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Krankengeld trotz Aussteuerung wegen neu hinzutretender Krankheit

MONIKADRS (WIEN)
  1. Der Versicherungsfall der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit liegt nur vor, wenn und solange die Arbeitsunfähigkeit auf eine Krankheit im sozialversicherungsrechtlichen Sinn zurückzuführen ist; zusätzlich ist der Eintritt der Arbeitsunfähigkeit erforderlich.

  2. Das Entstehen eines neuen Krankengeldanspruchs iSd § 139 Abs 4 ASVG (dh nach Aussteuerung) hat den Eintritt eines neuen Versicherungsfalls der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit zur Voraussetzung, für den alle gesetzlichen Bedingungen erfüllt sein müssen. Dazu ist es grundsätzlich erforderlich, dass eine zuvor bestandene Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit wegfällt.

  3. § 139 Abs 4 ASVG kommt bei zwei voneinander verschiedener Erkrankungen (Kniegelenksarthrose, Herzinfarkt) nicht zur Anwendung. Tritt eine Versicherte, deren Krankengeldanspruch wegen Ablaufs der Höchstdauer erschöpft ist, in der Folgezeit wieder in ein Versicherungsverhältnis (Notstandshilfebezug) ein und wird sie infolge einer anderen Krankheit als der Krankheit, für die sie bereits ausgesteuert worden ist, neuerdings arbeitsunfähig, so gilt dies als ein neuer Versicherungsfall. In diesem Fall kann nach kurzzeitiger Arbeitsfähigkeit ein neuer Krankengeldanspruch in voller Länge ausgeschöpft werden.

  4. Erfolgte der neuerliche Eintritt des Versicherungsfalls während der Dauer des Bezugs der Notstandshilfe, ist die Arbeitsunfähigkeit nicht mehr nach der zuletzt ausgeübten Berufstätigkeit, sondern nach den Verweisungsbestimmungen des pensionsrechtlichen Invaliditäts- bzw Berufsunfähigkeitsbegriffs (§§ 255, 273 ASVG) zu bestimmen, wobei die Zumutbarkeitskriterien des § 9 Abs 2 AlVG nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Im vorliegenden Fall ist daher entscheidend, ob die Kl vor ihrer neuerlichen Erkrankung (Herzinfarkt) arbeitsfähig iSd für sie maßgebenden pensionsrechtlichen Invaliditäts- bzw Berufsunfähigkeitsbegriffs war und sie diese Arbeitsfähigkeit durch ihre neuerliche Erkrankung wieder verloren hat.

Das sozialversicherungspflichtige Dienstverhältnis der Kl als Reinigungskraft endete am 25.8.2009. Beginnend mit 25.8.2009 [...] war sie aufgrund einer Kniegelenksarthrose (Gonarthrose) am linken Knie, und einer daraus resultierenden Arbeitsunfähigkeit krank gemeldet. Wegen der schon seit 2005 immer stärker werdenden Beschwerden wurde am 11.9.2009 am linken Knie eine Operation [...] durchgeführt [...]. Sie war seit der Operation [...] fortlaufend ohne Unterbrechung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz (am 22.3.2012) nicht in der Lage,411 den Anforderungen ihres früheren Berufs als Reinigungskraft (Raumpflegerin) zu entsprechen, weil zum Inhalt ihrer – früheren – arbeitsvertraglichen Tätigkeit auch – nicht mehr zumutbare – Reinigungsarbeiten auf Leitern, im Knien und in gebückter Haltung gehörten. Die Abnützungserscheinungen am Kniegelenk werden weiter fortschreiten, Therapien zur Besserung des Beschwerdebilds wie etwa schmerzstillende, entzündungshemmende- und abschwellende Medikamente, physikalische und physiotherapeutische Maßnahmen, Kur- und Rehabilitationsaufenthalte sind möglich. Letztlich kann auch eine Kniegelenksprothese eingesetzt werden. Dennoch wird die Kl nie mehr Tätigkeiten ausführen können, die ihrer zuletzt konkret ausgeübten Tätigkeit als Reinigungskraft entsprechen.

Nach Ende des Entgeltfortzahlungsanspruchs erhielt sie ab 1.9.2009 bis 30.8.2010 (somit in der Höchstdauer von 52 Wochen) Krankengeld. Ab 1.9.2010 bis 31.5.2011 bezog sie Pensionsvorschuss.

Im Jänner 2011 brachte sie eine Klage auf Gewährung der Invaliditätspension ein. Dieses Verfahren ergab, dass sie aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen nicht mehr in der Lage ist, den Beruf als Raumpflegerin auszuüben, am allgemeinen Arbeitsmarkt aber noch andere Berufstätigkeiten wie etwa jene einer Geschirrabräumerin, Ladnerin, Kassierin, Parkraumüberwacherin oder Kontrollarbeiterin verrichten kann. [...]

Der vom 1.9.2010 bis 31.3.2011 gewährte Pensionsvorschuss wurde daraufhin rückwirkend in Arbeitslosengeld umgewandelt. Seit 1.6.2011 erhält die Kl Notstandshilfe.

