17

Übergenuss bei Vertragsbediensteten

HELMUTZIEHENSACK (WIEN)
§ 18a VBG; §§ 328, 1431, 1486, ABGB; § 502 Abs 1 ZPO
OGH 22.7.2014 9 ObA 46/14aOLG Wien 25.2.2014 7 Ra 11/14kLG St. Pölten 29.10.2013 27 Cga 122/12z
  1. Werden Bezüge irrtümlich angewiesen, obwohl sie nicht oder nicht in diesem Umfang gebühren, so können sie vom DG zurückgefordert werden. Lediglich im Fall redlichen Verbrauchs durch den DN ist die Rückforderung ausgeschlossen.

  2. Dabei wird der gute Glaube nicht nur durch auffallende Sorglosigkeit des Empfängers ausgeschlossen, sondern von der Rsp schon dann verneint, wenn er zwar nicht nach seinem subjektiven Wissen, aber bei objektiver Beurteilung an der Rechtmäßigkeit des ihm ausbezahlten Betrags auch nur zweifeln musste.

  3. Da die Redlichkeit gem § 328 ABGB vermutet wird, hat der rückfordernde DG die Unredlichkeit des DN zu beweisen. Der DN darf nämlich grundsätzlich darauf vertrauen, dass ihm alle vom DG zukommenden Leistungen auch wirklich endgültig zustehen.

  4. Die außergewöhnliche, sonst nicht erklärbare Höhe der Lohnzahlung kann einen Umstand bilden, der objektiv den guten Glauben des DN erschüttern kann. Eine monatliche Nettoüberzahlung von rund € 500,– bzw € 816,– in Relation zum von der DN erwarteten („gewünschten“) Gehalt in Höhe von rund € 1.000,– monatlich stellt daher keinesfalls eine bloß unerhebliche Überzahlung dar.

Die Bekl studierte nach der Matura vier Semester Biologie und drei Semester Psychologie an der Universität. Sie arbeitete in weiterer Folge im Innen- und Außendienst für einen Pharmakonzern, für einen Bandagisten, als Verkäuferin und für einen Lernverein. Ab 2009 absolvierte sie die Ausbildungen als Freizeitbetreuerin an einer Pädagogischen Hochschule und als Lerntrainerin.

Im Zuge ihrer Ausbildung erfuhr sie, dass Nachmittagsbetreuer für eine Praxisvolksschule gesucht werden, an der die Möglichkeit einer schulischen Nachmittagsbetreuung nicht nur für Lehrer, sondern auch für Freizeitpädagogen besteht. Bei einem Vorstellungsgespräch wurde mit der Bekl nur über die Tätigkeit, nicht aber über die zu erwartende Gehaltshöhe gesprochen, nach der sich die Bekl auch nicht erkundigte. Sie recherchierte lediglich im Internet betreffend die Entlohnungsgruppe IIL/I2b1 und „wünschte sich 1.000 € netto pro Monat“.

Das Dienstverhältnis der Bekl zur Kl begann am 6.9.2010. [...] Obwohl das Dienstverhältnis zur Kl das erste Dienstverhältnis der Bekl im öffentlichen Dienst und an einer Volksschule war, erkundigte sie sich nicht über die Bedeutung der Worte „Nachmittagsbetreuung“ oder „Entlohnungsgruppe“.

Gleichzeitig mit der Bekl begann eine Kollegin in der Nachmittagsbetreuung mit 24 Jahreswochenstunden zu arbeiten. Diese erkundigte sich telefonisch beim zuständigen BM und erhielt die Auskunft, dass sie 1.783,20 € brutto verdienen würde. Davon erlangte die Bekl keine Kenntnis.

Der Bekl wurden im Zug ihres Dienstverhältnisses drei Beschäftigungsausweise ausgehändigt. Darin wird unter dem Titel „Funktionen“ ua festgehalten:

Funktionsart Wstd Faktor vom bis zum We Nachmittagsbetreuung 30,00 0,525 [...] [...] 15,750 Wiederum erkundigte sich die Bekl nicht, was diese Formulierungen bedeuteten. Im November 2010 erhielt125 die Bekl ihre erste Gehaltsabrechnung. Darin waren das Schema Vertragslehrer IIL, die Einstufung l2b1 und ein Beschäftigungsgrad von 100 % angegeben. Unstrittig erhielt die Bekl für November 2010 ein Gehalt von 2.229 € brutto. Die Abrechnung für Oktober 2010 umfasste die Gehälter für September 2010 in Höhe von 1.857,50 € brutto und Oktober 2010 in Höhe von 2.229 € brutto sowie eine Sonderzahlung, sodass die Bekl insgesamt 4.435,99 € brutto (das entspricht 3.174,67 € netto) erhielt. Die Bekl zeigte diese Gehaltsabrechnung nicht der Direktorin. Es steht nicht fest, dass die Direktorin sagte, das ausbezahlte Gehalt sei angemessen.

