Mosler (Hrsg)Ärztliches und nichtärztliches Vertragspartnerrecht
Manz Verlag, Wien 2023, LX, 726 Seiten, gebunden, € 109,–
Mosler (Hrsg)Ärztliches und nichtärztliches Vertragspartnerrecht
Das von Rudolf Mosler herausgegebene Buch „Ärztliches und nicht ärztliches Vertragspartnerrecht“ enthält auf 709 Seiten ein umfassendes Kompendium zum Recht der Gesundheitsversorgung im Rahmen der gesetzlichen KV. Aufbauend auf einer im Jahr 2012 veröffentlichten Untersuchung zum ärztlichen Vertragspartnerrecht von Konrad Grillberger und Rudolf Mosler wurde das vorliegende Werk sowohl um AutorInnen als auch thematisch erweitert. Das AutorInnenteam besteht mit Susanne Auer-Mayer, Elias Felten, Konrad Grillberger, Rudolf Mosler, Birgit Schrattbauer und Johannes Warter aus herausragenden SozialrechtlerInnen, die das Buch zu einem unerlässlichen Grundlagenwerk für die sozialrechtliche Forschung machen.
Auch wenn der Titel des Buches auf das Vertragspartnerrecht fokussiert, ist der Inhalt wesentlich umfassender. Bereits das erste Kapitel „Grundlagen“ bietet einen grundlegenden Einblick in die Struktur, Organisation und Finanzierung der gesetzlichen KV.
In die Tiefe geht Grillberger im zweiten Kapitel mit einer umfassenden Darstellung und Diskussion der 71 Organisation der österreichischen Gesundheitsversorgung, deren Institutionen und AkteurInnen. Es wird die Vielfalt an Anbietern im Gesundheitswesen herausgearbeitet und die Komplexität und immer schwierigere Abgrenzbarkeit von Leistungen und Institutionen analysiert. Durch die neu geschaffene Möglichkeit der Anstellung von ÄrztInnen bei ÄrztInnen wird die seit langem diskutierte Abgrenzung von ärztlichen Ordinationen und Ambulatorien – ergänzt durch Gruppenpraxen und Primärversorgungseinheiten – noch ungreifbarer. Licht ins Dunkel bringt freilich auch das vorliegende Werk nicht, was aber weniger am Autor als an der Gesetzeslage liegt. Detailliert herausgearbeitet wird die Möglichkeit der Anstellung von ÄrztInnen bei ÄrztInnen. Diskussionswürdig ist dabei die Feststellung, dass als DG von ÄrztInnen nur Personen in Frage kommen, die ihrerseits berechtigt sind, ärztliche Leistungen zu erbringen. Der dazu zitierte Aufsatz von Wallner in RdM 2018 überzeugt nicht zur Gänze. Umfassend diskutiert werden neben Primärversorgungseinheiten insb auch Aufgabe und Stellung der Spitalsambulanzen. Der Autor führt überzeugend aus, dass der Vorrang des niedergelassenen Bereichs durch die gesetzlichen Änderungen für die Bedarfsprüfung gefallen ist. Nunmehr bilden die Ambulanzen der öffentlichen und privaten gemeinnützigen Krankenanstalten einen integrierenden Bestandteil auch der extramuralen Versorgung ohne ein Verhältnis der Subsidiarität.
Kapitel 3 befasst sich mit Steuerungsproblemen im Gesundheitswesen. Schrattbauer widmet sich ausführlich der Strukturplanung im Gesundheitswesen und gibt einen informativen Überblick der diesbezüglichen Entwicklung bzw der verschiedenen Gesundheitsreformen. Im Detail werden verfassungsrechtliche Fragen der Zulässigkeit der Beleihung der Gesundheitsplanungs GmbH erörtert. Das Erk des VfGH, mit dem diese Konstruktion „gerettet“ wird, wird zu Recht kritisch diskutiert. Letztlich stimmt Schrattbauer dem derart eingeschlagenen Weg der Gesundheitsplanung zu, da eine effiziente Gesundheitsplanung – hinzuzufügen ist: im Dickicht der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung – nicht ohne verbindliche Planungsgrundlagen funktionieren kann. Sie hält aber überzeugend fest, dass sich mit der Bestätigung der Verfassungskonformität der Beleihungskonstruktion der politische Druck reduziert, auf eine endgültige Bereinigung der zersplitterten Kompetenzverteilung im Gesundheitswesen hinzuarbeiten und damit die Komplexität der Rechtslage im Bereich der Gesundheitsplanung zu reduzieren.
Die Kapitel 4-7 befassen sich mit dem ärztlichen Vertragspartnerrecht in seinem Kern. Es wird auf die Vertragsbeziehungen zwischen den Gesamtvertragsparteien sowie den Parteien des Einzelvertrages eingegangen, auf die Beendigung dieser Verträge und den vertragslosen Zustand. Hervorzuheben ist die intensive Diskussion der Zulässigkeit des Stellenplans, sowohl unter verfassungsrechtlichen als auch unter unionsrechtlichen Gesichtspunkten. Die Besonderheiten der Gesundheitsversorgung und der Vertragsarzttätigkeit, die aus ökonomischer Sicht gravierende Abweichungen von einem klassischen Marktmodell zeigen, rechtfertigen nach überzeugender Auffassung Moslers Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit. Aus unionsrechtlicher Sicht ebenfalls interessant ist die teilweise Bevorzugung von Frauen in der Reihungskriterien-VO. Der VfGH hat die Gynäkologinnen begünstigenden Regelungen dieser VO als sachlich gerechtfertigt und damit als nicht gesetzwidrig angesehen, solange ein nennenswerter Mangel an entsprechenden Vertragsfachärztinnen gemessen am Bedarf besteht. Mosler untersucht detailliert die Gestaltung der Reihungskriterien-VO aus unionsrechtlicher Sicht und stellt überzeugend auf den Schutz der Intimsphäre von Frauen ab, der eine Regelung, die zur Wahlmöglichkeit für Frauen zwischen einem Gynäkologen und einer Gynäkologin führen soll, rechtfertigt.
Kapitel 8 und 9 beziehen sich auf die Rechte und Pflichten der VertragsärztInnen, insb auch die Honorierung derselben.
Kapitel 10 behandelt nichtärztliche VertragspartnerInnen. Positiv fällt auch hier wieder die umfassende Einbeziehung grundlegender öffentlich-rechtlicher Regelungen auf, wie etwa Ausführungen zum Apothekenrecht sowie preisrechtlichen Regelungen für Arzneimittel außerhalb des Sozialversicherungsrechts.
An der Grenze zum Vertragspartnerrecht steht Kapitel 11 über die WahlbehandlerInnen, deren Verflechtung mit dem Vertragspartnerrecht allerdings so eng ist, das auch dieses in der vorliegenden Gesamtdarstellung des Krankenversicherungsrechts nicht fehlen darf.
Kapitel 12 zur Digitalisierung, das zentrale Ausführungen zum ELGA-System sowie zu Telemedizin und Telebehandlung enthält, Kapitel 13 über Haftungsfragen und Kapitel 14 über das Verfahren runden das durch und durch gelungene Werk ab.