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[VfGH und OGH zur Zulässigkeit von „Fraktionsstimmzetteln“ bei Betriebsratswahlen]

HANNESSCHNELLER (WIEN)
  1. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass der Fraktionsstimmzettel nicht als „anderer Stimmzettel“ iSv § 59 Abs 1 letzter Satz ArbVG verwendet werden darf, hätte er dem im Gesetz oder zumindest in den Materialien Ausdruck zu verleihen gehabt, zumal ihm der Einsatz von Fraktionsstimmzetteln bei Verabschiedung der ArbVG-Novelle 1990 bekannt war.

  2. Die Verteilung der Fraktionsstimmzettel direkt vor den Wahllokalen stellt keinen Wahlanfechtungsgrund iSd § 59 Abs 1 ArbVG dar. Es ist von einer beabsichtigten Lücke in der BRWO auszugehen. Vom Gesetzgeber beabsichtigte Lücken rechtfertigen einen Umkehrschluss, sodass anders als etwa bei einer Nationalratswahl (§ 58 NRWO) oder einer Arbeiterkammerwahl (§ 35 AKWO) bei einer Betriebsratswahl keine Verbotszone zu beachten ist.

  3. Es ist völlig unerheblich, wer diesen „anderen Stimmzettel“ erstellt hat und durch welche Schriftzeichen – hand- oder maschinengeschrieben oder (wie hier) gestempelt – der Wählerwille ausgedrückt wird, weil der Wahlvorgang (in der Wahlzelle und abseits der Briefwahl) grundsätzlich die Abgabe des Stimmzettels ist (§ 24 Abs 2 BRWO), wozu (nur) beim einheitlichen Stimmzettel noch das Ausfüllen desselben hinzutritt. Enthält das Wahlkuvert einen gültigen und einen leeren (unausgefüllten) Stimmzettel, so liegt eine gültige Stimme für die wahlwerbende Gruppe vor, auf welche der Fraktionsstimmzettel hinweist.

Am 16.3.2016 fand die Betriebsratswahl des Angestellten-Betriebsrats der v* GmbH statt. Bei der Wahl traten die klagende und eine andere wahlwerbende Gruppe an. Der Wahlvorstand legte einheitliche Stimmzettel auf, auf welchen unter Liste-Nr 2 die Kl, unter Liste-Nr 1 die andere wahlwerbende Gruppe jeweils samt der Kurzbezeichnung angeführt war. Die andere wahlwerbende Gruppe erstellte persönliche Stimmzettel, die von der Gestaltung her den einheitlichen Stimmzetteln entsprachen, auf denen anstatt des Aufdrucks Liste 1 und 2 und der jeweiligen Bezeichnung und Kurzbezeichnung aber allein (unter der Rubrik „Listenbezeichnung“) ein Name eines ihrer Kandidaten aufgestempelt war. Die Kl verwendete keine persönlichen Stimmzettel.403

Bei der Auszählung wurden 118 Stimmen für die Kl und 2080 Stimmen für die andere wahlwerbende Gruppe gewertet. Die Wahlzahl betrug 122,35. Die Kl erlangte kein Mandat. Sämtliche 17 Mandate wurden der anderen wahlwerbenden Gruppe zugeschlagen. Das Wahlergebnis wurde am 17.3.2016 kundgemacht.

Die Kl begehrt mit ihrer beim Erstgericht am 14.4.2016 eingebrachten Klage, die Betriebsratswahl des Angestellten-BR der v* GmbH vom 16.3.2016 für unwirksam zu erklären. Sie brachte in der Klagsschrift vor, der Wahlvorstand habe der anderen wahlwerbenden Gruppe ein Muster des einheitlichen Stimmzettels zur Verfügung gestellt, der Kl ein solches hingegen verweigert. Allein die andere wahlwerbende Gruppe habe hierauf dem einheitlichen Stimmzettel in der Größe gleichende „persönliche Stimmzettel“, versehen jeweils allein mit dem aufgestempelten Namen eines ihrer Kandidaten, verteilt. Die Verteilung sei direkt vor den Wahllokalen erfolgt, weshalb es für den Wähler nicht erkennbar gewesen sei, ob es sich bereits um den amtlichen Stimmzettel handle. Das Verteilen dieser Stimmzettel direkt vor dem Wahllokal stelle ein massiv wahlbeeinflussendes Verhalten dar und widerspreche der sinngemäß anzuwendenden Bestimmung des § 58 NRWO über Verbotszonen. Auch der Grundsatz der geheimen Wahl sei verletzt, „da die Wähler durch dieses Verhalten dazu genötigt werden, den zweiten ‚amtlichen‘ Stimmzettel gar nicht mehr anzunehmen“. Etwa 200 bis 300 Wähler hätten sowohl den „amtlichen“ Stimmzettel, ohne darauf eine der beiden wahlwerbenden Gruppen angekreuzt zu haben, als auch den vor dem Wahllokal verteilten Stimmzettel in das Wahlkuvert gelegt. Diese Stimmen seien entgegen § 24 BRWO nicht als ungültig gewertet, sondern der anderen wahlwerbenden Gruppe zugerechnet worden. Nach § 56 ArbVG hätte, zumal die Ausnahmetatbestände von dessen Abs 4 nicht griffen, die Stimmabgabe zwingend mittels des einheitlichen („amtlichen“) Stimmzettels zu erfolgen gehabt, weshalb es sich bei den von der anderen wahlwerbenden Gruppe verteilten („persönlichen“) Stimmzetteln nur um Reklamematerial handeln könne. Jene Bestimmungen der BRWO, welche „andere“ als die einheitlichen, amtlichen Stimmzetteln zuließen, widersprächen § 56 ArbVG und seien folglich „nichtig“. Es lägen damit Verstöße gegen wesentliche Bestimmungen des Wahlverfahrens vor. Diese seien geeignet, das Wahlergebnis zu beeinflussen, da die für die Kl gewerteten Stimmen die Wahlzahl nur knapp unterschritten hätten. Wären 300 ungültige Stimmen korrekterweise als solche gezählt worden, hätte sich auch die Wahlzahl geändert und es wären auf die Kl zwei Mandate entfallen.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Es ging von dem eingangs wiedergegebenen sowie im Wesentlichen von folgendem Sachverhalt aus: Der Wahlvorstand beschloss am 23.2.2016, dass die voraussichtliche Größe des einheitlichen Stimmzettels A6 sein wird und nach § 24 Abs 5b der BRWO die Verwendung eines eigenen, persönlichen oder fraktionellen Stimmzettels erlaubt sei, der Stimmzettel allerdings nicht im Wahllokal verteilt wird. Am 2.3.2016 händigte der Vorsitzende des Wahlvorstands den Listenführern der beiden wahlwerbenden Gruppen ein Muster des vorläufigen einheitlichen Stimmzettels aus, der dem dann tatsächlich verwendeten einheitlichen Stimmzettel entsprach. In einer weiteren Sitzung wurde am 3.3.2016 festgelegt, dass Stimmzettel mit Namen von Betriebsratskandidaten (i.e. „persönlicher Stimmzettel“; Anm) mit oder ohne fraktioneller Bezeichnung gelten sollten. Der Wahlvorstand gab an die beiden wahlwerbenden Gruppen keine Muster von persönlichen Stimmzetteln aus. Diese sollten vielmehr die Fraktionen selbst erstellen. Die Kl entschied, für sich keine persönlichen Stimmzettel zu entwerfen und auszuteilen. Die andere wahlwerbende Gruppe verteilte ihre persönlichen Stimmzettel teilweise Tage vor der Betriebsratswahl in den Büros, teilweise wurden sie vor den Wahllokalen aufgelegt bzw von den wahlwerbenden Betriebsratsmitgliedern persönlich verteilt.

