Konzern und Lieferkette
Konzern und Lieferkette
Einleitung
Grundlagen
Lieferkette und geltendes Konzernrecht
Konzernrechnungslegung
Aufsichtsrat
EU-Lieferkettengesetz
Zusammenfassung
Konzerne roden Regenwälder, vergiften Flüsse, hinterlassen Mondlandschaften, unterwandern bzw korrumpieren Regierungen, Gerichte und ganze Staatsgefüge, scheren sich wenig um Arbeitsbedingungen, vergiften Lebensmittel, ja fördern die Kinderarbeit und gehen letztendlich für all das über Leichen. Konzerne nutzen das Gesellschaftsrecht geschickt aus. Sie verfrachten risikoreiche Tätigkeitsfelder in minderbemittelte Tochtergesellschaften und stehlen sich, wenn wirklich etwas passiert, unter Hinweis auf die Haftungsbeschränkung aus der Verantwortung.
Werden Konzerne nicht selbst aktiv – und das betrifft bereits den zweiten Teil des Titels, also die Lieferkette –, so haben sie willfährige Helfer zur Hand. Denn durch die nachfrageseitige Marktmacht diktieren sie die Preise und zwingen demgemäß die Zulieferer – ebenso Unternehmer, vielleicht auch Konzerne –, genau jene ausbeuterischen Methoden anzuwenden, vor denen die Konzernzentrale dann die Augen verschließt. Konzerne ziehen wie Heuschrecken herum. Sie nutzen die verlängerte Werkbank, wo auch immer gerade die Arbeitskraft und die sonstigen Produktionsmittel am günstigsten sind. Der Markt regelt Angebot und Nachfrage. Weihnachten fällt aus, wenn die Deko nicht rechtzeitig per Frachtschiff aus Fernost angeliefert wird. Und freilich: Niemand will an Kinderarbeit denken, wenn man um den obligatorisch alle Jahre und außerdem noch so günstig neugeschmückten Baum mit den eigenen Kindern feiert.
Der Untersuchungsrahmen ist damit auch schon abgesteckt. Denn all das, wenngleich nun überspitzt formuliert, mag sicher im Einzelfall nicht falsch sein. Unrichtig ist indes, dass das geltende Konzernrecht die Augen vor der (Verantwortung in der) Lieferkette bislang verschließt. Das soll hier anhand von zwei ausgewählten Themenfeldern gezeigt werden (3.). Anschließend und darauf aufbauend wird gefragt, ob und wenn ja, welchen Mehrwert das EU-Lieferkettengesetz bringen soll und kann (4.). Eingangs sind ein paar Grundlagen aufzubereiten (2.).
§ 15 AktG bzw § 115 GmbHG definieren den Konzern im Gesellschaftsrecht:* Sind rechtlich selbständige Unternehmen zu wirtschaftlichen Zwecken unter einheitlicher Leitung zusammengefasst, so bilden sie einen solchen. Die einzelnen Unternehmen sind Konzernunternehmen.
Steht ein rechtlich selbständiges Unternehmen, so jeweils Abs 2 der Normen, auf Grund von Beteiligungen oder sonst unmittelbar oder mittelbar unter dem beherrschenden Einfluss eines anderen Unternehmens, so gelten das herrschende und das abhängige Unternehmen zusammen als Konzern und einzeln als Konzernunternehmen.