Am 8.8.2011 erlitt sie einen Herzinfarkt und war deshalb bis 25.8.2011 in stationärer Behandlung. Sie war nunmehr auch aufgrund des Herzinfarkts nicht in der Lage, ihren ehemaligen Beruf als Reinigungskraft auszuüben; dies jedenfalls bis 6.9.2011. Vom 8.8.2011 bis 6.9.2011 wurde der Bezug der Notstandshilfe von 24,31 € täglich unterbrochen.

Mit Bescheid vom 7.10.2011 lehnte die Bekl (Stmk GKK) den Antrag der Kl, ihr aufgrund ihres Herzinfarkts Krankengeld vom 8.8.2011 bis 6.9.2011 zu gewähren, unter Hinweis auf das Erreichen der Höchstanspruchsdauer von 52 Wochen ab.

Die Kl erhob dagegen Klage [...].

Sie brachte zusammengefasst vor, als Bezieherin von Leistungen aus der AlV sei sie der gesetzlichen KV unterlegen. Der (während des Bezugs von Notstandshilfe aufgetretene) Herzinfarkt begründe einen neuen Versicherungsfall, der Anspruch auf Krankengeld eröffne. Ein Herzinfarkt stelle ein von den Knie- und Wirbelsäulenbeschwerden völlig unabhängiges Krankheitsgeschehen dar, es bestehe keinerlei Zusammenhang. Schon die Länge der dazwischenliegenden Zeitspanne sei ein Hinweis darauf, dass es sich um zwei getrennte Versicherungsfälle handle. Zudem habe ab Sommer 2010 eine Besserung des Gesundheitszustands nicht mehr erwirkt werden können. Da sich der frühere Zustand verschlechtern und sie das Leistungskalkül, das dem Beruf einer Raumpflegerin entspreche, nicht mehr erreichen werde, sei diesbezüglich der Versicherungsfall der Arbeitsunfähigkeit infolge einer Krankheit nicht mehr gegeben, sondern liege ein Gebrechen vor.

Die Bekl beantragte die Klageabweisung und führte aus, bei Feststellung der Arbeitsunfähigkeit in der KV sei allein die zuletzt ausgeübte Tätigkeit maßgebend. Könne der Versicherte diese nicht mehr ausüben, liege Arbeitsunfähigkeit vor. Durch das Hinzutreten einer neuen Krankheit werde der Anspruch auf Krankengeld nicht berührt, sondern bilde mit der bereits vorhandenen Krankheit einen einheitlichen Versicherungsfall. Die Kl habe nach Ausschöpfung des gesetzlichen Höchstanspruchs auf Krankengeld die Arbeitsfähigkeit in ihrem zuletzt ausgeübten Beruf als Reinigungskraft (Raumpflegerin) nicht mehr erlangt, weshalb ein neuer Versicherungsfall der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit nicht habe eintreten können. Der Versicherungsfall der Krankheit habe weiter bestanden, weil der Kl weitere Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung gestanden seien. Ein Gebrechen sei nicht vorgelegen.

Der Höhe nach steht das streitgegenständliche Krankengeld für den Zeitraum 11.8.2011 bis 6.9.2011 mit 656,37 € (27 Tagessätze á 24,31 €) außer Streit.

Das Erstgericht wies das [...] Klagebegehren ab. Rechtlich ging es davon aus, der Herzinfarkt bilde keinen neuen Versicherungsfall, weil die Kl [...] durchgehend arbeitsunfähig geblieben sei. [...] Der Bezug von Arbeitslosengeld [...] begründe allein [...] keine Arbeitsfähigkeit. [...] Maßgeblich sei allein, ob sie nach Wegfall des Versicherungsfalls ihre ursprüngliche Tätigkeit als Raumpflegerin wieder ausüben könne, was zu verneinen sei.

Das Berufungsgericht gab der [...] Berufung der Kl nicht Folge. [...] Das Entstehen eines neuen Krankengeldanspruchs wegen Vorliegens derselben Krankheit setze [...] den Eintritt eines neuen Versicherungsfalls der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit voraus. Dazu sei erforderlich, dass eine zuvor bestehende Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit (Wiedererkrankung) wegfalle. [...] Zum Wegfall der Arbeitsunfähigkeit infolge der Gonarthrose sei es aber bei der Kl nicht gekommen. [...] Ein Gebrechen liege nicht vor. [...] Der Bestand von Krankenversicherungsschutz nach dem AlVG könne für sich allein keinen neuen Krankengeldanspruch erzeugen. Der Gesetzgeber gehe von der Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit und damit von einer Beschäftigungsaufnahme durch mindestens 13 Wochen aus, wenn eine Zusammenrechnung von altem und neuem Krankenstand (bei identer Erkrankung) vermieden werden solle. [...] Bei aufrechter krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit bleibe daher der Krankengeldbezug – unabhängig vom Arbeitslosengeld – und Notstandshilfebezug „ausgesteuert“. Die Frage der Arbeitsfähigkeit sei weiterhin an der ursprünglichen Tätigkeit der Kl als Reinigungskraft zu messen. [...]