Unstrittig weist die Gehaltsabrechnung für Dezember 2010 ein Bruttomonatsgehalt von 2.229 €, und weisen die weiteren Gehaltsabrechnungen für die Monate Jänner 2011 bis November 2011 ein Bruttomonatsgehalt von jeweils 2.262 € auf. Die Bekl erhielt aufgrund eines Eingabefehlers im SAP-System der Kl im Zeitraum September 2010 bis Dezember 2011 einen doppelt so hohen Bezug, als ihr gesetzlich zugestanden war.

Erst nach dem 15.11.2011 erfuhr die Bekl, dass das Gehalt zweier Kolleginnen niedriger war als ihres. Erstmals mit Schreiben vom 1.12.2011 informierte die Kl die Bekl über den Übergenuss, der unstrittig 12.246,07 € netto betrug. Die Kl buchte mit der Monatsabrechnung Dezember 2011 einen Übergenuss von gesamt 3.766,26 € brutto zurück und behielt ohne Zustimmung der Bekl in weiterer Folge von Dezember 2011 bis März 2012 insgesamt 1.144,26 € ein.

Das Dienstverhältnis der Streitteile endete einvernehmlich am 30.1.2012.

Die Bekl verwendete das ihr von der Kl ausbezahlte Gehalt für den Lebensunterhalt ihrer Familie und für die Rückzahlung von Schulden, die aus einer Arbeitslosenzeit und Übersiedlung vor Beginn ihres Dienstverhältnisses zur Kl vorhanden waren.

Die Kl begehrt die Rückzahlung des der Bekl während des laufenden Dienstverhältnisses bezahlten Übergenusses von restlichen (unstrittig) 11.105,81 € sA. Sie brachte vor, dass bei Vertragslehrern Unterrichtsstunden doppelt zählen, sodass 20 Lehrerwochenstunden das Ausmaß einer Vollbeschäftigung (40 Wochenstunden) begründen. Dies gelte jedoch infolge § 12 Abs 3 Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz (BLVG) nicht für die von der Bekl geleisteten Nachmittagsbetreuungsstunden, die „normal“, daher als „halbe Lehrer-Wochenstunde“ zählten. Aufgrund eines EDVEingabefehlers seien der Bekl – wie auch zwei weiteren Bediensteten – jedoch statt 15 Wochenstunden irrtümlich 30 Wochenstunden ausbezahlt worden. Auf einen gutgläubigen Verbrauch und Empfang der Leistungen könne sich die Bekl nicht berufen, weil der Bekl nach den Beschäftigungsausweisen klar sein musste, dass sie nicht „quasi 30 Lehrerstunden“, sondern bloß 30 Wochenstunden zum Faktor 0,525, daher im Ergebnis etwa „halbe“ Lehrerstunden erhalten sollte. Der Bekl hätte objektiv auffallen müssen, dass sie einen doppelt so hohen Bezug erhielt, als ihr zustand. Sie hätte bei einem durchschnittlichen Maß an Sorgfalt zumindest Zweifel an der Rechtmäßigkeit der fortlaufend bezogenen überhöhten Bezüge hegen müssen. Das der Bekl gezahlte Gehalt von 2.229 € brutto entspreche dem Einstiegsgehalt einer Volksschullehrerin. Die Bekl habe schon anhand der Monatsabrechnung für Oktober 2010 nicht davon ausgehen können, dass sie 4.435,99 € brutto (3.174,67 € netto) für bloß 30 Nachmittagsbetreuungsstunden monatlich erhalten solle. Bei Unklarheiten wäre die Bekl verpflichtet gewesen, Informationen einzuholen.

Die Bekl wandte dagegen zusammengefasst den gutgläubigen Erhalt und Verbrauch der geltend gemachten Übergenüsse, die Unterhaltscharakter hätten, ein. Sie sei erstmalig im öffentlichen Dienst beschäftigt gewesen und habe keine Unstimmigkeiten in den Abrechnungen entdecken können, die der Höhe nach auch jenen einer zeitgleich eingetretenen anderen Kollegin im Wesentlichen entsprochen hätten. Die Bekl treffe am Fehler der Kl, auf den diese erst ca 1 1/2 Jahre später gekommen sei, kein Verschulden. Weder der Dienstvertrag noch die Beschäftigungsausweise hätten eine konkrete Entgelthöhe genannt. Die Bekl habe auf die Richtigkeit der – komplizierten – Gehaltsberechnung der Kl vertrauen dürfen. Das ihr überwiesene Entgelt errechne sich auch bei Anwendung der §§ 42b, 44 VBG 1948, auf § 12 Abs 3 BLVG sei die Bekl nicht hingewiesen worden. Ein offensichtlicher oder für sie erkennbarer Irrtum der Kl sei daher nicht vorgelegen und habe der Bekl objektiv nicht vor Erhalt des Schreibens der Kl vom 1.12.2011 auffallen müssen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren – im zweiten Rechtsgang – ab. Soweit für die Behandlung der Revision erforderlich, führte es aus, dass der der Bekl bezahlte Übergenuss gem § 18a VBG 1948 zurückgefordert werden könne, soweit er nicht im guten Glauben empfangen und verbraucht worden sei. Der Bekl, die erst nach Erhalt ihres eigenen Gehalts am 15.11.2011 Kenntnis über die tatsächliche Gehaltshöhe erlangt habe, könne Unredlichkeit nicht vorgeworfen werden.

