Geplante Betriebsänderungen: Reorganisations stopp mittels einstweiliger Verfügung des Betriebsrats?*
Geplante Betriebsänderungen: Reorganisations stopp mittels einstweiliger Verfügung des Betriebsrats?*
Einleitung
Belegschaftsansprüche im Judikaturvergleich 2010/2024: Mystery Flyer in Turbulenzen?
Ein „umfassender“ Unterrichtungs- und Anhörungstatbestand
Judikaturvergleich: OGH 2010 und 2024
Wann ist das „Anhörungsverfahren“ betreffend Strukturveränderungsplanung abgeschlossen?
Welcher Grad an „Verweigerung“ (Schlechterfüllung bzw Unterlassung) des Betriebsinhabers kann einstweilige Verfügungen rechtfertigen?
Sicherungsmittel gegen rechtswidrig vorzeitigen Vollzug der Betriebsänderung
Fallbeispiel: Mangelhafte Information und Anhörung in der Praxis
Zur Praxis einschlägiger EV-Anträge
Pflicht des BI zur Informationsbeschaffung
Geplante Betriebsänderungen: Beteiligungsrechte im Tendenzbetrieb
Weil die vor 15 Jahren judizierte Leitentscheidung des OGH zu Informationsansprüchen der Belegschaft, die unter der einprägsamen Sachverhaltsbezeichnung „Mystery Flyer“ erging,* auch hier 11 entscheidungswesentlich war (siehe Rn 24 der besprochenen E 9 ObA 88/23s; S 60 dieser Ausgabe), drängen sich vor allem folgende Fragen auf:
Zum Tatbestand: Stellt die vorliegende E aus 2024 hinsichtlich Zeitpunkt, Umfang und Tiefe der Informationsrechte einen Rückschritt gegenüber den 2010 in der Mystery-Flyer-E judizierten Belegschaftsansprüchen dar?
Zur Rechtsfolge: Welche „Verweigerung“ (Schlechterfüllung bzw Unterlassung) des BI kann Sicherungsbegehren im Eil- bzw Provisorialverfahren rechtfertigen; und zwar auch bei einer nicht primär arbeitsplatzgefährdenden Betriebsänderung von Sparten- in Matrixorganisation? Denn immerhin hatten ja die beiden Vorinstanzen argumentiert (Rn 15; trotz Abweisung im Ergebnis), es würden insb europarechtliche Erwägungen zur Effektivität der Rechtsdurchsetzung für eine Sicherbarkeit des Informations- und Beratungsanspruchs mittels EV sprechen.
Im Vergleich mit Deutschland: Ist nicht § 109 ArbVG dem einschlägigen § 111 dt. BetrVG materiell so angenähert, dass im Lichte unionsrechtlicher Vorgaben ebenso wie in Deutschland diverse Formen der Anspruchssicherung stärker ermöglicht sein müssten?
Zur speziellen Betriebsart: Abschließend soll kurz auf Fragen der § 109-Mitwirkung im Tendenzbetrieb eingegangen werden, die sich ja bei einer Standesvertretung der beruflichen Selbstverwaltung („Kammer“ bzw kollektivvertragsfähiger Verband) geradezu aufdrängen.
Vorbemerkung: Die EV, und damit eine Verzögerung der Restrukturierung um einige Wochen – nämlich um den regelmäßigen Mindestzeitbedarf (§ 389 Abs 1 EO) des BR für Informationsverarbeitung und Stellungnahmen* –, wäre zu bewilligen gewesen. Nämlich dann, wenn der Informationsumfang und der Beratungsanspruch (und daher die Vorschlagsmöglichkeiten des BR gem § 109 Abs 2 ArbVG) im Hinblick auf die Ermöglichung der Belegschaftsinteressenvertretung „nicht ausreichend erfüllt“ geblieben wären.* Vor dem Hintergrund des einschlägigen Art 27 GRC und der nach wohl hL* nicht vollständig umgesetzten RL 2002/14/EG (Unterrichtung und Anhörung der AN[-Vertreter]) kann ein effektiver Rechtsschutz und Durchsetzungsmechanismus* nur auf diese Weise abgesichert werden. Nach den vorliegend in Rn 26 vom OGH bestätigten Feststellungen und Beurteilungen der Vorinstanzen war aber eine derartige „Nichterfüllung“ oder „Schlechterfüllung“, also eine an den Beteiligungsrechten der Belegschaft zu messende Mangelhaftigkeit, nicht feststellbar gewesen.
Wie der deutsche Arbeits- und Verfassungsrichter Dirk Gilberg unlängst zur Unterlassungsklage (Unterlassungsanordnung gem § 23 Abs 3 dt BetrVG; in Österreich steht BR kein vergleichbarer Rechtsbehelf zur Verfügung) als Alternative zur EV anmerkte, kann die vorübergehende gerichtliche Anordnung des Unterlassens der geplanten Betriebsänderung einen angemessenen Interessenausgleich zwischen BI und Belegschaft (Belegschaftsvertretung) darstellen. Adäquat nämlich deshalb, weil die Herstellung eines Informationsgleichstands bei Angelegenheiten, welche die Interessen der Belegschaft berühren, wesentliches Ziel der einschlägigen Betriebsverfassungsnormen sei. Der BR repräsentiere gewissermaßen die Betriebsdemokratie, und vor diesem Hintergrund sei Informationstransparenz Voraussetzung für Wirtschaftssystemvertrauen und Demokratievertrauen.*
2.2. Judikaturvergleich: OGH 2010 und 2024
Es dürfte mittlerweile als unstrittig gelten, dass die allgemeinen Interventions-, Informations- und Beratungsansprüche (in Abschnitt 1 des 3. Hauptstücks der Betriebsverfassung: §§ 90-92 ArbVG) mit den spezieller geregelten Rechten gleicher Gattung, die unter „Mitwirkung in wirtschaftlichen Angelegenheiten“ zu finden sind, nicht in Normenkonkurrenz stehen. Schon die titelgebenden verba legalia „Allgemeine Befugnisse“/“Allgemeine Information“ sowie „Wirtschaftliche“/“bei Betriebsänderungen“ lassen die gesetzgeberische Systematik und Absicht erkennen, anlassbezogene Ergänzungen in § 109 Abs 1 und Abs 2 (sowie sachbereichsbezogene Ergänzungen in § 108 Abs 1 bis Abs 2a) zu regeln. In diesem Sinn vertritt Resch,* dass der in § 92 vorgesehene Anspruch auf relevante Unterlagen und die mögliche Beiziehung sachverständiger Interessenvertreter der AN „durch die sprachliche Neufassung des § 109 Abs 1 S 1 mit der Novelle 2010
[BGBl I 2010/101; Anm] gestützt
“ werde. Ebenso Windisch-Graetz: Die Regelung des § 108 Abs 2a erfolge in Umsetzung des Art 4 Abs 3 RL 2002/14/EG. Zum zweckangemessenen Zeitpunkt der Informations- und Beratungsgespräche ist iE (sofern kein dringlicher Beratungsbedarf vorläge), § 108 mit § 92 Abs 1 in Beziehung zu setzen, wonach Informationen bei den vierteljährlich bzw auf Verlangen des BR monatlich durchzuführenden, verpflichtenden Beratungen zu erteilen 12 seien.* Auch die Formulierung „Unbeschadet des § 92
“ in § 109 Abs 1a letzter Satz ArbVG erweist die gesetzgeberische Absicht der Normenergänzung (und nicht Normenverdrängung) der §§ 108 f durch die §§ 90-92b ArbVG.
