Ausgewählte Rechtsfragen zum Rehabilitationsgeld

WERNERPLETZENAUER (WIEN)
Die Abschaffung der befristeten Pensionen wegen geminderter Arbeitsfähigkeit betrifft nicht nur Personen, die erst künftig invalid bzw berufsunfähig werden, sondern auch jene Personen, denen vor Abschaffung der Befristung eine befristete Pension zuerkannt wurde und die nach Ablauf der Befristung weiterhin vorübergehend invalid bzw berufsunfähig sind. Der gegenständliche Kurzbeitrag befasst sich mit der Höhe des Rehabilitationsgeldes für diese Personengruppe sowie mit der Frage, ob ein Anspruch auf Rehabilitationsgeld bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen auf eine Alterspension weiterhin bestehen bleibt.

Mit dem Sozialrechts-Änderungsgesetz 2012 (SRÄG 2012), BGBl I 2013/3 (78. Novelle zum ASVG) wurden für Versicherte, die am 1.1.2014 das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, die befristeten Pensionen wegen geminderter Arbeitsfähigkeit abgeschafft. Anspruch auf eine Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit besteht für diese Personengruppe gemäß der §§ 254, 271 und 279 ASVG idF SRÄG 2012 ua nur mehr dann, wenn die Invalidität bzw Berufsunfähigkeit voraussichtlich dauerhaft vorliegt.* Weiters wurde § 256 ASVG, der die Dauer des Anspruchs auf eine Invaliditätspension bzw Berufsunfähigkeitspension sowie die Weitergewährung eines solchen Anspruchs regelt, für die oben genannten Versicherten mit Ablauf des 31.12.2013 aufgehoben.* Als Ersatz für die abgeschafften befristeten Pensionen wegen geminderter Arbeitsfähigkeit wurde, wenn vorübergehende Invalidität bzw Berufsunfähigkeit im Ausmaß von zumindest sechs Monaten vorliegt und berufliche Maßnahmen der Rehabilitation nicht zweckmäßig oder nicht zumutbar sind, in der KV die Geldleistung Rehabilitationsgeld geschaffen. Der Anspruch auf Rehabilitationsgeld wird dem Grunde nach durch Bescheid des Pensionsversicherungsträgers festgestellt, vom Krankenversicherungsträger der Höhe nach bemessen und von diesem auf Kosten des Pensionsversicherungsträgers geleistet. Rehabilitationsgeld wird gem § 143a Abs 1 ASVG ab Vorliegen der vorübergehenden Invalidität bzw Berufsunfähigkeit für deren Dauer, dh ohne zeitlich bestimmte Befristung, zuerkannt. Es gebührt gem § 143a Abs 2 ASVG im Ausmaß des Krankengeldes nach § 141 Abs 1 ASVG und ab dem 43. Tag im Ausmaß des erhöhten Krankengeldes nach § 141 Abs 2 ASVG, das aus der letzten eine Versicherung nach dem ASVG oder nach dem B-KUVG begründende Erwerbstätigkeit gebührt hätte. Jedenfalls gebührt es mindestens in Höhe des Ausgleichszulagenrichtsatzes für Alleinstehende nach § 293 Abs 1 lit sublit bb ASVG (Wert 2015: € 872,31). Bei der Berechnung von Rehabilitationsgeld wird, weil die Bestimmungen der §§ 292 ff ASVG über die Ausgleichszulage auf das Rehabilitationsrecht nicht zur Anwendung kommen, das Haushaltseinkommen nicht berücksichtigt. Dadurch werden Personen, für die nach der bisherigen Rechtslage Anspruch auf die Ausgleichszulage für Familienangehörige bestand, nunmehr auf die Leistungen der Sozialhilfe verwiesen. In den Erläuterungen* zu § 143a ASVG wird diesbezüglich angeführt, dass eine Berücksichtigung des Haushaltseinkommens „aus verwaltungstechnischer Sicht nicht möglich wäre.“ Dass die Prüfung und Berechnung eines Anspruches auf Ausgleichszulage für die Krankenversicherungsträger einen Aufwand darstellen würde, ist nachvollziehbar. Warum es den Krankenversicherungsträgern geradezu unmöglich sein sollte, das Ausgleichszulagenrecht anzuwenden, jedoch nicht. In der Literatur* wird das Nichtberücksichtigen von Haushaltseinkommen bei der Berechnung von Rehabilitationsgeld als verfassungsrechtlich bedenklich kritisiert.

