Deinert/Welti (Hrsg) Behindertenrecht – StichwortKommentar

Nomos Verlag in Gemeinschaft mit Lebenshilfe-Verlag Baden-Baden/Marburg 2014, 1046 Seiten, gebunden, € 98,–

SUSANNEAUER-MAYER (SALZBURG)

Das Behindertenrecht stellt eine Querschnittsmaterie dar, die verschiedenste Rechtsbereiche berührt. Dies hat zur Folge, dass Regelungen zu Gunsten von Menschen mit Behinderungen weder in Österreich noch in Deutschland in einem einheitlichen „Behindertengesetz“, sondern in einer Vielzahl von Bundes- und Landesgesetzen zu finden sind. Darüber hinaus sind unionsrechtliche und internationale Vorgaben wie insb die Gleichbehandlungs-Rahmen-RL für den Bereich Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78/EG) und die UN-Behindertenrechtskonvention zu beachten.

Dementsprechend knüpft der von Olaf Deinert und Felix Welti im Nomos Verlag herausgegebene „StichwortKommentar Behindertenrecht“ dem Vorwort (S 5) zufolge zwar an das, ebenfalls bei Nomos unter dem Titel „Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen“ von Deinert zusammen mit Volker Neumann herausgegebene, Handbuch zum deutschen SGB IX an, beschränkt sich aber nicht auf letztgenanntes Gesetz. Vielmehr wurde nunmehr ein umfassender Ansatz unter Berücksichtigung des (deutschen) Arbeits- und Sozialrechts aber auch (sonstiger) zivil- und öffentlich-rechtlicher sowie bedeutsamer unionsrechtlicher und internationaler Regelungen verfolgt.

Das 27 Personen umfassende AutorInnenteam setzt sich aus Angehörigen aus Wissenschaft und Praxis zusammen. Die Herausgeber, die selbst ebenfalls zahlreiche Stichworte kommentiert haben, sind Professoren an den Universitäten Göttingen bzw Kassel. Während Deinert bereits Mitherausgeber des erwähnten Vorgängerwerks zum SGB IX war, hat sich Welti in zahlreichen Publikationen, inklusive seiner Habilitationsschrift „Behinderung und Rehabilitation im sozialen Rechtsstaat“, mit verschiedenen Fragen des Behindertenrechts beschäftigt. Beide stellen daher Experten des deutschen Behindertenrechts dar.

Die Erläuterung erfolgt, (auch) mit Blick auf das Bedürfnis der NutzerInnen nach einem schnellen Informationszugang sowie dem Erhalt nach Lebenssituationen und Bedarfslagen gegliederter Informationen, enzyklopädisch (vgl Vorwort, S 5). Der Konzeption als Gesamtdarstellung des „Behindertenrechts“ entsprechend werden in den insgesamt 162 alphabetisch gegliederten Stichworten neben verschiedens ten arbeits- und sozialrechtlichen Themen wie Anfechtung des Arbeitsvertrages, Arbeitsassistenz, Berufsausbildung, Grundsicherung, Hilfsmittel oder Pflegebedürftigkeit, etwa auch – um nur einige Beispiele zu nennen – Ehe und Elternschaft, Erb-, Miet- und Wahlrecht angesprochen. Den durch Zwischenüberschriften und Randnummern untergegliederten, durchwegs mehrere Seiten umfassenden kommentarartigen Ausführungen zu den einzelnen Stichworten wird idR eine kurze Literaturübersicht vorangestellt. Nach einer Einführung erfolgt sodann (häufig, aber nicht einheitlich unter der Überschrift „Einzeldarstellung“) eine detailliertere Auseinandersetzung mit den im Zusammenhang mit dem Stichwort auftretenden rechtlichen Fragen. Dabei finden (idR) sowohl Literatur als auch Judikatur Berücksichtigung und wird vor allem das nationale deutsche Recht sowie die deutsche Rsp auch kritisch betrachtet. So weist etwa Fuerst darauf hin, dass die durch Art 5 der RL 2000/78/EG statuierte Verpflichtung zu „angemessenen Vorkehrungen“ nicht in das deutsche AGG Eingang gefunden hat und geht daher überzeugend vom Erfordernis einer richtlinienkonformen Interpretation insb des Begriffs der mittelbaren Diskriminierung aus (S 48). Ebenso setzt sich Deinert zu Recht kritisch mit der eher großzügigen Rsp des BAG zum Recht des/der AG zur Frage nach einer bestehenden Schwerbehinderung auseinander (315 ff).

Das Auffinden der benötigten Informationen wird neben der gewählten Darstellungsart durch zahlreiche Verweise auf andere relevante Stichworte erleichtert. Zusätzlich wird ein über 50-seitiges (allgemeines) Stichwortverzeichnis bereitgestellt.

Insgesamt bietet der „StichwortKommentar Behindertenrecht“, ungeachtet der schon der Fülle der behandelten Materien geschuldeten relativ gestrafften Ausführungen, weitaus spezifischere Informationen, als es die Bezeichnung Stichwortkommentar vermuten lassen würde. Er wird daher dem im Vorwort dargelegten Ziel einer bestmöglichen Verbindung von wissenschaftlicher Genauigkeit und praktischer Nutzbarkeit bestens gerecht.136