Das Berufungsgericht gab der von der Kl gegen dieses Urteil erhobenen Berufung nicht Folge. Aus den §§ 1431, 1437 und 326 ABGB ergebe sich, dass der Empfänger einer Nichtschuld grundsätzlich zur Rückzahlung verpflichtet ist, es sei denn, dass er den Überbezug in gutem Glauben empfangen und für Bedürfnisse des täglichen Lebens verbraucht habe. Auch für Vertragsbedienstete (VB) sei die Frage der Gutgläubigkeit beim Empfang des Übergenusses nach der objektiven Erkennbarkeit zu beurteilen. Da die Redlichkeit gem § 328 ABGB vermutet werde, habe der rückfordernde AG die Unredlichkeit des AN zu beweisen. Dies sei der Kl nicht gelungen: Die Bekl habe grundsätzlich darauf vertrauen dürfen, dass die Kl ihre eigenen Gesetze kenne und die der Bekl gezahlten Beträge dieser auch wirklich zustünden. Im Allgemeinen bestehe auch keine Pflicht zur Recherche der Gehaltshöhe, von einer Freizeitpädagogin könne bei ihrer Erstanstellung auch nicht erwartet werden, umfassende juristische Nachforschungen anzustellen. Bei einem gesetzlich determinierten Gehalt sei eine Erkundigungspflicht des DN nur dann anzunehmen, wenn es konkrete Hinweise auf eine Überzahlung gebe, nicht aber schon dann, wenn das Gehalt dem DN nicht ziffernmäßig offengelegt worden sei. Weder der Umstand, dass die Gehaltshöhe die Wünsche der Bekl überstiegen habe, noch die Höhe der monatlichen Überzahlung seien Umstände, die eine Unredlichkeit der Bekl indizierten. Eine Überzahlung von rund 500 € netto könne nicht als enorm bezeichnet werden, zumal nicht zwingend sei, dass die Diffe-126renz zum zustehenden Gehalt für die Bekl überhaupt erkennbar gewesen sei. Vor Auszahlung des Gehalts für Dezember 2011 habe die Bekl daher keine konkreten Hinweise auf einen Überbezug gehabt. Da sie die erhaltenen Beträge für den Lebensunterhalt verwendet habe, sei sie nicht nur beim Empfang, sondern auch beim Verbrauch dieser Beträge gutgläubig gewesen. Die ordentliche Revision sei mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. [...]

Die Revision ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung
1.

Wer irrtümlich eine Nichtschuld bezahlt, kann das Geleistete gem § 1431 ABGB zurückfordern (Preiss in ZellKomm2 § 1154 ABGB Rz 52 ff; Löschnigg, Arbeitsrecht11 6/285 ff mwN ua). Werden Bezüge irrtümlich angewiesen, obwohl sie nicht oder nicht in diesem Umfang gebühren, so können sie vom DG zurückgefordert werden. Lediglich im Fall redlichen Verbrauchs durch den DN ist die Rückforderung ausgeschlossen. Dabei wird der gute Glaube nicht nur durch auffallende Sorglosigkeit des Empfängers ausgeschlossen, sondern von der Rsp schon dann verneint, wenn er zwar nicht nach seinem subjektiven Wissen, aber bei objektiver Beurteilung an der Rechtmäßigkeit des ihm ausbezahlten Betrags auch nur zweifeln musste (Ziehensack, VBG § 18a Rz 7b mwN; RIS-Justiz RS0010271; RS0033826 ua). Da die Redlichkeit gem § 328 ABGB vermutet wird, hat der rückfordernde DG die Unredlichkeit des DN zu beweisen (Jud 33 neu ua; RIS-Justiz RS0010182). Der DN darf nämlich grundsätzlich darauf vertrauen, dass ihm alle vom DG zukommenden Leistungen auch wirklich endgültig zustehen (9 ObA 197/92; 9 ObA 168/13s).

Ausgehend von diesen – von den Parteien im Revisionsverfahren nicht in Frage gestellten – Grundsätzen der Rsp erweist sich die Entscheidung des Berufungsgerichts nach Maßgabe der konkreten Umstände des hier zu beurteilenden Falls (RIS-Justiz RS0033826 [T5]) als korrekturbedürftig.

2.

Voranzustellen ist, dass die Ursache des Irrtums der Kl, der zum Übergenuss der Bekl geführt hat, nicht auf einer unrichtigen Auslegung einer Norm beruht, sondern auf einem Eingabefehler im SAP-System der Kl. Es ist nicht strittig, dass dieser Irrtum von der Bekl weder veranlasst noch erkannt wurde. Der Bekl, die ihr erstes Dienstverhältnis als VB antrat, ist auch zuzubilligen, das Abrechnungssystem der Kl (bzw die zugrunde liegenden gesetzlichen Bestimmungen) und die Bedeutung der auf den Beschäftigungsausweisen verwendeten Kürzel nicht gekannt und nicht verstanden zu haben.

