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Entschädigung nur im Falle der Nichtanfechtung*

FLORIANG.BURGER (INNSBRUCK)
  1. Ausgehend vom klaren Wortlaut des § 12 Abs 7 letzter Satz GlBG steht nur im Falle der Nichtanfechtung ein Schadenersatzanspruch zu.

  2. Der ausdrücklichen Regelung des § 12 Abs 7 GlBG, wonach bei diskriminierender Nichtverlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses auf Feststellung des unbefristeten Bestehens des Arbeitsverhältnisses geklagt werden könne, steht § 10a Abs 1 MSchG nicht entgegen.

Die Kl stand bei der Bekl in einem vom 1.9.2011 bis 29.6.2012 befristeten Dienstverhältnis als Kinderbetreuerin. Zu Beginn des Dienstverhältnisses wurde der Kl erklärt, dass die Befristung eine reine Formsache sei und der befristete Vertrag, wenn alles passen würde, in einen unbefristeten umgewandelt werde. Nachdem die Kl der Bekl im Februar 2012 von ihrer eingetretenen Schwangerschaft berichtet hatte, verständigte sie die Bekl im Mai 2012 ohne Angabe eines Grundes davon, dass ihr Dienstverhältnis mit Ablauf der Befristung ende und nicht verlängert werde. Der Grund für die Nichtübernahme in ein unbefristetes Dienstverhältnis lag in der Schwangerschaft der Kl, die stets zur Zufriedenheit der Bekl tätig war.

Die Vorinstanzen gaben dem auf Feststellung des aufrechten Bestands eines unbefristeten Dienstverhältnisses gerichteten Klagebegehren der Kl statt. Das auf Zuerkennung einer Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung gerichtete Zahlungsbegehren von 2.000 € sA wurde hingegen abgewiesen. [Die dagegen erhobenen Revisionen der Kl und der Bekl wurden zurückgewiesen.] [...]

II. [...] Mit dem letzten Satz dieser mit der Novelle BGBl I 2008/98geänderten Bestimmung des § 12 Abs 7 GlBG wollte der Gesetzgeber dem diskriminierten AN ein Wahlrecht zwischen der Anfechtung, verbunden mit einer „Wiederherstellung“ des Arbeitsverhältnisses, und der Geltendmachung von Schadenersatz einräumen. Ausdrücklich wird in der Regierungsvorlage auch darauf Bezug genommen, dass der eine Anspruch den anderen ausschließt (RV 415 BlgNR 23. GP 6).

Europarechtliche Grundlage dieser Regelung ist insb Art 18 der GleichbehandlungsRL 2006/54/EG. Danach treffen die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer nationalen Rechtsordnungen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der einer Person durch eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts entstandene Schaden – je nach den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten – tatsächlich und wirksam ausgeglichen oder ersetzt wird, wobei dies auf eine abschreckende und dem erlittenen Schaden angemessene Art und Weise geschehen muss.

Die Kl vertritt in ihrer Revision die Ansicht, dass der Gesetzgeber mit den in § 12 Abs 7 GlBG getroffenen Rechtsfolgeanordnungen Art 18 der Gleichbehandlungs-RL 2006/54/EG nicht vollständig ins nationale Recht umgesetzt habe. Diese echte Gesetzeslücke müsse im Wege der Analogie zu allen anderen Diskriminierungstatbeständen der §§ 3, 4 GlBG, die in § 12 GlBG eine Entschädigung für die persönliche Beeinträchtigung, die die diskriminierte Person erlitten habe, gewährten, geschlossen werden. Die gebotene richtlinienkonforme Auslegung führe dazu, dass die Kl auch im vorliegenden Fall einen Anspruch auf Schadenersatz habe.