Ein erstes Ergebnis ist somit: Die §§ 91 f bilden mit den §§ 108 und 109 ArbVG einen zusammenhängenden Tatbestand ab. Dieser umfassende Unterrichtungs- und Anhörungstatbestand ist vor dem Hintergrund der RL 2002/14/EG (insb deren Art 4 und 8; siehe unten 3.1.) je nach interessenvertretungsabhängigem Sachbereich sozusagen in der Paragrafenreihenfolge von hinten nach vorne zu interpretieren. Besonders deutlich hat das Grünanger unter Bezugnahme auf Jabornegg/Rebhahn mit der Formulierung betont, dass die allgemeinen Auskunftsrechte in den speziellen Informationsrechten immer mit enthalten sind.*
Auch in Deutschland, wo das BetrVG ähnlich dem ArbVG allgemeine (§ 87 ff BetrVG, § 17 KSchG ua) und spezielle Beteiligungsrechte (hier relevant: §§ 111-112a BetrVG) vorsieht, ist das ergänzende Nebeneinander der Tatbestände („voneinander unberührt bleiben“) wohl einhellige Lehrmeinung.*
Wie „tief“ war nun der OGH in der Mystery Flyer-E in die Tatbestandselemente erforderlicher Informationen (oder Auskünfte auf Nachfrage) und Beratungen – und damit indirekt auch in die Ermöglichung von Vorschlägen und Stellungnahmen der Belegschaftsvertretung – gem § 91 ArbVG klagestattgebend „vorgedrungen“, und wo hatte er dem Auskunft begehrenden BR Grenzen gezogen?
Eingrenzend hielt der OGH 2010 fest (Hervorhebungen nicht im Original), dass kein uneingeschränktes, sondern nur ein konkrete AN-Interessen betreffendes Auskunftsrecht des BR bestehe.* Bei einigen Auskunftsbegehren sei nämlich nicht zu erkennen, welche speziellen Mitwirkungsrechte auszuüben der BR in die Lage versetzt würde, wenn er über die begehrten konkreten Informationen verfügte. Zu beachten sei, dass dem ArbVG eine generelle Beteiligung der Arbeitnehmerschaft in jeder Frage, die Betrieb oder Unternehmen betrifft, fremd sei.
Aus dieser negativen Abgrenzung folgert das Höchstgericht, wiederum unter Berufung vor allem auf die soeben zitierte Lehre (FN 13), in positiver Begriffsbestimmung der Ansprüche: Die österreichische Betriebsverfassung gehe vom grundsätzlichen Alleinbestimmungsrecht des BI über Führung und Leitung des Betriebs aus und schränke dieses Recht – in vielfach abgestufter Weise – zu Gunsten der Arbeitnehmerschaft ein. Zweck der Informationsrechte sei es, der Belegschaft zu ermöglichen, auf betriebliche Entwicklungen zu reagieren, Auswirkungen abzuklären und Vorschläge zu erstatten. Die Informationsinhalte müssen vom BI den Umständen nach adäquat die Thematik vollständig abhandeln und aufschlussreich sein; es muss dem BR eine nachhaltige Kenntnis der dargelegten Inhalte eröffnet werden. Sie muss für den jeweiligen Zusammenhang rechtzeitig erfolgen.* Die Auskunfts- und Informationsrechte stünden eigenständig neben den sonstigen betriebsverfassungsrechtlichen Befugnissen, sie seien Grundlage für die Ausübung sämtlicher sonstiger betriebsverfassungsrechtlicher Befugnisse. Ohne entsprechende Information wäre eine auch nur einigermaßen effektive Durchführung der gesetzlichen Betriebsverfassung nicht denkbar.
Es sei laut OGH 2010 offenkundig, dass aufgrund der Verwendung des Begriffs „Angelegenheit“ in § 91 ArbVG jegliche den Betrieb betreffende Frage Gegenstand des allgemeinen Informationsrechts sein könne. Eine konkretisierende Einschränkung ergäbe sich dann erst aus dem Erfordernis, dass die Angelegenheit die wirtschaftlichen, sozialen, gesundheitlichen oder kulturellen Interessen der AN „berühren“ müsse, also geeignet sein müsse, Auswirkungen auf die genannten Interessen der Betriebsbelegschaft zu haben. Da das Gesetz nicht differenziere, würden sowohl positive wie auch negative Auswirkungen die Interessen berühren können.
Damit eine betriebliche Angelegenheit Gegenstand des allgemeinen Informationsrechts sein kann, muss nach der Rsp auch eine aktuelle Beziehung zu den AN-Interessen gegeben sein.* Es muss die Anfrage des BR hinsichtlich des Gegenstands zumindest der Art nach konkretisiert sein und erkennen lassen, dass AN-Interessen betroffen sind. Im Übrigen beeinflusst die Konkretheit der Anfrage die Informationspflicht des BI: Je mehr die Anfrage spezifiziert ist, desto genauer muss die Information sein.
Wie hatte nun der OGH 14 Jahre später die Abs 1 und 2*17) des § 109 ausgelegt? In der vorliegenden E des OGH aus 2024 wird, wie gesagt, zuerst einmal auf das soeben Dargestellte referenziert. Der BI sei – ergänzend zu den wie oben judizierten Tatbeständen gem §§ 91 f – gem § 109 Abs 1 ArbVG verpflichtet, den BR von geplanten Betriebsänderungen zu einem Zeitpunkt, in einer Weise und in einer inhaltlichen Ausgestaltung zu informieren, die es diesem ermöglichen, die möglichen Auswirkungen der geplanten Maßnahme eingehend zu bewerten und eine Stellungnahme zu der geplanten Maßnahme abzugeben; auf Verlangen habe der BI mit dem BR eine Beratung über deren Gestaltung13 durchzuführen. § 109 Abs 2 ArbVG sehe vor, dass der BR Vorschläge aus Verhinderung, Beseitigung oder Milderung von für die AN nachteiligen Folgen von Maßnahmen gem Abs 1 erstatten kann; dabei habe er auch auf die wirtschaftlichen Notwendigkeiten des Betriebs Bedacht zu nehmen. Eine nähere gesetzliche Determinierung des Informationsanspruchs bei Betriebsänderungen fände sich lediglich für Kündigungsfrühwarnsystem-Fälle* (§ 109 Abs 1 Z 1a iVm Abs 1a ArbVG).
Die Vorinstanzen hätten laut OGH in diesem Sinn entschieden, nämlich, dass der BR bei jeder Betriebsänderung so detailliert informiert werden müsse, dass er dieses Vorschlagsrecht sinnvoll ausüben könne. Unter Beratung sei ein Gedankenaustausch in dem Umfang und mit dem Ziel zu verstehen, dem BR in ausreichender Weise Gelegenheit zur Erstattung der in § 109 Abs 2 ArbVG vorgesehenen Vorschläge zu geben, wobei der Zeitpunkt der Beratung zu vereinbaren sei und beide Parteien eine gewisse, angemessene Vorbereitungszeit benötigen würden.
