46Nicht jede Funktionsbeeinträchtigung stellt eine Behinderung dar
Nicht jede Funktionsbeeinträchtigung stellt eine Behinderung dar
Der Kl war seit dem Jahr 2008 bei der Bekl als Buslenker beschäftigt und wurde zum 31.12.2016 gekündigt. Er focht die Kündigung wegen Behindertendiskriminierung an und begründete dies damit, dass er wegen seiner gesundheitlichen, als Behinderung nach § 3 BEinstG zu wertenden Einschränkung gekündigt worden sei. Festgestellt wurde, dass der Kl durch bestimmte orthopädische Diagnosen in seiner Arbeitsfähigkeit dahingehend eingeschränkt ist, dass Arbeiten in gebückter Haltung oder unter Tischniveau nur halbzeitig und nicht in einem möglich sind. Es sind ihm77 aber jedenfalls schwere Arbeiten zumutbar und es spricht nichts gegen die Tätigkeit als Busfahrer.
Die Vorinstanzen wiesen das Kündigungsanfechtungsbegehren übereinstimmend ab. Beim Kl liege keine Behinderung vor, die geeignet wäre, die Teilhabe am Arbeitsleben zu erschweren. Der OGH wies die außerordentliche Revision des Kl zurück.
Nach § 3 BEinstG ist eine Behinderung die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet ist, die Teilhabe am Arbeitsleben zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. Nicht jede Funktionsbeeinträchtigung ist auch als Behinderung anzusehen. Zusätzlich ist erforderlich, dass die Auswirkung der Beeinträchtigung die Teilhabe des Betroffenen am Arbeitsleben erschweren kann. Es spricht vieles dafür, bei dieser Beurteilung nicht (nur) auf die konkrete Arbeitsplatzsituation, sondern auf den abstrakten Arbeitsmarkt abzustellen. Eine andere Betrachtungsweise könnte den Schutz vor Diskriminierungen unterlaufen, weil eine Ungleichbehandlung von Betroffenen, deren Arbeitsfähigkeit zwar nicht in Bezug auf den konkreten Arbeitsplatz beeinträchtigt ist, deren Beeinträchtigung aber abstrakt eine Behinderung darstellt und konkret zu einer Diskriminierung führt, folgenlos bliebe.
Das Berufungsgericht hat die Klagsabweisung hier jedoch nicht ausschließlich darauf gestützt, dass die festgestellte geringfügige körperliche Beeinträchtigung keine relevanten Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit – gemessen an einer Vergleichsperson als Busfahrer – habe, sodass dem Kl dadurch die Teilhabe am Arbeitsleben eines Busfahrers nicht erschwert werde. Es hat darüber hinaus ausgeführt, dass diese Beeinträchtigung auch dann nicht das erforderliche Mindestmaß erreichen würde, um die Teilhabe des Kl am Arbeitsleben zu erschweren, wenn man davon ausginge, dass bei dieser Prüfung nicht bloß auf seine Tätigkeit als Busfahrer abzustellen sei.
ANMERKUNG DES BEARBEITERS: Der Kl scheiterte bei seiner Kündigungsanfechtung wegen Behindertendiskriminierung hier schon daran, dass nach Ansicht der Gerichte gar keine Behinderung vorlag. Es war daher gar nicht mehr zu prüfen, ob seine Einschränkung Anlass für die Kündigung gewesen ist. Dies hätte der Kl im Fall des Vorliegens einer Behinderung glaubhaft machen müssen. |