Die Bestimmungen sind reine Definitionsnormen. Weitergehende Absichten lassen sich daher nur 138 anhand jener Normen entwickeln, die auch Rechtsfolgen mit ihnen verbinden.* Obgleich die Anzahl der so maßgeblichen Bestimmungen bzw Folgenormen überschaubar ist, lässt sich nur ein kleinster gemeinsamer Nenner bilden: Der Konzern ist nicht verboten.* In diesem Sinn hält auch die amtliche Begründung fest, dass die das ganze Wirtschaftsleben beherrschende Konzentrationsbewegung und die sich daraus ergebenden Schwierigkeiten in der Gestaltung der Einzelrechtsbeziehungen nicht unberücksichtigt gelassen werden konnte.*
Inhaltlich beruht die Definition auf der sogenannten Konzerngefahr, also der Gefahr der Verfolgung gesellschaftsfremder Sonderinteressen durch einen mächtigen Hauptgesellschafter oder zumindest deren Möglichkeit.* Die danach eingreifenden Normen stellen im Interesse der Gläubiger die vermögensrechtliche Autonomie/die Rechtspersönlichkeit der einzelnen Konzernglieder sicher.* Ebenso werden die Anliegen von Minderheitsgesellschaftern gewahrt.*
Versucht man demnach – und das bereits vor dem Hintergrund der Frage, inwieweit das geltende Konzernrecht auf die Verantwortung in der Lieferkette reagiert – die konzernrechtlich relevanten Normen zu sortieren, so kann man zwei Gruppen unterscheiden. Zum einen handelt es sich um jene, die – wie soeben angeführt – trotz wirtschaftlicher Einheit die rechtliche Eigenständigkeit der Konzernglieder absichern. Vor dem hier gegebenen Hintergrund einschlägig sind indes jene, die genau den umgekehrten Weg beschreiten, also bei der wirtschaftlichen Einheit, die nun einmal einen Konzern ausmacht, ansetzen. Das lässt sich zB anhand der folgenden Themenfelder zeigen:
Zunächst ist die Rechnungslegung zu nennen, also der Konzernabschluss. Dieser besteht nach § 250 Abs 1 UGB aus der Konzernbilanz, der Konzern- Gewinn- und Verlustrechnung, dem Konzernanhang, der Konzernkapitalflussrechnung und einer Darstellung der Komponenten des Eigenkapitals und ihrer Entwicklung und kann um die Segmentberichterstattung erweitert werden.
Nach § 267 Abs 2 UGB hat dabei der Konzernlagebericht eine ausgewogene und umfassende, dem Umfang und der Komplexität der Geschäftstätigkeit angemessene Analyse des Geschäftsverlaufs, einschließlich des Geschäftsergebnisses, und der Lage des Konzerns zu enthalten. Abhängig von der Größe des Konzerns und von der Komplexität des Geschäftsbetriebs der einbezogenen Unternehmen hat die Analyse auf die für die jeweilige Geschäftstätigkeit wichtigsten finanziellen, ebenso aber auch auf die nichtfinanziellen Leistungsindikatoren, einschließlich Informationen über Umwelt- und AN-Belange (sic!), einzugehen und sie unter Bezugnahme auf die im Konzernabschluss ausgewiesenen Beträge und Angaben zu erläutern.
Nach § 267a UGB haben dabei Unternehmen von öffentlichem Interesse, die Mutterunternehmen sind und an den Abschlussstichtagen das Kriterium erfüllen, im Jahresdurchschnitt (§ 221 Abs 6 UGB) auf konsolidierter Basis mehr als 500 AN zu beschäftigen und wenn sie nicht von der Aufstellung eines Konzernabschlusses nach § 246 Abs 1 befreit sind, in den Konzernlagebericht an Stelle der Analyse der nichtfinanziellen Leistungsindikatoren nach § 267 Abs 2 UGB eine konsolidierte nichtfinanzielle Erklärung aufzunehmen.