Allerdings ist nicht strittig, dass sich die der Bekl zustehenden Bezüge aus den Bestimmungen der §§ 37 ff VBG iVm § 12 Abs 3 BLVG ergeben und nicht schwankend sind. Sie waren in den der Bekl ausgehändigten Unterlagen – dem Dienstvertrag und den Beschäftigungsausweisen – auch korrekt ausgewiesen. Diese Umstände sind – ungeachtet der subjektiven Kenntnisse der Bekl – zumindest grundsätzlich objektiv geeignet, dass der Bekl der Irrtum der Kl auffallen hätte können (Geroldinger, Gutgläubiger Verbrauch im Arbeitsrecht, ASoK 2007, 378 [380]).

3.

Da der DN wie ausgeführt grundsätzlich auf die Abrechnung der Bezüge durch den DG vertrauen darf, müssen besondere Umstände vorliegen, aus denen für den DN erkennbar wird, dass keine ordnungsgemäße Zahlung vorliegt, er also damit rechnen muss, die Überzahlung an den entreicherten DG zurückzuzahlen (Wachter, Zur Nichtrückforderbarkeit irrtümlich bezahlten Arbeitsentgelts bei gutgläubigem Verbrauch, in FS Strasser [1983] 147 [175]; ihm folgend Burger, Rückforderung von Überzahlungen – eine Bestandsaufnahme, wbl 2007, 567 [574]). Ein solcher Umstand liegt hier entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts vor allem darin, dass die Bekl während eines Zeitraums von 15 Monaten (im Dezember 2011 erfolgte die Korrekturabrechnung) unstrittig das Doppelte der ihr gesetzlich zustehenden Bruttoentlohnung erhalten hat. Es entspricht der Rsp, dass die außergewöhnliche, sonst nicht erklärbare Höhe der Lohnzahlung einen Umstand bilden kann, der objektiv den guten Glauben des DN erschüttern kann (4 Ob 71/55 = Arb 6296; RIS-Justiz RS0010271 [T1]). Da nach der Rsp der AN unter bestimmten Umständen sogar verpflichtet werden kann, dem AG den Rückforderungsbetrag brutto zu bezahlen (8 ObA 69/05p = RIS-Justiz RS0121439; ebenso zu § 13a GehG VwGH2013/12/0072 mwH), kann nicht allein auf die Höhe der Nettoüberzahlung abgestellt werden. Aber selbst ausgehend von der Annahme des Berufungsgerichts, dass die Bekl „nur“ eine monatliche Nettoüberzahlung von rund 500 € erhalten habe (tätsächlich betrug der Übergenuss für den Zeitraum September 2010 bis Dezember 2011 insgesamt unstrittig 12.246,07 €, woraus sich für 15 Monate rein rechnerisch ein monatlicher Durchschnitt von rund 816 € – einschließlich Sonderzahlungen – errechnen würde), stellt dieser Betrag, setzt man ihn in Relation zum von der Bekl erwarteten („gewünschten“) Gehalt in Höhe von rund 1.000 € monatlich, keinesfalls eine bloß unerhebliche Überzahlung dar. Auch der von der Bekl ins Treffen geführte Umstand eines sicherlich komplizierten und – insb in Bezug auf die in den Beschäftigungsausweisen verwendeten Kürzel – intransparenten Abrechnungssystems ändert letztlich nichts daran, dass diese Überzahlung weit über der der Bekl nach dem Gesetz zustehenden Entlohnung liegt. Vor allem darin unterscheidet sich der hier zu beurteilende Sachverhalt von der E 9 ObA 168/13s, sodass aus dem Verweis auf diese in der Revisionsbeantwortung für die Bekl nichts zu gewinnen ist.

4.

Auf die Frage, ob die Bekl angesichts dieser Umstände eine Nachforschungspflicht getroffen hätte (vgl 4 Ob 42/69 = Arb 8645, ebenfalls zum VBG 1948; ebenso VwGH84/12/0118 – zur Frage nicht entschlüsselbarer Abkürzungen im Bezugszettel; VwGH86/12/0293 – zur „nicht wünschenswerten“ Darstellungsform des Gehaltszettels; beide in: Zach/Koblizek, Gehaltsgesetz, Rsp zu § 13a GehG, §§ 15 ff) muss hier nicht weiter eingegangen werden. Die Bekl war nämlich ohnehin bestrebt, Informationen über die Höhe der zu erwartenden Entlohnung zu erhalten. Aufgrund ihrer Internetrecherche rechnete sie mit einer Entlohnung von 1.000 € netto pro Monat. Dass das Ergebnis dieser Recherche unrichtig gewesen wäre, ergibt sich weder aus dem Vorbringen der Parteien, noch aus den Verfahrensergebnissen, wonach die Bekl etwa für Oktober 2010 eine – doppelte – Entlohnung von 2.229 € brutto erhielt. Damit war aber der Bekl auch subjektiv aus den übermittelten Gehaltszetteln von Anfang an erkennbar, dass die darin ausgewiesenen Brutto- und Nettobeträge deutlich über127 ihren Erwartungen lagen. Soweit sich die Bekl in ihrer Revisionsbeantwortung auf den Umstand bezieht, dass eine gleichzeitig mit ihr eintretende Nachmittagsbetreuerin die Auskunft erhalten habe, 1.783,20 € brutto (bei einem Beschäftigungsausmaß von 24 Wochenstunden) zu verdienen, ist ihr entgegenzuhalten, dass sie von diesem Umstand nach den Feststellungen keine Kenntnis erlangte.