1.
Die Höhe des Rehabilitationsgeldes nach der Übergangsbestimmung gem § 669 Abs 6a ASVG

Nach § 669 Abs 6 ASVG ist auf Personen, die am 31.12.2013 eine zeitlich befristet zuerkannte Pension aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit beziehen, § 256 ASVG in der am 31.12.2013 geltenden Fassung bis zum Ablauf der jeweiligen Befristung weiterhin anzuwenden. Dadurch soll, so die Erläuterungen,* der Weiterbezug der befristeten Pension bis zum Auslaufen der aktuellen Befristung unter den bisherigen Bedingungen weiter ermöglicht werden.

Die Abschaffung der befristeten Invaliditäts-/Berufsunfähigkeitspension trifft jedoch nicht nur jene Personen,87 die erst ab 2014 vorübergehend invalid bzw berufsunfähig werden. Betroffen sind auch jene Personen, die auf Grund eines vor dem Jahr 2014 liegenden Stichtages gem § 669 Abs 6 ASVG über den 31.12.2013 hinaus eine befristete Invaliditäts-/Berufsunfähigkeitspension beziehen, wenn unmittelbar nach Auslaufen dieser befristeten Pension weiterhin eine vorübergehende Invalidität bzw Berufsunfähigkeit vorliegt, berufliche Rehabilitationsmaßnahmen nicht möglich sind und sie daher nach der nunmehrigen Rechtslage Anspruch auf Rehabilitationsgeld haben.

Da die Berechnungsweise des Rehabilitationsgeldes gem § 143a Abs 2 ASVG im Vergleich mit der Berechnungsweise einer befristeten Invaliditäts-/Berufsunfähigkeitspension deutliche Unterschiede nach oben und unten zulässt, bestand Handlungsbedarf. Zur Verhinderung einkommensmäßiger Verwerfungen* wurde die Übergangsregelung des § 669 Abs 6a ASVG geschaffen. Demnach gebührt einer Person, die eine über den 31.12.2013 gewährte befristete Invaliditäts-/Berufsunfähigkeitspension bezog, wenn sie unmittelbar nach Auslaufen dieser befristeten Pension Anspruch auf Rehabilitationsgeld hat (abweichend von der Berechnung nach § 143a Abs 2 ASVG), ein Rehabilitationsgeld im Ausmaß der zuletzt bezogenen, um 11,5 %* erhöhten Invaliditäts-/Berufsunfähigkeitspension. Dies einschließlich der dazu geleisteten Ausgleichszulage (§ 293 Abs 1) und der dazu geleisteten Kinderzuschüsse (§ 262). Dadurch wird sichergestellt, dass das Rehabilitationsgeld der zuletzt bezogenen Pensionsleistung entspricht.

Während nach § 143a Abs 2 ASVG das Rehabilitationsgeld mindestens in Höhe des Ausgleichszulagenrichtsatzes für Alleinstehende gem § 293 Abs 1 lit a sublit bb (Wert 2015: € 872,31) gewährt wird, fließt bei den Übergangsfällen, durch den Verweis auf den gesamten ersten Absatz des § 293 ASVG, eine zuletzt allfällig bezogene Ausgleichszulage voll in die Berechnung des Rehabilitationsgeldes gem § 669 Abs 6a ASVG ein. Wurde beispielweise in der Vergangenheit zu einer Pension in Höhe von € 300,– eine Ausgleichszulage unter Berücksichtigung des Ehegattenrichtsatzes (Wert 2015: € 1.307,89) geleistet, so gebührt einem Übergangsfall das Rehabilitationsgeld in Höhe von € 1.458,30 (€ 1.307,89 erhöht um 11,5 %). Für Neu- und Übergangsfälle gilt, dass künftige Änderungen der Einkommensverhältnisse – ausgenommen ein Erwerbseinkommen über der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze – sowie Änderungen in den Familienverhältnissen keinen Einfluss auf die Höhe des laufenden Rehabilitationsgeldes haben. Wurde einem von der Übergangsregelung Betroffenen, weil die Ehegattin in der Vergangenheit kein Einkommen bezog, zur Pension in Höhe von € 300,– eine Ausgleichszulage in Höhe von € 1.007,89 gewährt, daher insgesamt eine Leistung in Höhe von € 1.307,89 bezogen, so wird das Rehabilitationsgeld in Höhe von € 1.458,30 auch dann weitergeleistet, wenn die Ehegattin künftig ein Erwerbseinkommen erzielt.