Diese hat nach Abs 2 der Norm diejenigen Angaben zu enthalten, die für das Verständnis des Geschäftsverlaufs, des Geschäftsergebnisses, der Lage des Konzerns sowie der Auswirkungen seiner Tätigkeit erforderlich sind und sich mindestens auf Umwelt-, Sozial- und AN-Belange, auf die Achtung der Menschenrechte und auf die Bekämpfung von Korruption und Bestechung zu beziehen. Die Analyse hat dabei die nichtfinanziellen Leistungsindikatoren unter Bezugnahme auf die im Konzernabschluss ausgewiesenen Beträge und Angaben zu erläutern und hat nach Abs 3 der Norm folgende Angaben zu umfassen:
eine kurze Beschreibung des Geschäftsmodells des Konzerns;
eine Beschreibung der vom Konzern in Bezug auf diese Belange verfolgten Konzepte;
die Ergebnisse dieser Konzepte;
die angewandten Due-Diligence-Prozesse;
die wesentlichen Risiken, die wahrscheinlich negative Auswirkungen auf diese Belange haben werden, und die Handhabung dieser Risiken durch den Konzern, und zwar
i) soweit sie aus der eigenen Geschäftstätigkeit des Konzerns entstehen und,
ii) wenn dies relevant und verhältnismäßig ist, soweit sie aus seinen Geschäftsbeziehungen, seinen Erzeugnissen oder seinen Dienstleistungen entstehen;
die wichtigsten nichtfinanziellen Leistungsindikatoren, die für die konkrete Geschäftstätigkeit von Bedeutung sind.
Nach § 267a Abs 6 UGB kann die konsolidierte nichtfinanzielle Erklärung als gesonderter konsolidierter nichtfinanzieller Bericht erstellt werden. Der gesonderte konsolidierte nichtfinanzielle Bericht ist von den gesetzlichen Vertretern aufzustellen, von sämtlichen gesetzlichen Vertretern zu unterzeichnen, dem Aufsichtsrat vorzulegen und von diesem 139 zu prüfen, sowie gemeinsam mit dem konsolidierten Lagebericht nach § 280 UGB offenzulegen.
Die Verpflichtungen von Vorstand und Aufsichtsrat sind haftungsbewehrt.* Oder kurzum: Schon die Konzernrechnungslegungsvorschriften zeigen, dass es nicht stimmt, dass Konzerne/deren Organe die Augen vor ihrer Verantwortung in der Lieferkette verschließen können. Vielmehr ist es bei Konzernen nicht anders als bei großen Kapitalgesellschaften nach § 243b iVm § 243 Abs 5 UGB. Dem könnte man freilich vorhalten, dass § 267a UGB idF NaDiVeG* erst recht auf eine europäische Initiative* zurückgeht. Noch viel deutlicher wird das hier festgestellte Ergebnis indes beim soeben schon angesprochenen Aufsichtsrat.
§ 110 iVm § 88a ArbVG sichern die AN-Mitbestimmung im Konzern ab.* Die Normen brauchen hier nicht im Einzelnen dargelegt zu werden. Viel wichtiger ist denn auch der zugrundeliegende Gedanke. Denn dieser besteht einmal mehr darin, dass die AN, die von wirtschaftlichen Entscheidungen betroffen sind, die außerhalb des Unternehmens in der Konzernspitze getroffen werden, die Möglichkeit haben sollen, in den Gremien, in denen diese Entscheidungen fallen, vertreten zu sein.*
Nun gibt es zwar keinen Konzernaufsichtsrat und ebenso wenig einen Konzernvorstand*, wie jüngst der OGH in einer vielbeachteten E und auch zu Recht festgestellt hat.* Allerdings gibt es mit der herrschenden Lehre eine gewisse „Konzernleitungspflicht“.* Demnach leiten die Organe der Muttergesellschaft nicht nur diese. Vielmehr erfasse die Leitungstätigkeit auch die Gesellschaften, an denen die Gesellschaft beteiligt ist, weshalb sich die Organe der herrschenden Gesellschaft nicht ausschließlich auf die Leitung und Überwachung des von der Gesellschaft betriebenen Unternehmens beschränken dürfen. Dem Aufsichtsrat komme dabei die Pflicht zu, die Geschäftsführung zu überwachen. Im Konzern erweitere sich diese Überwachungstätigkeit allerdings um die Überwachung der Tätigkeit des Vorstands in Zusammenhang mit dessen Konzernüberwachung und Konzernleitung.*
Schon damit zeigt sich aber ein zentraler Aspekt, der in der bisherigen Diskussion jedenfalls zu kurz kommt. Denn der Konzern ist nicht selten selbst die Lieferkette. Das trifft zumeist dann zu, wenn die einzelnen Konzernglieder nicht auf derselben Wirtschaftsstufe stehen.
