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Geplante Betriebsänderungen: Reorganisationsstopp mittels einstweiliger Verfügung des Betriebsrats?*

§§ 109 und 91 ArbVG; §§ 381 f EO; Art 27 GRC; Nr 18 Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte, Art 4 und Art 8 RL 2002/14/EG Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der EG
  1. Da die einstweilige Verfügung Sicherungsmittel und nicht Sanktion sein soll, wäre es am Kl [BR] gelegen darzulegen, inwiefern die Beantwortung von und Beratung über welche konkreten Fragen – trotz zwischenzeitiger Konzeptänderungen und Umsetzungsschritte – nach wie vor notwendig und geeignet wäre, um AN-Interessen zu wahren und insb iSd § 109 Abs 2 ArbVG Vorschläge zur Verhinderung, Beseitigung oder Milderung von für die AN nachteiligen Folgen zu erstatten.

  2. In der vom klagenden BR ins Treffen geführten Vorjudikatur, wonach die Ankündigung der geplanten Betriebsänderung „ein bis zwei Monate im Vorhinein“ als zu kurzfristig angesehen wurde, ist mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar, in dem Mitwirkungsrechte des BR bei einer Umstellung der internen Organisation von einer linearen Sparten- in eine Matrixorganisation strittig sind. Ebenso wenig stellt der Revisionsrekurs einen Bezug zwischen den Fragen [des BR] und den Klage- und Sicherungsbegehren her, dass die Bekl mit der Umsetzung der geplanten Maßnahmen zuwarte, solange dem BR mangels Informationserteilung keine Beratung und Mitwirkung möglich sei.

[1] Die bekl Kammer ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts, die uneingeschränkt dem ArbVG unterliegt; der Kl ist deren BR.

[2] Nach dem bescheinigten Sachverhalt befasste sich die Bekl beginnend im Jahr 2022, verstärkt ab März 2023 mit Problemstellungen, die schließlich die hier strittigen Entscheidungen zur Neupositionierung der Kammer und zur Umstrukturierung des Kammeramts [geschäftsführender Bürobetrieb bzw administrative Organisationseinheit der Selbstverwaltungskammer; Anm] nach sich zogen. Es ging dabei um fehlende Effizienz und Prozesse, hohe Personal- und Organisationskosten, eine Optimierung der Servicequalität und Messbarkeit der Leistungen sowie mangelnde Digitalisierungsschritte. Die Kammerfunktionäre forderten eine Stärkung der Standesvertretung, eine einnahmenorientierte Ausgabenpolitik, Modernisierung, Serviceorientiertheit und Digitalisierung. „Zusammengefasst in einem Konzeptpapier wurde im Wesentlichen dieser Inhalt dem Kl zuletzt am 20.6.2023 mündlich dargestellt.

[3] Bereits am 3.3.2023 fand eine Mitarbeiter-Veranstaltung zum Weiterentwicklungsprozess der Bekl statt, bei der der Kl [die Betriebsratsmitglieder] anwesend war[en]. Dabei wurde die Forderung des Präsidiums kommuniziert, die Weiterentwicklung und Modernisierung der Bekl im gesellschaftlichen, ökonomischen und politischen Spannungsfeld zu forcieren und gleichzeitig das Kammeramt entsprechend dieser Anforderungen neu zu strukturieren.

[4] In den Informationsprozess zur Neupositionierung der Bekl und die neue Strukturierung des Kammeramts wurden das Präsidium, führende und andere Mitarbeiter sowie der Kl einbezogen. Die zur Entscheidung führenden Gründe wurden dem Kl wiederholt mitgeteilt. Dem Konzept ging ein Beschluss im Präsidium am 13.6.2023 voraus, die Information des Kl war mit 20.6.2023 geplant „und wurde auch umgesetzt“.

