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Graviditas longissima – oder zur neuerlichen Schwangerschaft karenzierter Arbeitnehmerinnen nach Austrittserklärung gem § 25 IO

PAULAASCHAUER (GRAZ)
  1. Der Zeitraum für die Kündigungsentschädigung ist grundsätzlich nach den im Zeitpunkt der Auflösungserklärung vorliegenden Umständen zu bestimmen.

  2. Eine Ausnahme besteht zur sachgerechten Begrenzung der fiktiv berechneten Ansprüche nur für nachträgliche Ereignisse, aus denen sich eine schon frühere Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor dem Ende der fiktiven Kündigungsfrist ergibt.

  3. Durch eine weitere Schwangerschaft einer nach § 25 IO begünstigt ausgetretenen AN, die zum Zeitpunkt der Auflösungserklärung noch nicht bestanden hat, wird der Zeitraum für die Kündigungsentschädigung nicht verlängert.

Die Kl waren als Angestellte bei einer GmbH beschäftigt. Am 3.1.2008 wurde über das Vermögen der AG das Konkursverfahren eröffnet. Der Betrieb der Schuldnerin wurde von einer GmbH übernommen und fortgeführt. Beide Dienstverhältnisse endeten durch Austritt nach § 25 KO am 26.4.2008, und zwar während des Karenzurlaubs beider Kl. Gegen Ende der (im Anschluss an die Karenz samt Behaltefrist nach § 15 Abs 4 MSchG errechneten) fiktiven Kündigungsfrist gebaren die Kl ihr jeweils zweites Kind. Die erwähnte fiktive Kündigungsfrist endete für die Erstkl am 31.12.2009 [...] und für die Zweitkl (richtig) am 15.10.2009 [...]. Beginn des Wochengeldbezugs aus Anlass des zweiten Kindes war am 9.10.2009 (Erstkl) bzw 8.9.2009 (Zweitkl) [...].

Die Bekl erkannte den Kl das beantragte Insolvenzentgelt jeweils bis zum Beginn des Wochengeldbezugs für das zweite Kind zu. Die Kl begehrten darüber hinaus die Zuerkennung von Insolvenzgeld auch ab dem Ende dieses Wochengeldbezugs, wobei sie die Frist mit vier Monaten nach der Entbindung (§ 10 Abs 1 MSchG) zuzüglich der Kündigungsfrist [...] errechneten.

Die Kl begehrten restliches Insolvenzgeld in Höhe von 24.455 € netto (Erstkl) bzw 8.080 € netto (Zweitkl). Bei Ermittlung des Zeitraums für die Kündigungsentschädigung sei auch auf Umstände Bedacht zu nehmen, die im Austrittszeitpunkt noch nicht bekannt seien. Dies gelte für nachträgliche Veränderungen, wie etwa den Tod des AN oder eine dauernde Betriebsstilllegung. Entgegen der Ansicht der Bekl hätten zukünftig eintretende Ereignisse daher nicht außer Betracht zu bleiben. Es könne nicht der Billigkeit entsprechen, dass die Kl aufgrund des Eintritts einer zweiten Schwangerschaft nur einen verkürzten Anspruch auf Kündigungsentschädigung hätten.

Die Bekl entgegnete, dass der jeweils zweiten Geburt der Kl keine verlängernde Wirkung hinsichtlich des Bezugszeitraums zukommen könne. Bei der Beurteilung sei auf den Austrittszeitpunkt abzustellen. Auf Umstände, die zum Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses noch nicht eingetreten seien, könne nicht Bedacht genommen werden.