Der Revision der Kl war daher Folge zu geben und die Entscheidungen der Vorinstanzen waren dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren stattzugeben ist. [...]

ANMERKUNG
1.
Der „Übergenuss“ – Begriff und Problemstellung

In der vorliegenden E hatte sich der OGH mit der Frage der Rückforderung von Übergenüssen bei VB auseinanderzusetzen. Bei Übergenüssen handelt es sich nach der Legaldefinition in § 18a Abs 2 VBG um „zu Unrecht entrichtete Leistungen“ – siehe auch die Definition des LG Linz als ASG 2.7.2012, 7 Cga 22/12h, S 4 f („Übergenüsse sind zu Unrecht empfangene Bezüge, für deren Entgegennahme kein gültiger Anspruchsgrund vorliegt.“) und Ziehensack, VBG – Praxiskommentar § 18a Rz 22 ff. Zunächst wird festgehalten, dass nach Ablauf der Verjährungsfrist von drei Jahren eine Rückforderung ausscheidet. Sodann ist die Bestimmung um die von der Rsp (richtungweisend dabei die „JB 33-E des OGH“ Präs 1025/28 ArbSlg 3893; weiters OGH4 Ob 101/84ZAS 1987, 12 [Zemen]; OGH4 Ob 36/78

[Mayer-Maly]
; siehe dazu auch die Literatur: Trost, Gedanken zum gutgläubigen Empfang und Verbrauch, ; Mell, Guter Glaube und Empfang des Übergenusses, ZfV 1984, 117; Stifter, Der Übergenuss im öffentlich-rechtlichen und im vertraglichen Dienstverhältnis, DRdA 1983, 340; Wachter, Zur Nichtrückforderbarkeit irrtümlich bezahlten Arbeitsentgelts bei gutgläubigem Verbrauch, in FS Strasser [1983] 147; Zemen, Der Schutz des Empfängers von rechtsgrundlosen, jedoch gutgläubig verbrauchten Leistungen, ZAS 1979, 163) entwickelte Figur des gutgläubigen Verbrauches zu ergänzen. Demnach finden Rückforderungen auch von noch nicht verjährten Übergenüssen dann nicht statt, wenn der Übergenuss vom AN gutgläubig empfangen und verbraucht wurde.

Eine besonders große Höhe des Übergenusses, welche zudem über einen längeren Zeitraum zustande gekommen ist, mag aber nicht nur für die Erkennbarkeit auf Seiten des DN sprechen, sondern auch für die eher weniger sorgfältige Personalbewirtschaftung durch den DG. Soweit die Überzahlungen mehr als drei Jahre zurückliegen, scheidet eine Rückforderung ohnedies aus. Dadurch ist der DG jedenfalls „gestraft genug“. Einzig hinsichtlich der Übergenüsse, welche weniger als drei Jahre zurückreichen, kann also grundsätzlich eine Rückforderung stattfinden.

Sonderbestimmungen bestehen zudem für Übergenüsse im Zusammenhang mit der Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen (§ 60 Abs 1 ASVG, § 24 aE B-KUVG).

2.
Hereinbringung bei Beamten

Für das Beamtenrecht besteht eine ausdrückliche gesetzliche Regelung in § 13a GehG (über den „Ersatz zu Unrecht empfangener Leistungen“). Für die Rückforderung eines Übergenusses von aktiven oder pensionierten bzw ehemaligen (bspw da auf Grund des Straf urteils oder des Disziplinarerkenntnisses bzw der Austrittserklärung ausgeschiedenen) Beamten besteht nicht die Zuständigkeit des Zivilrechtswegs (der Arbeitsgerichte), sondern der Verwaltungsbehörden; dies ergibt sich auch aus § 2 Abs 6 DVG sowie vor allem der VfGH- bzw VwGH-Judikatur – VfGH 27.6.2000, KI-23/97 = VfSlg 15.870; das VfGH-Erk wird auch referiert in VwGH 22.11.2000, 2000/12/0213, dem fortgesetzten Verfahren zu 94/12/0111 (= Erk des VwGH vom 2.7.1997, welches durch das zit VfGH-Erk aufgehoben wurde). Siehe auch LG Innsbruck als Rekursgericht 28.2.2014, 3 R 9/14s (Aufhebung des Überweisungsbeschlusses des BG Innsbruck an das LG Innsbruck als ASG, Nichtigerklärung des bisherigen Verfahrens und Zurückweisung der Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs).