ZB: Der österreichische Holzkonzern hält über seine rumänische Enkelin ausgedehnte Forste oder zumindest Schlägerungsrechte in Rumänien, Weißrussland und in der Ukraine. Das so erzeugte Rundholz wird in Sägewerken vor Ort verarbeitet. Besonders wertvolle Qualitäten werden in der Parkettproduktion der Mutter weiterverarbeitet. Sonstige Brettqualitäten und Säge-Nebenprodukte gehen in die bulgarische Tochter und werden dort zu Pellets, Spanplatten und Leimbindern bzw Massivholzplatten. Letztere finden wiederum in der Holzhausfertigsparte der Mutter ihren Einsatz.
Bei einem solchen Geschäftsmodell ist nun aber auch schon bislang klar, dass die Organe der Muttergesellschaft der Lieferkette besonderes Augenmerk zu widmen haben.* Das hat zwar primär einmal mit Versorgungssicherheit zu tun, betrifft aber im Aufsichtsrat insb auch Fragen der internen Kontrollsysteme und des Risikomanagements. Dabei spielen ebenso Fragen der sogenannten „business disruption“, also einer Unterbrechung bzw überhaupt der Untergang des Geschäftsmodells, eine bedeutende Rolle. Seit den wirtschaftlichen Verwerfungen durch die Corona-Pandemie ist das evident. Der Ukraine-Krieg und die damit einhergehenden Sanktionen insb auf dem Sektor der Rohstoffe zeigen die Verantwortung einmal mehr auf. Den AN-Vertreter:innen im Aufsichtsrat kommt dabei im Besonderen die (ureigenste) Aufgabe zu, den Arbeitsbedingungen in den Konzerngliedern nachzugehen und auf etwaige Missstände aufmerksam zu machen.* All das ist schon bislang haftungsbewehrt.
Oder kurzum: Fragen der Lieferkette sind fester Bestandteil des geltenden Gesellschafts- und Konzernrechts. Dieses stellt keinen Freibrief aus. Vielmehr wird die Wahrnehmung durch die Verantwortung der Organe, als treuhändige Verwalter fremden Vermögens,* verstärkt. Um ein konzernspezifisches Problem handelt es sich indes nicht. Auch der Vorstand und Aufsichtsrat, um bei dem Beispiel zu bleiben, des österreichischen Parkettproduzenten, der hinsichtlich seiner Rohstoffe auf (externe) Zulieferer angewiesen ist, hat sich mit der Lieferkette auseinanderzusetzen. 140
Den tatsächlichen Anwendungsbereich der geplanten RL über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit, kurz EU-Lieferkettengesetz, kann man noch schwer abschätzen. Denn der Vorschlag der Kommission und der Standpunkt des Parlaments liegen noch sehr weit auseinander.*
Im Einzelnen:
Nach Art 1 Abs 1 des Kommissionsvorschlags soll die RL Vorschriften über
a) Verpflichtungen von Unternehmen in Bezug auf tatsächliche und potenzielle negative Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt in Bezug auf ihre eigenen Tätigkeiten, die Tätigkeiten ihrer Tochterunternehmen und die Tätigkeiten von Unternehmen in der Wertschöpfungskette, mit denen das Unternehmen eine etablierte Geschäftsbeziehung unterhält, und
b) die Haftung für Verstöße gegen die oben genannten Verpflichtungen enthalten.