Insgesamt gab es für die Betriebsratswahl 8 Wahllokale. Es waren 2.516 AN wahlberechtigt und 17 Betriebsratsmitglieder zu wählen. Die persönlichen Stimmzettel wurden nicht im jeweiligen Wahllokal verteilt, sondern am Gang, der zum Wahllokal führt. Das Wahllokal war mit einer Wahlzelle ausgestattet, welche eine geheime Stimmabgabe ermöglichte. Beim Betreten des Wahllokals erhielten die Wähler ein Kuvert samt einheitlichem Stimmzettel ausgehändigt. In der Wahlzelle waren Namenslisten der jeweiligen Kandidaten der einzelnen wahlwerbenden Gruppen ausgehängt. Wählern, die einen persönlichen Stimmzettel verwendeten, war somit erkennbar, welcher wahlwerbenden Gruppe der auf dem persönlichen Stimmzettel aufgestempelte Namen zuzurechnen ist. Die Wähler waren in ihrer Entscheidung frei, den persönlichen Stimmzettel zu verwenden oder auch nicht.

Bei der Stimmenauszählung fanden sich in Kuverts [entweder] ausschließlich der einheitliche Stimmzettel [oder] ausschließlich der persönliche Stimmzettel, oder sowohl der einheitliche als auch der persönliche Stimmzettel. Im Fall, dass sich zwei Stimmzettel in einem Kuvert befanden, wurden diese nach dem Öffnen sofort zusammengeheftet. Wenn am einheitlichen Stimmzettel eine wahlwerbende Gruppe angekreuzt war und der persönliche Stimmzettel mit dieser übereinstimmte, wurde die Stimme als gültig, im entgegengesetzten Fall als ungültig gewertet. Wenn am einheitlichen Stimmzettel keine wahlwerbende Gruppe angekreuzt war und sich ein persönlicher Stimmzettel zusätzlich im Wahlkuvert befand, wurde diese Stimme gültig gewertet für die wahlwerbende Gruppe, der die genannte Person zuzurechnen ist.

Aus Anlass ihrer Berufung gegen das klagsabweisende Urteil brachte die Kl beim Verfassungsgerichtshof einen Parteiantrag auf Normenkontrolle ein. Der VfGH lehnte mit Beschluss vom 8.6.2017, V 15/2017, die Behandlung des Antrags mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg ab. Begründend führte der Verfassungsgerichtshof aus, auch wenn der Wahlvorstand die Wahl grundsätzlich mittels eines aufzulegenden einheitlichen Stimmzettels durchzuführen habe, sei § 56 Abs 2 ArbVG iVm404§ 59 Abs 1 letzter Satz ArbVG dahingehend auszulegen, dass daneben auch die Verwendung anderer Stimmzettel zulässig sei, weshalb die angefochtenen Verordnungsbestimmungen nicht gesetzwidrig seien. Auch verstoße die Verwendung von nicht amtlichen Stimmzetteln nicht gegen das Gebot der geheimen Wahl.

Das Berufungsgericht, das wegen des Normenkontrollverfahrens mit dem Rechtsmittelverfahren gemäß (richtig: vgl § 57a Abs 6 VfGG) innegehalten hatte, änderte nach Vorliegen des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofs mit der angefochtenen Entscheidung das Urteil des Erstgerichts im klagsstattgebenden Sinne ab. Die Verwendung von anderen als den einheitlichen Stimmzetteln sei zwar gesetzlich grundsätzlich möglich, hier sei aber durch eine systematische Verwendung von anderen Stimmzetteln dem Zweck des einheitlichen Stimmzettels zuwidergelaufen worden, der den Wähler vor Beeinträchtigung seines freien Wählerwillens durch Fraktionszwang oder nachträglicher Kontrolle schützen solle. Das systematische Auflegen und Verteilen von Fraktionsstimmzetteln sei für den organisatorischen Ablauf der Wahl völlig unnötig und habe offenkundig nur den Zweck, die Wähler durch Überreichung eines derartigen bereits ausgefüllten Fraktionsstimmzettels zu beeinflussen.

Eine derartige Vorgehensweise verletze das Postulat der „Reinheit der Wahlen“, wonach im Ergebnis der wahre Wille der Wählerschaft zum Ausdruck kommen solle. Das Verteilen der Fraktionsstimmzettel am Gang vor dem Wahllokal verstoße darüber hinaus gegen das absolute Wahlgeheimnis, da hier unter bestimmten Umständen Rückschlüsse auf das Wahlverhalten Wahlberechtigter möglich gewesen seien, etwa wenn ein Wahlberechtigter auf dem Weg ins Wahllokal den von Wahlwerbern der anderen wahlwerbenden Gruppe ausgeteilten Fraktionsstimmzettel an sich nahm, damit die Wahlzelle betrat und mit dem Fraktionsstimmzettel in der Hand wieder die Wahlzelle verließ. Es sei zwar richtig, dass § 58 NRWO über die Verbotszonen mangels ausdrücklichen Verweises in der NRWO keine Anwendung auf Betriebsratswahlen finde. Überschreite die Beeinflussung der Wähler durch mündliche oder schriftliche Agitation die zum Schutz der Wahlfreiheit gezogenen Schranken, leite sich aber ein Wahlagitationsverbot aus dem Grundsatz der freien und geheimen Wahl ab, der uneingeschränkt auch für Betriebsratswahlen gelte. Auch die Auszählung sei nicht korrekt erfolgt. Zum einen wäre bei Vorfinden eines einheitlichen Stimmzettels, auf dem die Kl angekreuzt worden sei, und eines Fraktionsstimmzettels in einem Kuvert eine gültige Stimmte für die Kl anzunehmen gewesen. Zum anderen hätte bei Vorfinden bloß eines Fraktionsstimmzettels in einem Kuvert die Stimme als ungültig gewertet werden müssen. Die Wahlverstöße seien geeignet gewesen, das Wahlergebnis zu beeinflussen.

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision wegen Fehlens höchstgerichtlicher Rsp zur Verwendung von Fraktionsstimmzetteln bei Betriebsratswahlen und dem Verteilen dieser vor dem Wahllokal zu.

Rechtliche Beurteilung:

Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig. Sie ist auch berechtigt.