Das Erstgericht gab den Klagebegehren statt. Aufgrund der Dauer einer Schwangerschaft sei davon auszugehen, dass die Kl zum Zeitpunkt der Austrittserklärungen am 26.4.2008 mit dem zweiten Kind bereits im biologischen Sinn schwanger gewesen seien. Dieser Umstand sei bei Berechnung des Zeitraums der Kündigungsentschädigung daher zu berücksichtigen. Dies gelte auch dann, wenn die AN zum Austrittszeitpunkt von der Schwangerschaft noch nichts gewusst hätte.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Bekl in Ansehung der Erstkl zur Gänze und in Ansehung der Zweitkl im Betrag von 7.906 € Folge und wies die Klagebegehren in diesem Umfang ab. Der Zuspruch an die Zweitkl von 174 € bezog sich auf restliche Urlaubsersatzleistung für insgesamt 8 Werktage. Aus den unstrittigen Austritts- und Geburtsdaten der Kl ergebe sich, dass diese am 26.4.2008 nicht schwanger gewesen seien. Auf die E 8 ObS 9/08v könnten sich die Kl daher nicht stützen. Der Anspruch auf Kündigungsentschädigung entstehe bereits im Zeitpunkt der Beendigungserklärung. Aus diesem Grund seien Umstände, die sich nach der Austrittserklärung, aber vor dem fiktiven Ende des Arbeitsverhältnisses ereigneten, grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Eine Ausnahme bestehe nur für die Begrenzung des Anspruchs auf Kündigungsentschädigung durch eine ex-lege-Beendigung, wie etwa den Tod des AN oder den Entzug der Gewerbeberechtigung des Lehrherrn. Ein solcher Fall liege hier nicht vor. Eine im Zeitpunkt der Austrittserklärung noch nicht bestehende zweite Schwangerschaft der Kl sei nicht zu berücksichtigen. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage der Verlängerung des Kündigungsentschädigungszeitraums durch eine weitere Schwangerschaft einer AN nach Erklärung des vorzeitigen Austritts während des Karenzurlaubs höchstgerichtliche Rsp fehle. [...] Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen zulässig. Sie ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Unstrittig ist, dass die Kl während der ersten Karenz begünstigt nach § 25 KO vorzeitig aus dem Dienstverhältnis zur Schuldnerin ausgetreten sind und ihnen aufgrund dieses begünstigten Austritts ein Anspruch auf Kündigungsentschädigung zusteht, weiters dass sie im Zeitpunkt der Austrittserklärung nicht schwanger waren und kurz vor dem fiktiven Kündigungstermin (nach der Karenz ihres ersten Kindes) ihr zweites Kind geboren haben. Ebenso ist unstrittig, dass die Bekl den Kl bis zum Beginn des Wochengeldbezugs für das zweite Kind die begehrte Kündigungsentschädigung zuerkannt hat. Im vorliegenden Verfahren begehren die Kl die Kündigungsentschädigung auch für die Zeit ab Beendigung des Wochengeldbezugs für das zweite Kind. Fraglich ist, ob in dieser Konstellation der Zeitraum für die Kündigungsentschädigung durch303 die Schwangerschaft mit dem jeweils zweiten Kind verlängert wurde. Das Berufungsgericht hat diese Frage verneint.

2.1 In den Rechtsfolgen unterscheidet sich der begünstigte Austritt des AN nach § 25 KO (IO) nicht von einem begründeten Austritt nach allgemeinem Arbeitsrecht (vgl 8 ObS 16/04t; 8 ObS 8/06v). Der AN hat daher gem § 25 Abs 2 KO (IO) auch Anspruch auf Schadenersatz in der Art der Kündigungsentschädigung (RIS-Justiz RS0120259; 8 ObS 16/04t).

Dem AN gebührt die Kündigungsentschädigung bis zum fiktiven Ende des Arbeitsverhältnisses durch ordnungsgemäße AG-Kündigung. Er ist so zu stellen, als ob das Arbeitsverhältnis durch den AG ordnungsgemäß beendet worden wäre. [...]

2.2 Das begünstigte Austrittsrecht des AN nach § 25 KO (IO) muss (bei Fortführung) innerhalb eines Monats nach Schließung des Unternehmens ausgeübt werden. Die Privilegierung des AN ist also befristet, wobei es für die Fristwahrung auf die Abgabe der Austrittserklärung ankommt. Damit lässt sich dem Gesetz auch ein klarer Hinweis auf den relevanten Beurteilungszeitpunkt entnehmen. Die Anspruchsberechnung hat am Zeitpunkt der Austrittserklärung anzuknüpfen. Demnach sollen grundsätzlich alle zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Umstände Berücksichtigung finden. Dies steht mit dem Zweck der Kündigungsentschädigung im Einklang. Der AN soll so wie bei ordnungsgemäßer Kündigung durch den AG behandelt werden. Auch in einem solchen Fall ist nach § 29 AngG stets an die Auflösungserklärung und das damit verbundene rechtliche Ende des Arbeitsverhältnisses anzuknüpfen.