Das Rekursgericht habe bei seiner Beurteilung, ob die Bekl (BI) ihre Pflichten, Information zu geben und Beratung anzunehmen, ausreichend erfüllt habe, eine Gesamtbetrachtung vorgenommen, deren Methodik und Ergebnis im konkreten Einzelfall jedenfalls vertretbar sei. Bei dieser berücksichtige es die (in Relation zu anderen Fällen des § 109 ArbVG als verhältnismäßig geringfügig qualifizierten) Auswirkungen der Organisationsänderung, die (wenn auch noch abstrakten) Vorankündigungen von Reformbestrebungen seit dem Jahr 2022 sowie den Inhalt der letzten Besprechung vor Betriebsänderungsumsetzung und das Anbot eines weiteren Termins. Es seien, nach den Feststellungen, beim letzten auch vom BR wahrgenommenen Besprechungstermin Inhalt und Zeitplan der Neuordnung erörtert und diskutiert worden, wobei die übergebene Power-Point-Präsentation unstrittig die Betroffenen der Belegschaft namentlich ausweise. Der anstelle der persönlichen Teilnahme des BR (am zweiten, angebotenen Besprechungstermin) verschicke Fragenkatalog sei iSv OGH 2010 über weite Strecken überschießend gewesen.
Ergebnis somit: Ein „Rückschritt“ gegenüber der Leitentscheidung aus 2010 ist im vorliegenden Judikat mit Sicherheit nicht zu erblicken. Mystery Flyer ist mit seinen Leitsätzen, zusammengefasst in RIS-Justiz RS0126261 und RS0126262, nicht in Turbulenzen geraten. Dass die beantragte EV nicht zu bewilligen war, ist in Anbetracht der vom BI übermittelten Informationen (samt namentlicher Benennung der von der Arbeits- und Betriebsorganisationsumstellung „auf Matrix“ betroffenen AN) und der Weigerung des BR, am entscheidenden Beratungstermin teilzunehmen, nachvollziehbar.
Aus dem gesamten Regelungssystem der Beteiligungsrechte bei Betriebsänderungen, das über § 109 hinaus in § 111 und § 112 ArbVG in Gestalt der dortigen Schlichtungsmechanismen fortgeführt wird, erweist sich, dass „Änderungen am äußeren oder inneren Erscheinungsbild des Betriebs“ (an dessen phänotypisch bestimmenden Identitätsfaktoren)* vom Gesetzgeber zuerst einmal für anhörungsrelevant und anschließend (allfällig) für verhinderungs-, beseitigungs- oder nachteilsausgleichsrelevant erachtet werden. Die Schwere oder Wesentlichkeit der Nachteile ist für das Anhörungsverfahren nach den Abs 1 und 2 des § 109 unerheblich, erst beim „Sozialplan“ (Abs 3 sowie § 97 Abs 1 Z 4) wäre sie ins Kalkül zu nehmen.
Jedenfalls rechtfertigt vor allem eine Belegschaftsinteressen berührende Identitätsveränderung am organischen Rahmen der Arbeitsplätze (Arbeitsverhältnisse) eine gegenüber dem allgemeinen Informations- und Beratungsrecht gesteigerte – und insb hier mittels EV sicherbare – Beteiligung der Belegschaftsvertretung unter folgendem Prozedere: Ausreichende Informationen —> allfällige Beratungsgespräche —> allfällige Unterlagenübermittlung an den BR —> allfällige Vorschläge bzw Stellungnahme des BR (unter Beiziehung der in § 109 iVm § 92 Abs 2 ArbVG angesprochenen Interessenvertretungen) —> allfällige Gegenstellungnahme des BI.
Mit Blick auf die unionsrechtlichen Vorgaben ist somit festzuhalten, dass auf das „Beteiligungsrecht“* auf Information und Beratung (Vorschläge bzw Stellungnahme) nie ein begründungsloses „Abspeisen“ mit vollendeten Tatsachen folgen darf. Der BI hat auf die Stellungnahme des BR entweder (teilweise) einzugehen, oder diese mit einer sachlich begründeten Gegenstellungnahme – für eine begründete Ablehnung der Vorschläge des BR hat er idR wohl das Eigentums- sowie das Erwerbsfreiheitsgrundrecht auf seiner Seite – zu reagieren. Das ist zwar nicht in § 109 Abs 2 explizit geregelt, aber in unionsrechtskonformer Interpretation vor dem Hintergrund des Art 4 Abs 4 lit d der RL 2002/14/EG (Unterrichtung und Anhörung der AN; beachte auch Erwägungsgrund 7 dieser RL: Stärkung des Dialogs und Schaffung eines Klimas des Vertrauens im Unternehmen
) der Norm zu unterstellen. Erst mit Übermittlung oder mündlicher Bekanntgabe (in „freier Wechselrede“*) der argumentativ substanziellen Gegenstellungnahme („mit Gründen versehene Antwort
“) des BI zur „Stellungnahme des Betriebsrats zur geplanten Betriebsänderung“ soll das Verfahren nach § 109 Abs 1 und Abs 2 als abgeschlossen gelten. Aus Art 4 dieser Richtlinie, die vor allem vor dem 14 Hintergrund von Art 27 GRC und weiteren Grundrechtsgarantien (einschlägige Regelungen in zwei Chartas sozialer Grundrechte)* zu verstehen ist, lässt sich der Abschluss des rechtmäßigen Vollzugs des „Anhörungsverfahrens“ und somit die Pflichterfüllung des BI bestimmen.
Beginnt der BI die von ihm (oder, wie bei Konzernverhältnissen häufig, vom beherrschenden wirtschaftlichen Eigentümer) geplante „folgenreiche Restrukturierung“ davor, liegt Rechtswidrigkeit vor. Die besondere Wertigkeit, die das Unterrichtungsund Anhörungsverfahren gerade im Hinblick auf Strukturveränderungen iwS und auf Arbeitsorganisationsänderungen hat, erschließt sich auch aus der EBR-RL 2009/38/EG und besonders deutlich aus einer ihrer Umsetzungsbestimmungen in § 198 Abs 2 ArbVG: Die Auffangregelung des „EBR kraft Gesetz
“, falls keine vereinbarte Mitbestimmung zustande kommt, führt als zwingende Beteiligungsinhalte „insbesondere die Struktur des Unternehmens oder der Unternehmensgruppe
“ sowie „grundlegende Änderungen der Organisation
“ an.
Allerdings bleibt es der betriebsverfassungsrechtlichen Partei „BR“ unbenommen, das konsekutive Verfahren (zum gesetzlich vorgesehenen Prozedere siehe oben sowie FN 30) bspw bereits nach dem ersten Schritt „Informationsentgegennahme“ oder nach der ersten Beratungsrunde abzubrechen (§§ 111 f ArbVG sprechen die Abbruchmodalität „keine Einigung“ an) und eine anderweitige Auflösung der Interessengegensätze anzustreben. Nämlich Leistungsklage auf Zusatzinformationen (und Unterlagen), Verzicht auf Beratungsgespräche oder etwa – von den gem § 92 Abs 1 ArbVG potentiell beizuziehenden Interessenvertretungen initiiert und durchgeführt – erste Schritte des Arbeitskampfs. Diesfalls kann der BI wohl schon ab klar erkennbaren einseitigen Abbruch durch den BR mit der geplanten Betriebsidentitätsveränderung beginnen. Deutlichkeit der Willenserklärung oder Willensbetätigung des BR ist zu fordern, denn Konkludenz scheidet im Hinblick auf die hohe Wertigkeit, die der europäische Gesetzgeber dem Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren beimisst,* wohl aus.