Ein Analogieschluss setzt eine Gesetzeslücke voraus, dh also, dass der Rechtsfall nach dem Gesetz nicht beurteilt werden kann, jedoch von Rechts wegen einer Beurteilung bedarf. Es muss eine „planwidrige Unvollständigkeit“, dh eine nicht gewollte Lücke, vorliegen (RIS-Justiz RS0098756). Sie liegt dann vor, wenn die Regelung eines Sachbereichs keine Bestimmung für eine Frage enthält, die im Zusammenhang mit dieser Regelung an sich geregelt werden müsste (RIS-Justiz RS0008866 [T1]); wenn Wertungen und Zweck der konkreten gesetzlichen Regelung die Annahme rechtfertigen, der Gesetzgeber habe einen nach denselben Maßstäben regelungsbedürftigen Sachverhalt übersehen (vgl RISJustiz RS0008866 [T10]). Ausgehend vom insoweit klaren Gesetzeswortlaut (arg „Lässt ... die Beendigung gegen sich gelten, so hat er/sie Anspruch ... auf eine Entschädigung ...“), der die Grenze zwischen objektiver Auslegung und ergänzender Rechtsfortbildung darstellt (RIS-Justiz RS0016495), und dem damit übereinstimmenden Willen des Gesetzgebers (RV 415 BlgNR 23. GP 6) steht nur im Falle der Nichtanfechtung ein Schadenersatzanspruch zu; eine andere Auslegung des Gesetzeswortlauts ist nicht möglich (Windisch-Graetz in ZellKomm2 § 12 GlBG Rz 11; vgl Sturm, Richtlinienumsetzung im neuen Gleichbehandlungsgesetz, DRdA 2004, 574 [580]). Vom Vorliegen einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Lücke (so Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG § 12 Rz 94 ff) kann jedenfalls seit der GlBG-Novelle BGBl I 2008/98, aber auch der bloßen Änderung des § 18c B-GlBG durch die Novelle BGBl I 2009/153nicht mehr ausgegangen werden.

Einer Auseinandersetzung mit der Frage, ob § 12 Abs 7 GlBG der Gleichbehandlungs-RL 2006/54/EG entspricht, bedarf es hier nicht. Zwar haben sich die Gerichte bei der Auslegung der nationalen Vorschrift so weit wie möglich an Wortlaut und Zweck der RL zu orientieren und Rechtsbegriffe, die in der RL und im innerstaatlichen Recht übereinstimmen, entsprechend den gemeinschaftsrechtlichen Begriffen auszulegen (RIS-Justiz RS0075866). Die von der Revisionswerberin geforderte richtlinienkonforme Auslegung einer Bestimmung kann aber nur soweit erfolgen, als das nationale Recht dem Rechtsanwender einen Spielraum einräumt (4 Ob 120/10s). Sie darf einer nach Wortlaut und Sinn eindeutigen nationalen Regelung keinen durch die nationalen Auslegungsregeln nicht erzielbaren abweichenden oder gar entgegengesetzten Sinn geben (RIS-Justiz RS0114158 uva). Die Bestimmung des § 12 Abs 7 GlBG kann daher – wie schon dessen alte Fassung (8 ObA 58/09a = DRdA 2012/4 [Wolfsgruber]) – ausgehend von ihrem klaren Wortlaut nicht Grundlage für die Zuerkennung eines Schadenersatzanspruchs bei gleichzeitiger Anfechtung im Weg einer richtlinienkonformen Interpretation sein (Sturm, aaO 580; Körber-Risak in

Mazal/Risak
, Das Arbeitsrecht, System53 und PraxiskommentarKap VIII Rz 147). Der Anregung der Kl, ein Vorabentscheidungsverfahren beim EuGH zur Auslegung der Gleichbehandlungs-RL 2006/54/EG einzuleiten, war daher nicht beizutreten.

III. Die Bekl vertritt in ihrer Revision den Standpunkt, § 10a MSchG verdränge beim Zusammentreffen eines befristeten Dienstverhältnisses mit dem Eintritt einer Schwangerschaft einer DN als speziellere und abschließende Norm die Rechtsfolgen des GlBG. Eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses über den Beginn des allgemeinen Beschäftigungsverbots hinaus sehe das Gesetz nicht vor. Auf sachlich gerechtfertigte Gründe komme es nur im Zusammenhang mit dem – hier nicht gegenständlichen – Wegfall der Hemmung des Ablaufs des Dienstverhältnisses vor.

Gem § 10a Abs 1 MSchG wird der Ablauf eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Dienstverhältnisses von der Meldung der Schwangerschaft bis zu dem Beginn des Beschäftigungsverbots nach § 3 Abs 1 MSchG oder dem Beginn eines auf Dauer ausgesprochenen Beschäftigungsverbots nach § 3 Abs 3 MSchG gehemmt, es sei denn, dass die Befristung aus sachlich gerechtfertigten Gründen erfolgt oder gesetzlich vorgesehen ist. Zweck der Einfügung des § 10a MSchG durch das arbeitsrechtliche BegleitG, BGBl 1992/822, war die Verhinderung der Umgehung des MSchG durch Abschluss befristeter Verträge mit jungen Frauen (RIS-Justiz RS0113734; RV 735 BlgNR 18. GP 22 f; 9 ObA 326/00g).

