Frage gestellter Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis durch den AN erfolgt ist. Dazu führte der OGH weitergehend aus, dass eine Kündigung für den Fall, dass ein AG, der auf dem durch die Rechtsordnung vorgesehenen Weg, nämlich durch ein Änderungsangebot, eine Vertragsänderung über dispositive Vertragspunkte anstrebt und der AN einer solchen Änderung nicht zustimmt, zwar als sozialwidrig, nicht aber als Motivkündigung nach § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG angefochten werden kann. Diese Ansicht begründete der OGH damit, dass im Versuch des AG, eine (gesetzlich nicht unzulässige) Verschlechterung der Bedingungen des Arbeitsvertrags durch eine einvernehmliche Änderung zu erreichen, grundsätzlich kein „Infragestellen“ der bisher bestehenden Ansprüche des AN liegt. Dies auch deshalb, weil durch das Anbot einer solchen erst in der Zukunft wirksamen verschlechternden Änderung kein Anspruch aus dem (laufenden) Arbeitsvertrag in Frage gestellt wird. Etwas anderes gilt laut OGH nur dann, wenn das Änderungsanbot die Reaktion auf die Geltendmachung nicht offenbar unberechtigter Ansprüche durch den AN war und inhaltlich darauf hinauslief, ihn vor die Wahl zu stellen, diese Forderung aufzugeben oder die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinnehmen zu müssen.
Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls kein verpöntes Motiv iSd § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG zugrunde liegt, hält sich nach Ansicht des OGH im Rahmen der bisherigen Rsp. Dementsprechend wies er die außerordentliche Revision der Kl zurück.