In ihrer Revision hält die Kl zusammengefasst an ihrem Standpunkt fest, es lägen infolge zweier verschiedenartiger Erkrankungen zwei getrennte Versicherungsfälle vor. Die Ansicht, das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit als Reinigungskraft wegen des Knieleidens schließe jeglichen zukünftigen Versicherungsfall der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit aus, obwohl dieser nichts mit der bisherigen Erkrankung zu tun habe, führe zu dem eigenartigen Ergebnis, dass niemals mehr ein weiterer Krankheitsfall eintreten könne. Dem stehe entgegen, dass das Gesetz den412 Krankengeldanspruch nur für ein und denselben Versicherungsfall begrenze. Darüber hinaus liege mangels Behebbarkeit des Leidenszustands im Bereich des Knies keine Krankheit im sozialversicherungsrechtlichen Sinn mehr vor, sondern ein Gebrechen, weshalb auch aus diesem Grund die gesetzlichen Voraussetzungen für einen neuen Versicherungsfall erfüllt seien.

Dazu ist auszuführen:

1. Der Versicherungsfall der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit gilt mit dem Beginn der durch eine Krankheit – das ist ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand, der die Krankenbehandlung notwendig macht – herbeigeführten Arbeitsunfähigkeit als eingetreten (§ 120 Z 2 ASVG).

Aus dieser Definition ergibt sich, dass

  • der Versicherungsfall nur vorliegt, wenn und solange die Arbeitsunfähigkeit auf eine Krankheit im sozialversicherungsrechtlichen Sinn zurückzuführen ist und

  • zusätzlich der Eintritt der Arbeitsunfähigkeit erforderlich ist (10 ObS 194/06m; SSV-NF 21/15).

Fällt – wenn auch bei Weiterbestehen der Krankheit – die Arbeitsunfähigkeit weg, so ist der Versicherungsfall beendet (10 ObS 194/06m mwN = SSV-NF 21/15 = DRdA 2008/42, 430 [Naderhirn] = ZAS 2008/34, 232 [Binder]).

2.1. Die Leistungsansprüche des erkrankten Versicherten sind im Interesse der Aufrechterhaltung der Finanzierbarkeit zeitlich beschränkt. Gem § 139 Abs 1 ASVG besteht Krankengeldanspruch für ein und denselben Versicherungsfall bis zur Dauer von 26 Wochen, auch wenn während dieser Zeit zu der Krankheit, welche die Arbeitsunfähigkeit zuerst verursachte, eine neue Krankheit hinzugetreten ist. Wenn der Anspruchsberechtigte innerhalb der letzten zwölf Monate vor dem Eintritt des Versicherungsfalls mindestens sechs Monate in der KV versichert war, verlängert sich für diese Personen, ausgenommen für die nach § 122 Abs 2 Z 2 bis 4 ASVG Anspruchsberechtigten, die Dauer auf bis zu 52 Wochen.

2.2. Entsteht nach Wegfall des Krankengeldanspruchs vor Ablauf der Höchstdauer neuerlich, und zwar innerhalb von 13 Wochen, infolge der Krankheit, für die der weggefallene Krankengeldanspruch bestanden hat, ein Anspruch auf Krankengeld, so werden die Anspruchszeiten für diese Krankheitsfälle zur Feststellung der Höchstdauer zusammengerechnet; die neuerliche mit Arbeitsunfähigkeit verbundene Erkrankung gilt als Fortsetzung der vorausgegangenen Erkrankung (§ 139 Abs 3 Satz 1 ASVG). Ein einheitlicher Versicherungsfall iSd § 139 Abs 3 ASVG liegt somit dann vor, wenn mehrere Krankheiten nebeneinander wirken oder sich ablösen oder auch wenn innerhalb von 13 Wochen jene Krankheit wieder auftritt, für die der weggefallene Krankengeldanspruch bestanden hat (Schober in

Sonntag
, ASVG3 § 139 Rz 3 f mwN).

2.3. Ist mit dem Wegfall des Krankengeldanspruchs die Höchstdauer abgelaufen, so kann ein neuer Anspruch auf Krankengeld infolge der Krankheit, für die der weggefallene Krankengeldanspruch bestanden hat, erst wieder entstehen, wenn der Erkrankte in der Zwischenzeit durch mindestens 13 Wochen in einer den Anspruch auf Krankengeld eröffnenden gesetzlichen KV oder durch mindestens 52 Wochen in einer sonstigen gesetzlichen KV versichert war (§ 139 Abs 4 Satz 1 ASVG). Durch den Bestand einer Versicherung von beträchtlicher Dauer soll der Versicherte eine neue Anwartschaft auf Krankengeld erwerben, auch wenn die Wiedererkrankung auf dieselbe nicht behobene Krankheitsursache zurückgeht, wie im früheren Versicherungsfall, bei dem er bereits ausgesteuert wurde (10 ObS 267/01i, SSV-NF 15/113 = DRdA 2003/2, 31 [Binder]). Die Regelung des § 139 Abs 4 ASVG stellt somit ebenfalls auf jene Fälle ab, in denen die Arbeitsunfähigkeit auf dieselbe Krankheit zurückgeht, „für die der weggefallene Krankengeldanspruch bestanden hat“. Das Entstehen dieses neuen Krankengeldanspruchs iSd § 139 Abs 4 ASVG hat dabei den Eintritt eines neuen Versicherungsfalls der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit zur Voraussetzung, für den alle gesetzlichen Bedingungen erfüllt sein müssen. Dazu ist es grundsätzlich erforderlich, dass eine zuvor bestandene Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit wegfällt (Schober in

Sonntag
, ASVG3 § 139 Rz 6 mwN; RIS-Justiz RS0115579).

