PfalzDHG – Dienstnehmerhaftpflichtgesetz – Kurz kommentar

Linde Verlag, Wien 2023, 186 Seiten, kartoniert, € 48,–

MAGDALENAGILHOFER-LENGLINGER (WIEN)

Wo gehobelt wird, da fallen Späne – wo Menschen tätig werden, passieren Fehler. Haftungsfragen haben im Arbeitsrecht daher seit jeher große praktische Relevanz. Um den besonderen Umständen des Arbeitsverhältnisses Rechnung zu tragen, modifiziert das DHG das allgemeine zivilrechtliche Haftungsregime der §§ 1293 ff ABGB für jene Fälle, in denen der DN den DG oder Dritte bei Erbringung der Dienstleistung schädigt. Mit dem vorliegenden Werk gelang es Thomas Pfalz, das DHG kompakt zu kommentieren, obwohl trotz weniger Gesetzesbestimmungen eine beachtliche Fülle an Judikatur und Literatur vorliegt. Mit klarer Sprache und Blick für das Wesentliche navigiert Pfalz durch Rsp und Schrifttum, ohne sich bei einzelnen Sachproblemen in Details zu verlieren.

Der Kommentar beginnt mit einer Untersuchung des persönlichen Anwendungsbereichs und den Ausnahmen vom Geltungsbereich (§ 1), bevor kurz der Regelungszweck des DHG und die Einbettung des DHG in das allgemeine Schadenersatzrecht gemeinsam mit dem sachlichen Anwendungsbereich (Vor §§ 2-4 DHG) bearbeitet werden. Damit hält sich Pfalz beim Aufbau seines Kurzkommentars strikt an die Systematik des Gesetzes. So wie das DHG die Haftung nach allgemeinem Schadenersatzrecht voraussetzt, setzt auch Pfalz voraus, dass die Leserschaft bereits über fundierte Kenntnisse der §§ 1293 ff ABGB verfügt und verweist anstelle eines eigenen Überblicks über das Schadenersatzrecht auf die gängigen Kommentierungen des ABGB.

Das DHG gilt kraft ausdrücklicher Anordnung in § 1 für alle DN in einem privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis. Entgegen der hA argumentiert Pfalz, dass jedoch fraglich sei, ob der Bundesgesetzgeber in Hinblick auf die Bediensteten der Länder und Gemeinden überhaupt kompetent sei, die Geltung des DHG zu normieren. Überzeugend setzt sich der Autor dabei mit der Entwicklung der Kompetenztatbestände des B-VG auseinander und kommt zu dem Ergebnis, dass bei Inkrafttreten des DHG im Jahr 1965 die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern bezüglich dem (allgemeinen) Arbeitsrecht und dem Dienstrecht der Landes- und Gemeindebediensteten noch nicht in der aktuell gültigen Form bestand. Zwar sei das Schadenersatzrecht zweifellos Zivilrecht (und damit Bundeskompetenz iSd Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG), jedoch seien die Spezialnormen des DHG für das Verhältnis zwischen DN und DG (entgegen der hA) dem Arbeitsrecht zuzuordnen. Gravierende Auswirkungen für die Praxis würden sich daraus nicht ergeben, weil einerseits der OGH eine subsidiäre Geltung des Arbeitsrechts auch für die Länderdienstrechte annehme und andererseits eine allfällige kompetenzwidrige Norm erst durch den VfGH aufgehoben werden müsste.