Im umgekehrten Fall wird einem von der Übergangsregelung Betroffenen, der ausschließlich eine Pension in Höhe von € 300,– bezog, weil in der Vergangenheit auf Grund des erzielten Einkommens der Gattin keine Ausgleichszulage gebührte, auch dann, wenn die Gattin künftig kein Einkommen mehr erzielt bzw eine Einkommenseinbuße erleidet, das Rehabilitationsgeld lediglich in Höhe von € 300,– geleistet. Die gleichen Auswirkungen treten ein, wenn in der Vergangenheit für Kinder eine Ausgleichszulage und/oder ein Kinderzuschuss gewährt wurde, und künftig die Kindeseigenschaft wegfällt bzw erst künftig eine Kindeseigenschaft begründet wird.

Für Übergangsfälle kommt hinzu, dass selbst dann, wenn das nach § 143a Abs 2 ASVG zu berechnende Rehabilitationsgeld höher wäre, das Rehabilitationsgeld ausschließlich gem § 669 Abs 6a erster Satz ASVG zu berechnen ist. Wurde zuletzt eine Invaliditäts-/Berufsunfähigkeitspension in Höhe von zB € 300,– geleistet und betrüge das Rehabilitationsgeld nach der Berechnung gem § 143a ASVG zB auf Grund des zuletzt bezogenen Erwerbseinkommens € 900,–, so gebührt einer von der Übergangsregelung betroffenen Person nach dem Wortlaut des § 669 Abs 6a erster Satz ASVG dennoch lediglich ein Rehabilitationsgeld in Höhe von € 300,–.

§ 669 Abs 6a zweiter Satz ASVG normiert zwar eine Schutzbestimmung, der zufolge die Höhe des Rehabilitationsgeldes rückwirkend von Amts wegen neu festzusetzen ist, wenn das bereits zuerkannte Rehabilitationsgeld niedriger ist als die zuletzt bezogene Invaliditäts-/ Berufsunfähigkeitspension iS von § 669 Abs 6a erster Satz ASVG. Allerdings ist diese Schutzbestimmung ihrem Wortlaut nach nur auf jene Fälle anzuwenden, in denen bereits vor Inkrafttreten des § 669 Abs 6a ASVG ein niedrigeres Rehabilitationsgeld gem § 143a Abs 2 ASVG zuerkannt wurde und das Rehabilitationsgeld gem § 669 Abs 6a erster Satz ASVG höher wäre.

Das bedeutet im Ergebnis für jene Übergangsfälle, auf die die Schutzbestimmung des § 669 Abs 6a zweiter Satz ASVG nicht anwendbar ist, dass sie weder, wenn das Rehabilitationsgeld nach der Berechnung gem § 143a Abs 2 ASVG höher wäre, einen Anspruch auf ein Rehabilitationsgeld in dieser Höhe haben, noch, dass allfällige Änderungen des Haushaltseinkommens* berücksichtigt werden.