[5] Über Einladung der Kammeramtsdirektorin wurde dem Kl der Inhalt der Neuordnung am 20.6.2023 im Rahmen einer Powerpoint-Präsentation dargelegt und das Konzept der Organisationsreform übergeben. In der Folge wurde das Konzept mit dem Kl erörtert und es wurden Fragen diskutiert, etwa die Umwandlung der linear organisierten 58 Spartenorganisation in eine Matrixstruktur sowie der Zeitplan. Das Inkrafttreten wurde mit 1.7.2023 festgelegt. Inwieweit einzelne Umsetzungsschritte behandelt wurden, konnte nicht festgestellt werden. Aus dem Entwurf war jedenfalls zu ersehen, dass diverse Positionen neu geschaffen und besetzt werden sollten sowie Versetzungen anstehen. Die Mitarbeiter sollten dadurch neue Arbeitsaufgaben und/oder auch neue Vorgesetzte haben, wobei die bisherigen Aufgabenbereiche so lange gleich bleiben sollten, bis die neuen Vorgesetzten gemeinsam mit jedem Einzelnen die Stellenbeschreibungen angepasst hätten.

[6] Dem Kl wurde zudem ein zweiter Termin für den 26.6.2023 angeboten, bei welchem die Bekl weitere Gespräche und Beratungen durchführen hätte wollen.

[7] Am 23.6.2023 fand eine Mitarbeiter-Veranstaltung zur Frage der Weiterentwicklung der Bekl statt, bei der der Kl anwesend war.

[8] Am 26.6.2023 sagte der Kl [vertreten durch den Betriebsratsvorsitzenden gem § 71 ArbVG; Anm] sodann den Termin ab und übermittelte stattdessen der Kammeramtsdirektion ein Schreiben (das ua eine umfassende Fragenliste enthält, wie im Einzelnen näher festgestellt wurde). Zudem antwortete der Kl am 27.6.2023 mit einer eigenen Stakeholder-Analyse als Ergebnis der Mitarbeiter- Veranstaltung.

[9] Aufgrund des Schreibens des Kl vom 26.6.2023 wurde bei einer abschließenden Präsidiumssitzung der Bekl am 27.6.2023 noch auf Vorschläge des Kl eingegangen und eine Neubesetzung mehrerer Positionen beschlossen. So wurde die Zuordnung (von einem Mann und zwei Frauen) in sonstige Teams revidiert und diese in die Position von Teamleitern berufen.

[10] Mit dem Konzept vom 28.6.2023 wurde die Organisationsreform allen Mitarbeitern präsentiert. Die ersten Schritte der Organisationsreform wurden mit Stichtag 1.7.2023 umgesetzt. Die im Schreiben des Kl vom 26.6.2023 aufgelisteten Fragen wurde von der Bekl nicht beantwortet.

[11] Der Kl sieht die Organisationsänderung der Bekl als Betriebsänderung iSd § 109 Abs 1 Z 4 ArbVG an und seine daraus resultierenden Informations- und Beratungsrechte als beschnitten und verlangt mittels Klage vom 4.7.2023 sinngemäß die Übermittlung „aller erforderlichen Informationen gemäß § 109 ArbVG“, insb die Beantwortung seiner Fragenliste vom 26.6.2023, sowie die Ausfolgung der damit geforderten Unterlagen. Weiteres solle die Bekl für schuldig erkannt werden, fünf Wochen nach Übermittlung der Informationen eine Beratung über die Gestaltung der geplanten Maßnahme mit dem Kl durchzuführen und bis dahin mit der Umsetzung der Organisationsänderung zuzuwarten. Zur Sicherung dieser Ansprüche beantragte der Kl, gestützt auf § 381 Z 1, § 382 Z 5 EO, die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit der der Bekl (erkennbar gemeint:) geboten werden solle, mit der Umsetzung der Organisationsänderung bis zur Durchführung der Beratung nach zuvor erfolgter Informationsübermittlung in eventu bis zur Übermittlung der vom BR eingeforderten Informationen zuzuwarten, und sie für schuldig erkannt werden solle, bis dahin jede Umsetzungsmaßnahme zu unterlassen.