Ob Geschäftsbeziehungen dabei als „etabliert“ gelten, soll regelmäßig, mindestens jedoch alle zwölf Monate, neu bewertet werden.*
Das Parlament hingegen will diesen Anwendungsbereich deutlich erweitert wissen.*
Denn danach soll die RL Verpflichtungen von Unternehmen in Bezug auf tatsächliche und potenzielle negative Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt, die sie verursacht oder zu denen sie beigetragen haben oder mit denen sie direkt verbunden sind, in Bezug auf ihre eigenen Tätigkeiten und die ihrer Tochterunternehmen und die Tätigkeiten von Unternehmen in ihrer Wertschöpfungskette*, mit denen das Unternehmen eine Geschäftsbeziehung unterhält, enthalten.*
Demnach soll insb die Einschränkung auf „etablierte“ Geschäftsbeziehungen entfallen.* Ebenso soll eine „Beitragstäterschaft“ ausreichen.
Nach Art 2 Abs 1 des Kommissionsvorschlags gilt die RL für Unternehmen, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründet wurden und eine der folgenden Bedingungen erfüllen:
a) Das Unternehmen hatte im letzten Geschäftsjahr, für das ein Jahresabschluss erstellt wurde, im Durchschnitt mehr als 500 Beschäftigte und erzielte einen weltweiten Nettoumsatz von mehr als 150 Mio €.
b) Das Unternehmen erreichte die soeben genannten Schwellenwerte nicht, hatte aber im letzten Geschäftsjahr, für das ein Jahresabschluss erstellt wurde, im Durchschnitt mehr als 250 Beschäftigte und erzielte einen weltweiten Nettoumsatz von mehr als 40 Mio €, sofern mindestens 50 % dieses Nettoumsatzes in einem oder mehreren der folgenden Sektoren erwirtschaftet wurden:
i) Herstellung von Textilien, Leder und verwandten Erzeugnissen (einschließlich Schuhe) sowie Großhandel mit Textilien, Bekleidung und Schuhen;
ii) Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei (einschließlich Aquakultur), Herstellung von Lebensmittelprodukten und Großhandel mit landwirtschaftlichen Rohstoffen, lebenden Tieren, Holz, Lebensmitteln und Getränken;
iii) Gewinnung mineralischer Ressourcen unabhängig davon, wo sie gewonnen werden (einschließlich Rohöl, Erdgas, Steinkohle, Braunkohle, Metalle und Metallerze sowie aller anderen, nichtmetallischen Mineralien und Steinbruchprodukte), Herstellung von Grundmetallerzeugnissen, sonstigen Erzeugnissen aus nichtmetallischen Mineralien und Metallerzeugnissen (ausgenommen Maschinen und Ausrüstungen) sowie Großhandel mit mineralischen Rohstoffen, mineralischen Grunderzeugnissen und Zwischenerzeugnissen (einschließlich Metalle und Metallerze, Baustoffe, Brennstoffe, Chemikalien und andere Zwischenprodukte).*
Nach Abs 2 der Norm gilt sie zudem für Unternehmen, die nach den Rechtsvorschriften eines Drittlandes gegründet wurden und eine der folgenden Bedingungen erfüllen:
a) Das Unternehmen erzielte im Geschäftsjahr vor dem letzten Geschäftsjahr in der Union einen Nettoumsatz von mehr als 150 Mio €.