Ergebnis somit: Das Anhörungsverfahren ist idR erst mit der begründeten Gegenstellungnahme des BI zur Stellungnahme (Vorschlag) des BR beendet, es sei denn, der BR bricht das Prozedere gem § 109 iVm §§ 91 f ArbVG klar erkennbar* vorzeitig ab.
Bemerkenswerterweise argumentierten beide Vorinstanzen (Rn 15; trotz Abweisung im Ergebnis), es würden insb europarechtliche Erwägungen zur Effektivität der Rechtsdurchsetzung für eine Sicherbarkeit des Informations- und Beratungsanspruchs mittels EV sprechen. Die (vom OGH nicht geteilte) Zulassung des Revisionsrekurses durch das OLG legt nahe, dass das Rekursgericht, vor allem unter Bezugnahme auf Kodek in DRdA 2011 die „EV-Frage“ einer erstmaligen Klärung im Hinblick auf die Sicherung der Informations- und Anhörungsrechte der Arbeitnehmerschaft des Betriebs zuführen wollte. ISd Leitfunktion „Rechtsentwicklung“ (§ 528 Abs 1 ZPO) wäre die Zulassung des Rechtsmittels wohl zu befürworten gewesen, der Sachverhalt war aber alles andere als aussichtsreich für die Bewilligung einer EV festgestellt worden.
Der Gedanke der beiden Vorinstanzen, dass „effektiver Rechtsschutz“ im Hinblick auf unionsrechtliche (auch grundrechtliche) Vorgaben vonnöten sei, ist dennoch verfolgenswert. Denn die judizierte Effektivität/Wirksamkeit steht in Einklang mit dem Wortlaut von Art 8 RL 2002/14/EG. Und wenn in letzter Konsequenz nur ein einziger Rechtsbehelf, ein singuläres Rechtsschutzinstrument eine anspruchswahrende (anspruchssichernde) Wirkung zeitigen kann, ist es verfahrensrechtliche Notwendigkeit. Ausgangspunkt der in der österreichischen Literatur verschiedentlich erwähnten Möglichkeit von einstweiligen Verfügungen „zur Sicherung der Beratungsansprüche“ soll also Art 8 der RL Unterrichtung und Anhörung (RL 2002/14/ EG) vor dem Hintergrund des Art 27 GRC sein. In Österreich wurde, soweit überblickbar, bis dato noch keine EV zur Sicherung und Durchsetzung des Informationsrechts und Anhörungsverfahrens nach §§ 108 oder 109 ArbVG oder auch der Ansprüche gem §§ 90-92b ArbVG rechtskräftig bewilligt.* Das steht im Gegensatz zu Deutschland, wo diverse Landesarbeitsgerichte als Letztinstanzen* derartige einstweilige Verfügungen für zumindest einige Wochen bewilligten. Und zwar bis zum Zustandekommen oder Scheitern des Interessenausgleichs gem § 111 dt BetrVG.*15
Nur damit kann die Vereitelung des betriebsverfassungsrechtlichen Anhörungsverfahrens, dh die Anspruchsvernichtung durch den BI, vermieden werden. Außerdem besteht nach dt ZPO bei Eilverfahren, auch wenn der Gegner der gefährdeten Partei eine verschuldete Schädigung durch die EVBeantragung behaupten und beweisen kann, kein Schadenersatzanspruch (§ 85 Abs 2 dt ArbGG).* Im Gegensatz dazu bestehen in Österreich gewisse Risiken (siehe unten zu § 394 EO).
Nun ist es nach österreichischem Verfahrensrecht zwar so, dass zur Durchsetzung des rechtmäßigen Unterrichtungs- und Anhörungsverfahrens Leistungs- bzw Unterlassungsklagen, eventuell samt Erwirkung von Beugestrafen gem § 354 EO bei Weigerung des zuständigen Managements des BI, möglich sind. Derartige Verfahren bis zur Rechtskraft abzuwarten wäre aber (mE trotz der vorläufigen Vollstreckbarkeit gem § 61 Abs 1 Z 5 ASGG) regelmäßig „schwerfällig“ (Kodek aaO) und würden iaR zu spät kommen. Schon gar nicht wären Feststellungsklagen zielführend, weil bei in Vollzug gesetzter Betriebsänderung kein Feststellungsinteresse mehr gegeben sein wird und damit die Prozessvoraussetzung des § 228 ZPO fehlt. Aus diesem Grund kann dem Obsolet-Werden der betriebsverfassungsrechtlichen Beteiligungsrechte durch Schaffung „vollendeter Tatsachen“ nur mittels EV Einhalt geboten und somit die Vereitelung vermieden werden. Eine Leistungsklage auf Informationserteilung und Durchführung des Beratungs- bzw Anhörungsverfahrens, verbunden mit dem „negativen Leistungsbegehren“ auf Unterlassung der Betriebsänderung bis zum Abschluss des § 109 Abs 2-Prozederes (im Hauptverfahren), beide Begehren verbunden mit bewilligter EV (im Provisorialverfahren vor demselben Gericht), bietet somit idR den einzigen effektiven Rechtsschutz iSd nationalen und unionsrechtlichen Vorgaben. Das wird von einem gewichtigen Teil der Lehre in Österreich (siehe FN 5) und von der überwiegenden Lehre sowie einem großen Teil der Rsp in Deutschland* vertreten.
Im oben dargestellten Sinn, wonach unionsrechtlich die „Unterrichtung und Anhörung der AN(-Ver treter)“ im Regelfall erst mit der begründeten Gegenstellungnahme des BI abgeschlossen ist, kann die eminente Bedeutung des mittels EV sicherbaren Anspruchs genauer bestimmt werden. Denn die konsekutive Reihung* der einschlägigen Mitwirkungsansprüche vor dem Hintergrund, dass zumindest die Milderung der nachteiligen Folgen ermöglicht sein muss,* zeigt, dass der BI sein „Herrschaftsrecht“ über die Betriebsidentität mit schrittweiser Beteiligung der Belegschaftsvertretung sozial planen und durchführen soll. Wenn die derart „gereihte“ Beteiligung erhebliche Mängel (die Erheblichkeit ist an den ex ante abschätzbaren Folgen für Belegschaftsteile zu messen) aufweist, wäre das Ermöglichen des Gedanken- und Meinungsaustausches in freier Wechselrede (Beratung bzw Anhörung; siehe bereits oben 2.3.) durch Pflichtverletzung des BI unwiederbringlich vernichtet.