[12] Im Provisorialverfahren beruft sich der Kl vorrangig auf die Rechtsansicht von G. Kodek (Einstweilige Verfügungen zur Sicherung des Informationsanspruchs nach §§ 108, 109 ArbVG bei beabsichtigten Betriebsänderungen, DRdA 2011, 517). Neben dem aus § 109 ArbVG abgeleiteten Anspruch auf Erteilung der erforderlichen Informationen habe er auch einen Anspruch darauf, dass die Bekl mit der Umsetzung der geplanten Maßnahmen zuwarte, solange ihm mangels Informationserteilung keine Beratung und Mitwirkung möglich sei. Dieser Anspruch könne mit einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden, weil bei Umsetzung der geplanten Umstrukturierungsmaßnahmen vor der gesetzlich vorgesehenen Einbindung gleichsam vollendete Tatsachen auf rechtswidriger Basis geschaffen und die gesetzlich verbrieften Informations- und Mitwirkungsrechte völlig ausgehöhlt würden. Dabei gehe es nicht um eine Sanktion, sondern um die Sicherung der Durchsetzung des Informationsund Beratungsanspruchs. Tatsächlich verstoße aber auch die unzureichende Sanktionierung unterbliebener oder verspäteter Informationserteilung im nationalen Recht gegen europarechtliche Vorgaben und den Effektivitätsgrundsatz. Mit der einstweiligen Verfügung würde der Bekl bloß jenes Verhalten auferlegt, zu dem sie ohnedies bereits aufgrund des Gesetzes verpflichtet sei. Da dies ausschließlich in die Sphäre der Bekl falle, sie es also in der Hand habe, ihren Pflichten nachzukommen, stelle ein zeitweiliger Unterlassungsanspruch nur einen minimalen Eingriff in ihre unternehmerische Handlungsfreiheit dar.

[13] Die Bekl beantragte in ihrer vom Erstgericht freigestellten Äußerung die Abweisung des Sicherungsantrags. Sie sei ihren Verpflichtungen zur Informationserteilung und Beratung iSd § 109 ArbVG – so man überhaupt von einer Betriebsänderung ausgehe – ausreichend nachgekommen; dass der Kl den angebotenen Termin nicht wahrgenommen habe, könne ihr nicht angelastet werden. Der Fragenkatalog sei primär eine Kritik an der internen, für die AN bloß geringfügigen Organisationsänderung, auf dessen ArbVG-relevante Punkte habe sie mit Änderungen reagiert. [...]

[15] Die Vorinstanzen wiesen den Sicherungsantrag übereinstimmend ab. Sie bejahten ein Mitwirkungsrecht des Kl wegen des Vorliegens einer Betriebsänderung iSd § 109 Abs 1 ArbVG. Zudem würden insb europarechtliche Erwägungen zur Effektivität der Rechtsdurchsetzung für eine Sicherbarkeit eines Informationsanspruchs im Zusammenhang mit geplanten Betriebsänderungen durch eine einstweilige Verfügung sprechen, mit der dem Betriebsinhaber verboten werde, vor Erteilung der Information und vor Abschluss der Konsultationen mit dem BR die beabsichtigte Maßnahme durchzuführen. Selbst wenn man dieser Ansicht G. Kodeks (Einstweilige Verfügungen zur Sicherung des Informationsanspruchs nach §§ 108, 109 ArbVG bei beabsichtigten Betriebsänderungen, DRdA 2011, 59 517) folge, so das Rekursgericht, sei im vorliegenden Fall für den Kl nichts gewonnen, weil die Bekl ihrer Informations- und Beratungspflicht (noch) ausreichend nachgekommen sei. Ein weitergehender Anspruch bestehe nicht; das allgemeine Informationsbegehren sei schließlich zu unbestimmt und der Fragenkatalog überschießend.