Obwohl § 669 Abs 6a ASVG mit Ablauf 2015 außer Kraft tritt,* ist in all den Fällen, in denen die vorübergehende Invalidität/Berufsunfähigkeit über das Jahr 2015 hinaus weiterhin vorliegt, den betreffenden Personen das Rehabilitationsgeld in Höhe des § 669 Abs 6a ASVG über den 31.12.2015 hinaus weiter zu leisten, und zwar solange der Anspruch auf Rehabilitationsgeld dem Grunde nach vorliegt. Das ist die Konsequenz daraus, dass Rehabilitationsgeld gem § 143a Abs 1 ASVG ohne zeitlich bestimmte Befristung zuerkannt wird. Da in der Vergangenheit die mehrmalige Weitergewährung einer befristeten Invaliditäts-/Berufsunfähigkeitspension keine Seltenheit war, ist davon auszugehen, dass es künftig Fälle gibt, in denen auch das Rehabilitationsgeld über mehrere Jahre hindurch bezogen wird.88

Dass in den Übergangsfällen unter Umständen über Jahre hindurch Rehabilitationsgeld ohne Berücksichtigung von Veränderungen des Haushaltseinkommens, ausschließlich in Höhe der zuletzt bezogenen Invaliditäts-/ Berufsunfähigkeitspension geleistet wird, führt in einem noch höheren Ausmaß als die zurecht als verfassungsrechtlich problematisch kritisierte Regelung des § 143a Abs 2 ASVG zu sachlich kaum zu rechtfertigenden Ergebnissen. Einerseits werden über Jahre hindurch Überbezüge geleistet, obwohl materiell kein Bedarf besteht. Andererseits werden invalide bzw berufsunfähige Personen, bei denen Bedarf besteht, über Jahre hindurch auf die Leistungen der Sozialhilfe verwiesen.

2.
Das Rehabilitationsgeld bei Anspruch auf eine Alterspension

Ein Anspruch auf Rehabilitationsgeld kann nach der derzeitigen Rechtslage nur, wenn die Voraussetzungen des Anspruches nicht mehr vorliegen* nach § 99 Abs 1 ASVG bzw wenn sich der Anspruchsberechtigte einer Nachuntersuchung oder Beobachtung entzieht nach § 99 Abs 2 ASVG oder, wenn die zumutbare Mitwirkung an medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation verweigert wird (§ 143a Abs 4 ASVG), entzogen werden. Wenn die Voraussetzungen für eine Entziehung nicht vorliegen, ist mangels einer ausdrücklichen Regelung, nach der mit Erreichen der Voraussetzungen für eine Alterspension ein Anspruch auf Rehabilitationsgeld wegfällt bzw erlischt, Rehabilitationsgeld auch über das Erreichen der Anspruchsvoraussetzungen auf eine Alterspension hinaus zu leisten. Der Rehabilitationsgeldbezug führt anders als der Bezug einer Invaliditäts-/Berufsunfähigkeitspension zu einer durch den Bund finanzierten, anspruchs-* und leistungswirksamen* Teilversicherung in der PV.* Ein über das Erreichen der Anspruchsvoraussetzungen auf eine Alterspension hinausgehender Bezug von Rehabilitationsgeld erhöht daher die künftige Alterspension. Diese Folge dürfte der Gesetzgeber jedoch nicht mitbedacht haben.* Es stellt sich daher die Frage, ob bzw inwieweit die Bestimmungen über die Invaliditäts-/ Berufsunfähigkeitspension auf das Rehabilitationsgeld anwendbar sind und ob sie allenfalls eine Grundlage für die Lösung der erwähnten Folge bieten. Primär sprechen der Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen der Invaliditäts-/Berufsunfähigkeitspension und der Bestimmungen des Rehabilitationsgeldes sowie die Einbettung des Rehabilitationsgeldes als Leistung der KV gegen eine unmittelbare Anwendung der Invaliditäts-/ Berufsunfähigkeitspensionsbestimmungen auf das Rehabilitationsgeld. Nach den Erläuterungen* soll als ein Eckpfeiler der Entflechtung von vorübergehender bzw „behebbarer“ Arbeitsunfähigkeit (befristeter Invalidität/Berufsunfähigkeit) und der Pension [...] in Hinkunft eine Invaliditäts(Berufsunfähigkeits-) pension – bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen – nur mehr dann gebühren, wenn dauernde Invalidität/ Berufsunfähigkeit vorliegt. Es liegt zwar beiden Leistungen der idente Invaliditäts-/Berufsunfähigkeitsbegriff zugrunde, und die Beurteilung, ob vorübergehende Invalidität/Berufsunfähigkeit vorliegt, erfolgt durch den Pensionsversicherungsträger. Dieser trägt die Kosten beider Leistungen und es kommen bei beiden Leistungen die Bestimmungen über die Teilpension gem § 254 Abs 7 ASVG zur Anwendung.