In der Kommentierung zu § 2 widmet sich der Autor einem der Kernstücke des DHG, der Mäßigung und dem Entfall der Haftung des DN. Dabei werden prägnant die verschiedenen Verschuldensstufen und deren Rechtsfolgen hinsichtlich Mäßigung oder Entfall der Haftung erklärt. In Folge werden die Kriterien, die bei der Mäßigung zu berücksichtigen sind, dargestellt. Hinsichtlich der Haftung bei Schäden, die im Zusammenhang mit Tätigkeiten im Homeoffice erfolgten, geht Pfalz davon aus, dass als Mäßigungskriterium zu berücksichtigen sei, wenn der Haushaltsangehörige selbst ein Interesse an der Tätigkeit des DN im Homeoffice hat. Dazu führt er exemplarisch Ehegatten an, bei denen die Tätigkeit im Homeoffice zu besserer Vereinbarkeit von Familie und Beruf für beide führt (§ 2 Rz 27). Dies erscheint aus systematischen Gründen überzeugender als die Bezugnahme darauf, auf wessen Initiative das Tätigwerden im Homeoffice erfolgte, weil dabei die Motivlage der Arbeitsvertragsparteien für die Ersatzpflicht eines Dritten relevant werden würde. Mit dem Homeoffice-Paket 2021 (BGBl I 2021/61) wurde das DHG erstmals seit dem Jahr 1983 novelliert und an die veränderten Bedürfnisse angepasst. Gem § 2 Abs 4 DHG ist das DHG sinngemäß auch auf mit dem DN im gemeinsamen Haushalt lebende Personen anzuwenden, wenn diese den DG im Zusammenhang mit Arbeiten im Homeoffice schädigen. Von Teilen des Schrifttums wird 76 insb mit Rückgriff auf § 67 VersVG vertreten, dass unter den mit dem DN „im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen“ jene Personen verstanden werden, die mit dem DN in einer auf Dauer angelegten Wirtschafts- und Wohngemeinschaft leben. Pfalz stellt diesbezüglich jedoch lediglich auf das Vorliegen einer dauerhaften Wohngemeinschaft ab und begründet dies damit, dass die Tätigkeiten in der Wohnung des DN die Gefahr versehentlicher Schädigungen durch Personen, die ebenfalls in der Wohnung leben, mit sich bringt. Dieses Risiko sei letztlich auch dem DG zuzuordnen, in dessen Interesse die Tätigkeit erfolgt (Vor §§ 2-4 Rz 12). Aus guten Gründen lässt Pfalz somit die faktische Wohngemeinschaft für die Haftungserleichterungen genügen. Unterstrichen wird dies durch den Hinweis, dass eine gültige Wohnsitzmeldung nicht entscheidend sei. Ohne die Dauer der Wohngemeinschaft zu definieren, zieht Pfalz die Grenze, wenn DN und Lebensgefährte noch nicht zusammenwohnen und der DN nur gelegentlich in der Wohnung des Lebensgefährten seine arbeitsvertraglichen Pflichten erfüllt.

Der von Pfalz angeführte Judikaturüberblick zur Frage des Verschuldensgrades und zum Ausmaß der Haftungsreduktion erweist sich gerade für die Praxis als besonders nützlich, weil die Rsp nach Berufsgruppen gegliedert und eine kurze Beschreibung des sorgfaltswidrigen Verhaltens sowie die Beurteilung des Verschuldensgrades angeführt wird (§ 2 Rz 34).

Die Kommentierung des § 3 beinhaltet die wichtigsten Fragen im Zusammenhang mit der Mitteilungsund Streitverkündigungspflicht des AN und den Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs. Die Ausführungen zu § 4 behandeln den Regressanspruch des DG bei Schädigung eines Dritten. In der Kommentierung zu § 5 wird die einseitig zwingende Wirkung des DHG erklärt, bevor die in § 6 normierte Frist zur Geltendmachung untersucht wird. Dabei schließt sich Pfalz jenen Stimmen an, die von einer Verjährungs- anstelle einer Verfallsfrist ausgehen. In § 7 wird das Widerspruchsrecht des DN bei Aufrechnung erörtert, ehe abschließend in § 8 die Inkrafttretensbestimmung des § 2 Abs 4 ausgeführt wird. Abgeschlossen wird der Kurzkommentar durch eine ausführliche Bearbeitung der Risikohaftung des DG gem § 1014 ABGB analog.

Mit diesem Kommentar wird ein hervorragender Überblick über Judikatur und Literatur verschafft, der durch seine Kompaktheit und sehr gute inhaltliche Strukturierung überzeugt. Der Kurzkommentar ist daher in jedem Fall einem breitgefächerten Adressatenkreis zu empfehlen.