Die Anfechtung einer Betriebsratswahl ist nur innerhalb einer Frist von einem Monat zulässig (§ 59 Abs 1 Satz 1 ArbVG, § 34 Abs 1 Satz 1 BRWO). Für das Verfahren vor dem Gericht gilt, anders als noch im Verfahren vor den Einigungsämtern, der Dispositions- und Antragsgrundsatz; danach bestimmen die Parteien den Beginn und den Gegenstand des Verfahren. Hier wurde innerhalb der Frist von einem Monat allein die Anfechtungsklage eingebracht. Die erst nach Fristende von der Kl in der Tagsatzung vorgetragenen Anfechtungsgründe – sie sei bei der Listenbezeichnung und auch insoweit bei der Auszählung benachteiligt worden, Wähler seien dazu angehalten worden, den vor dem Wahllokal verteilten persönlichen Stimmzettel mit in die Kabine zu nehmen und eine Wählerin sei sogar von der Wahlkommission wieder aus dem Wahllokal geschickt worden, um sich den persönlichen Stimmzettel abzuholen – fanden sich in der Anfechtungsklage noch nicht und sind daher verfristet. Allein den in der Anfechtungsklage vorgetragenen Anfechtungssachverhalten kann Relevanz zukommen. Alle übrigen (erst in der Tatsatzung vorgebrachten, allenfalls zu einer Anfechtung legitimierenden) Mängel des Wahlverfahrens gelten durch den Fristablauf als saniert und können die Gültigkeit der Betriebsratswahl nicht mehr beeinträchtigen (Schneller in Gahleitner/Mosler, Arbeitsverfassungsrecht5 II § 59 Rz 23 mwH).

Bis zur ArbVG-Novelle BGBl 1990/411sah das ArbVG in § 56 Abs 2 Satz 2 allein vor, dass die Wahl „mittels Stimmzettels“ zu erfolgen hat. Nach § 24 Abs 3 BRWO (idF BGBl 1974/319) war dem Wähler vom Vorsitzenden der Wahlkommission „ein undurchsichtiger leerer Umschlag (Wahlkuvert) und ein leerer Stimmzettel auszufolgen“. Die Wahlkuverts und die vom Vorsitzenden ausgegebenen Stimmzettel mussten „die gleiche Größe und Farbe“ haben und durften „keinerlei Aufschriften tragen, die auf die Person des Wählers schließen lassen“. In der Wahlzelle hatte der Wähler „den ihm vom Vorsitzenden ausgefolgten Stimmzettel oder einen anderen, den Bestimmungen der Wahlkundmachung (§ 19 Abs 2 Z 10) entsprechenden Stimmzettel in den Umschlag zu legen“. Der geschlossene Umschlag war dem Vorsitzenden zu übergeben, der ihn uneröffnet in die Wahlurne zu legen hatte. Nach § 19 Abs 2 Z 10 BRWO hatte die Wahlkundmachung zu enthalten „die Bestimmung, dass die Stimmzettel für alle wahlwerbenden Gruppen das gleiche vom Wahlvorstand festgelegte Ausmaß betragen sollen“.

Über vorgedruckte Stimmzettel enthielt die BRWO keine Vorschriften; sie setzte ihr Vorhandensein aber offenbar voraus. Aus dem Grundsatz der geheimen Wahl wurde abgeleitet, „dass die von den wahlwerbenden Gruppen vorbereiteten Stimmzettel gleichartig sein müssen“ (Floretta in Floretta/Strasser, ArbVG § 56 Anm 5). Diese Stimmzettel wurden – bereits damals – als „Fraktionsstimmzettel“ bezeichnet. Ihr Verwendung war zulässig,405dies auch dann, wenn bei einer Betriebsratswahl fast ausschließlich Fraktionsstimmzettel verwendet wurden (vgl EA Linz Re 79/83 = Arb 10.253).

Nach einem Erk des VwGH (318/82 = Arb 10.263 =

) war das Unterlassen der Ausfolgung eines neutralen Stimmzettels zwar ein Verstoß gegen die Regelung des § 24 Abs 3 BRWO, aber kein Anfechtungsgrund. Der VwGH begründete dies damit, dass der Wähler hierdurch nicht gehindert sei, eine gültige Stimme abzugeben. Er könne nach einer der im § 24 Abs 6 BRWO dargestellten Möglichkeiten vorgehen oder mit dem in der Wahlzelle vorhandenen Bleistift einen der Fraktionsstimmzettel durchkreuzen. Zu einer weiteren Rüge der Beschwerdeführerin, „daß von der Liste der Sozialistischen Gewerkschafter Stimmzettel aufgelegt worden seien, die nach Färbung, Druckbuchstaben und Papierqualität unterschiedlich gewesen seien“, merkte der VwGH im Erkenntnis an, eine Norm, die eine solche Unterschiedlichkeit in den Stimmzetteln einer Fraktion verböte, bestehe nicht.

Die ArbVG-Novelle BGBl 1990/411(Art I Z 6) führte durch Neufassung des § 56 Abs 2 Satz 2 ArbVG („Die Wahl hat mittels eines vom Wahlvorstand aufzulegenden einheitlichen Stimmzettels zu erfolgen.“) einen einheitlichen Stimmzettel ein. In bestimmten – vorliegend nicht erfüllten – Ausnahmefällen kann der Wahlvorstand beschließen, keinen einheitlichen Stimmzettel aufzulegen (§ 56 Abs 4 ArbVG). In einem solchen Ausnahmefall ist nach der mit der BRWO-Novelle BGBl 1990/690eingeführten Bestimmung des § 35a BRWO den AN stattdessen ein leerer Stimmzettel auszufolgen.

Durch Art I Z 7 der ArbVG-Novelle 1990 wurden § 59 Abs 1 ArbVG zwei Sätze angefügt. Nach dem nunmehr vorletzten Satz dieser Bestimmung liegt ein Anfechtungsgrund „auch dann vor, wenn einheitliche Stimmzettel nicht aufgelegt werden, obgleich der Wahlvorstand einen Beschluss im Sinne des § 56 Abs 4 nicht gefasst hat“. Nach dem nunmehr letzten Satz der Bestimmung liegt ein Anfechtungsgrund „jedoch nicht vor, wenn trotz eines aufgelegten einheitlichen Stimmzettels Wahlberechtigte mittels anderer Stimmzettel wählen“.

Mit der Einführung des einheitlichen Stimmzettels reagierte der Gesetzgeber auf das genannte Erk des VwGH, wonach Unterschiede in Färbung, Druckbuchstaben und Papierqualität keinen Wahlanfechtungsgrund darstellen (Marhold/Mayer-Maly, Arbeitsrecht2 II 171). Aus der Bestimmung des § 59 Abs 1 letzter Satz ArbVG ergibt sich nach den Gesetzesmaterialien, dass der Wähler nicht gehalten ist, den einheitlichen Stimmzettel zu verwenden, sondern „zulässigerweise“ auch einen anderen Stimmzettel verwenden kann (ErläutRV 1308 BlgNR 17. GP 8). Damit lässt das Gesetz nach Marhold/Mayer-Maly (Arbeitsrecht2 II 171) indirekt zu, dass von den Fraktionen (weiterhin) Fraktionsstimmzettel ausgegeben werden. Ebenso lehrte Strasser (Die Arbeitsverfassungsgesetznovellen des Jahres 1990,

), dass durch die ArbVG-Novelle 1990 sich am System nichts Wesentliches geändert habe und im Ergebnis an die Stelle der bis dahin zwingenden Ausgabe eines leeren Stimmzettels jene des einheitlichen Stimmzettels getreten sei. In der jüngeren Literatur wird ohne weitere Begründung die Zulässigkeit von Fraktionsstimmzetteln anerkannt (Kallab in ZellKomm2 § 56 ArbVG Rz 24; Windisch-Graetz in Tomandl, ArbVG § 56 Rz 2, § 59 Rz 28; Schneller in Gahleitner/Mosler, Arbeitsverfassungsrecht5 II § 56 Rz 5; ders, Glosse zu 9 ObA 40/11i in DRdA 2013, 37 [38]).