[16] Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil weder zur Sicherbarkeit des in § 109 Abs 1 ArbVG verankerten Informations- und Beratungsrechts, noch zu den Kriterien für die Angemessenheit und Rechtzeitigkeit der Information und Beratung höchstgerichtliche Rsp existiere.

[17] Der – von der Bekl beantwortete – Revisionsrekurs des Kl ist entgegen dem, den OGH nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.

[18] 1.1 Tragende Begründung des Rekursgerichts für die Abweisung der einstweiligen Verfügung ist, dass die Bekl ihrer in § 109 ArbVG verankerten Informations- und Beratungspflicht inhaltlich ausreichend nachgekommen ist. Die an sich vorgelagerte Frage, ob die einstweilige Verfügung schon deshalb abzuweisen gewesen wäre, weil der – zur Sicherung der Durchsetzung des Informationsund Beratungsanspruchs beantragte – einstweilige Unterlassungsanspruch aus dem Gesetz (§ 109 ArbVG) nicht ableitbar ist, hat das Rekursgericht (unter Darlegung des Meinungsstands) zwar angesprochen, aber ausdrücklich offen gelassen. Wenngleich es seine Entscheidung von der Lösung der Frage gerade nicht abhängig gemacht hat, hat es dazu den Revisionsrekurs zugelassen.

[19] 1.2 Zu dieser Rechtsfrage bzw dazu, ob deren Lösung zu einem weiteren Abweisungsgrund führen könnte, hat der OGH aber im Hinblick darauf nicht Stellung zu nehmen, dass es dem Kl (der klarerweise vom gegenteiligen Standpunkt ausgeht) nicht gelingt, mit seinen Ausführungen zum Informations- und Beratungsanspruch und den im vorliegenden Fall seiner Ansicht nach noch fehlenden Informationen, eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 528 Abs 1 ZPO aufzuzeigen:

[20] 2.1 Der Betriebsinhaber ist gem § 109 Abs 1 ArbVG verpflichtet, den BR von geplanten Betriebsänderungen zu einem Zeitpunkt, in einer Weise und in einer inhaltlichen Ausgestaltung zu informieren, die es diesem ermöglichen, die möglichen Auswirkungen der geplanten Maßnahme eingehend zu bewerten und eine Stellungnahme zu der geplanten Maßnahme abzugeben; auf Verlangen des BR hat der Betriebsinhaber mit ihm eine Beratung über deren Gestaltung durchzuführen.

[21] § 109 Abs 2 ArbVG sieht vor, dass der BR Vorschläge aus Verhinderung, Beseitigung oder Milderung von für die AN nachteiligen Folgen von Maßnahmen gem Abs 1 erstatten kann; hiebei hat er auch auf die wirtschaftlichen Notwendigkeiten des Betriebs Bedacht zu nehmen.

[22] Eine nähere gesetzliche Determinierung des Informationsanspruchs bei Betriebsänderungen findet sich lediglich für – hier nicht einschlägige – Auflösungen von Arbeitsverhältnissen, die eine Meldepflicht nach § 45a Abs 1 Z 1-3 AMFG auslösen (§ 109 Abs 1 Z 1a iVm Abs 1a ArbVG).

[23] 2.2 Das Rekursgericht schloss unter Verweis auf die Lehre (ua Schneller in Gahleitner/Mosler, Arbeitsverfassungsrecht 36 § 109 ArbVG Rz 6, 13, 15; Windisch-Graetz in Neumayr/Reissner, Zell-Komm3 § 109 ArbVG Rz 18; Resch in Strasser/Jabornegg/Resch, ArbVG § 109 Rz 24, 29, jeweils mwN) und § 109 Abs 2 ArbVG, der BR müsse bei jeder Betriebsänderung so detailliert informiert werden, dass er dieses Vorschlagsrecht sinnvoll ausüben könne. Auch unter Beratung sei ein Gedankenaustausch in dem Umfang und mit dem Ziel zu verstehen, dem BR in ausreichender Weise Gelegenheit zur Erstattung der in § 109 Abs 2 ArbVG vorgesehenen Vorschläge zu geben (in diesem Sinne bereits VwGH657/79), wobei der Zeitpunkt der Beratung zu vereinbaren sei und beide Parteien eine gewisse, angemessene Vorbereitungszeit benötigen würden.