b) Das Unternehmen erzielte im Geschäftsjahr vor dem letzten Geschäftsjahr in der Union einen Nettoumsatz von mehr als 40 Mio €, aber nicht mehr als 150 Mio €, sofern mindestens 50 % seines weltweiten Nettoumsatzes in einem oder mehreren der in Abs 1 Buchstabe b genannten Sektoren erwirtschaftet wurden.*
Demgegenüber will das Parlament den Anwendungsbereich deutlich erweitern,* wonach die RL für Unternehmen, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründet wurden und eine der folgenden Bedingungen erfüllen, gelten soll:
a) Das Unternehmen hatte im letzten Geschäftsjahr, für das ein Jahresabschluss erstellt wurde, 141
im Durchschnitt mehr als 250 Beschäftigte und erzielte einen weltweiten Nettoumsatz von mehr als 40 Mio €.*
b) Das Unternehmen erreichte die soeben genannten Schwellenwerte nicht, ist aber die oberste Muttergesellschaft einer Unternehmensgruppe, die im letzten Geschäftsjahr, für das ein Jahresabschluss erstellt wurde, mehr als 500 Beschäftigte hatte und einen weltweiten Nettoumsatz von mehr als 150 Mio € erzielte.*
Sämtliche Sektoreinschränkungen sollen demnach entfallen.*
Die RL soll zudem für Unternehmen, die nach den Rechtsvorschriften eines Drittlandes gegründet wurden und eine der folgenden Bedingungen erfüllen, gelten:
a) Das Unternehmen erzielte – sofern in dem letzten vorangegangenen Geschäftsjahr mindestens 40 Mio € in der Union erwirtschaftet wurden – im Geschäftsjahr vor dem letzten Geschäftsjahr in der Union einen weltweiten Nettoumsatz von mehr als 150 Mio €, einschließlich des Umsatzes, der von dritten Unternehmen erzielt wurde, mit denen das Unternehmen und/oder seine Tochterunternehmen in der Union eine vertikale Vereinbarung gegen Lizenzgebühren geschlossen haben.*
b) Das Unternehmen erreichte die soeben genannten Schwellenwerte nicht, ist aber die oberste Muttergesellschaft einer Unternehmensgruppe, die 500 Beschäftigte hatte und im letzten Geschäftsjahr, für das ein Jahresabschluss erstellt wurde, weltweit einen Nettoumsatz von mehr als 150 Mio € und mindestens 40 Mio € in der Union erzielte, einschließlich des Umsatzes, der von dritten Unternehmen erzielt wurde, mit denen das Unternehmen und/oder seine Tochtergesellschaften in der Union eine vertikale Vereinbarung gegen Lizenzgebühren geschlossen haben.*
Der Kommissionsvorschlag definiert dabei das „Tochterunternehmen“ als eine juristische Person, über die die Tätigkeit eines „kontrollierten Unternehmens“ iS von Art 2 Abs 1 Buchstabe f der Transparenz-RL* ausgeübt wird.*
Demgegenüber sieht das Parlament vor, dass „Tochterunternehmen“ eine juristische Person iS von Art 2 Nr 10 der BilanzRL* und eine juristische Person, über die die Tätigkeit eines „kontrollierten Unternehmens“ iS von Art 2 Abs 1 Buchstabe f der soeben schon im Kommissionsvorschlag genannten TransparenzRL ausgeübt wird,* sein soll, womit eine zusätzliche Ausweitung auf weitere Konzernglieder vorgesehen ist.
Damit ist insgesamt aber einmal mehr klar, dass ebenso die RL, gleich in welcher vorgeschlagenen Version, nicht auf eine konzernspezifische Gefahr in der Lieferkette reagiert. Die Einbeziehung von Unternehmensgruppen/Konzernen und ebenso deren Verantwortung* sichert vielmehr nur den Anwendungsbereich dergestalt ab, als die auch schon für Einzelunternehmen maßgeblichen Vorschriften nicht durch den Einsatz von Konzernstrukturen umgangen werden können. Dabei basiert die RL auf einem Konzept der Berücksichtigung von Marktmacht. Das rechtfertigt die Einbeziehung von abhängigen Rechtsträgern.
1. Fragen der Lieferkette sind fester Bestandteil des geltenden Konzernrechts. Dieses stellt Konzernen keinen Freibrief aus. Vielmehr wird die Wahrnehmung durch die Verantwortung der Organe als treuhändige Verwalter fremden Vermögens verstärkt. Um ein konzernspezifisches Problem geht es insgesamt nicht.
2. Der Richtlinienvorschlag für ein „EU-Lieferkettengesetz“ reagiert ebenso wenig auf eine konzernspezifische Gefahr. Die Einbeziehung von Unternehmensgruppen/Konzernen und deren Verantwortung sichert vielmehr nur den Anwendungsbereich ab. Dabei basiert der Richtlinienvorschlag auf einem Konzept der Berücksichtigung von Marktmacht. Das rechtfertigt die Einbeziehung von abhängigen Rechtsträgern. 142