Der erkennende Senat hat erwogen:

Nach dem Gesetzestext liegt ein Anfechtungsgrund ausdrücklich nicht vor, wenn trotz eines aufgelegten einheitlichen Stimmzettels Wahlberechtigte mittels anderer Stimmzettel wählen (§ 59 Abs 1 letzter Satz ArbVG). Die Verwendung eines anderen Stimmzettels erfolgt nach den Gesetzesmaterialien „zulässigerweise“, also rechtmäßig (aA Vinzenz, Mangelhafte Betriebsratswahl, JAP 2013/2014, 230 [231]). Dass ein Fraktionsstimmzettel kein „anderer Stimmzettel“ wäre, ist dem ArbVG und den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass der Fraktionsstimmzettel nicht als „anderer Stimmzettel“ (weiterhin) verwendet werden darf, hätte er dem im Gesetz oder zumindest in den Materialien Ausdruck zu verleihen gehabt, zumal ihm der Einsatz von Fraktionsstimmzetteln bei Verabschiedung der ArbVG-Novelle 1990 bekannt war.

Die Verwendung von Fraktionsstimmzetteln ist auch verfassungsrechtlich unbedenklich. Nach stRsp des VfGH gibt es kein verfassungsrechtliches Gebot, nach dem die Stimmabgabe so geregelt werden muss, dass sie nur unter Verwendung von amtlichen Stimmzetteln vorgenommen werden darf (VfGHW I 7/96 = VfSlg 14.847; W I 2/05 = VfSlg 17.610; W I 4/07 = VfSlg 18.729). Zum Teil wird in der Literatur postuliert, der Gesetzgeber habe, wenn er nichtamtliche Stimmzettel zulässt, wenigstens sicherzustellen, dass jeder Wähler, der vor die Wahlbehörde tritt, einen (leeren) amtlichen Stimmzettel verlangen kann (Schick in Neisser/Handstanger/Schick, Bundeswahlrecht2 82; weiterführend Holzinger/Holzinger in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht Art 26 B-VG Rz 54 mwN). Selbst dieser verschärften Anforderung entspricht aber das Betriebswahlrecht, zumal nach § 24 Abs 3 Satz 1 (iVm § 21a) BRWO (idF BGBl 1990/690) dem Wähler vom Vorsitzenden ein undurchsichtiger leerer Umschlag (Wahlkuvert) und ein einheitlicher Stimmzettel auszufolgen ist. Der Wähler muss daher nicht einmal nach einem einheitlichen Stimmzettel fragen (was wohl auch bedenklich wäre, zumal hieraus geschlossen werden könnte, dass er von einem bereits zuvor verteilten Fraktionsstimmzettel nicht Gebrauch machen, also offenbar eine andere Wahl treffen möchte).

Der Senat schließt sich daher der einhelligen Auffassung in der Literatur, dass die Verwendung von Fraktionsstimmzetteln bei Betriebsratswahlen zulässig ist, an.

Dass die Beklagte ihren Fraktionsstimmzettel „systematisch“ einsetzte, kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts die Wahlanfechtung nicht stützen. Es liegt in der Natur von Fraktionsstimm-406zetteln, systematisch eingesetzt zu werden. Der Gesetzgeber hat mit der ArbVG-Novelle 1990 den als solchen systematisch eingesetzten Fraktionsstimmzettel gerade nicht verboten. Es steht jeder wahlwerbenden Gruppe frei, einen eigenen Fraktionsstimmzettel zu verwenden oder dies – so wie die Kl – zu unterlassen. Nach den Feststellungen erhielten die Wähler beim Betreten des Wahllokals ein Kuvert samt einheitlichem Stimmzettel ausgehändigt. Damit wurde § 24 Abs 3 Satz 1 (iVm § 21a) BRWO Genüge getan und sichergestellt, dass jeder Wähler in der Wahlzelle die freie Wahl hat.

Das Vorbringen, die Verteilung der Fraktionsstimmzettel sei direkt vor den Wahllokalen – nämlich am Gang – erfolgt, wurde zwar unter Beweis gestellt, stellt aber keinen Wahlanfechtungsgrund iSd § 59 Abs 1 ArbVG dar:

Die Stimmabgabe wird in § 24 BRWO näher geregelt. Hinsichtlich der Wahlzelle wird dabei in Abs 1 verlangt, diese derart herzustellen, dass der Wähler in der Zelle unbeobachtet von allen anderen im Wahllokal anwesenden Personen den Stimmzettel ausfüllen und in das Wahlkuvert geben kann, und im Übrigen für die Einrichtung der Wahlzelle die Geltung des § 57 NRWO verfügt. Auf die unmittelbar folgende Bestimmung des § 58 NRWO oder einer anderen Bestimmung der BRWO oder des ArbVG gerade nicht verwiesen.

Das EA Innsbruck entschied bereits vor langem zu den (insoweit inhaltsgleichen) Vorgängerbestimmungen der heutigen BRWO und NRWO, dass allein die Bestimmungen des Wahlgesetzes (heute: NRWO) für die Errichtung der Wahlzelle sinngemäß zu gelten haben und daher das im Wahlgesetz bestehende Verbot der Wahlagitation in der Nähe des Wahlorts bei der Betriebsratswahl nicht gelte (R 4/47 = Arb 4954). Die heutige BRWO wurde durch BGBl 1974/319 eingeführt und seither mehrmals novelliert, gleichwohl aber keine Bestimmung über eine Verbotszone statuiert.

Es ist daher von einer beabsichtigten Lücke in der BRWO auszugehen; dies umso mehr, als derselbe Verordnungsgeber (Bundesminister für soziale Verwaltung; in der ebenso von ihm erlassenen Arbeiterkammer-Wahlordnung (BGBl II 1998/340) in § 35 sehr wohl eine Verbotszone festlegte. Vom Gesetzgeber beabsichtigte Lücken rechtfertigen einen Umkehrschluss, sodass anders als etwa bei einer Nationalratswahl (§ 58 NRWO) oder einer Arbeiterkammerwahl (§ 35 AKWO) bei einer Betriebsratswahl keine Verbotszone zu beachten ist.

