107Der Bagger als Gefahrenquelle – Kraftfahrzeug iSd Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetzes oder ortsgebundene Arbeitsmaschine?
Der Bagger als Gefahrenquelle – Kraftfahrzeug iSd Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetzes oder ortsgebundene Arbeitsmaschine?
Während der Arbeitszeit des Kl ereignete sich ein Unfall beim in die Erde Treiben von Pfosten durch die Baggerschaufel, die vom Kl zu diesem Zweck festgehalten wurden. Die Mobilität des unfallbeteiligten Baggers war durch eine durch die Benützung des Baggerarms ausgelöste automatische Sperre aller Antriebsräder und zudem durch eine Fixierung des Unterwagens sowohl mittels Planierschildes als auch am Heck befindliche zwei Stützen aufgehoben. Der Kl macht geltend, dass die Zweitbekl für den Unfall als Halterin nach dem Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz (EKHG) haftet und die Drittbekl als Haftpflichtversicherung Schäden aus diesem Unfall einzustehen hat.
Die Vorinstanzen erkannten, dass aufgrund dieses Sachverhalts eine Verwendung des Baggers als ortsgebundene Arbeitsmaschine vorlag, die eine Haftung nach EKHG ausschließt.
Der OGH wies die dagegen erhobene außerordentliche Revision des Kl mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurück und führte aus:
Gem § 333 Abs 3 ASVG ist das DG-Haftungsprivileg des § 333 Abs 1 ASVG nicht anzuwenden, wenn der Arbeitsunfall durch ein Verkehrsmittel eingetreten ist, für dessen Betrieb aufgrund gesetzlicher Vorschrift eine erhöhte Haftpflicht besteht. Der DG haftet nur bis zur Höhe der aus einer bestehenden Haftpflichtversicherung zur Verfügung stehenden Versicherungssumme, es sei denn, dass der Versicherungsfall durch den DG vorsätzlich verursacht worden ist.
Die Ausnahmeregelung des § 333 Abs 3 ASVG setzt damit voraus, dass der zu ersetzende Schaden von einer Haftpflichtversicherung gedeckt ist.
Der Begriff „beim Betrieb“ nach § 1 EKHG bedeutet, dass entweder ein innerer Zusammenhang mit einer dem Kraftfahrzeugbetrieb eigentümlichen Gefahr oder, wenn dies nicht der Fall ist, ein adäquat ursächlicher Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Fahrzeugs bestehen muss.
Dabei kommt es nicht nur auf jene Gefahr an, die sich aus der Inbetriebnahme des Motors und der damit verbundenen Bewegung des Fahrzeugs ergibt, sondern ist iS eines „verkehrstechnischen Ansatzes“ auch jene Gefahr relevant, die unabhängig von einer motorbetriebenen Bewegung auf der Teilnahme des Fahrzeugs am Verkehr beruht. Die Haftung wird allerdings auch in diesen Fällen nur bejaht, wenn der Unfall auf einer spezifischen Gefährlichkeit des Kraftfahrzeugs beruht. Es muss also ein Gefahrenzusammenhang bestehen. Die vom Verschulden unabhängige Gefährdungshaftung ist nur gerechtfertigt, wenn und soweit sich eine Gefahr verwirklicht, deretwegen diese Haftung angeordnet wurde.
Ausgehend vom eigentlichen Zweck eines Kraftfahrzeugs, der Ortsveränderung, wird die Haftung des Fahrzeughalters nach dem EKHG abgelehnt, 232wenn ein Kraftfahrzeug mit Sonderausstattung als ortsgebundene Arbeitsmaschine verwendet wird. Maßgebend ist dabei jedoch nicht nur die vorübergehende Aufhebung der Fahrbarkeit, sondern vor allem die Betätigung der Motorkraft des Fahrzeugs für einen Arbeitsvorgang außerhalb desselben, der mit den für das Kraftfahrzeug typischen Funktionen nicht im Zusammenhang steht.
So wurde beispielsweise die Haftung in einem Fall verneint, in dem ein Radbagger zum Unfallszeitpunkt nicht in Bewegung war, sondern dessen Fahrbarkeit vorübergehend durch Absenken des Planierschildes aufgehoben war, auch wenn weitere zusätzliche Stützen nicht ausgefahren waren (OGH 5.6.2002, 2 Ob 214/01m).
Auch im vorliegenden Fall war die Mobilität des unfallbeteiligten Baggers durch eine automatische Sperre aller Antriebsräder sowie eine Fixierung des Unterwagens durch den Planierschild und am Heck befindliche zwei Stützen aufgehoben. Der Unfall ereignete sich während des in die Erde Treibens von Pfosten durch die Baggerschaufel, die vom Kl zu diesem Zweck festgehalten wurden.
Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass aufgrund dieses Sachverhalts eine Verwendung des Baggers als ortsgebundene Arbeitsmaschine vorlag, die eine Haftung nach EKHG ausschließt, hält sich im Rahmen des gesetzlich eingeräumten Ermessensspielraums.
Soweit der Kl darauf verweist, dass diese Arbeiten auf einer öffentlichen Straße durchgeführt wurden, weshalb von einer „Teilnahme am Verkehr“ auszugehen sei, verkennt er, dass sich dessen ungeachtet beim konkreten Unfallgeschehen gerade nicht eine spezifische Gefährlichkeit eines Kraftfahrzeugs verwirklichte, sondern die Gefahr, die sich aus der Verwendung als Arbeitsmaschine ergibt. Insofern kommt es auf die Örtlichkeit nicht weiter an.
Der Umstand, dass der Bagger zwischen einzelnen Arbeitsschritten bewegt werden musste, ändert nichts daran, dass er bei Durchführung der Arbeiten, wenn auch nur vorübergehend, fixiert war. Auch aus diesem Argument ist daher für den Kl nichts zu gewinnen.