[24] Das Rekursgericht stützte seine rechtliche Beurteilung weiters auf die E 9 ObA 135/09g – Mystery-Flyer (= RS0126262). Darin hielt der OGH zum allgemeinen Informationsanspruch des BR nach § 91 Abs 1 ArbVG bereits fest, dass die österreichische Betriebsverfassung von einem grundsätzlichen Alleinbestimmungsrecht des Betriebsinhabers über die Führung und Leitung des Betriebs ausgehe und die Belegschaft nur insofern einen Anspruch auf Teilhabe geltend machen könne, als ein solcher vom Gesetz vorgesehen sei. Auf darüber hinausgehende Informationen habe die Belegschaft keinen Anspruch, und zwar selbst dann nicht, wenn diese vom Standpunkt der Vertretung der AN-Interessen wichtig wären. Zweck der Informationsrechte sei es ganz allgemein, der Belegschaft zu ermöglichen, auf betriebliche Entwicklungen zu reagieren, diesbezügliche Auswirkungen abzuklären und Vorschläge zu erstatten. Insb solle der Betriebsinhaber nicht aus Überraschungseffekten, Zeitnot, Desorientierung der AN oder auch „vollendeten Tatsachen“ Vorteile ziehen können. Die Inhalte der Information müssten vom Betriebsinhaber den Umständen nach angemessen gestaltet werden, das heiße die Thematik vollständig abhandeln und aufschlussreich sein. Die Information müsse in einer Weise geboten werden, die dem BR eine nachhaltige Kenntnis der dargelegten Inhalte eröffne, und für den jeweiligen Zusammenhang rechtzeitig erfolgen.

[25] 2.3 Der Revisionsrekurs zeigt nicht auf, warum das Rekursgericht diese Grundsätze nicht auch auf den hier vorliegenden Fall der Mitwirkungsrechte nach § 109 Abs 1 ArbVG übertragen hätte dürfen und inwieweit es dabei den ihm im Einzelfall eingeräumten Beurteilungsspielraum überschritten hätte.

[26] Das Rekursgericht nahm bei seiner Beurteilung, ob die Bekl ihre Pflichten, Information zu geben und Beratung anzunehmen, ausreichend erfüllt habe, eine Gesamtbetrachtung vor, deren Methodik und Ergebnis im konkreten Einzelfall jedenfalls vertretbar ist. Bei dieser berücksichtigt es die (in Relation zu anderen Fällen des § 109 ArbVG als verhältnismäßig geringfügig qualifizierten) Auswirkungen der Organisationsänderung, die (wenn auch noch abstrakten) 60 Vorankündigungen von Reformbestrebungen seit dem Jahr 2022 sowie den Inhalt der Besprechung vom 20.6.2023 und das Anbot eines weiteren Termins am 26.6.2023, bevor die finale Version mit 27.6.2023 beschlossen werden und mit 1.7.2023 in Kraft treten sollte.

[27] Soweit der Revisionsrekurs dagegen mit einer bloßen „Erstinformation“ bzw einem „Grobkonzept ohne jede nähere Information“ argumentiert, geht er nicht vom bescheinigten Sachverhalt aus und ist nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl RS0043603). So wurden nach den Feststellungen am 20.6.2023 doch der Inhalt und Zeitplan der Neuordnung mit dem Kl erörtert und diskutiert, wobei die (übergebene) Power-Point-Präsentation unstrittig die Betroffenen namentlich ausweist.