Praktikantenverhältnisse (wie etwa nach dem RechtspraktikantenG oder UnterrichtspraktikumsG – UPG, BGBl 1988/145 idgF), auch nach Absolvierung eines universitären Studiums, erfolgen oft im Rahmen eines öffentlich-rechtlich Dienstverhältnisses. § 18 UPG (übertitelt mit „Ersatz von Übergenüssen und Verjährung“) regelt den Ersatz zu Unrecht empfangener Leistungen (Übergenüsse) und verweist diesbezüglich auf das Beamtenrecht, nämlich konkret auf §§ 13a und 13b GehG. Folglich können derartige Übergenüsse nicht mit Mahnklage beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden, sondern durch entsprechende Bescheiderlassung der zuständigen Behörde.

Sofern es sich um einen Übergenuss aus einem Verwaltungspraktikum nach § 36a VBG handelt, besteht aber doch die Zulässigkeit des Rechtsweges. Beim Verwaltungspraktikum handelt es sich nämlich nicht um ein hoheitliches Verhältnis, sondern ein privatrechtliches.

3.
Praxisrelevanz

Das Thema der Übergenüsse erweist sich in der Praxis als deshalb besonders relevant, weil trotz sorgfältigster Personalverwaltung das Entstehen derselben niemals in allen Fällen lückenlos vermieden werden kann. Wohl aber stellen die Häufigkeit und das Ausmaß der Übergenüsse einen Indikator für die Qualität der Personalverwaltung dar. Übergenussrückforderungen verursachen auf beiden Seiten Schwierigkeiten und Probleme, nämlich sowohl auf DN- wie auch auf DG-Seite. Auf DN-Seite gilt es, bei der Überprüfung der einlangenden Gehalts- und Entgeltbezüge den Umstand des Übergenusses, das „Zuviel“ zu erkennen. Wird dieses erkannt, bedarf es der Abklärung mit der Personalstelle, in welcher Höhe die Überweisung nun tatsächlich gebührt und wieviel hiervon wieder rückgeführt werden muss. Fällt der Übergenuss auf DN-Seite nicht sogleich auf, kann sich uU eine nicht unwesentliche Rückführungssumme anhäufen. Fällt diese dem DN nicht oder nicht sogleich auf, mag er dadurch veranlasst sein, höhere Ausgaben zu tätigen, als er sie bei korrekter und nicht überhöhter Entgeltüberweisung vorgenommen hätte.128

Lag auf Seiten des DG ein Organisationsverschulden an der überhöhten bzw unberechtigten Überweisung oder aber auch nur ein Versagen technischer (computermäßiger) Vorrichtungen in der Sphäre des DG vor, sollte dies, zumindest wenn man die zugegebenermaßen für andere Rechtsbereiche entwickelte Sphärentheorie heranzieht, zu keinen Nachteilen auf Seiten des DN führen (können). Gleichzeitig soll der DN aber auch nicht aus bloßen Abrechnungsschwierigkeiten, Computerproblemen, Programmfehlern, Eingabefehlern, Zahlenstürzen usw auf Seiten seines Vertragspartners, nämlich des AG, bereichert werden. Einer derartigen Bereicherung läge nämlich kein Rechtsgrund zu Grunde.

Schon früh (richtungsweisend „JB 33-E des OGH“ Präs 1025/28 SZ 11/86 = ArbSlg 3893) entwickelte die Rsp daher den Grundsatz, dass beim Bereicherten, insb wenn es sich um einen Unterhaltsberechtigten oder DN handelt, der die erlangten Zahlungen erfahrungs- und bestimmungsgemäß zur Gänze oder zu einem Teil für die Abdeckung seines Unterhaltes verwendet, nicht schutzlos der plötzlichen Rückforderung des zu viel geleistet habenden Gläubigers ausgesetzt sein soll. Es bedarf dabei stets der Prüfung im Einzelfall, welche Umstände bei der Überweisung bzw den Überweisungszeitpunkten vorgelegen haben. Konnte der AN den Umstand des Übergenusses erkennen, mangelt es ihm an Gutgläubigkeit bereits bei der Empfangnahme. Abgestellt wird dabei einerseits auf den Umstand, ob Wissen über den Übergenuss auf DN-Seite entweder positiv vorgelegen hat oder aber diesem zumindest fahrlässige Unkenntnis (unterlassene Überprüfung seiner monatlichen Gehaltsabrechnungen sowie seiner Bankauszüge) vorgeworfen werden kann bzw muss.

Weiters geht es auch um die Frage, ob durch den Übergenuss das Ausgabeverhalten des AN eine Veränderung erfahren hat. Wurde es durch den Übergenuss gar nicht beeinflusst, sollte der Übergenuss im Vermögen des VB noch vorhanden sein. Das Vermögen des AN würde dann keine Veränderung zum Negativen erfahren, wenn es der vollumfänglichen Rückforderung des AG ausgesetzt wird. Wie im Schadenersatzrecht die Naturalrestitution führt dann die Rückführung des Übergenusses zu einer Herstellung des seinerzeitigen Status quo bzw der auch aus AG-Sicht richtigen Abrechnungslage.