2.4. Der Krankengeldanspruch der Kl aufgrund der Knieerkrankung, die ihre Arbeitsunfähigkeit als Reinigungskraft bewirkte, war mit Ablauf der Höchstdauer von 52 Wochen (Aussteuerung) am 30.8.2010 weggefallen. Eine Anwendung der Bestimmung des § 139 Abs 3 ASVG kommt daher nicht in Betracht. Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen kommt aber auch die Bestimmung des § 139 Abs 4 ASVG im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung, weil die bei der Kl diagnostizierte Gonarthrose und der bei ihr am 8.8.2011 aufgetretene Herzinfarkt nicht als idente, sondern als voneinander verschiedene Erkrankungen iSd § 139 Abs 4 ASVG anzusehen sind. Tritt eine Versicherte, deren Krankengeldanspruch wegen Ablaufs der Höchstdauer erschöpft ist, in der Folgezeit wieder in ein Versicherungsverhältnis ein und wird sie infolge einer anderen Krankheit als der Krankheit, für die sie bereits ausgesteuert worden ist, neuerdings arbeitsunfähig, so gilt dies als ein neuer Versicherungsfall (Schober in

Sonntag
, ASVG3 § 139 Rz 6). In diesem Fall kann nach kurzzeitiger Arbeitsfähigkeit ein neuer Krankengeldanspruch in voller Länge ausgeschöpft werden (vgl M. Binder in seiner Entscheidungsbesprechung in DRdA 2003/2, 31 [34]).

3. Die Kl bezog zum Zeitpunkt des Herzinfarkts eine Leistung aus der AlV, nämlich Notstandshilfe nach § 6 Abs 1 Z 2 AlVG. Als Bezieherin einer Leistung aus der AlV war sie während des Leistungsbezugs krankenversichert (§ 40 Abs 1 AlVG), sodass ihr grundsätzlich auch Anspruch auf Krankengeld gebührt, und zwar in der Höhe des letzten Leistungsbezugs nach dem AlVG (§ 40 Abs 1 AlVG).

4. Arbeitsunfähigkeit iSd § 120 Abs 1 Z 2 ASVG liegt vor, wenn der Erkrankte nicht oder doch nur mit der Gefahr, seinen Zustand zu verschlimmern, fähig ist, seiner zuletzt ausgeübten Erwerbstätigkeit nachzugehen. Der Wegfall der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit ist daher anzunehmen, wenn der Versicherte in der Lage ist, seine arbeitsvertraglich vereinbarte Tätigkeit wieder aufzunehmen, ohne dass dadurch eine Schädigung der Gesundheit oder eine Verschlimmerung seines Zustands zu erwarten ist (10 ObS 194/06m mwN).413

5. Im vorliegenden Fall ist jedoch entgegen der Rechtsansicht der Vorinstanzen zu berücksichtigen, dass der zwischen den Parteien strittige neuerliche Eintritt des Versicherungsfalls der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit am 8.8.2011 längst nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses der Kl als Reinigungskraft am 25.8.2009 und nach Ablauf der Schutzfrist nach § 122 Abs 2 ASVG erfolgte (vgl 10 ObS 57/01g, SSV-NF 15/40 ua), sodass für die Beurteilung der Frage der Arbeitsunfähigkeit der Kl nicht mehr von den Anforderungen in der von ihr zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Reinigungskraft auszugehen ist. Die Kl bezog im Zeitpunkt des möglichen Eintritts des neuerlichen Versicherungsfalls der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit am 8.8.2011 Notstandshilfe. Nach stRsp ist der Eintritt der Arbeitsunfähigkeit während der Dauer des Arbeitslosengeldbezugs (bzw der Notstandshilfe) nicht mehr nach der zuletzt ausgeübten Berufstätigkeit (hier einer Reinigungskraft), sondern nach den Verweisungsbestimmungen des pensionsrechtlichen Invaliditäts- bzw Berufsunfähigkeitsbegriffs (§§ 255, 273 ASVG) zu bestimmen, wobei die Zumutbarkeitskriterien des § 9 Abs 2 AlVG nicht außer Acht gelassen werden dürfen (RIS-Justiz RS0115875).

6. Im vorliegenden Fall ist daher für einen neuerlichen Eintritt des Versicherungsfalls der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit entscheidend, ob die Kl vor ihrem am 8.8.2011 erlittenen Herzinfarkt arbeitsfähig iSd für sie maßgebenden pensionsrechtlichen Invaliditäts- bzw Berufsunfähigkeitsbegriffs war und sie diese Arbeitsfähigkeit durch ihre neuerliche Erkrankung wieder verloren hat. Dazu bedarf es ergänzender Feststellungen durch das Erstgericht [...]. Es werden Feststellungen zu treffen sein, ob die Kl vor Eintritt des Herzinfarkts in der Lage war, Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten.

Daher [...] waren die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Sozialrechtssache an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.