Im Übrigen unterliegt der Kognition des Gerichts nach § 59 Abs 1 ArbVG nur die Verletzung wesentlicher Bestimmungen des Wahlverfahrens oder leitender Grundsätze des Wahlrechts. Die Verbreitung nichtamtlicher Stimmzettel durch eine Wählergruppe ist der Wahlwerbung zuzurechnen und kein Teil des Wahlverfahrens (VfGHW I 16/91 = VfSlg 13.090; W I 4/07 = VfSlg 18.729). Es verbleibt damit nur die Verletzung von leitenden Grundsätzen des Wahlrechts als zu prüfender Anfechtungsfall. Die Beeinflussung der Wähler durch mündliche oder schriftliche Agitation (= Wahlwerbung) ist aber nur dann in diesem Sinne relevant, wenn sie die zum Schutz der Wahlfreiheit – einem leitenden Grundsatz des Wahlrechts – gezogenen Schranken überschreitet und damit gegen das Postulat der „Reinheit der Wahlen“, in deren Ergebnis der wahre Wille der Wählerschaft zum Ausdruck kommen soll, verstößt (8 ObA 287/99k mwN). Das bloße Verteilen von Fraktionsstimmzetteln, mag es auch im Gang unmittelbar vor dem Wahllokal erfolgen, überschreitet diese Schranken jedenfalls nicht.

Dass – wie in der Anfechtungsklage vorgebracht – durch das Verteilen von Fraktionsstimmzetteln am Gang vor dem Wahllokal die Wähler „genötigt“ gewesen seien, den einheitlichen Stimmzettel gar nicht mehr anzunehmen, wurde nicht erwiesen. Es steht fest, dass jedem Wähler beim Betreten des Wahllokals das (Wahl-)Kuvert samt einheitlichem Stimmzettel übergeben wurde und die Wähler in ihrer Entscheidung frei waren, den persönlichen Stimmzettel (Fraktionsstimmzettel) zu verwenden oder auch nicht.

Durch die Verteilung der Fraktionsstimmzettel am Gang vor dem Wahllokal wurde entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch keine Situation geschaffen, die (tragfähige) Rückschlüsse auf das Wahlverhalten zugelassen hätte, sodass das absolute Wahlgeheimnis verletzt wäre. Es ist zwar richtig, dass bei einem Wähler, der die Wahlzelle mit dem Fraktionsstimmzettel in der Hand wieder verlässt, ein Anschein besteht, dass er nicht diese wahlwerbende Gruppe gewählt hat. Es ist aber jedem Wähler leicht möglich, zwecks Vermeidung des genannten Anscheins den nicht verwendeten Fraktionsstimmzettel beim Verlassen der Wahlzelle zu verbergen, zB in der Hosentasche oder Handtasche.

Hinsichtlich der Auszählung beanstandete die Kl in ihrer Anfechtungsklage allein, dass es für die andere wahlwerbende Gruppe als Stimme gewertet wurde, wenn ein Wähler sowohl den „amtlichen“ Stimmzettel, ohne darauf eine der beiden wahlwerbenden Gruppe angekreuzt zu haben, als auch den vor dem Wahllokal verteilten (Fraktions-)Stimmzettel in das Wahlkuvert legte.

Bei Verwendung eines leeren Stimmzettels oder eines anderen Stimmzettels erfolgt nach § 24 Abs 5b Satz 1 BRWO eine gültige Stimmabgabe, wenn aus dem Stimmzettel eindeutig zu erkennen ist, welchen Wahlvorschlag der Wähler wählen wollte. Dies ist nach § 24 Abs 5b Satz 2 BRWOinsbesonders der Fall, wenn auf dem Stimmzettel der Wahlvorschlag durch die Bezeichnung (§ 20 Abs 3) oder durch Angabe eines oder mehrerer Wahlwerber eindeutig bezeichnet wird“.

Hier war auf den Fraktionsstimmzetteln jeweils der Name eines Kandidaten der betreffenden wahlwerbenden Gruppe gestempelt. Damit war nach dem klaren Wortlaut des § 24 Abs 5b Satz 2 BRWO durch die Verwendung des Fraktionsstimmzettels eindeutig zu erkennen, dass der Wähler seine Stimme der betreffenden Fraktion (wahlwerbenden Gruppe) geben wollte.

Soweit das Berufungsgericht meint, die Abgabe eines unausgefüllten Fraktionsstimmzettels könne nicht als eindeutige Stimme für die ange-407gebene Liste angesehen werden, übersieht es die soeben genannte Bestimmung und missversteht den von ihm zitierten Rechtssatz (RIS-Justiz RS0127721), der – wie der ihm zugrundeliegenden E 9 ObA 40/11i zu entnehmen ist – nur einheitliche Stimmzettel mit bloß einem einzigen Wahlvorschlag betrifft.

Dass bei einem einheitlichen Stimmzettel mit bloß einem einzigen Wahlvorschlag das Abgeben dieses Stimmzettels ohne Eintrag durch den Wähler nicht als eindeutige Stimme für den Wahlvorschlag angesehen werden kann, ist naheliegend:

Ein unausgefüllter Stimmzettel mit mehreren Wahlvorschlägen gibt schon grundsätzlich keinen Hinweis auf einen bestimmten Wählerwillen. Enthält ein einheitlicher Stimmzettel nur einen Wahlvorschlag, trifft dies ebenso zu, zumal es eben grundsätzlich nur diesen (einheitlichen) Stimmzettel gibt, der – weil vom Wahlvorstand beschlossen – grundsätzlich keine Präferenz für den darin genannten Wahlvorschlag abgibt. Der einheitliche Stimmzettel enthält daher – auch wenn er nur einen Wahlvorschlag enthält – definitionsgemäß noch keine Willensbekundung, sondern bedarf notwendigerweise noch der Ergänzung des Wählerwillens darauf (idS bereits Gerhartl, Fehlerhafte Stimmenzählung im Zuge einer Betriebsratswahl, ASoK 2013, 255 [259 f]). Aus diesem Grund verlangt § 24 Abs 5a BRWO beim einheitlichen Stimmzettel eine aktive Veränderung desselben: Es muss „der Wille des Wählers durch Ankreuzen, Unterstreichen oder andere Kennzeichnung eines Wahlvorschlages durch Durchstreichen der übrigen Wahlvorschläge oder auf sonstige Weise eindeutig zu erkennen“ [sein].

Anders ist dies aber bei einem eigenen Stimmzettel oder auch bei einem Fraktionsstimmzettel. Solche „anderen Stimmzettel“ (§ 59 Abs 1 letzter Satz ArbVG, § 24 Abs 3 und 5b sowie § 34 Abs 1 letzter Satz BRWO) werden als solche nicht vom Wahlvorstand erstellt, sondern vom einzelnen Wähler bzw einer wahlwerbenden Gruppe. Dass schon die Verwendung eines solchen Stimmzettels beim Wahlvorgang einen hinreichend eindeutigen Schluss auf den Wählerwillen zulässt, wurde bereits vor Einfügung des Abs 5b in § 24 BRWO durch BGBl 1990/690 judiziert (EA Linz Re 79/83 = Arb 10.253; vgl auch EA Leoben Re 35/82 = Arb 10.162). Die nunmehrige Regelung des § 24 Abs 5b BRWO geht auch davon aus. Sie verlangt – im Unterschied zur für einheitliche Stimmzettel geltenden Regelung des § 24 Abs 5a BRWO – gerade keine Veränderung des Stimmzettels, sondern nur, dass „aus dem Stimmzettel eindeutig zu erkennen ist, welchen Wahlvorschlag der Wähler wählen wollte“.