Dieses Ergebnis wird durch die Judikatur gestützt, derzufolge bei der sogenannten „langen Kündigungsentschädigung“ eine Karenz (samt Behaltefrist nach § 15 Abs 4 MSchG und Kündigungsfrist) nur dann zu berücksichtigen ist, wenn zum Zeitpunkt der vorzeitigen Beendigung bereits eine entsprechende Karenzierungsvereinbarung vorgelegt wurde (8 ObS 297/01m). Das Berufungsgericht weist schließlich zutreffend darauf hin, dass nach dem der E 8 ObS 9/08v zugrunde liegenden Sachverhalt die dortige Kl zum Zeitpunkt der Austrittserklärung bereits schwanger war. Auch diese Entscheidung stützt damit die Ansicht, dass grundsätzlich nur auf zum Zeitpunkt der Austrittserklärung eingetretene Umstände Bedacht zu nehmen ist.

3.1 Tritt ein besonders bestandgeschützter AN nach § 25 KO (IO) aus, so stellt sich die Frage nach der sogenannten „langen Kündigungsentschädigung“, bei der die Ersatzleistung unter Berücksichtigung des gesamten bestandgeschützten Zeitraums gewährt wird (vgl dazu Glosse von Reissner zu 9 ObA 2070/96v in

). Nach der älteren Rsp wurde die „lange Kündigungsentschädigung“ auf alle Gruppen der besonders bestandgeschützten AN angewendet. Nach Kritik in der Lehre ist dies nach der jüngeren Rsp nur mehr dann angebracht, wenn das geschützte Rechtsgut trotz der Lösung des Arbeitsverhältnisses weiter besteht, wie dies etwa beim Mutterschutz anerkannt ist (vgl Grillberger in
Löschnigg
, AngG8 § 29 Rz 21). In diesem Fall gebührt die „lange Kündigungsentschädigung“ (8 ObS 15/07z). [...]

3.2 Auch bei der „langen Kündigungsentschädigung“ werden die Ansprüche aber nur bis zur fiktiven Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch ordnungsgemäße AG-Kündigung berechnet, wobei die Beurteilung wiederum am Zeitpunkt der Auflösungserklärung anzuknüpfen hat. [...] Eine Verlängerung des Zeitraums der Kündigungsentschädigung durch eine weitere Schwangerschaft, die zum Zeitpunkt der Auflösungserklärung nicht bestanden hat, ergibt sich aus diesen Grundsätzen allerdings nicht. Es ist nicht zu fragen, was wäre, wenn die Kl nicht ausgetreten wären. Vielmehr muss die richtige Fragestellung dahin lauten, welche Ansprüche sie vom AG erhalten hätten, wenn – anstelle ihrer Auflösungserklärung – der AG das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß gekündigt hätte. Es ist also nicht das Arbeitsverhältnis als aufrecht zu fingieren, sondern die Kündigungsentschädigung fiktiv zu berechnen [...].

3.3 Soweit die Kl argumentieren, es sei mit rechtsdogmatischen Grundsätzen nicht in Einklang zu bringen, dass die Geburt des zweiten Kindes keine Auswirkungen auf die Kündigungsentschädigung haben solle, der damit im Zusammenhang stehende Wochengeldbezug aber schon, zumal die Bekl ja davon ausgehe, dass ein Wochengeldbezug den Bezug von Kündigungsentschädigung (in jedem Fall) verhindere, sind sie nicht nur an ihr Begehren und das Gebot zur Vorteilsanrechnung nach § 29 Abs 2 AngG, sondern vor allem daran zu erinnern, dass der AN während des Wochengeldbezugs keine vertragsmäßigen Entgeltansprüche gegen den AG zustehen. Hat der gem § 25 KO (IO) austretende AN im Zeitraum der Kündigungsentschädigung aus besonderen Gründen (zB § 15 Abs 1 und 3 MSchG) aber keine vertragsmäßigen Entgeltansprüche gegen den AG, so steht ihm auch eine Ersatzleistung aus dem Titel der Kündigungsentschädigung nicht zu (RIS-Justiz RS0106046; 8 ObS 15/04w; 8 ObS 8/06v). [...]