Anmerkung
1
Krankheit

Für einen Krankengeldanspruch ist es erforderlich, dass Arbeitsunfähigkeit vorliegt und diese auf einer Krankheit beruht (siehe Drs in

Mosler/Müller/Pfeil
[Hrsg], Der SV-Komm [2013] § 138 Rz 29 ff). § 120 ASVG definiert Krankheit als regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand, wobei es – im Gegensatz zum Arbeitsrecht – auch darauf ankommt, dass eine Krankenbehandlung notwendig ist. Dies ist aber bereits als gegeben anzusehen, wenn die ärztliche Behandlung dazu dient, Schmerzen oder sonstige Beschwerden zu lindern (siehe Windisch-Graetz in
Mosler/Müller/Pfeil
[Hrsg], Der SV-Komm § 120 Rz 5). Bei Arbeitsunfähigkeit infolge eines Gebrechens gebührt hingegen kein Krankengeld. Im Anlassfall hat der OGH – abweichend von der Rechtsansicht der Kl – aber mE zu Recht festgestellt, dass kein Gebrechen, sondern durchgehend eine Krankheit vorliegt, da noch Therapien zur Besserung des Beschwerdebilds möglich waren.

2
Neuer oder einheitlicher Versicherungsfall

Zu klären ist aber noch die Frage, ob ein einheitlicher Versicherungsfall vorliegt. Gem § 139 Abs 1 ASVG gebührt Krankengeld für ein und denselben Versicherungsfall bis zu der in § 139 ASVG normierten Maximaldauer (26, 52, 78 Wochen). Der Versicherungsfall endet mit Wegfall der Arbeitsunfähigkeit bzw Krankheit im sozialversicherungsrechtlichen Sinn (Schober in

Sonntag
, ASVG4 § 139 Rz 6 letzter Satz; Drs in
Mosler/Müller/Pfeil
[Hrsg], Der SV-Komm § 138 Rz 66 f). Das gilt auch nach Ausschöpfung der maximalen Anspruchsdauer. Der Versicherungsfall endet also nicht, solange die Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit noch andauert. Ein neuer Versicherungsfall und damit ein neuer Anspruch auf Krankengeld entstehen, wenn die neuerliche Arbeitsunfähigkeit auf einer anderen Krankheit beruht. Basiert die neuerliche Arbeitsunfähigkeit auf derselben Krankheit, für die der weggefallene Krankengeldanspruch bestanden hat, sieht das Gesetz eine Wartefrist vor, innerhalb der die Versicherungsfälle zusammenzurechnen sind; die Fortsetzungserkrankung ist dann als einheitlicher Versicherungsfall zu sehen. Erst nach Ablauf dieser Wartefrist handelt es sich um einen neuen Versicherungsfall, für den die Anspruchsvoraussetzungen neu zu prüfen sind.

Der Gesetzgeber unterschiedet dabei zwischen zwei Fallvarianten: 1. Der Wegfall des Krankengeldanspruchs erfolgt vor Ausschöpfung der Höchstdauer des Krankengeldanspruchs; dieser hier nicht relevante Fall ist in § 139 Abs 3 ASVG geregelt. Dort ist eine 13-wöchige Wartefrist vorgesehen. Erst danach findet keine Zusammenrechnung mehr statt, auch wenn die neuerliche Arbeitsunfähigkeit auf derselben Krankheit beruht. 2. Der Wegfall des Krankengeldanspruchs erfolgt nach Ausschöpfung der Höchstdauer des Krankengeldanspruchs. Dieser in § 139 Abs 4 ASVG normierte Fall wird auch Aussteuerung genannt. Aufgrund derselben Krankheit entsteht erst wieder ein neuer Versicherungsfall und damit ein neuer Krankengeldanspruch, wenn die betreffende Person in der Zwischenzeit mindestens 13 Wochen in einer den Anspruch auf Krankengeld eröffnenden gesetzlichen KV (zB DN, Geldleistungsbezieher nach dem AlVG) oder mindestens 52 Wochen in einer sonstigen gesetzlichen KV (zB nach BSVG, Selbstversicherte gem § 16 ASVG) versichert war.

Auch nach Abs 4 ist es nach hM aber erforderlich, dass die Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit zunächst einmal wegfällt; anderenfalls kann kein neuer Krankengeldanspruch entstehen (Drs in

Mosler/Müller/Pfeil
[Hrsg], Der SV-Komm § 139 Rz 24 mwN). Dementsprechend hat der OGH bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit bereits wiederholt entschieden, dass ein einheitlicher Versicherungsfall vorlag (OGH10 ObS 266/01tRdW 2002/165: durchgehende Herzerkrankung; OGH10 ObS 267/01iDRdA 2003/2, 31 [zust Binder] = ZAS 2002/21, 179 [krit Pfeil]: chronisches Handekzem). In diesen Fällen gebührt auch dann kein neuer Krankengeldanspruch, wenn der Versicherte zwischenzeitig in einer den Anspruch auf Krankengeld eröffnenden gesetzlichen KV versichert war. Der414 Bezug einer Geldleistung nach dem AlVG vermag für sich allein die Arbeitsfähigkeit ebenso wenig zu begründen wie die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit. Ob in der fraglichen Zeit Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit bestand, ist nach dem ASVG (unabhängig von den Ergebnissen des nach dem AlVG geführten Verfahrens) zu prüfen.

