Rechberger (Hrsg)ZPO – Zivilprozeßordnung – Kommentar

4. Auflage, Verlag Österreich, Wien 2014 XXXVI, 2062 Seiten, € 448,–

DIETERWEIß (LINZ)

Acht Jahre nach der Vorauflage ist jener Kommentar zur ZPO in der vierten Auflage erschienen, der in dieser Form bzw diesem Format quasi eine Monopolstellung innehat. Das dürfte nicht nur daran liegen, dass das Prozessrecht nach wie vor häufig als eher untergeordnete Materie empfunden wird, sondern vor allem auch an der Qualität des Werks, das vom Verlag – der früher im Springer Verlag erschienene Kommentar wurde ebenso wie das übrige rechts- und wirtschaftswissenschaftliche Programm vom Verlag Österreich übernommen – im Werbetext und auch vom Herausgeber im Vorwort zu Recht als „Standard- Kommentar zur ZPO“ bezeichnet wird.

Zwar hat die Tätigkeit des Gesetzgebers in den ersten drei Jahren nach dem Erscheinen der Vorauflage die ZPO unberührt gelassen (nicht jedoch die JN, die noch im Erscheinungsjahr erstmals novelliert wurde). Danach wurde jedoch in rascher Folge durch die Änderung der ZPO mit vier Bundesgesetzen für neue Auslegungsschwierigkeiten gesorgt:

Die Anwendung der mit der ZVN 2009 (BGBl I 2009/30) erfolgten Regelung des Zustellbevollmächtigten (§ 98 ZPO) erweist sich – was Gitschthaler (§ 10 ZustG Rz 3/1) betont – im Geltungsbereich der EuZustVO als problematisch, sodass ein in der Praxis wichtiger Anwendungsbereich wegfällt. Im ebenfalls mit der ZVN 2009 novellierten § 521 ZPO wurde – der Rsp des EGMR folgend und vor dem Hintergrund der auf dieser Grundlage entwickelten kasuistischen Rsp des OGH – der Grundsatz der Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens normiert, dabei aber durch die Ausnahme (nicht näher definierter) „verfahrensleitender“ Beschlüsse ein neues Problemfeld eröffnet (dazu Kodek, § 521a Rz 4, der auch die Unterbrechung des Verfahrens als bloß verfahrensleitend qualifiziert, was im Hinblick auf den damit verbundenen – mitunter jahrelang dauernden – Verfahrensstillstand diskussionswürdig erscheint, vgl die Zweiseitigkeit bejahend OGH 16.10.2009, 6 Ob 201/09s, offen lassend OGH 23.2.2010, 4 Ob 11/10m).

Ebenfalls im Jahr 2009 wurde die – vom Herausgeber im Vorwort zu Recht kritisierte – Vorgangsweise eingeleitet, in Budget-Begleitgesetzen auch Zivilverfahrensnovellen unterzubringen. Schon bei der ersten Gelegenheit (BBG 2009, BGBl I 2009/52) wurden zwei wenig ruhmreiche Änderungen vorgenommen: Die Einschränkung der Möglichkeit der Gewährung von Verfahrenshilfe auf natürliche Personen (Änderung des § 63 ZPO durch Art 15 Z 3 des BBG 2009) wurde vom VfGH aufgehoben (VfGH 5.10.2011, G 26/10, BGBl I 2011/96); die Verpflichtung, das am Schluss der mündlichen Streitverhandlung übergebene Kostenverzeichnis der Kostenentscheidung „zu Grunde zu legen“ (§ 54 Abs 1a ZPO), wurde zunächst von der Rsp – insb vom OLG Linz – „missverstanden“, sodass sie im BBG 2011 (BGBl I 2010/111) – iSd Verpflichtung, dies „ungeprüft“ zu tun – präzisiert wurde, was allerdings ebenfalls durch den VfGH rückgängig gemacht wurde (VfGH 5.10.2011, G 84/11, 87/11, 101/11, 102/11; BGBl I 2011/108; vgl insgesamt krit auch Fucik, § 54 Rz 9).

Mit dem BBG 2011 wurde freilich auch durchaus Sinnvolles in die ZPO aufgenommen, wie etwa die Möglichkeit des Kostenvorbehalts (dazu Fucik, § 52 Rz 2), eine – die diesbezügliche Rsp des OGH aufgreifende – Regelung für beleidigende, aber auch verworrene, unklare oder sinn- und zwecklose Schriftsätze (dazu Gitschthaler, § 86a Rz 1 f) und das Zwischenurteil zur Verjährung (dazu Rechberger, § 393a Rz 1).

Ebenso wie bei der dritten Auflage schließt auch bei dieser ein Schiedsrechts-ÄnderungsG (BGBl I 2013/118) die Reihe der erfassten Gesetzesänderungen ab. Möge eine Phase der Inaktivität des Gesetzgebers – abgesehen von der gebotenen Aufhebung der im 2. StabG (BGBl I 2012/35) erfolgten weiteren Anhebung der Wertgrenzen (krit im Hinblick auf die Konzentration der Zivilsachen bei den Bezirksgerichten Mayr, § 49 JN Rz 1) – auch die Aktualität dieser Auflage des Kommentars möglichst lang erhalten.