Die Anfechtung einer (diskriminierenden) Beendigung des Dienstverhältnisses während des Probemonats wurde mit der Novelle BGBl I 2008/98im Hinblick auf die Entscheidungen des OGH zu 9 ObA 4/05mund 9 ObA 81/05kausdrücklich in den Gesetzestext aufgenommen (RV 415 BlgNR 23. GP 6). Der OGH hatte darin ausgesprochen, dass auch eine wegen der Schwangerschaft ausgesprochene Beendigung eines Arbeitsverhältnisses während der Probezeit eine unmittelbare Diskriminierung darstelle und daher die Auflösung des Arbeitsverhältnisses wegen Diskriminierung anfechtbar sei. Damit wird deutlich, dass der Gesetzgeber mit der gesamten Neuregelung des § 12 Abs 7 GlBG eine von § 10a MSchG unabhängige Regelung schaffen wollte, die auf Diskriminierungstatbestände anwendbar sein sollte.

Dass die gesetzliche Regelung des § 12 Abs 7 GlBG, soweit sie als Rechtsfolge anordnet, dass das Arbeitsverhältnis, dessen Befristungsvereinbarung nicht diskriminierend war und daher grundsätzlich mit Fristablauf endete, im Falle der diskriminierenden Nichtverlängerung doch zur Verlängerung des Arbeitsverhältnisses führt, in der Lehre aus dogmatischer und systematischer Sicht Bedenken aufwirft, muss ausgehend von der ausdrücklichen Regelung des Gesetzgebers unberücksichtigt bleiben (Windisch-Graetz in ZellKomm2 § 12 GlBG Rz 10a).

Auch mit ihren Ausführungen zu § 12 Abs 12 GlBG vermag die Bekl keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO darzulegen. Hat sich im Streitfall die betroffene Person – wie hier die Kl – auf einen Diskriminierungstatbestand iSd §§ 3, 4 GlBG berufen und hat sie diesen glaubhaft gemacht, dann obliegt es der Bekl zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes von der Bekl glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war (§ 12 Abs 12 GlBG). Damit der Bekl dieser Beweis gelingen kann, muss sie zunächst geeignete Tatsachen behaupten, die einer Überprüfung durch das Gericht zugänglich sind. Im Anlassfall hat sich die Bekl aber in erster Instanz in Kenntnis des ihr allenfalls dadurch entstehenden Nachteils im Verfahren und trotz ausdrücklicher Rechtsbelehrung durch das Gericht ausdrücklich geweigert, die Gründe für die Unterlassung der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses der Kl darzutun. Auch ihre erstmals im Berufungsund nun auch im Revisionsverfahren vorgetragenen Behauptungen, die Einschätzung der Eignung einer DN im Betreuungsbereich sei nicht immer vollständig objektivierbar und außerdem müsste sie im Zuge einer solchen Begründung ihre gegenüber den Eltern und den betreuten Kindern bestehende Verschwiegenheitspflicht verletzen, kann die Bekl nicht von der sie treffenden Beweislast entheben. Ansonsten wäre die diskriminierte Person genau jenen Beweisschwierigkeiten ausgesetzt, die § 12 Abs 12 GlBG gerade verhindern will (siehe zum Konzept der Beweiserleichterung Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG § 12 Rz 124 ff ua). Im Übrigen ist nicht ersichtlich, weshalb die Bekl ein allfälliges Vorbringen nicht ohne Namensnennung der Eltern bzw der von der Kl betreuten Kinder erstatten hätte können.

Die Auffassung der Bekl, dass nach Zeitablauf des befristeten Arbeitsverhältnisses nicht mehr auf Feststellung des unbefristeten Bestehens nach § 12 Abs 7 GlBG geklagt werden kann, widerspricht dem § 15 Abs 1a GlBG, wonach erst der Zeitablauf die Klagefrist auslöst. Der aus dem Prüfungsantrag der Kl bei der Gleichbehandlungskommission resultierenden Fristenhemmung nach § 15 Abs 2 GlBG trat die Bekl nicht entgegen.

[...] Die Bekl hat im Gegensatz zur Kl auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision nicht hingewiesen. Ihre Revisionsbeantwortung kann daher nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig angesehen werden und ist deshalb auch nicht zu honorieren (RIS-Justiz RS0035979).54