In der mehrfach angesprochenen Veröffentlichung von G. Kodek in DRdA 2011 (Rn 12 und Rn 15; S 59 dieser Ausgabe) wird die Möglichkeit von einstweiligen Verfügungen nach §§ 381 Z 1 und 382 Abs 1 Z 5 EO mit ausführlicher Begründung bejaht.* Als Sicherungsmittel für den Belegschaftsanspruch auf ein „abschließend durchzuführendes Anhörungsverfahren“ im oben dargestellten Sinn kommen laut Kodek in Betracht:*
ein Verbot der Durchführung der beabsichtigten Änderung vor (Abschluss der) Erteilung der erforderlichen Information und Durchführung der Beratung;
das an den Gegner der gefährdeten Partei gerichtete Verbot einzelner nachteiliger Handlungen;
das Verbot der Vornahme bestimmter oder aller Änderungen an den „
in Gewahrsam des Gegners der gefährdeten Partei befindlichen Sachen
“ (§ 382 Z 1) oder die Verwaltung der beweglichen/unbeweglichen Sachen, auf die sich der Sicherungsantrag gem § 389 Abs 1 EO bezieht. Erwähnter
Art 8 der RL Unterrichtung und Anhörung der AN verlangt „geeignete Maßnahmen ... insbesondere geeignete Verwaltungs- und Gerichtsverfahren ... mit deren Hilfe die Erfüllung der sich aus dieser Richtlinie ergebenden Verpflichtungen durchgesetzt werden kann
“, worauf schon Kodek (aaO)* deutlich hingewiesen hat. Nun ist es aber so, dass zur Sicherung betriebsverfassungsrechtlicher Beteiligungsrechte mittels EV zwar statthaft ist, wenn die Nachholung des fraglichen Mitwirkungsrechts andernfalls nicht mehr möglich wäre. Es ist jedenfalls möglich, durch EV etwa ein vorläufiges Verbot der Einführung neuer Technologien (§ 92a Abs 1 Z 1) oder ein Verbot der automationsunterstützten Aufzeichnung, Verarbeitung und Übermittlung personenbezogener Daten (§ 91 Abs 2) zu erwirken, solange der BI seinen Informations- und Anhörungspflichten nicht nachkommt.* Hingegen sind einstweilige Verfügungen, die dem BI die Erfüllung bestimmter Pflichten auferlegen (zB Auftrag zur Erteilung einer „vorläufigen“ Information), nicht möglich, es kommen nur die oben angeführten „Verbote“ in Betracht. Damit kann die für einen bestimmten 16 oder Fristbeginn geplante Veränderung der Betriebsidentität bis zur Erfüllung der BI-Pflichten (siehe oben 2.3.) ausgesetzt werden. Das Gericht in der Hauptsache (Leistungsklage auf Informationserteilung und Anhörungsdurchführung [Beratung]) hat im parallel geführten, „summarischen“ Provisorialverfahren nach Durchführung eines Bescheinigungsverfahrens* gem § 391 Abs 1 EO den Zeitraum, für den die Verfügung getroffen wird, sowie eine Frist für die Vornahme der Handlungen des BI zu bestimmen. Vor Ablauf dieser Fristen ist jeglicher Betriebsänderungsvollzug per Gerichtsbeschluss ausgesetzt. Es besteht damit im Ergebnis ein „Sistierungsrecht“*des BR.
Sollte das im Hinblick auf die unternehmerischen Grundfreiheiten als bedenklich angesehen werden, ist auf die iaR relativ kurze Zeitspanne der Verfügung zu verweisen (die ähnlich in § 111 Abs 3 dt BetrVG vorgesehen ist). Im Übrigen wäre leichtfertigen Gefährdungsbehauptungen oder unwahr bescheinigten bzw mutwillig beantragten einstweiligen Verfügungen mit den Rechtsfolgen gem § 394 EO (Schadenersatz, Mutwillensstrafe) ein gewichtiges Korrektiv entgegengesetzt. An die Anspruchs- und Gefährdungsbehauptungen mittels parater Bescheinigungsmittel dürfen allerdings keine hohen (also Beweismittel ähnlichen) Anforderungen gestellt werden.*
Kernfrage ist ja, ab welchem Grad der Mangelhaftigkeit des Anhörungsverfahrens samt dessen Informationsgrundlagen die EV zu bewilligen wäre. In Deutschland stehen in der gerichtlichen Praxis ebenfalls zwei Fragen im Zentrum,* nämlich
ob die Schwelle einer Betriebsänderung (§ 111 iVm § 112a BetrVG) überhaupt erreicht ist sowie die vorliegende Frage,
ob das Anhörungsverfahren noch im Laufen, ob es rechtmäßig abgeführt oder ob es bereits endgültig gescheitert ist.
Nun wird sich das „Anhörungsverfahren“ je nach Größe und Komplexität des Unternehmens (seiner Betriebe) sowie der Reorganisationsplanung am „verkehrsüblichen“ Meinungsaustausch zu messen haben. Eine typische Frageliste – im folgenden Beispiel eine Konzernmutter, die eine sehr große, sogenannte Fünffach-Gesellschaft gem § 92 Abs 4a AktG und § 271a UGB ist – des BR oder Zentralbetriebsrats (ZBR) an den BI wird dann etwa wie folgt aussehen;* insb wenn eine Betriebs- und Arbeitsorganisationsumstellung der Berichts- und Weisungslinien sowie der disziplinären Verantwortung von bisheriger Abteilungsorganisation „auf künftige Matrixorganisation im Konzernverbund
“ erfolgen soll,* und daher veränderte, sich überschneidende Verantwortlichkeiten der AN sowie neue Organisationseinheiten entstehen können:
Form und Durchführung der Umstrukturierung
Wie wird das gesellschaftsrechtliche Konstrukt der neuen Einheit aussehen; wird es am Ende des Veränderungsprozesses neue bzw veränderte gesellschaftsrechtliche Rechtssubjekte geben?
Für den Fall, dass eine eigenständige Rechtsform gebildet wird: Wo im Konzernorganigramm wird diese Gesellschaft eingehängt (Beteiligungen, Verflechtungen uä) werden, wie schauen die Gesellschafterstrukturen aus?
Wo wird der Sitz jeder Einheit sein?
Für den Fall, dass keine eigene rechtliche Einheit gebildet wird: Wie wird die Organisationsform dieser Einheit aussehen?
Welche Organisationen und/oder Personen begleiten konkret iSv „Unternehmensberatung“ den geplanten Strukturveränderungsprozess?
Entscheidungen
Wo werden die strategischen Entscheidungen für diese Einheit zukünftig getroffen? Wo fallen operative Entscheidungen?
Welche Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten (Kompetenzen) inkl Budgetkompetenzen werden am Ende des Strukturänderungsprozesses in personeller Hinsicht bestehen: Werden Manager:innen iSe Matrixorganisation für Produktions- und Dienstleistungslinien (profit center oä) verantwortlich sein oder für Abteilungen im bisherigen Sinn?
Wer trifft künftig die Entscheidungen über Personalaufnahmen, Recruiting, Aus- und Weiterbildung, Lohn- und Gehaltsfragen, Arbeitszeitfragen etc?
Wer bestimmt über die Investitionen in den betroffenen Bereichen?
Welche relevanten Inhalte enthält der Syndikatsvertrag oder eine sonstige Gesellschaftervereinbarung in Bezug auf die Veränderungsplanung?
Belegschaft
Wie viele Beschäftigte in den einzelnen Standorten werden von dieser Maßnahme in den nächsten drei Jahren betroffen sein? 17
Wie werden die Kolleg:innen betroffen sein (Verlust des Arbeitsplatzes, Zuordnung zu einer anderen Einheit, Wechsel des Arbeitsortes, Veränderungen der Tätigkeit und/oder der kollektivvertraglichen Einstufung etc)?
Wie wird sich der Beschäftigtenstand in den einzelnen Standorten in den nächsten drei Jahren verändern?
Wer wird künftig der formelle AG der betroffenen, aber verbliebenen Beschäftigten sein?
In welcher vertraglichen Form werden Beschäftigte aus den verschiedenen Standorten dieser neuen Einheit zugeordnet werden?