Problematisch wird dies für den AN aber dann, wenn er sich durch den erhaltenen Übergenuss zu einer Änderung des Ausgabeverhaltens hat verleiten lassen. Hat er etwa mehr für Lebensmittel, den Erwerb von Konsumgütern oder nicht leicht wiederverkaufbaren Fahrnissen oder Immobilien ausgegeben, mag ihn die Rückführung der erhaltenen Zuviel-Beträge treffen und menschlich wie auch juristisch unbillig erscheinen.

Dies gilt, zumal wenn auf Seiten des AG ein schwieriges und nicht leicht zu durchschauendes Besoldungssystem besteht und der AN angesichts der Person seines AG davon ausgegangen ist und auch davon auszugehen konnte, dass im Zweifelsfall „eben schon alles stimmen“ wird. Dabei muss unterschieden werden, ob dem DN eine bloße Plausibilitätsprüfung abverlangt wird oder aber tatsächlich ein Nachrechnen bis in die letzte Kommastelle. Letztere Alternative wird wohl ausgeschieden werden können, da sie eine zu weit gehende Verschiebung des Unternehmerrisikos bedeuten würde.

4.
Guter Glaube und Bezugshöhe

Der gute Glaube entfällt bereits bei leichter Fahrlässigkeit. Nach der Rsp gilt, dass zwar den AG die Beweislast für die Rückforderungsvoraussetzungen trifft, dafür aber bereits das Kennenmüssen des AN hinsichtlich des Übergenusses für die Begründung des Ersatzanspruches hinreicht. Selbst leichte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des (Über-)Bezugs verpflichten den VB sohin, Nachforschungen anzustellen, und schließen damit den gutgläubigen Empfang und Verbrauch dieser Beträge aus (OGH4 Ob 101/84ZAS 1987, 12 [Zemen]). Dem DN, der es aus auffallender Sorglosigkeit unterlässt, sich über seine Bezugsrechte entsprechende Kenntnisse zu verschaffen, kann guter Glaube nicht zugebilligt werden (stRsp des OGH seit JBl 1970, 47; vgl OGH 7.11.2002, 8 ObA 176/02v und ASG Wien 4.11.2004, 20 Cga 64/04k).

Die Höhe des Übergenusses kann für die Beurteilung des gutgläubigen Empfanges und Verbrauches eine nicht unwesentliche Rolle spielen. Unrechtmäßig empfangene hohe Beträge müssen idR dem AN eher auffallen als kleinere, sukzessive erhaltene Überzahlungen. Vgl etwa den Sachverhalt im der E des ASG Wien (4.11.2004, 20 Cga 64/04k, S 1) zugrunde liegenden Fall: „Mit Klage vom 28.4.2004 begehrte die kl Partei € 18.893,56 samt 4 % Zinsen seit 1.12.2003 ...“ „Diese Verdoppelung des Gehaltes (ohne entsprechende Änderung des Beschäftigungsausmaßes, Anm des Autors) ... wäre für die Bekl bei Anwendung geringster Aufmerksamkeit erkennbar gewesen.“ (Urteil ASG Wien 4.11.2004, 20 Cga 64/04k, S 5 unten). Bei großer Höhe des Übergenusses fällt die Rückzahlungspflicht dem DN idR schwerer, doch kann diesem Problem durch die Einräumung der Ratenzahlung durch den DG an den VB begegnet werden.

Es gilt ja der Grundsatz, dass das Unternehmerrisiko im Arbeitsrecht als Unterschied beispielsweise zum Werkvertragsrecht eben den AG als Vertragspartner und nicht den Werkunternehmer trifft. Der AN schuldet als logische Konsequenz aus dem Vorliegen eines Arbeitsvertrages keinen bestimmten Werkerfolg, sondern bloß ein qualifiziertes Bemühen. Daher kann das Ausbleiben eines Werk- oder sonstigen Erfolges auch nicht als Kündigungsgrund herangezogen werden, sondern allenfalls bloß ein weisungswidriges Verhalten oder sonstige Dienstpflichtverletzungen, welche ursächlich für den ausgebliebenen Erfolg gewesen sein mögen (siehe hierzu Ziehensack, VBG – Praxiskommentar § 1 Rz 31 ff).

Ausgehend von einer bloßen Plausibilitätsprüfung, welche in dieser Form von der Judikatur zwar noch nicht genannt worden ist, aber aus dem Umstand hervorgeht, dass Übergenussrückforderungen eher bei nennenswerten Beträgen zugelassen werden und sonst idR die Erkennbarkeit des Übergenusses verneint und damit die Übergenussrückforderung verweigert wird, bedarf es der Überprüfung der näheren Umstände des Zustandekommens des Übergenusses auf AG-Seite, des bzw der Akte der Empfangnahme auf DN-Seite und der schließlichen Verwendung des bzw der Übergenussbeträge. Dies erfordert im arbeitsgerichtlichen Verfahren zumeist ein relativ weitgehendes Prozessprogramm. Dieses erfasst auch – sofern entsprechendes hinreichendes Vorbringen etwa auch der kl AG-Seite erstattet129 worden ist – ein Eingehen auf das Ausgabeverhalten auf AN-Seite.

