Resch (Hrsg)Ruhe- und Erholungszeiten. Ein Übermaß an Arbeit kann die Gesundheit gefährden

Verlag des ÖGB, Wien 2013, 85 Seiten, € 19,90

ELISABETHKOHLBACHER (WIEN)

Im Rahmen des 30. Praktikerseminars der Arbeiterkammer Kärnten und des Instituts für Rechtswissenschaften an der Alpen-Adria Universität Klagenfurt im Juni 2013 haben Univ.-Prof. Dr. Reinhard Resch, Dr. René Schindler und Univ.-Prof. Dr. Gert-Peter Reissner Vorträge zum Generalthema Ruhe- und Erholungszeiten bestritten, die nunmehr in Schriftfassung in diesem Sammelband erschienen sind. Während in den Medien das Thema „Arbeitszeit“ an prominenter Stelle steht (man denke an die Debatte um die Arbeitszeitregelungen für Spitalsärzte), fristen die Ruhezeiten nicht nur in der öffentlichen Diskussion, sondern auch in der Wissenschaft ein beschauliches Dasein. Resch ist es zu verdanken, dass die Ruhe- und Erholungszeiten durch die Aufarbeitung im Rahmen des Praktikerseminars aus ihrem Dornröschenschlaf geholt wurden. Der Fokus liegt dabei auf der Grundannahme, dass Normzweck des Arbeitszeitschutzes die Vermeidung einer Gesundheitsgefährdung der AN durch ein zeitliches Übermaß an Arbeit ist. Dies soll nicht nur durch eine Beschränkung der Arbeitszeiten, sondern auch durch verpflichtende Ruhe- und Erholungszeiten gewährleistet werden. Die tägliche Ruhezeit bleibt in diesem Band ausgeklammert.

Gegenstand des Beitrags von Resch ist der Anspruch auf wöchentliche Ruhezeit. Dabei wird zunächst ein Überblick über das Regelungssystem des ARG gegeben. Wertvoll sind die Ausführungen zum Vorrang der Wochenruhe vor der Ersatzruhe des § 6 ARG. Von besonderem Interesse ist in Hinblick auf den Untertitel des Generalthemas die Gegenüberstellung von Urlaub und Wochenruhe: Aufgeworfen wird die Frage, ob der AG die Konsumation der Wochenruhe genau an den Urlaubstagen verlangen kann, wenn ein AN unter der Woche auf Urlaub war und am darauffolgenden Wochenende während der Wochenendruhe einen Dienst absolviert. Bei fehlendem Einvernehmen über ein Abgehen von der Urlaubsvereinbarung für den Wochenruhetag ist Resch zufolge die Lösung zu bevorzugen, dass ein AG in einem solchen Fall mit dem AN auch keine Wochenendarbeit vereinbaren dürfe. Dies gebiete der Primat der Wochenruhe. Zudem spreche auch der Gesundheitsschutz des AN dafür. Resch konzediert jedoch, dass es vielmehr richtig sei, für den entfallenden Wochenruhetag einen Anspruch auf Ersatzruhe nach § 6 ARG anzunehmen, vorausgesetzt, der Wille zur Aufrechterhaltung der Urlaubsvereinbarung gehe vom AN aus. Diese Lösung ist mE nicht nur richtig, sondern auch zu bevorzugen – insb wenn Urlaube langfristig geplant und vereinbart werden, kann es dem AG nicht zuzumuten sein, aus Gesundheitsschutzgründen die Vereinbarung von Wochenendarbeit zu verbieten. Gerade wenn ein AN zuvor Erholungsurlaub konsumiert hat, sprechen Gesundheitsschutzgründe nicht gegen die Vereinbarung von Wochenendarbeit trotz nicht erfolgender Vereinbarung von Wochenruhe.

Die Problematik Ersatzruhe und Krankheit wird nur kurz angerissen; warum nur das Festhalten an der Ersatzruhevereinbarung trotz Krankheit europarechtswidrig sein könnte und nicht auch das Festhalten an einer Wochenruhevereinbarung trotz Krankheit, wird daher leider nicht ausgeführt.