Pfeil verlangt hingegen für das Entstehen eines neuen Krankengeldanspruchs lediglich ein bestimmtes Quantum an neuen Versicherungszeiten. Solche werden zwar faktisch meist erst dann erworben werden können, wenn auch die Arbeitsunfähigkeit weggefallen ist; sE sind aber auch andere Fallkonstellationen möglich, zB wenn ein im Hinblick auf seine bisherige Tätigkeit – aufgrund der weiter bestehenden Erkrankung – nach wie vor arbeitsunfähiger Versicherter einer anderen, im Hinblick auf seine Krankheit weniger beanspruchenden Tätigkeit nachgeht und daraus neue Krankenversicherungszeiten erwirbt.

ME sprechen die überzeugenderen Argumente für die vom OGH – auch im Anlassfall – vertretene Ansicht, auch wenn der Wortlaut des § 139 Abs 4 ASVG uU eine andere Auslegung zulässt. Der Gesetzgeber wollte (zur Aufrechterhaltung der Finanzierbarkeit des Systems) die maximale Krankengeldanspruchsdauer pro (Versicherungs-)Fall beschränken und nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen (ua vorheriger Wegfall der Arbeitsunfähigkeit) einen neuen Anspruch zuerkennen. Das ergibt sich aus § 139 Abs 1 ASVG (der sogar bei neu hinzutretenden bzw sich ablösenden Krankheiten einen neuen Krankengeldanspruch verneint), aber zB auch aus Abs 3 (wonach eine Fortsetzungserkrankung innerhalb der Wartefrist als einheitlicher Versicherungsfall zu qualifizieren ist). Dasselbe muss erst recht für jene Fälle gelten, in denen der Krankengeldanspruch nur wegen Ausschöpfung der Maximaldauer geendet hat. Die andere Formulierung der Wartefrist in Abs 3 und Abs 4 ist wohl darauf zurückzuführen, dass Fälle mit Aussteuerung regelmäßig mit dem Verlust des Arbeitsplatzes verbunden sind, was den Gesetzgeber offensichtlich dazu veranlasst hat, auch jene gesetzlichen Krankenversicherungen zu berücksichtigen, die keinen Krankengeldanspruch vorsehen (wenn auch nur mit einem Viertel der Zeit, weshalb bei dieser eine Wartefrist von 52 Wochen erforderlich ist). Eine weitergehende Bevorzugung der ausgesteuerten AN war damit mE nicht beabsichtigt und ist auch nicht zu rechtfertigen. Dh ein neuer Krankengeldanspruch kann nur entstehen, wenn die Versicherte vorübergehend arbeitsfähig war, da sonst nach wie vor ein einheitlicher Versicherungsfall vorliegt, für den der Krankengeldanspruch bereits erschöpft ist.

2.1
Arbeitsunfähigkeit – zulässiges Verweisungsfeld

Da das Arbeitsverhältnis der Kl aber inzwischen beendet wurde und sie im fraglichen Zeitpunkt Notstandshilfe bezogen hat, stellt sich die Frage nach dem Verweisungsfeld bei der Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit (wobei gleich vorweg anzumerken ist, dass der vorliegende Fall nicht mit jenen vergleichbar ist, in denen ein Versicherter zwei rechtlich voneinander unabhängigen Beschäftigungsverhältnissen nachgeht – vgl Drs in

Mosler/Müller/Pfeil
[Hrsg], Der SV-Komm, insb § 138 Rz 50, 53).

Nach dem ASVG ist nicht auf den allgemeinen Arbeitsmarkt oder auf die zuletzt tatsächlich ausgeübte Tätigkeit, sondern auf den dienstvertraglich vereinbarten Tätigkeitsbereich abzustellen. Bezugspunkt sind also jene Tätigkeiten, die der Erkrankten ohne Änderungskündigung bzw dienstvertragliche Zusatzvereinbarung zugewiesen werden können (Drs in

Mosler/Müller/Pfeil
[Hrsg], Der SV-Komm § 138 Rz 40 ff mwN). Ausschlaggebend war daher, ob die Versicherte noch als Reinigungskraft tätig sein konnte, was nach dem festgestellten Sachverhalt nicht der Fall war.

Es stellt sich aber die Frage, ob dies auch für arbeitslose DN gilt. Immerhin entspricht es der stRsp des OGH, dass bei Geldleistungsbeziehern nach dem AlVG zur Ermittlung der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit gem § 8 Abs 1 AlVG die Verweisungsbestimmungen des pensionsrechtlichen Invaliditäts- bzw Berufsunfähigkeitsbegriffs des § 255 bzw § 273 ASVG heranzuziehen sind, wobei aber auch die Zumutbarkeitskriterien des § 9 Abs 2 AlVG zu beachten sind (Drs in

Mosler/Müller/Pfeil
[Hrsg], Der SV-Komm § 138 Rz 47 mwN). Verweisungsfeld für ungelernte AN – wie die Kl – ist grundsätzlich der gesamte Arbeitsmarkt (Sonntag in
Sonntag
, ASVG4 § 255 Rz 126 mwN). Das pensionsversicherungsrechtliche Verfahren ergab, dass die Kl aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen noch in der Lage war, am allgemeinen Arbeitsmarkt andere Berufstätigkeiten wie etwa jene einer Geschirrabräumerin, Ladnerin, Kassierin, Parkraumüberwacherin oder Kontrollarbeiterin zu verrichten. Aus den Sachverhaltsfeststellungen geht nicht hervor, dass der Kl diese Tätigkeiten gem § 9 Abs 2 AlVG nicht zumutbar wären.

