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KollV-Arbeitskräfteüberlassung: Anteilige Sonderzahlungen als Teil der Entgeltfortzahlung über das arbeitsrechtliche Ende des Dienstverhältnisses hinausKollV-Arbeitskräfteüberlassung

SUSANNEHASLINGER
§§ 3 Abs 1 und 5 EFZG; Abschnitt XVI und XVII KVAÜ

Der Kl erlitt am 10.10.2019 einen Arbeitsunfall und war in der Folge bis 6.12.2019 im Krankenstand. Das Dienstverhältnis wurde mit 16.10.2019 einvernehmlich beendet. Auf das Arbeitsverhältnis ist der KollV für das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung anzuwenden (KVAÜ). Der Kl begehrte Sonderzahlungen für den Zeitraum ab Ende des Dienstverhältnisses bis zum Ende seines Krankenstands (17.10. bis 6.12.2019) nach § 3 EFZG.

Die Bekl wandte ein, dass der KVAÜ den Anspruch auf Sonderzahlungen auf das aktive Dienstverhältnis beschränke (arg „entsprechend ihrer jeweils im Kalenderjahr zurückgelegten Dienstzeit“, Abschnitt XVI Pkt 6 sowie sinngemäß auch XVII Pkt 3 KVAÜ) und daher über das arbeitsrechtliche Ende des Dienstverhältnisses hinaus kein Anspruch bestehe.

Das Erstgericht gab der Klage statt und berief sich dabei auf den General-KollV über den Entgeltbegriff nach § 3 EFZG. Branchenkollektivverträge, wie der KVAÜ, könnten lediglich die Berechnung des Entgelts abweichend von § 3 Abs 3 und 4 EFZG regeln, nicht jedoch den Anspruch selbst. Auch das Berufungsgericht gab der Berufung der Bekl unter Verweis auf die Rsp zu den §§ 3 und 5 EFZG sowie der Auslegung der entsprechenden Bestimmungen des KVAÜ keine Folge, erklärte aber die ordentliche Revision mangels Rsp zur Auslegung der zu beurteilenden Bestimmungen des KVAÜ für zulässig.

Der OGH erklärte die Revision für zulässig, jedoch für nicht berechtigt: Nach § 5 EFZG bleibt der Anspruch auf Entgelt auch über das arbeitsrechtliche Ende des Dienstverhältnisses hinaus bestehen, wenn der/die AN gekündigt wird, ohne wichtigen Grund entlassen wird oder aus Verschulden des/der AG berechtigt vorzeitig austritt. Dasselbe gilt gem § 2 EFZG bei einer einvernehmlichen Lösung im Krankenstand. Hinsichtlich der Berechnung des Entgelts wird dabei nach stRsp das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses bis zum Ende des Krankenstands fingiert. Dies soll verhindern, dass der/die AG das Arbeitsverhältnis während eines Krankenstandes auf eine der genannten Arten beendet.

Der Berechnung des Entgelts nach dem Ausfallsprinzip wird dabei das regelmäßige Entgelt zugrunde gelegt, das ohne Arbeitsverhinderung zugestanden hätte. Dabei ist vom arbeitsrechtlichen Entgeltbegriff auszugehen, der auch Sonderzahlungen umfasst, sofern laut KollV ein Anspruch darauf besteht. Unstrittig ist im Revisionsverfahren, dass Ansprüche, die dem Grunde nach erst dann entstanden wären, wenn das Arbeitsverhältnis bereits geendet hat, bei der Bemessung der Entgeltfortzahlung nicht zu berücksichtigen sind.

Zu prüfen war daher, ob der Anspruch auf Sonderzahlungen nach dem KVAÜ im gegenständlichen Fall besteht: Der KVAÜ sieht in Abschnitt XVI und XVII für jedes Kalenderjahr einen einheitlichen Anspruch auf Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration im Ausmaß eines Monatsentgelts vor. Der Urlaubszuschuss ist dabei grundsätzlich bei Urlaubsantritt bzw spätestens mit der Juniabrechnung fällig, die Weihnachtsremuneration mit der Dezemberabrechnung. Die Fälligkeitsbestimmungen orientieren sich am Zweck der Sonderzahlungen, nämlich die Erleichterung der Finanzierung von Mehrkosten von Urlaub und Weihnachtsgeschenken.

Für den Fall der unterjährigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses sehen Abschnitt XVI und XII eine Aliquotierung der jeweiligen Sonderzahlung entsprechend der Dienstzeit vor („Arbeitnehmer, 379deren Arbeitsverhältnis vor Verbrauch eines Urlaubs endet, haben Anspruch auf den aliquoten Teil des Urlaubszuschusses, entsprechend ihrer jeweils im Kalenderjahr zurückgelegten Dienstzeit“, Abschnitt XVI Pkt 6 KVAÜ bzw „… haben Anspruch auf einen ihrer Dienstzeit entsprechenden Teil der Weihnachtsremuneration“, Abschnitt XVII Pkt 3 KVAÜ).

Aus den Regelungen geht nach Ansicht des OGH insgesamt hervor, dass der Anspruch auf Sonderzahlungen dem Grunde nach bereits durch ein aufrechtes Dienstverhältnis erworben wird, möge es auch noch so kurz sein – eine Mindestdauer des Dienstverhältnisses ist nicht erforderlich. Inhalt und offenkundiger Zweck der Abschnitte XVI Pkt 6 und XVII Pkt 3 / 2. Fall KVAÜ sei es, den – dem Grunde nach bestehenden – Anspruch auf Sonderzahlungen bei unterjährigem Austritt aus dem Dienstverhältnis anteilig im Verhältnis der im Kalenderjahr zurückgelegten Dienstzeit zu begrenzen.

Die Regelungen im KVAÜ hinsichtlich der Sonderzahlung und ihrer Aliquotierung nehmen „nicht auf die Frage der Entgeltfortzahlung im Krankenstand Bezug“, insb gebe es keinen Anhaltspunkt, dass sie das Ausfallsprinzip des EFZG begrenzen wollen. Die „im Kalenderjahr zurückgelegte Dienstzeit“ ist daher nicht um Zeiten der Entgeltfortzahlung zu reduzieren. Die Bestimmungen schließen somit nicht aus, dass die Sonderzahlungen in das regelmäßige Entgelt iSd § 5 iVm § 3 EFZG miteinzubeziehen sind, auch dann, wenn der Entgeltfortzahlungszeitraum über das arbeitsrechtliche Ende des Dienstverhältnisses hinausgeht. Im Ergebnis war daher vom OGH den Vorinstanzen zuzustimmen und die Revision abzuweisen.