Schindler befasst sich in seinem Beitrag mit Rechtsfragen zu Arbeitspausen und zur Feiertagsruhe. Ausführlich wird etwa behandelt, ob § 11 Abs 4 AZG eine solche Lesart zulässt, wonach bei Nachtschwerarbeit im teilkontinuierlichen Schichtbetrieb zusätzlich zur 30-minütigen Ruhepause eine zehnminütige Kurzpause zu gewähren ist. Schindler bejaht dies unter63

Berufung darauf, „jedenfalls“ in § 11 Abs 4 erster Satz AZG iS von „zusätzlich“ zu verstehen. Dies soll auch für den vollkontinuierlichen Schichtbetrieb gelten, sodass es sowohl bei voll- als auch bei teilkontinuierlicher Arbeitsweise bei Nachtschwerarbeit eine zusätzliche, bezahlte zehnminütige Pause geben soll. Es bleibt abzuwarten, ob sich auch die Judikatur dieser Auslegung anschließt.

Im Rahmen der Ausführungen zur Feiertagsruhe verweist Schindler darauf, dass seit 1.1.2013 „durch betriebsinterne Regelungen arbeitsfrei gestellte Tage („betriebliche Feiertage“) auch für überlassene Arbeitskräfte gelten“. Eingeschränkt wird dies durch den Verweis darauf, dass es sich um „generelle und verbindliche betriebliche Regeln“ handeln muss. Grundlage hierfür ist § 10 Abs 3 letzter Satz AÜG: Schindler (in DRdA 2013, 176 [178]) zufolge sind auch durch betriebliche Übungen oder Vertragsschablonen aufgestellte betriebliche Regeln als für überlassene Arbeitskräfte verbindliche Bestimmungen allgemeiner Art anzusehen (ihm folgen in dieser Hinsicht etwa Schrattbauer/Goricnik, wbl 2013, 121 [123]). Andere Teile der Lehre sind hingegen der Ansicht, dass hiermit nur Regelungen in echten Betriebsvereinbarungen gemeint sein können (etwa Burz, ecolex 2012, 1093 [1095]; Schrank, RdW 2013/38 [32]). Eine Berücksichtigung auch betrieblicher Übungen und Vertragsschablonen, wenn diese tatsächlich für alle AN im Betrieb gelten, ist im Zusammenhang mit betrieblichen Feiertagen jedenfalls sinnvoll: Es wäre geradezu absurd, von den überlassenen Arbeitskräften zu verlangen, sie mögen ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen, während der gesamte Beschäftigerbetrieb aufgrund eines betrieblichen Feiertags stillsteht und daher in den meisten Fällen ein Tätigwerden bereits faktisch nicht möglich sein wird.

Reissner widmet sich schließlich der Vereitelung und dem sonstigem Unterbleiben von Ruhezeiten sowie den Rechtsfolgen bei rechtswidrigem Verhalten. Insb, aber nicht nur für den Praktiker von Interesse, ist die kurze und prägnante Zusammenfassung der wichtigsten Bestimmungen zu Ruhezeiten in AZG und ARG, die etwa auch Studierenden als Überblick zum – wie Grillberger (in

Grillberger
[Hrsg], AZG-Kurzkommentar3 [2011] Vorwort) es beschreibt – durch „übermäßige Kompliziertheit“ geprägten Arbeitszeitrecht ans Herz gelegt werden kann. Die in der Praxis immer wieder auftauchende Frage nach den Konsequenzen von Verstößen gegen AZG und ARG beantwortet Reissner mit übersichtlichen Antworten auf einzelne Problemstellungen, in denen deutlich zwischen arbeitsvertraglichen und verwaltungsstrafrechtlichen Rechtsfolgen differenziert wird. Wie Schindler beschäftigt sich auch Reissner mit der Thematik „Urlaub am Feiertag“, dh mit jenen Fällen, in denen ein AN trotz Feiertags zur Arbeitsleistung verpflichtet ist. Eine Urlaubsvereinbarung für einen Feiertag, an dem keine Arbeitsverpflichtung besteht, scheidet wegen § 4 Abs 2 UrlG aus; dies hält auch Reissner fest. In den Fällen, in denen Urlaub für einen Feiertag, an dem Arbeitspflicht besteht, vereinbart wird, gebühren hingegen 200 % des Entgelts, wobei Reissner dies mit dem Ausfallsprinzip begründet: Das Urlaubsentgelt ist „zwei Tagesentgelte“ (das Feiertags- und das Feiertagsarbeitsentgelt) wert.