Im Falle von Personalabbau: Wie wird der Personalabbau in den nächsten drei Jahren vollzogen (natürliche Abgänge, Sozialplan, Kündigungen)?
Bei verbleibenden Beschäftigten: Was verändert sich in Bezug auf Arbeitsbedingungen bei diesen Beschäftigten, insb in Bezug auf bisher bestehende Personal- bzw Budgetkompetenzen?
Zukunft/Wirtschaftlichkeit
Welche Auswirkungen hat die Maßnahme in den nächsten drei Jahren auf:
Die Ertragslage der einzelnen Standorte/Gesellschaften
Jeweiligen Beschäftigtenstand der einzelnen Standorte
Kosten/Aufwendungen
Es gibt vermutlich Businesspläne für die nächsten drei Jahre, wie werden bestehende Businesspläne durch diese Maßnahme verändert?
Welches Risiko im Rahmen des Risikomanagements wird durch diese Maßnahme erkannt?
Risiken in Bezug auf Qualität der erbrachten Leistungen
Risiken in Bezug auf Qualifikation der Beschäftigten – insb durch unterschiedliche nationale Regularien
Risiken in Bezug auf Personalmangel
Welche wirtschaftlichen Vorteile werden aus dieser Maßnahme in den nächsten drei Jahren erhofft, wie hoch sind diese?
Welche Synergieeffekte erwartet man sich, wie hoch sind diese?
Standort
Welche relevanten Inhalte enthält die Gesellschaftervereinbarung in Bezug auf den Erhalt des Standorts Österreich?
Wie ist diese Maßnahme in Bezug auf diesen Vertrag sowie auf die gesellschaftsvertraglich vereinbarte „Headquarter in Austria“-Garantie zu beurteilen?
Was bedeutet diese Maßnahme in Bezug auf Verlust von Kernkompetenz am Standort Österreich, zumal insb etwa IT als Kernkompetenz bewertet werden kann?
Welche Investitionen sind im Hinblick auf ***-Strukturveränderungen geplant, um alle Arbeitsstätten-Standorte in Österreich im Hinblick auf Nachhaltigkeitsziele (siehe sogleich) zu verbessern?͙
Wie werden sich die Investitionsvolumina im obigen Sinn für die nächsten zehn Jahre, aufgegliedert nach Arbeitsstätten/Standorten in Österreich und je Geschäftsjahr, darstellen?
Nachhaltigkeit
Der ***-Konzern bereitet sich gerade auf die Reform der Nachhaltigkeitsberichterstattung vor. Wie ist diese Maßnahme auf Ebene von „sozialer Verantwortung“ des Unternehmens zu sehen? Wie nimmt der BI hier seine soziale Verantwortung wahr?
Wie sollen iSd RL (EU) 2022/2464 hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD) die Nachhaltigkeitsziele hinsichtlich Inklusion (Menschen mit Behinderung), Diversity, Umwelt (Gebäude, Umweltschutz in den Niederlassungen etc) erreicht und kontinuierlich verbessert werden?
Wird die Marke *** und sonstige intellectual property bzw die im jeweiligen Konzern- Standort-Staat etablierte Hauptmarke gegenüber Kunden und Marktpublikum trotz des im Branding veränderten ***-Auftritts bestehen bleiben?
Entscheidungen und Zeitplan in Bezug auf das Projekt
Wie sieht konkret die Timeline für dieses Projekt aus?
Welche Meilensteine gibt es, wann fallen welche Entscheidungen, wo werden diese getroffen?
Bevor die Entscheidungen getroffen werden, welche Möglichkeiten werden dem BR eingeräumt, um jeweils rasch die aktuellen Informationen zu erhalten und sich auch noch vor der Entscheidungsfindung entsprechend seinen Rechten mit dem Management beraten zu können?
Wie ist die Kommunikation zur betroffenen Belegschaft geplant? Wann wird diese über geplante Schritte informiert, worüber wird sie informiert?
Wie sieht der Zeitplan in Bezug auf die Umsetzung aus? Wann soll gestartet werden, welche Umsetzungsschritte sind in einem Zeitraum von drei Jahren geplant? Welche Planungsschritte sind bereits erfolgt bzw abgeschlossen? Welche Erkenntnisse konnten aus den bereits erfolgten Schritten gewonnen werden, insb im Hinblick auf zu erwartende Personalveränderungen?
Welche dieser Fragen könnten sich im Hinblick auf das sich aus den Z 4 und 5 des § 109 Abs 1 ArbVG (Änderungen von Betriebszweck, Arbeitsund Betriebsorganisation, Arbeitsmethoden) ergebende Beteiligungsrecht iSd hier besprochenen Rsp als „überschießend“ erweisen?
Nach Rn 23 der gegenständlichen E hat ja das Rekursgericht im Einklang mit der einhelligen Lehre entschieden, dass § 109 Abs 2 ArbVG anordne, der BR müsse bei jeder Betriebsänderung so detailliert informiert werden, dass er dieses Vorschlagsrecht sinnvoll ausüben könne. Auch unter Beratung sei 18 ein Gedankenaustausch in dem Umfang und mit dem Ziel zu verstehen, dem BR in ausreichender Weise Gelegenheit zur Erstattung der in § 109 Abs 2 ArbVG vorgesehenen Vorschläge zu geben, wobei der Zeitpunkt der Beratung zu vereinbaren sei und beide Parteien eine gewisse, angemessene Vorbereitungszeit benötigen würden.
Die vom OLG Wien beachteten Prinzipien eines fairen Anhörungsverfahrens (die nach § 92 ArbVG anforderbaren Unterlagen sorgen neben der Möglichkeit, Interessenvertretungs-Expert:innen zu konsultieren [§ 39 Abs 2 und Abs 4 ArbVG], für zusätzliche Informationstransparenz) stehen im Einklang mit der unter 2.2. dargestellten, höchstgerichtlichen Judikatur. Somit zeigt sich, dass ein Fragenkatalog iSd obigen Musters bei gravierender Matrixorganisationsumstellungsplanung wohl kaum als „überschießend“ einzustufen ist: Sämtliche Fragebeantwortungen sind erforderlich, weil sie im Hinblick auf die wirtschaftliche und soziale (eventuell auch gesundheitliche) Interessenberührung der betroffenen Belegschaftsteile und die daraus resultierenden Mitwirkungsrechte bedeutsam sein können. Es wird mit Offenlegung dieser Pläne gegenüber den verschwiegenheitsverpflichteten Betriebsratsmitgliedern (§ 115 Abs 4 ArbVG) auch keinerlei Recht des BI und AG auf vertragsgemäßen Einsatz des Personals – das war ein „Überschießend“-Argument in OGH Mystery Flyer gewesen – unverhältnismäßig eingeschränkt.
Wie bereits oben (3.1.) skizziert, ist die „Bewehrung“ einer Leistungsklage, mit Unterlassungsbegehren ergänzt, idR das Mittel der Wahl. Die auf Informationserteilung und Durchführung des Anhörungsverfahrens gem § 109 gerichtete Klage, verbunden mit dem „negativen Leistungsbegehren“ auf Unterlassung der Betriebsänderung bis zum Abschluss des § 109 Abs 2-Prozederes (im Hauptverfahren), beide Klagebegehren verbunden*mit beantragter EV (im Provisorialverfahren vor demselben Gericht),* bietet somit idR den einzigen effektiven Rechtsschutz iSd nationalen und unionsrechtlichen Vorgaben. Das wird von einem gewichtigen Teil der Lehre in Österreich (siehe FN 6) und von der überwiegenden Lehre sowie einem Teil der Rsp in Deutschland* vertreten.