Die Möglichkeit zur Vorlage von Gehaltskontoauszügen hat naturgemäß nur der DN. Aufgrund dieser Beweisnähe wird in Übergenussverfahren auf entsprechenden Antrag des AG auch der DN-Seite üblicherweise aufgetragen, die betreffenden Gehaltskontoauszüge vorzulegen. Unterbleibt die Vorlage, kann dies in die (freie) gerichtliche Beweiswürdigung nach § 273 ZPO einfließen; der arbeitsgerichtliche Senat wird dann wohl von fehlendem gutgläubigem Verbrauch ausgehen. Eine derartige Beweisführung soll aber natürlich nicht auf Gesinnungsschnüffelei hinauslaufen und den AN mehr oder weniger dazu zwingen, sein Ausgabeverhalten oder daraus erschließbare Umstände offen zu legen. Es soll auf den DN nicht ein moralischer oder sonstiger Druck ausgeübt werden (können), entweder seine weniger gesellschaftlich goutierten oder akzeptierten Geldverwendungen und Ausgaben offen zu legen oder aber auf das Behalten des gutgläubig empfangenen und ebenso gutgläubig verbrauchten Übergenusses verzichten zu müssen.

Aus den bisherigen Ausführungen lässt sich entnehmen, dass es sich bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten im Zusammenhang mit Übergenüssen um Verfahren mit Schwerpunkten in der Sachverhaltserhebung und sohin den Tatsachenfeststellungen handelt. Nach der Judikatur des OGH (29.6.2005, 9 ObA 25/05z, 9 ObA 26/05x = DRdA 2006/33 [K. Mayr]) handelt es sich bei der Beurteilung der Frage, ob der Empfänger (einer Leistung) unredlich war und daher die irrtümliche Zahlung nicht gutgläubig verbrauchen konnte, regelmäßig um einen Einzelfall (OGH 29.11.2001, 8 ObA 289/01k ua), so dass auch insoweit keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO vorliegt. Umso bemerkenswerter ist es, dass der OGH im vorliegenden Fall die Revision für zulässig erklärt und eine inhaltliche Behandlung der Rechtssache vorgenommen hat. Dies wird aber vor dem Hintergrund verständlich, dass die zweite Instanz eine korrekturbedürftige Entscheidung gefällt hat. In Wirklichkeit war es im Fall sogar nicht nur eine, sondern waren es sogar zwei korrekturbedürftige Entscheidungen der zweiten Instanz (nämlich im ersten und zweiten Rechtsgang, da das Berufungsgericht bei seinem Aufhebungs- und Zurückweisungsbeschluss keinen Rechtskraftvorbehalt nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO gemacht und dadurch die sofortige Anrufbarkeit des OGH bereits im ersten Rechtsgang ausgeschlossen sowie seine Rechtsansicht an die erste Instanz überbunden hatte und im zweiten Rechtsgang wiederum – diesmal endgültig – die Anrufung des OGH ausschließen wollte).

In materieller Hinsicht war wohl streitentscheidend, dass die Übergenussbeträge eine derartige Höhe erreichten, dass sie der AN nicht mehr verborgen geblieben sein konnten. Bei geringerer Höhe der Übergenussbeträge wäre uU eine andere Entscheidung des OGH zu erwarten gewesen. Im Fall ging es darum, dass unstrittigerweise aufgrund eines Computer-Eingabefehlers, also aus Umständen zweifellos auf AG-Seite und ohne jegliches Zutun der AN-Seite, die Überzahlung zustande gekommen war. Statt einer Abgeltung von Kindernachmittagsbetreuungsstunden im Ausmaß einer Teilzeitbeschäftigung von 30 statt 40 Wochenstunden, was dem Vollbeschäftigungsausmaß entsprochen hätte, erfolgte eine Entlohnung nach dem doppelten Ansatz, und das über einen mehrmonatigen Zeitraum. Dadurch hatte sich ein Übergenuss in fünfstelliger Höhe angesammelt. In einer derartigen Situation wäre es wohl das Mindeste gewesen, dass die Personalstelle der DN-Seite im Wege einer großzügigen Ratenzahlungsmöglichkeit entgegenkommt. Dies wurde aber wiederum von DN-Seite gar nicht angestrebt, sondern gutgläubiger Empfang und Verbrauch eingewendet. Diesen Einwand ließ aber der OGH nicht gelten, weil angesichts der Höhe der einzelnen Überzahlung, wie auch der Gesamthöhe des Übergenusses, sonst eine ungerechtfertigte Bereicherung der AN eingetreten wäre und ihr in der geschilderten Konstellation der Übergenuss durchaus hätte auffallen müssen.

Insgesamt vermag die OGH-E vollinhaltlich zu überzeugen, zumal sie in pragmatischer Weise die Höhe der einzelnen monatlichen Überzahlungen sowie des Gesamtübergenusses ins Augenmerk nimmt und davon ausgehend die rechtliche Qualifikation vornimmt. Wegen der großen Höhe des einzelnen Übergenusses und auch des Gesamtübergenusses im Vergleich zum Monatsbezug wurde daher dem Rückforderungsanspruch des AG stattgegeben.130