2.2
Zulässiges Verweisungsfeld bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit

In diesem Zusammenhang ist zu bedenken, dass es sich im Anlassfall um eine durchgehende (Knie-)Erkrankung gehandelt hat, zu der nach knapp zwei Jahren eine weitere Erkrankung (Herzinfarkt) hinzugetreten ist (dh es liegt zwar zwischen dem Eintritt der Ersterkrankung und der hinzutretenden Neuerkrankung – wie von der Kl vorgebracht – ein langer Zeitraum, aber mit durchgehender Erkrankung). Selbst bei Fortsetzungserkrankungen entspricht es hM, dass so vorzugehen ist, als ob ein durchgehender Versicherungsfall vorgelegen wäre, weshalb der Krankengeldanspruch zB sofort, dh ohne dreitägige Karenz (siehe § 138 Abs 1 ASVG) entsteht, das erhöhte Krankengeld (60 % der Bemessungsgrundlage ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit; siehe § 141 ASVG) sofort gebührt und dieselbe Bemessungsgrundlage wie bei der Ersterkrankung gilt (siehe Drs in

Mosler/Müller/Pfeil
[Hrsg], Der SV-Komm § 139 Rz 20 mwN). Dasselbe muss wohl konsequenterweise auch für das Verweisungsfeld gelten, das im Ergebnis darüber entscheidet, ob Arbeitsunfähigkeit vorliegt. Bei Fortsetzungserkrankungen, die mit Krankenständen in aufrechtem Arbeitsverhältnis zusammenzurechnen sind, ist daher415 auch bei Arbeitslosengeldbeziehern der ursprüngliche dienstvertragliche Tätigkeitsbereich als Maßstab für die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit heranzuziehen. Binder () differenziert hingegen danach, ob es sich um einen Neueintritt nach oder vor Beendigung des Dienstverhältnisses handelt. Im ersten Fall spricht er sich analog zu den Arbeitslosengeldbeziehern für ein weiteres Verweisungsfeld aus. Im zweiten Fall darf die Vertragsbeendigung sE nicht zu einer Beeinträchtigung des Krankengeldanspruchs führen, weshalb der dienstvertragliche Tätigkeitsbereich als Maßstab für die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit heranzuziehen ist.

Diesbezüglich ist auch auf die Stellungnahme von Jabornegg (

) zu verweisen, der auf den Zeitpunkt abstellt, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist; spätere Änderungen (zB Beendigung des Dienstverhältnisses) sind sE nicht mehr zu berücksichtigen: Bei DN, deren Dienstverhältnis während des Krankengeldbezugs endet, ist daher die zuletzt ausgeübte Tätigkeit maßgebend, während bei Personen, die bereits bei Eintritt des Versicherungsfalls Arbeitslosengeld bezogen haben, die pensionsrechtlichen Verweisungsbestimmungen relevant sind.

Dies muss mE konsequenterweise für alle Krankenstände gelten, die als einheitlicher Versicherungsfall zu werten sind. Daher kann es sowohl bei Fortsetzungserkrankungen als auch bei durchgehender Erkrankung zu keiner Änderung des Verweisungsfeldes kommen. Dh der ursprüngliche bei Eintritt des Versicherungsfalls maßgebliche Tätigkeitsbereich (Dienstvertrag) ist als Maßstab für die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit heranzuziehen.

2.3
Neu hinzutretende Krankheit

Ein neuer Versicherungsfall und damit ein neuer Krankengeldanspruch entstehen grundsätzlich dann, wenn die Arbeitsunfähigkeit auf einer anderen Krankheit beruht. Dabei ist aber zu beachten, dass § 139 Abs 1 Satz 1 ASVG ausdrücklich vorsieht, dass die in § 139 normierte Maximaldauer auch dann gilt, wenn zu der Krankheit, die die Arbeitsunfähigkeit zuerst verursacht hat, bloß eine neue Krankheit hinzutritt. Dh bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit liegt trotz neu hinzutretender oder sich ablösender Krankheit ein einheitlicher Versicherungsfall vor (Drs in

Mosler/Müller/Pfeil
[Hrsg], Der SV-Komm § 139 Rz 5 mwN; aA Binder, ZAS 2008/34, 237, der bei zwei Krankheiten, die jeweils für sich alleine zur Arbeitsunfähigkeit führen, von zwei getrennten Versicherungsfällen ausgeht, auch wenn die beiden krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeiten unmittelbar aneinander anschließen oder sich sogar zeitlich überlappen).