4.1 In Lehre und Rsp ist nun anerkannt, dass bei den an sich bis zur fiktiven Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu berechnenden Ansprüchen auf Kündigungsentschädigung auf vorher ex lege eintretende Endigungsgründe, mit denen ein Verlust künftiger Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verbunden ist, Bedacht zu nehmen ist (8 ObS 299/00d; 8 ObS 2/05k). [...] In diesen Fällen gebührt für den restlichen Teil der fiktiven Kündigungsfrist keine Kündigungsentschädigung (8 ObS 8/06v). Dies gilt im Übrigen gleichermaßen für die Begrenzung der Ansprüche aus einem befristeten Arbeitsverhältnis. Hier ist nicht nur auf den Zeitablauf iSd § 19 Abs 1 AngG (§ 1158 Abs 1 ABGB), sondern ebenfalls auf vorher tatsächlich eingetretene Endigungsgründe Bedacht zu nehmen (RIS-Justiz RS0028474). Der Grund für diese Begrenzung der Ansprüche aus dem Titel der Kündigungsentschädigung ist darin gelegen, dass der DN dadurch, dass er vorzeitig ausgetreten ist, nicht besser gestellt werden soll, als wenn das Dienstverhältnis noch bis zum Verstreichen der gesetzlichen Kündigungsfrist gedauert hätte. Aus §§ 29 AngG und 1162b ABGB ergibt sich klar, dass der Gesetzgeber eine Bereicherung des DN verhindern wollte (8 ObS 8/06v mwN).

4.2 Im Grundsatz ist also die Aussage durchaus zutreffend, dass nach der Rsp des OGH bei der Berechnung der Ansprüche nach § 29 AngG auch nach dem Auflösungszeitpunkt eintretende Verände304rungen bzw Ereignisse berücksichtigt werden. Wie zuvor dargestellt, ist dies aber nur insoweit der Fall, als sich daraus eine schon frühere Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor dem Ende der fiktiven Kündigungsfrist ergibt (8 Ob 2092/96x; 8 ObS 9/08v; vgl auch 9 ObA 207/93). [...]

4.3 Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass Reissner in seiner Glosse zu 9 ObA 2070/96v (

) die Ansicht vertreten hat, dass die Berücksichtigung von (bei einer Betrachtung im Austrittszeitpunkt) späteren Ereignissen insofern gerechtfertigt sein könne, als sie mit höchster Wahrscheinlichkeit eintreten würden, wobei er als mögliches zukünftiges Ereignis auch eine weitere Schwangerschaft der AN erwähnte.

Soweit sich diese Ansicht auf zukünftige Umstände bezieht, die nicht den vorzeitigen Anspruchsverlust zur Vermeidung einer ungerechtfertigten Bereicherung betreffen, ist sie abzulehnen. Keinesfalls ist aber die über die Ansicht von Reissner hinausgehende Schlussfolgerung der Kl gerechtfertigt, dass das (tatsächliche und rechtlich beendete) Dienstverhältnis weiterhin aufrecht sei und daher sämtliche künftigen Ereignisse, die vor dem fiktiven Ende des Arbeitsverhältnisses eintreten, zu berücksichtigen seien.

5.1 Zusammenfassend ergibt sich: [... Die Zusammenfassung entspricht den der E vorangehenden Leitsätzen.]

5.2 Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht mit diesen Grundsätzen im Einklang. Der Revision der Kl war daher der Erfolg zu versagen. [...]

Anmerkung

In der vorliegenden E stellt sich erstmals die Frage nach einer möglichen Verlängerung der sogenannten „langen Kündigungsentschädigung“ durch Umstände, die im Zeitpunkt der Austrittserklärung noch nicht vorlagen; im konkreten Fall nach einem Austritt gem § 25 IO von durch das MSchG geschützten AN, die noch während der laufenden Karenz jeweils ein zweites Kind gebaren. Im Gegensatz zur Begrenzung eines zu gewährenden Schadenersatzes auf Grund von Ereignissen, die erst nach Erklärung des Austritts auftreten, verneint der OGH die Ausdehnung des Schadenersatzanspruchs. Die Differenzierung zwischen einem den Schadenersatz verlängernden und einem diesen verkürzenden Ereignis wird unter Bezugnahme auf § 29 AngG, wonach eine Bereicherung des/der AN verhindert werden soll, begründet.

