Däubler/Zimmer (Hrsg)Arbeitsvölkerrecht – FS Lörcher

Nomos Verlag, Baden-Baden 2013, 399 Seiten, gebunden, € 109,–

ELIASFELTEN (SALZBURG)

Sowohl der Titel dieses Sammelbandes als auch der Name jenes Jubilars, zu dessen Ehren er herausgegeben wurde, lassen keinen Zweifel daran, mit welchem Thema sich die darin enthaltenen Beiträge beschäftigen. Klaus Lörcher ist einer der wenigen deutschsprachigen Autoren, der sich in umfassender Weise – praktisch wie theoretisch – mit dem Arbeitsrecht im völkerrechtlichen Kontext beschäftigt. Dabei handelt es sich um eine Rechtsmaterie, die in Österreich die längste Zeit entweder gar keine oder nur wenig Beachtung gefunden hat. Tatsächlich ist nach der publizierten Antrittsvorlesung Hans Florettas zum Thema „Arbeitsrecht und europäische Menschenrechtskonvention“ aus dem Jahr 1967 nur wenig Substantielles dazu geschrieben worden. Das hat sich erst in den letzten Jahren geändert. Aktuell gibt es eine durchaus kontrovers geführte Diskussion darüber, welche Auswirkungen die jüngere Rsp des EGMR zum Arbeitskampfrecht auf die nationale Dogmatik, insb die sogenannte „Trennungstheorie“, hat (vgl exemplarisch Grillberger, wbl 2013, 252; Risak, juridikum 2012, 23 oder Krömer, ZAS 2012, 200).

Das Thema „Streikrecht“ steht auch im Mittelpunkt einiger interessanter Beiträge des vorliegenden Sammelbandes; freilich in erster Linie vor dem Hintergrund des deutschen Rechts. Wolfgang Däubler bspw setzt sich mit der Frage der Zulässigkeit des Streikverbots für Beamte auseinander. Olaf Deinert und Michael Kittner unterziehen die Rsp des BAG zur Verhältnismäßigkeit von Arbeitskampfmaßnahmen einer kritischen Analyse und zeigen bestehende Reibungsflächen mit den völkerrechtlichen Vorgaben der EMRK, ESC und des ILO-Rechts auf. Monika Schlachter hingegen beschäftigt sich ganz allgemein mit der Frage, welchen Beitrag das Arbeitsvölkerrecht zum Schutz sozialer Rechte leisten kann und veranschaulicht dies am Beispiel des Streiks. Zu Recht weist sie darauf hin, dass dieses nicht nur politische, sondern auch rechtliche Verbindlichkeiten begründet. In dieselbe Kerbe schlägt auch Reingard Zimmer mit ihren Ausführungen zur Wirkungsweise, Auslegung und Implementierung von ILO-Standards.

Ein weiterer Themenschwerpunkt dieses Sammelbandes ist die Bedeutung des Arbeitsvölkerrechts für die Begründung und Effektuierung sozialer Grundrechte. Sowohl Baylos als auch Clauwaert/Schönemann diskutieren dies vor dem Hintergrund der aktuellen Eingriffe in das Wohlfahrtssystem einiger südeuropäischer Staaten auf Grund der Bankenkrise. Eberhard Eichenhofer beschäftigt sich wiederum mit dem „Recht auf Arbeit“, das von vielen als bloße „Sozialromantik“ abgetan und mit dem Argument mangelnder Durchsetzbarkeit abgelehnt wird. Er zeigt freilich, dass ein solches Recht durchaus mit konkreten Inhalten befüllt werden kann und veranschaulicht dies am Bespiel aktivierender Maßnahmen zur Förderung der Reintegration arbeitsloser Personen in den Arbeitsmarkt. Das ist insb für Österreich beachtlich, das in diesem Bereich bisher nur wenige Akzente gesetzt hat; dies zu ändern erscheint nicht nur politisch opportun, sondern – nach Eichenhofer – sogar völkerrechtlich geboten.

Dieser Sammelband führt eindrucksvoll vor Augen, dass das traditionell stark national geprägte Arbeits- und Sozialrecht einer stetigen Internationalisierung unterliegt. Auch in Österreich wird man daher nicht umhinkommen, sich mit diesen internationalen Rechtsquellen auseinanderzusetzen und ihre praktischen Auswirkungen anzuerkennen. Die vorliegende Festschrift gibt dafür wichtige Anhaltspunkte und Denkanstöße.65