Im Anlassfall leidet die Versicherte an einer Knieerkrankung, die mit 25.8.2009 zur Arbeitsunfähigkeit geführt hat; die Versicherte war seitdem ohne Unterbrechung nicht mehr in der Lage, den Anforderungen des Berufs als Reinigungskraft nachzukommen; zusätzlich erlitt sie am 8.8.2011 einen Herzinfarkt. Eine neu hinzutretende Krankheit ist gem § 139 Abs 1 ASVG so zu behandeln, als ob die ganze Zeit nur eine Krankheit vorgelegen wäre. Dies muss mE auch für jene Fälle gelten, in denen eine Versicherte bereits ausgesteuert ist, den Arbeitsplatz verliert und inzwischen Notstandshilfe bezieht. Der Wortlaut des ASVG „auch wenn während dieser Zeit“ zu der (ersten) Krankheit eine neue hinzugetreten ist, darf mE nicht so ausgelegt werden, dass nur neu hinzutretende Krankheiten während der Maximaldauer des Krankengeldanspruchs (hier 52 Wochen) zu berücksichtigen sind. Das muss vielmehr für alle während eines Versicherungsfalls hinzutretenden Krankheiten gelten, für die im Interesse der Finanzierbarkeit des Krankenversicherungssystems die Bezugsdauer zeitlich begrenzt wurde. Der Versicherungsfall ist aber erst mit dem Wegfall der Arbeitsunfähigkeit bzw der Krankheit im sozialversicherungsrechtlichen Sinn beendet (siehe oben Kap 2). Bei einheitlichem Versicherungsfall ist der „alte“ Verweisungsmaßstab unverändert heranzuziehen. Dies gilt unabhängig davon, dass Arbeitslose nach dem AlVG idR auf den gesamten Arbeitsmarkt verweisbar sind und die Kl nach dem AlVG uU zwischenzeitig arbeitsfähig gewesen wäre.

Würde sich hingegen der Verweisungsmaßstab schon während eines Versicherungsfalls ändern, müsste bei jedem Versicherten, der arbeitslos wird und nicht nur bei Hinzutreten einer neuen Krankheit, der Krankengeldanspruch neuerlich nach dem Maßstab des AlVG geprüft werden. Damit hätte die Kl aber bereits mit Beginn der Arbeitslosigkeit den Krankengeldanspruch verlieren müssen, wenn sich herausstellen sollte, dass sie – trotz unverändertem Gesundheitszustand – nach den Beurteilungsmaßstäben des AlVG (allgemeiner Arbeitsmarkt) arbeitsfähig gewesen wäre. Dieses Ergebnis würde mE zu einem wesentlich eigenartigeren Ergebnis führen als der von der Kl vorgebrachte Umstand, dass eine ausgesteuerte Versicherte bei durchgehender Erkrankung bei Hinzutreten einer weiteren Krankheit keinen Krankengeldanspruch mehr erwerben kann. Die Auslegung des OGH ist mE aber auch aus Sachlichkeitsüberlegungen abzulehnen, da diese Arbeitslose gegenüber DN im aufrechten Arbeitsverhältnis wesentlich begünstigen würde.

3
Conclusio

Abschließend ist daher festzuhalten, dass der OGH zu Recht darauf hingewiesen hat, dass es sich bei der Knieerkrankung aufgrund der Behandelbarkeit des Leidens um kein Gebrechen, sondern um eine Krankheit iSd ASVG handelt.

Ebenso zuzustimmen ist dem OGH, dass auch Fortsetzungserkrankungen eines vorherigen Wegfalls der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit bedürfen, um als neuer Versicherungsfall eingestuft zu werden und damit ein neuer Krankengeldanspruch entstehen kann.

Dass bei einheitlichem Versicherungsfall eine Zusammenrechnung stattzufinden hat, hat aber mE in jeder Hinsicht und damit auch für das Verweisungsfeld zu gelten. Daher ist bei der Beurteilung des Verweisungsfeldes auf den Zeitpunkt des „erstmaligen“ Eintritts der Arbeitsunfähigkeit abzustellen. Das gilt mE nicht nur bei Fortsetzungserkrankungen, sondern erst recht bei durchgehendem Krankheitsverlauf. Im Anlassfall war die Versicherte bei Eintritt des Versiche416rungsfalls noch als Raumpflegerin tätig (das Arbeitsverhältnis endete am Tag, an dem sie sich krankmeldete); Verweisungsfeld ist daher der dienstvertraglich vereinbarte Tätigkeitsbereich als Reinigungskraft. Das gilt auch für bereits ausgesteuerte Personen.

Nicht nachzuvollziehen ist mE die Aussage des OGH, dass § 139 Abs 4 ASVG aufgrund zweier unterschiedlicher Krankheiten (Knieerkrankung, Herzinfarkt) nicht zur Anwendung kommt. Dabei übersieht der OGH, dass gem § 139 Abs 1 ASVG neu hinzutretende Krankheiten als einheitlicher Versicherungsfall zu sehen sind, weshalb kein neuer Krankengeldanspruch entsteht.

Dass die Versicherte uU in der Zwischenzeit in der Lage gewesen wäre, die nach den arbeitslosenversicherungsrechtlichen Vorschriften verweisbaren Tätigkeiten auszuüben (zumutbare Beschäftigung am allgemeinen Arbeitsmarkt), ist hier nicht von Bedeutung, da aufgrund der durchgehenden Erkrankung ein einheitlicher Versicherungsfall vorliegt, weshalb derselbe Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit heranzuziehen ist, der bereits bei Eintritt gegolten hat. Daher hätten die Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt werden müssen.