1
Rechtliche Ausgangssituation

Wenn die/den AG am vorzeitigen Austritt der/des AN ein Verschulden trifft, so behält die/der AN gem § 29 AngG (bzw § 84 GewO 1859, § 1162b ABGB), unbeschadet weitergehenden Schadenersatzes, die vertragsmäßigen Ansprüche auf das Entgelt für jenen Zeitraum, der bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Ablauf der bestimmten Vertragszeit, oder durch ordnungsgemäße Kündigung durch die/den AG hätte verstreichen müssen, unter Einrechnung dessen, was der/die AN infolge des Unterbleibens der Arbeitsleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat. Diese Kündigungsentschädigung kann die/der AN sofort ohne Abzug fordern, soweit der Zeitraum drei Monate nicht übersteigt (zur Einrechnung vgl Kuras in

Marhold/Burgstaller/Preyer
[Hrsg], AngG [2007] § 29 Rz 64 ff). Durch eine Austrittserklärung wird das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung beendet (Marhold/Friedrich, Arbeitsrecht2 [2012] 359). Dass das Arbeitsverhältnis endgültig beendet ist, hat keinen Einfluss auf den Anspruch auf Schadenersatz (vgl zur Beendigungswirkung: Grillberger in
Löschnigg
[Hrsg], AngG II9 [2012] § 29 Rn 6 ff). Bei einem Austritt von AN nach § 25 IO (Eröffnung der Insolvenz über das Vermögen des/der AG), die durch das MSchG geschützt sind, bleiben der Schutzzweck des MSchG sowie das geschützte Gut weiterhin bestehen. Im Zuge der Berechnung der austrittsabhängigen Ansprüche ist daher zusätzlich auf den besonderen Kündigungsschutz Bedacht zu nehmen (OGH9 ObS 13/92wbl 1993, 90; OGH9 ObA 2070/96vZAS 1997, 85 [Frauenberger] =
[Reissner]
). Dies gilt selbst dann, wenn der AN ihre Schwangerschaft zum Zeitpunkt der Austrittserklärung noch nicht bekannt war (Löschnigg, Arbeitsrecht11 [2011] 36). Die Kündigungsentschädigung ist somit bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung (§ 10 Abs 1 MSchG) oder bis zum Ablauf von vier Wochen nach Beendigung der Karenz (§ 15 Abs 4 MSchG), zuzüglich der individuellen Kündigungsfrist bzw des nächstmöglichen Kündigungstermins, zu gewähren. Fest steht, dass der Anspruch auf Kündigungsentschädigung durch Ereignisse begrenzt werden kann, die eine ex lege-Beendigung herbeiführen, wie bspw der Tod des/der AN, der Entzug der Gewerbeberechtigung des Lehrherrn oder eine dauernde Betriebsstilllegung (vgl Kuras in
Marhold/Burgstaller/Preyer
[Hrsg], AngG § 29 Rn 63; Haider in
Reissner
[Hrsg], AngG [2013] § 29 Rn 80).

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Schwangerschaft mit Überlänge hätte zu anderem Ergebnis geführt

Unstrittig ist die Auffassung, dass alle Umstände, die zum Zeitpunkt der Austrittserklärung bekannt sind, oder (im Fall einer Schwangerschaft, auch ohne Kenntnis der Arbeitsvertragsparteien) bestehen, in die hypothetische Vergleichsrechnung der Kündigungsentschädigung einzubeziehen sind. Das Erstgericht nahm eine bestehende Schwangerschaft bereits zum Austrittszeitpunkt an. Da eine solche Annahme aber auch eine besonders lange, nämlich eine anderthalbjährige Schwangerschaft zur Grundlage hätte (Austritt im April 2008, Geburt der Kinder im Spätherbst/Winter 2009), musste diese Feststellung verworfen werden. Tragezeiten von rund 540 Tagen sind sonst nur bei Nashörnern bekannt. Hätte jedoch eine derart lange Gravidität der Kl, wie vom Erstgericht festgestellt, zum Austrittszeitpunkt vorgelegen, so wäre die Berechnung der Kündigungsentschädigung naturgemäß anders erfolgt: Durch den besonderen Kündigungsschutz hätte den AN jedenfalls jene Kündigungsentschädigung zugestanden, die sie im Verfahren forderten, und zwar unter Berücksichtigung einer viermonatigen Frist nach der Entbindung zuzüglich der individuellen Kündigungsfrist.305