Dabei ist es auch völlig unerheblich, wer diesen „anderen Stimmzettel“ erstellt hat und durch welche Schriftzeichen – hand- oder maschinengeschrieben oder (wie hier) gestempelt – der Wählerwille ausgedrückt wird, weil der Wahlvorgang (in der Wahlzelle und abseits der Briefwahl) grundsätzlich die Abgabe des Stimmzettels ist (§ 24 Abs 2 BRWO), wozu (nur) beim einheitlichen Stimmzettel noch das Ausfüllen desselben hinzutritt (§ 24 Abs 3 Satz 3 BRWO). Bei einem anderen Stimmzettel besteht der Wahlvorgang in dessen Verwendung, sodass auch mit im Vorhinein ausgefüllten Stimmzettel gewählt werden kann. [...]

Enthält ein Wahlkuvert mehrere Stimmzettel, die auf verschiedene Wahlvorschläge lauten, so sind sie nach § 24 Abs 7 Satz 1 BRWO ungültig. Enthält ein Wahlkuvert mehrere Stimmzettel, die auf denselben Wahlvorschlag lauten, so zählen sie nach § 24 Abs 7 Satz 2 BRWO als eine gültige Stimme.

Keiner dieser beiden Fälle ist erfüllt, wenn ein unausgefüllter einheitlicher Stimmzettel und ein Fraktionsstimmzettel in das Wahlkuvert gelegt werden. Erster ist mangels Ankreuzen etc ungültig (§ 24 Abs 6 Z 1 BRWO), letzterer wie erörtert wegen des eindeutigen zu erkennenden Wählerwillens gültig (vgl auch § 24 Abs 6 Z 1 BRWO e contrario). Enthält das Wahlkuvert einen gültigen und einen leeren (unausgefüllten) Stimmzettel, so liegt eine gültige Stimme für die wahlwerbende Gruppe vor, auf welche der Fraktionsstimmzettel hinweist (vgl Jabornegg/Naderhirn/Trost, Betriebsratswahl6 182: gültige Stimme, wenn Wahlkuvert einen gültigen und einen leeren Stimmzettel enthält).

Keiner der in der Anfechtungsklage vorgebrachten Anfechtungsgründe erweist sich daher als durchschlagend. Der Revision war Folge zu geben und die klagsabweisende E des Erstgerichts wiederherzustellen.

ANMERKUNG

Zu drei umstrittenen Fragen der Betriebsratswahl hat hier der OGH, nach Absicherung durch den VfGH, einiges an Klarheit geschaffen, nämlich

  1. zur Zulässigkeit von „Fraktionsstimmzetteln“ oder „persönlichen Stimmzetteln“;

  2. zur Frage, ob analog der NRWO und anderer Wahlordnungsgesetze eine „Verbotszone“ iS eines Agitationsverbots im Umkreis der Wahllokale einzuhalten ist;

  3. zur Form der Stimmabgabe bei Verwendung eines unter 1. genannten „anderen Stimmzettels“.

In Bezug auf die im Betriebsverfassungsrecht geregelte „innerbetriebliche Sozialpartnerschaft“ zwischen einem auf möglichst breiter Basis (Verhältniswahlrecht, § 51 Abs 2 ArbVG) repräsentierendem Vertretungsorgan der Belegschaft einerseits und dem Betriebsinhaber (BI) andererseits, ist die vorliegende OGH-E von hoher Bedeutung (zur „Demokratisierung der Arbeitswelt“ vgl etwa Löschnigg in Jabornegg/Resch, ArbVG [2017] § 51 Rz 2 mwN). Nicht zuletzt deshalb, weil ihr das oben ebenfalls angeführte VfGH-Erk beiseite steht, und weil der Verfahrensausgang bis zuletzt offen war: Die Berufungsinstanz hatte, trotz der zwischenzeitlichen verfassungsgerichtlichen Unbedenklichkeitserklärung von Fraktionsstimmzetteln, auf Wahlaufhebung geurteilt.

Auch wenn manche mit dem Ergebnis nicht zufrieden sein mögen und im Austeilen (Aufdrängen?) von Fraktionsstimmzetteln bis hin zur Schwelle des Wahllokals die Reinheit (Wahlfreiheit, Wahlgeheim-408nis) der Betriebsratswahl beeinträchtigt sehen, ist zu konstatieren, dass der OGH hier methodisch klar und vor allem auch für juristische LaiInnen nachvollziehbar entschieden und begründet hat. Diese Klarheit ist zu begrüßen, denn die Erwägungen des vorliegenden Urteils können und sollen für künftige Wahlvorstandsmitglieder und WahlkandidatInnen Richtschnur sein; auch wenn die wohl entscheidende Frage unbeantwortet blieb, ab welcher Intensität der Agitation mittels „alternativer Stimmzettel“ die Reinheit der Betriebsratswahl soweit beeinträchtigt wird, dass „leitende Grundsätze des Wahlrechts verletzt“ (§ 59 Abs 1 ArbVG) werden.

Ebenso wichtig wie die Klärung der drei oben angeführten Fragen erscheint mir daher ein obiter dictum, das der OGH im Zusammenhang mit der vom Kl behaupteten „Verbotszone“ ausspricht, und wonach letztlich auch bei Verwendung von Fraktionsstimmzetteln eine (betriebs-)demokratische Mindest-Gewährleistung der freien Willensbildung zu gelten hat: „Die Beeinflussung der Wähler durch mündliche oder schriftliche Agitation (= Wahlwerbung) ist aber nur dann in diesem Sinne relevant, wenn sie die zum Schutz der Wahlfreiheit – einem leitenden Grundsatz des Wahlrechts – gezogenen Schranken überschreitet und damit gegen das Postulat der „Reinheit der Wahlen“, in deren Ergebnis der wahre Wille der Wählerschaft zum Ausdruck kommen soll, verstößt (8 ObA 287/99k mwN). Das bloße Verteilen von Fraktionsstimmzetteln, mag es auch im Gang unmittelbar vor dem Wahllokal erfolgen, überschreitet diese Schranken jedenfalls nicht. Dass – wie in der Anfechtungsklage vorgebracht – durch das Verteilen von Fraktionsstimmzetteln am Gang vor dem Wahllokal die Wähler „genötigt“ gewesen seien, den einheitlichen Stimmzettel gar nicht mehr anzunehmen, wurde nicht erwiesen.“ (Unterstreichung durch den Verfasser der Glosse).

KanditatInnenlisten („Wahlvorschläge“), die Fraktionsstimmzettel bzw „persönliche, eigene Stimmzettel“ auszugeben beabsichtigen, ist damit deutlich ins Stammbuch geschrieben: Wenn auch nur irgendeine Form von Druckausübung oder Kontrolle erfolgt, welchen der zumindest zwei verfügbaren Stimmzettel ein Wähler verwenden wird oder welchen er verwendet hat, dann sind selbst die im Rahmen des ArbVG etwas herabgesetzten (siehe 4.) Anforderungen an eine geheime und freie Wahl unterschritten worden. § 51 Abs 1 ArbVG wäre verletzt und zumindest Anfechtbarkeit, wenn nicht gar Nichtigkeit (vor allem bei ausufernder Agitation und Druckausübung vor oder im Wahllokal, wodurch die Wahl zu ihrem Zerrbild, zu einer Nichtwahl iS einer Nötigungsveranstaltung verkehrt wird) wäre gegeben. Auch die systematische Beobachtung, Kontrolle oder gar Befragung, mit welchem nicht benützten Stimmzettel der Wähler das Wahllokal verlässt, fällt darunter.