Was die konkreten Rechtsgrundlagen betrifft, befürwortet Kodek,* ebenso wie Felten,* die Bewilligung von einstweiligen Verfügungen „zur Sicherung unvertretbarer Handlungen“, die auf § 381 Abs 1 Z 1* oder auf § 382 Z 5 EO gestützt sind. Diese beiden in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen lauten (Hervorhebungen nicht im Original):
„Sicherung anderer Ansprüche§ 381. Zur Sicherung anderer Ansprüche können einstweilige Verfügungen getroffen werden:1. wenn zu besorgen ist, dass sonst die gerichtliche Verfolgung oder Verwirklichung des fraglichen Anspruches, insbesondere durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes, vereitelt oder erheblich erschwert werden würde;[...]Sicherungsmittel§ 382. Sicherungsmittel, die das Gericht je nach Beschaffenheit des im einzelnen Falle zu erreichenden Zweckes auf Antrag anordnen kann, sind insbesondere: [...]5. das an den Gegner der gefährdeten Partei gerichtete Verbot einzelner nachteiliger Handlungen oder der Vornahme bestimmter oder aller Veränderungen an den in Z 1 und 2 bezeichneten Sachen.“
Wenn nun einem BR die zB nach obigem Fragekatalog- Muster gestellten Fragen zur geplanten Betriebsänderung – diese wird in § 109 Abs 1 ArbVG ja nur beispielhaft definiert – vom BI nicht ausreichend beantwortet werden, so muss das nicht unbedingt für die Bewilligung einer EV „ausreichend“ sein, wie auch der hier besprochene Fall zeigt. Unter 2.1. wurde aufgezeigt, dass es nach der Rsp „überschießende“ oder eben beteiligungsrechtlich begründende (weil die in § 38 ArbVG vorgegebenen Schutz-Interessen potentiell betroffener Belegschaftsteile zumindest „berührende“) Fragen geben kann. § 109 Abs 3 (entspricht § 97 Abs 1 Z 4) ArbVG gibt nun die Richtung oder auch Einschränkung vor, wie „betriebsverfassungsrechtlich relevante“ von „überschießenden“ Fragen unterschieden, und damit die Beschluss- Antrag-Voraussetzungen des § 389 Abs 1 EO näher bestimmt werden können. Wenn „wesentliche“ der oben aufgelisteten Fragen nicht beantwortet werden, kann das Anhörungs- und Vorschlagsverfahren gem § 109 Abs 2 ArbVG nicht iSd Gesetzes und seiner unionsrechtlichen Vorgaben durchgeführt werden. Der sich aus § 109 Abs 3 ArbVG ergebende Zweck zumindest einer Ermöglichung (und Schlichtungsstellen-Antragstellung) der Folgen-Milderung für betroffene Belegschaftsteile wäre unmöglich zu verfolgen. Damit zeichnet sich der zu sichernde Anspruch der Belegschaft klar ab: Es geht um zeitgerechte, nicht vereitelte Vorfragenklärung im Hinblick auf einen möglichen „Sozialplan“ oder aber auf einen Interessenausgleich außerhalb einer Betriebsvereinbarungsgestaltung.
Grundlegende Voraussetzungen der EV sind
die Bescheinigung des offenen, dh nicht erfüllten Anspruchs (der am gesamten § 109 iVm § 38 ArbVG zu messen ist) und
die Gefährdungsbehauptung, also das Parteivorbringen – eventuell ergänzt durch sonstige Bescheinigungsmittel –, mithilfe derer die 19 gefährdete Partei die Vereitelung (Vernichtung) des Anspruchs iSd oben zitierten Gesetzesstellen nachweist.
Einige dieser erforderlichen Tatsachenvorbringen werden bereits von den Leistungs- und Unterlassungsbegehren des Hauptverfahrens (dort: angebotene Beweismittel und nicht bloß „parate“ Bescheinigungsmittel) umfasst sein, sodass das Gericht darauf zurückgreifen kann.* Ob das zuständige Management (der BI als Gegner der gefährdeten Partei) vom Beschlussgericht angehört wird, liegt im richterlichen Ermessen. Denn in jenen Fällen, in denen die angestrebte Maßnahme von einer raschen Entscheidung abhängt, kann die Zweiseitigkeit des Verfahrens unterbleiben*. Für den Fall der erkennbaren „Vereitelungsgefahr“ wird das bejaht.* Eine Sicherheitsleistung wird dem nicht vermögensfähigen* BR nicht aufzuerlegen sein; außerdem werde bei Verzögerungen in der Planungsphase einer Betriebsänderung noch keine erheblichen Interessenbeeinträchtigungen des Gegners der gefährdeten Partei gegeben sein.
Vom obigen Fragenkatalog könnten uU die auf „Nachhaltigkeit“ bezogenen Fragen als nicht mit § 109 ArbVG in Beziehung stehend und somit „überschießend“ beurteilt werden, da dieses Bilanzund Lageberichtsthema eher die §§ 108 und 110 ArbVG betrifft. Die Nichtbeantwortung oder mangelhafte Erörterungsmöglichkeit dieser Auskunftsverlangen würde wohl keine Begründung für einen EV-Antrag bieten. Bei allen anderen Fragen ist mE die geforderte Relevanz („Berühren“) sehr wohl gegeben. Das Zusammenfassen von Themenbereichen in den Auskünften (eine globale Auskunft für mehrere zusammenhängende Fragen) bleibt dem BI dabei wohl unbenommen, diesbezüglich bestehen keine „Abarbeitungs-Formalismen“ (vgl Rn 26 der besprochenen E, wonach eine „Gesamtbetrachtung“ durch das Rekursgericht ausreichte).
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass zwischen „Reorganisation“ und „Restrukturierung“ im Hinblick auf die Tatbestände nach Z 3 bis Z 6 in § 109 Abs 1 ArbVG nicht nur semantische Unterschiede bestehen. Mit Blick auf § 34 ArbVG (Betriebsbegriff) ist unter „Organisation“ die Arbeitsablauforganisation (erkennbar an Weisungsverläufen und Arbeitszuteilungen) zu verstehen, und unter „Struktur“ der gegliederte Aufbau der Organisation (erkennbar am Organigramm und ähnlichen, formalen „Kästchen“). Gerade bei der Umstellung von einer bisherigen Spartenorganisation (Abteilungen bzw Profit Center) auf eine überschneidende Matrixorganisation (die „Kästchen“ werden von quer verlaufenden Linienzuständigkeiten sozusagen überlagert bzw durch Schaffung von Querkompetenzen entmachtet) kann dieser Unterschied zwischen Aufbau- und Ablauforganisation beachtlich sein.
