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Pensionsanpassung 2018 als mittelbare Diskriminierung?

PIA ANDREAZHANG

Der Kl steht als emeritierter ordentlicher Universitätsprofessor seit 1.10.2001 in einem Ruhestandsverhältnis zum Bund. Mit Bescheid vom April 2018 wurde die Höhe des Ruhebezugs des Kl von der Bekl neu festgestellt. Da das monatliche Gesamtpensionseinkommen des Kl über € 4.980,- beträgt, kam es für das Jahr 2018 zu keiner Pensionserhöhung. Die Pensionsanpassung 2018 war degressiv gestaffelt und ist ab einem bestimmten Gesamtpensionseinkommen ganz entfallen.

Die vom Kl dagegen erhobene Beschwerde wurde vom BVwG als unbegründet abgewiesen und die Revision für zulässig erklärt, da es sich um eine Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung handle. Die Rsp sei insofern als uneinheitlich zu sehen, als das LG St. Pölten in der Rs 27 Cgs 97/18b zu einer anderen Auslegung gekommen sei. Gegen dieses Erkenntnis erhob der Kl Revision an den VwGH mit der Begründung, es handle sich um eine mittelbare Diskriminierung von Männern, für die es keine Rechtfertigung gebe.

Der VwGH legte dem EuGH die Sache zur Vorabentscheidung vor und dieser entschied mit Urteil vom 5.5.2022, dass Art 157 AEUV und Art 5 lit c der RL 2006/54 dahingehend auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung mit einer degressiven Pensionsanpassung nicht entgegenstehen, sofern mit ihr in kohärenter und systematischer Weise die Ziele der Gewährleistung einer nachhaltigen Finanzierung der Pensionen und einer Verringerung des Niveauunterschieds zwischen den staatlich finanzierten Pensionen verfolgt werden (EuGH 5.5.2022, C-405/20, BVAEB; vgl DRdA-infas 2022/191, 392 [Zhang]).

Der VwGH befand die Revision für zulässig und im Ergebnis auch für begründet.

Er weist in seiner Entscheidung darauf hin, dass zwar die Zulässigkeit einer Revision mit einer Divergenz der Rsp des BVwG von der eines LG nicht begründet werden kann und dass darüber hinaus aufgrund der zwischenzeitigen Aufhebung des Urteils des LG auch keine Judikaturdivergenz mehr bestehe, jedoch fehle es tatsächlich an Rsp zur Frage, ob es sich bei der Pensionsanpassung 2018 um eine mittelbare Diskriminierung der (im Regelfall einen höheren Ruhebezug erhaltenden) Männer ohne sachliche Rechtfertigung handelt. Zur Beurteilung der vom EuGH aufgeworfenen Fragen sind Tatsachenfeststellungen notwendig, die vom BVwG im weiteren Verfahren zu erheben sein werden. Zu klären ist insb – nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung – die Frage des Vorliegens einer mittelbaren Diskriminierung, der kohärenten und systematischen Umsetzung der Maßnahme sowie die Verhältnismäßigkeit, also ob die Regelung nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung der Ziele erforderlich ist. Indem das BVwG dies verkannte und die erforderlichen Feststellungen unterließ, belastete es das Erkenntnis mit sekundären Feststellungsmängeln, sodass es wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts vom VwGH aufzuheben war.