1.
Fraktionsstimmzettel und die „Reinheit“ der Betriebsratswahl

Die im ArbVG und der BRWO ausschließlich verwendeten verba legalia „anderer Stimmzettel“ (§ 59 Abs 1 letzter Satz ArbVG, § 24 Abs 3 und Abs 5b BRWO) werden von der Rsp (so auch hier) und der Wahlverfahrenspraxis in weitere Bezeichnungen abgewandelt. Üblich sind die Begriffe „Fraktionsstimmzettel“, „persönlicher Stimmzettel“, „Kandidatenstimmzettel“, „eigener Stimmzettel“, oder – wie im oben zitierten VfGH-Erk zu den Gemeinderatswahlen der Stadtgemeinde Krems (W I 4/07 VfSlg 18.729) – „Vorzugsstimmen[-Stimm]zettel“. Diese bedruckte Stimmzettelform soll übrigens nicht mit dem ebenfalls in § 59 Abs 1 ArbVG, diesfalls im vorletzten Satz erwähnten „leeren Stimmzettel“ verwechselt werden. Leere, also nackte, Blankozettel sind nur bei erstmaliger Betriebsratswahl (worunter auch eine Wahl nach mindestens sechs Monaten betriebsratsloser Zeit im Betrieb fällt) zulässig, sowie in Betrieben mit bis zu 150 AN (§ 56 Abs 4 ArbVG).

Der OGH begründet in überzeugender Weise vor allem anhand der Gesetzesmaterialien der ArbVG-Novelle 1990 und dem ihr vorausgehenden VwGH-Erk 318/82 (

) die Zulässigkeit von Fraktionsstimmzetteln (die er an einigen Stellen der vorliegenden E auch „persönlicher“ und „eigener“ Stimmzettel nennt). Das systematische Verteilen dieser „Mittel der Wahlwerbung“ sei noch keine verpönte Agitation und die Verwendung dieser „Werbemittel“ anstelle der einheitlichen Stimmzettel sei zulässig. Mit dem Worten des OGH unter Bezugnahme auf zwei einschlägige VfGH-Erkenntnisse: „Die Verbreitung nichtamtlicher Stimmzettel durch eine Wählergruppe ist der Wahlwerbung zuzurechnen und kein Teil des Wahlverfahrens (VfGH W I 16/91 = VfSlg 13.090; W I 4/07 = VfSlg 18.729).

Diese Sichtweise greift mE zu kurz, denn auch wenn das Verbreiten bzw Verteilen alternativer Stimmzettel noch Werbung und Agitation sein mag, so ist die anschließende Verwendung (in das Wahlkuvert legen) dieser Zettel an Stelle oder gemeinsam mit dem einheitlichen Zettel sehr wohl Teil des Wahlverfahrens, nämlich der Stimmabgabe, wie aus § 24 Abs 3 BRWO unmissverständlich hervorgeht.

Wann wird ein als Wahl(verfahrens)instrument einsetzbares Werbemittel zum Druckmittel? Welche Arten von „eigenen“ (vom Wähler in die Wahlzelle mitgebrachten, ihm mitgegebenen) Stimmzetteln wären nicht mehr gültig? Mit diesen Fragen hätte sich der OGH im Rahmen des Klagsgegenstands mE noch eingehender auseinandersetzen können, insb unter Beachtung des § 24 Abs 6 Z 4 BRWO (Unterschrift-Verbot). Es ist nämlich ein wichtiges Element des Wahlgeheimnisses und damit der allgemeinen Wahlfreiheit (vor allem der „Freiheit der Anderen“), dass der Wähler keine Rückschlüsse vom Stimmverhalten, von seinem Verhalten in der Wahlzelle auf seine Person erlauben darf. Wohl darf er im Rahmen der Wahlagitation und der Wahlnachbereitung Rückschlüsse auf sein Stimmverhalten transparent machen („ich werde diese Liste wählen“, „ich habe diese Liste gewählt“), in der Wahlzelle und bei der Stimmauszählung muss er jedoch absolut nicht-identifizierbar sein und auch bleiben!409

Wenn nun einige WählerInnen mit dem einzigen ausgegebenen (oder einem der mehreren verteilten) Fraktionsstimmzettel in der Hand „stolz“ vor dem Wahlvorstand bekunden, sie würden den einheitlichen Stimmzettel nicht brauchen, der Wahlvorstand dies zwar rechtmäßig handelnd (§ 24 Abs 3 Satz 1 BRWO) ignoriert, sie in weiterer Folge die Wahlzelle jedoch mit dem ihnen ausgehändigten einheitlichen Stimmzettel verlassen, dann setzen sie jene (uU wenigen) WählerInnen unter Druck, die entweder keinen Fraktionsstimmzettel angenommen haben, oder den einheitlichen Stimmzettel nicht demonstrativ beim Verlassen der Wahlzelle oder des Wahllokals vor sich her schwenken.

Fazit: Der Einsatz „alternativer“, also zusätzlicher Stimmzettel kann weit mehr sein als bloße Wahlwerbung. Im schlimmsten Fall kommt es zu großflächigen Bekundungen, dass man nur den Fraktionsstimmzettel verwendet habe, was dem zum Schutze des Wahlgeheimnisses der wenigen Anderen verbotenen Unterschreiben des Stimmzettels schon sehr nahekommt.

Die beiden Höchstgerichte sind unter den Aspekten der Wahlfreiheit (zwanglose Bekundung des Wählerwillens) und des sie flankierenden Wahlgeheimnisses mE daher so zu verstehen, dass mitgebrachte „eigene“ Stimmzettel zwar per se unbedenklich sind. Insb der Wahlvorstand wird aber die Nebenumstände vor, während und nach der Stimmabgabe genau zu beobachten haben: Wenn zusätzliche Stimmzettel verwendet werden, um einen über „reine“ Wahlwerbung hinausgehenden Druck auszuüben, oder um durch „offene“ Stimmabgabe (à la „ich brauche kein Wahlgeheimnis“) das Wahlverhalten anderer WählerInnen aufzudecken (man denke an die oft sehr kleinen Wählergruppen und die Ermöglichung sehr kleiner „Wahlsprengel“ durch § 18 BRWO), kann rasch ein leitender Grundsatz des Wahlrechts verletzt sein.