In diesem Zusammenhang sei auch angemerkt, dass sich die hier aufgetretene Fallkonstellation ausschließlich auf weibliche AN auswirken kann. Im vorliegenden Fall unterlagen beide AN noch während der Karenzzeit für das erste Kind dem Mutterschutz infolge der Schwangerschaft mit dem jeweils zweiten Kind. Diese Zeitspanne des Mutterschutzes gem § 3 Abs 1 und § 5 Abs 1 MSchG stellt ein Tätigkeitsverbot dar, das absolut gilt und nicht der Disposition der Arbeitsvertragsparteien unterliegt. Karenzierungen nach Abschnitt 2 VKG (und natürlich auch 5 MSchG) sehen hingegen lediglich die Möglichkeit des Aussetzens der Arbeitspflicht des karenzierten Elternteils unter gleichzeitigem Entfall des Entgelts vor. Eine Pflicht zur Arbeitsniederlegung für Väter besteht im Gegensatz zum Tätigkeitsverbot während des Mutterschutzes nicht.

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Fortführung der bisherigen Rechtsprechungslinie

In der vorliegenden E folgt der OGH seinem bisher eingeschlagenen Weg, eine Differenzierung zwischen nachträglich eintretenden und eventuell anspruchsverändernden Ereignissen vorzunehmen. Während es zu einer Begrenzung des Bezugs der fiktiven Kündigungsentschädigung für die oben genannten Fälle wie Tod der/des AN, dauernde Betriebsstilllegung oder Entzug der Gewerbeberechtigung des Lehrherrn kommt, um eine unrechtmäßige Bereicherung der/des AN zu verhindern (Kuras in

Marhold/Burgstaller/Preyer
[Hrsg], AngG § 29 Rn 64), soll eine Verlängerung des Bezugs auf Grund von nachträglich eintretenden Ereignissen nicht möglich sein. So hat der OGH bspw auch in jenem Fall die Verlängerung des Bezugs der fiktiven Kündigungsentschädigung auf bis zu vier Wochen nach Ende einer Karenz versagt, in dem zum Zeitpunkt der Austrittserklärung noch keine Karenzierungsvereinbarung getroffen worden war: „Für die Inanspruchnahme des Karenzurlaubs und der sich daraus ergebenden Ansprüche im Sinn des § 15 Abs 4 MSchG genügt die nicht nach außen artikulierte Absicht, Karenzurlaub später in Anspruch nehmen zu wollen, nicht, um in den Genuss des Kündigungsschutz und Entlassungsschutz des § 15 Abs 4 MuttSchG zu kommen.“ (RS0116533, vgl auch Haider in
Reissner
[Hrsg], AngG § 29 Rn 67). Es gibt Stimmen in der Literatur, die eine Gleichbehandlung von nachträglichen Ereignissen – unabhängig von ihrer verkürzenden oder verlängernden Wirkung – fordern (vgl Reissner/Sundl, Bemessung der Kündigungsentschädigung bei Austritt besonders geschützter Arbeitnehmer nach § 25 IO, ZIK 202, 204), und hier insb auf eine stringente Anwendung der konkreten Schadenersatzanspruchsberechnung abstellen. Folgt man jedoch dem Grundsatz, dass AN so zu stellen sind, als ob das Arbeitsverhältnis von dem/der AG ordnungsgemäß gekündigt worden wäre, so kommt man zum Ergebnis, dass auch eine – grundsätzlich besonders schützenswerte – Situation wie jene einer Schwangerschaft, die erst rund ein Jahr nach dem Austrittszeitpunkt eintritt, keine weiteren Ansprüche der AN generieren kann.