Denn die Frageliste des BR wird sich an den genannten Ziffern im Tatbestand des § 109 Abs 1 orientieren und sollte sowohl die geplante Aufbauorganisation (Z 3) als auch die künftige Ablauforganisation (Z 4-6) abdecken. Sollte der BI, also das lokale Management, sich darauf berufen, dass er selbst zu wenige Informationen über die Planung habe, weil er vom wirtschaftlichen Eigentümer (Konzernobergesellschaft) keine genaueren Angaben bekomme, so besteht jedenfalls die Verpflichtung zur aktiven und nachdrücklichen Informationsbeschaffung. Der BI hat alles in seiner Macht Stehende und Zumutbare zu unternehmen, um seine betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten erfüllen zu können.* Sofern der die Informationen zurückhaltende Dritte der Jurisdiktion eines EWR-Staats unterliegt, sollte über die jeweilige nationale Umsetzung der RL 2002/14/EG unter Beachtung der Garantien des Art 27 GRC ohnehin Rechtsdurchsetzung möglich sein. Sollte ein Europäischer Betriebsrat (EBR) bestehen, dann hängen dessen Beteiligungsrechte idR von der „ausverhandelten Mitwirkung“ gemäß EBR-Vereinbarung ab.
Ein eingeschobener Halbsatz in § 132 Abs 1 S 1 stellt „Verwaltungsstellen von juristischen Personen öffentlichen Rechts
“ den besonderen Zweckbestimmungen politisch/koalitionspolitisch/konfessionell/ wissenschaftlich/erzieherisch/karitativ gleich. Im Fall der vorliegenden E sollte das „Kammeramt“, also der Büroapparat der Selbstverwaltung, wie er etwa in § 28 f TÄKamG, § 76 AKG, §§ 72 f ApothekerkammerG oder § 87 ÄrzteG zur Erledigung der „notwendigen fachlichen und administrativen Aufgaben
“ vorgesehen ist, von einer linear organisierten Spartenorganisation in eine Matrixstruktur verändert werden (Rn 5). Mangels „Sistierungsrecht“ des BR (oben 3.1.) wurde das vermutlich auch unverzüglich vollzogen; das Hauptverfahren wird, nach Informationen aus Interessenvertretungen, aufgrund der Parteienvereinbarung ewigen Ruhens nicht mehr fortgesetzt.
Unstrittig besteht bei den in § 132 Abs 1 genannten Einrichtungen und Betrieben in Bezug auf den gegenständlichen Fall (§ 109 Abs 1 und 2) relativer Tendenzschutz, wonach die Belegschaftsvertretung die Beteiligungsrechte ausüben kann, wenn diese Befugnisausübung mit der Tendenz 20 der Einrichtung vereinbar ist. So etwa bei arbeitsorganisatorischen Fragen, die keinen unmittelbaren Einfluss auf die Zweckerfüllung haben.* Das war wohl auch von allen drei Instanzen so gesehen worden, jedenfalls ist ein diesbezüglicher Einwand des BI der E nicht zu entnehmen. Was wären aber nun Betriebsänderungsformen, die ohne Beteiligung der Belegschaftsvertretung durchgeführt werden könnten?
Dazu müssten wohl die seit 2008 geltenden verfassungsrechtlichen Garantien der beruflichen Selbstverwaltung (Art 120a bis Art 120c B-VG: „Selbstverwaltungskörper“) ausgelotet werden. Die einschlägigen Bundesgesetze (Einrichtungsgesetze), die derartige Korporationen – idR samt ihrem Büroapparat – regeln, werden unterschiedliche „Unantastbarkeiten“ bei Organe-Errichtung, Organkompetenzen und Aufgabenstellungen vorsehen. Danach ist zu bestimmen, ob die einfachgesetzlich vor Belegschafts-Einflussnahme (§ 132 ArbVG) und verfassungsgesetzlich vor staatlicher Einflussnahme (Art 120a f B-VG) geschützte Funktionalität und Autonomie durch wirtschaftliche Beratungsverfahren oder durch Anhörungsverfahren betreffend den „Bürobetrieb des Selbstverwaltungskörpers“ wesensbeschränkend beschnitten sein könnten. Die Grenzziehung zwischen bloß administrativer und selbstverwaltungsberührender Strukturveränderung kann im Einzelfall schwierig sein. Denn auch dann, wenn die Generalkompetenz zur operativen Geschäftsführung bei einem hauptberuflichen Management liegt, muss sichergestellt sein, dass dieses an Beschlüsse und Weisungen der zuständigen Organe der Selbstverwaltung gebunden ist. Anderenfalls liegt keine Selbstverwaltung iSd Verfassung vor.*
Die bloße Beabsichtigung der Steigerung der „Kammer-Effizienz“ durch neue, überschneidende Weisungszusammenhänge wird wohl kaum das Wesen der Berufsselbstverwaltung berühren. Anders wäre es wohl bei matrix-bedingten Direktweisungen „aus der Selbstverwaltung
“ (Organen) an die Büro-Mitarbeitenden. Oder etwa bei Standort-Abspaltungen „um näher bei den Mitgliedern zu sein
“ und ähnlichen Planungen. Hier könnte der BR kaum die künftigen Weisungsverläufe oder die geplante Anzahl der Zweigstellen mitgestalten. Demgegenüber wäre zu berücksichtigen, dass der geschützte Selbstverwaltungszweck wohl nicht vereitelt wäre, wenn mit dem BR eine Beratung über eine möglichst soziale Gestaltung und Durchführung der dadurch bedingten Versetzungen samt „Nachteilsausgleich“ (die Erzwingbarkeit von „Sozialplänen“ ist umstritten)* durchgeführt würde.
Jedenfalls sind anhand des einschlägigen „Errichtungsgesetzes“ (Einrichtungsgesetzes)* sowie allfälliger „Satzungen“ des Selbstverwaltungskörpers Abgrenzungen nach Agenden fachlich-administrativer Art und solchen „interessenpolitischer“ Natur vorzunehmen, und in der Folge zu eruieren, ob die geplante Restrukturierung oder Reorganisation (siehe 3.4.) für den berufsständischen Zweck wesentlich ist. Allerdings werden mE nur Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs (und deren Auswirkungen auf Betriebsstruktur oder -abläufe, kurz: auf die Betriebsidentität) gegenüber der Betriebsverfassung teilweise immunisiert sein, nicht aber solche des übertragenen („der öffentlichen Verwaltung gleichen“) Wirkungsbereichs gem Art 120a Abs 2 B-VG. Einschlägige Rsp zu Tendenzschutzbeschränkungen betreffend § 109 ArbVG besteht nicht.*
Der Kl des gegenständlichen Verfahrens, gleichzeitig gefährdete Partei, bleibt im Dunkeln. Da wir nicht wissen, welche „Kammer-Geschäftsführung“ sich hier erfolgreich gegen „ihren“ BR durchsetzte – vor allem dadurch, dass das Management dem BR in einigen Punkten entgegenkam und die Informationsund Beratungsansprüche im konkreten Fall wohl „ausreichend“ (siehe oben 2.3. und 3.1.) beachtete –, ist eine nähere Auseinandersetzung mit dem Spannungsfeld zwischen geschützter Zweckerfüllung und wirtschaftlichen Mitwirkungsrechten des BR im konkreten Fall nicht möglich. Die Belegschaftsvertretung hatte einige Anstrengungen unternommen und neben einem schriftlichen Fragenkatalog auch eine eigene Stakeholder-Analyse als Ergebnis einer Mitarbeiterveranstaltung dem BI vorgelegt; aber der BR hatte den letzten und wohl entscheidenden Besprechungstermin eben nicht wahrgenommen. Dass diese Betriebsratsstrategie letztlich auch die „Gefährdungsbehauptung“ gem § 389 Abs 1 EO abschwächte, ist nicht verwunderlich. 21