Auch könnte in einem häufigen (uU gar gesteuerten) demonstrativen Verwenden der Fraktionsstimmzettel und Herzeigen der nicht verwendeten „amtlichen“ (einheitlichen) Stimmzettel eine rechtswidrige Manipulation liegen, die beispielsweise Wahlberechtigte nach dem Motto „es hat ohnehin keinen Sinn mehr“ vom Ausüben ihres Wahlrechts abhalten kann. Im Ergebnis kommt das einer Informationsweitergabe vor Schluss der Wahllokale gleich, kann also Einfluss auf das Wahlverhalten haben, und es hat darin der VfGH vor zwei Jahren erstmals ausdrücklich eine rechtswidrige Unreinheit erkannt (Wahlaufhebung der Bundespräsidenten-Stichwahl 2016, VfGHW I 6/2016 VfSlg 20.071). In den vorliegenden beiden Entscheidungen des VfGH und des OGH geht es letztlich ebenso um die „Reinheit“ der Wahl, einem sich aus den Wahlprinzipien (Willens-)Freiheit und Geheimnisschutz ergebenden Gebot. Dazu wird im oben angeführten VfGH-Erk W I 6/2016 VfSlg 20.071 sinngemäß ausgeführt: Dem demokratischen Wahlrecht liegt das Prinzip der „Reinheit“, verstanden iS von „Freiheit“ der Wahlen (Art 3 1. ZPEMRK, Art 8 StV Wien), zugrunde. Diesem Grundsatz entspricht die „Freiheit der politischen Willensbildung und -betätigung“ und das Postulat der „Reinheit der Wahlen“, in deren Ergebnis der wahre Wille der Wählerschaft zur Ausdruck kommen soll. Wie der VfGH zur Freiheit der Wahlwerbung in ständiger Judikatur ausgesprochen hat, darf der Wähler in der Freiheit seiner Wahl nicht in rechtlicher oder faktischer Weise beeinträchtigt werden. In Anbetracht dessen verstößt die Praxis der Veröffentlichung von Informationen über Ergebnisse vor Wahlschluss (sogenannte „Rohdaten“) gegen den Grundsatz der Freiheit der Wahl (Rn 2.7.2.3. bis 2.7.2.10. der Erwägungen; näher Wiederin, Das Erkenntnis über die Stichwahl zum Bundespräsidenten: Eine verfassungsrechtliche Nachlese, Jahrbuch Öffentliches Recht [2017] 9 [22 f]).

2.
Keine Verbotszone, aber Verbot von Zwang ausübender Wahlagitation

Mit mehreren Argumenten begründet der OGH sein Erkennen einer beabsichtigten Lücke in den Wahlvorschriften des ArbVG (vor allem §§ 51 bis 58) und der BRWO. Ein deutlich geregeltes Agitationsverbot, wie es für allgemein-politische Wahlen und auch solche zu den berufsständischen Vertretungskörpern (§ 35 der Arbeiterkammer-Wahlordnung wird herangezogen) statuiert ist, bestehe eben gerade nicht. Gleichsam dialektisch wird aber gleich im Absatz nach der Ablehnung eines Analogieschlusses (aus § 58 NRWO oder § 35 AKWO) der diesfalls ohne Behördenqualität agierenden Wahlleitung – dem Wahlvorstand – sowie allen potentiellen AgitatorInnen die Rute ins Fenster gestellt: Die Beeinflussung der Wähler durch mündliche oder schriftliche Agitation wäre sehr wohl anfechtungsrelevant, wenn sie die zum Schutz der Wahlfreiheit gezogenen Schranken überschreitet und damit gegen das Postulat der „Reinheit der Wahlen“ verstößt.

Zwischen willensüberzeugender und willensbedrängender Werbung liegt naturgemäß ein mehr oder weniger großer Graubereich. Diesen hat der OGH nicht näher beschrieben, doch können mE die Wertungen und Normzwecke der §§ 262 bis 265 StGB zur näheren Bestimmung herangezogen werden. Das wissentliche Verbreiten von Unwahrheiten über konkurrierende Kandidaten oder Listen, Bestechungen, grobe Täuschungen und Behinderungen (zB im beispielhaft oben angeführten aufgezeigten Weg, dass die „große Masse“ der WählerInnen ja flächendeckend bloß den Fraktionsstimmzettel verwenden werde) werden wohl jenseits der zum Schutz der Wahlfreiheit gezogenen Grenzen liegen. Möglicherweise wird hinsichtlich der „Härte der Agitation“ ähnlich wie bei Ehrverletzungsbeurteilungen in künftigen Entscheidungen auch der betriebsmilieu-bedingte Sprachgebrauch und damit auch „Agitationsgebrauch“ zu berücksichtigen sein.

3.
Stimmabgabeform bei alleiniger oder zusätzlicher Verwendung eines „Fraktionsstimmzettels“

Hier ist dem OGH uneingeschränkt zuzustimmen: Bereits das bloße, unveränderte Einlegen eines410Fraktionsstimmzettels in das Wahlkuvert bringt den Wählerwillen zum Ausdruck, ist eine gültige Stimmabgabe gemäß dem im Zuge der ArbVG-Novelle 1990 eingefügten Abs 5b des § 24 BRWO. Wenn von der Zulässigkeit der alternativen oder zusätzlichen Verwendung von Fraktionsstimmzetteln auszugehen ist, sind die Ausführungen des OGH zu den verschiedenen Kombinationsformen von veränderten (angekreuzten, gekennzeichneten) oder unverändert eingelegten Stimmzetteln – alleine oder zusammen im Wahlkuvert – absolut schlüssig. Die Abs 5 bis 7 des § 24 BRWO sind klar verständlich, und sie ermöglichen eben auch gültige Stimmen bei Verwendung zweier Stimmzettel, solange der auf einen Wahlvorschlag gerichtete Wille des Wählers eindeutig zum Ausdruck kommt.

4.
Schlussbemerkung

Die ausführlich und sehr strukturiert begründete E des OGH sollte zumindest in größeren Betrieben zur Pflichtlektüre von Wahlvorständen und den sie beratenden Personen werden. Letzten Endes wird mit dieser Erledigung eines langwierigen Rechtsgangs, der über den VfGH und eine von dessen Erk abweichende OLG-E zur Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils führte, auch Löschnigg zugestimmt, dem zufolge keine völlige Gleichstellung mit Wahlen zu den politischen Vertretungskörpern besteht: Einige Elemente des Betriebsratswahlrechts sind als Kompromiss zwischen demokratischen Wahlgrundsätzen und einfacher, rascher Zielerreichung zu sehen (in Jabornegg/Resch, ArbVG § 54 Rz 3). Zu ergänzen ist, dass der Wahlvorstand einer Betriebsratswahl (§ 54 ArbVG) keine professionell agierende Behörde ist, weshalb die Zielerreichung „korrekte Betriebsratswahl“ nicht nur einfacher und rascher, sondern mitunter auch laienhafter zu bewerkstelligen ist.

Dieser Befund wird durch eine weitere Schwachstelle der betriebsverfassungsrechtlichen Wahlordnung deutlich: Es fehlen wegen des eingeschränkten Geltungsbereichs des § 261 StGB strafrechtliche Absicherungen gegen Wahlverhinderung, Wahlbehinderung oder Geheimnisverletzung, wie sie bei allgemein politischen Wahlen vor allem kraft der §§ 262, 267 und 268 StGB bestehen (vgl Leitsmüller/Schindler/Schneller, 40 Jahre ArbVG, Herausforderungen für die betriebliche Mitbestimmung, DRdA 2014, 495 f). Mit dem von mir eingangs zitierten obiter dictum aber hat der OGH, wenn auch nur andeutungsweise, ein grundsätzliches „Reinheitsgebot“ für betriebsverfassungsrechtliche Wahlen „erlassen“.