[28] Der Kl stellt sich weiterhin auf den Standpunkt, dass die Bekl schon deswegen rechtswidrig gehandelt hätte, weil sie seinen (mehrseitigen) schriftlichen Fragenkatalog, den er anstelle der persönlichen Teilnahme am zweiten Besprechungstermin verschickt hatte, nicht beantwortete. Er setzt sich aber nicht mit der Begründung der Vorinstanzen auseinander, wonach dieser Fragenkatalog über weite Strecken überschießend sei (iSv 9 ObA 135/09g) und es ihm trotz der kurzen Frist (gerade noch) möglich und zumutbar gewesen wäre, die AN-Interessen im Rahmen des weiteren Informations- und Beratungstermins am 26.6.2023 wahrzunehmen.

[29] In der vom Kl ins Treffen geführten E 8 ObA 2018/96i ging es, wie vom Rekursgericht bereits herausgearbeitet, um die Berechtigung einer Entlassung nach einer Betriebsverlegung, deren Ankündigung „ein bis zwei Monate im Vorhinein“ als zu kurzfristig angesehen wurde. Dies ist aber mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar, in dem Mitwirkungsrechte des BR bei einer Umstellung der internen Organisation der Bekl von einer linearen Sparten- in eine Matrixorganisation strittig sind. Entgegen den Rechtsmittelbehauptungen steht auch keineswegs fest, dass zahlreiche, insb mit Frauen besetzte Positionen abgewertet werden sollen. Die Bekl reagierte nach dem bescheinigten Sachverhalt auf den Fragenkatalog des Kl insofern, als sie in der Präsidiumssitzung vom 27.6.2023 eine Neubesetzung mehrerer Positionen beschloss und gewisse Zuordnungen revidierte.

[30] Auch indem der Kl nach wie vor pauschal „sämtliche geforderten Informationen“ als erforderlich bezeichnet, obwohl diese – wie die Vorinstanzen bereits aufzeigten – teils keinen konkreten Zusammenhang mit der Belegschaft haben, sondern allgemein die Sinnhaftigkeit und Qualität der Reformbestrebungen in Frage stellen, vermag er keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen.

[31] Ebenso wenig stellt der Revisionsrekurs einen Bezug zwischen den Fragen und den von den Vorinstanzen als zu unbestimmt bzw zu weit qualifizierten Klage- und Sicherungsbegehren her. Da die einstweilige Verfügung schon nach dem klägerischen Vorbringen Sicherungsmittel und nicht Sanktion sein soll, wäre es aber am Kl gelegen darzulegen, inwiefern die Beantwortung von und Beratung über welche konkreten Fragen – trotz zwischenzeitiger Konzeptänderungen und Umsetzungsschritte – nach wie vor notwendig und geeignet wäre, um AN-Interessen zu wahren und insb iSd § 109 Abs 2 ArbVG Vorschläge aus Verhinderung, Beseitigung oder Milderung von für die AN nachteiligen Folgen zu erstatten. Vorbringen, warum die Zeitspanne zwischen den beiden Beratungsterminen zu kurz gewesen wäre, vermag ein solches zu einem Sicherungsanspruch und der Gefährdung nicht zu ersetzen.

[32] Im Ergebnis vermag der Revisionsrekurs daher keine Unvertretbarkeit oder eine sonstige erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO im Zusammenhang mit der Beurteilung der Vorinstanzen aufzuzeigen, dass die Bekl ihre Pflichten nach § 109 ArbVG bereits ausreichend erfüllt und der Kl daher keinen weitergehenden Anspruch habe. Entgegen dem Beklagtenvorbringen ist als bescheinigt lediglich angenommen, dass „die ersten Schritte der Organisationsreform“ mit 1.7.2023 umgesetzt wurden, sodass dem (sinngemäßen) Sicherungsbegehren, (weitere) Umsetzungsschritte zu unterlassen, nicht von vornherein das Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen werden kann (vgl RS0006880 [T29]; RS0002495). [...] 61