Allerdings unterscheiden sich die Leistungen bei einer materiellen Betrachtung: Das Bestehen eines Anspruchs auf Rehabilitationsgeld wird, im Unterschied zu einer gewährten Invaliditäts-/Berufsunfähigkeitspension, gem § 143a ASVG jedenfalls nach Ablauf eines Jahres nach der letzten Begutachtung im Rahmen des Case-Managements unter Beiziehung des Kompetenzzentrums Begutachtung überprüft. Die dauernde Invaliditäts-/Berufsunfähigkeitspension wurde als Dauerleistung konzipiert, während das Rehabilitationsgeld nur eine temporäre Absicherung während der Dauer der vorübergehenden Invalidität bzw Berufsunfähigkeit bezweckt. Die beiden Leistungen unterscheiden sich in der Berechnung der Leistungshöhe (Pensionskontorecht versus „letztes“ Erwerbseinkommen gem § 125 ASVG). Anders als bei der Berechnung einer Invaliditäts-/Berufsunfähigkeitspension wird die bei der Berechnung der Höhe des Rehabilitationsgeldes heranzuziehende – wie es zB auch bei langzeitarbeitslosen Personen der Fall ist – weit in der Vergangenheit liegende Bemessungsgrundlage nicht aufgewertet und das Rehabilitationsgeld nicht gem § 108h ASVG angepasst. Für einen Anfall des Rehabilitationsgeldes ist nicht wie für den Anfall einer Invaliditäts-/Berufsunfähigkeitspension gem § 86 Abs 3 ASVG die Aufgabe der Tätigkeit, aus der die Invalidität/Berufsunfähigkeit herrührt, erforderlich. Der Bezug von Rehabilitationsgeld führt wie bereits erwähnt, anders als der Bezug einer Invaliditäts-/Berufsunfähigkeitspension, zu einer Teilversicherung in der PV und ermöglicht eine umfassende Unterstützung durch das Case-Management gem § 143b ASVG zur Sicherstellung eines dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Behandlungsprozesses für den Übergang zwischen Krankenbehandlung und der Rehabilitation zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit. Auch eröffnet ein Anspruch auf Rehabilitationsgeld, der das Vorliegen einer vorübergehenden Invalidität/Berufsunfähigkeit von zumindest sechs Monaten voraussetzt, anders als eine dauernde Invaliditäts-/Berufsunfähigkeitspension, grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf medizinische Maßnahmen der Rehabilitation gem § 253f ASVG. Der Zweck einer dauernden Invaliditäts-/Berufsunfähigkeitspension liegt ausschließlich darin, einer dauernd arbeitsunfähigen (invaliden bzw berufsunfähigen) Person ein Einkommen zu sichern. Hingegen liegt der Zweck von Rehabilitationsgeld nicht bloß darin, ein Einkommen zu sichern. Vielmehr soll einer vorübergehend arbeitsunfähigen (invaliden bzw berufsunfähigen) Person zur Durchführung einer medizinischen Rehabilitation bzw während eines Heilungsprozesses bis zur Wiederher-89stellung der Arbeitsfähigkeit die Existenz gesichert werden, damit die Person auch wirtschaftlich in die Lage versetzt wird, sich einer medizinischen Rehabilitation unterziehen zu können. ME unterscheidet sich bei einer materiellen Betrachtung das Rehabilitationsgeld von einer dauernden Invaliditäts-/Berufsunfähigkeitspension derart wesentlich, sodass erhebliche Bedenken hinsichtlich einer generellen analogen Anwendung der Bestimmungen der Invaliditäts-/Berufsunfähigkeitspension auf das Rehabilitationsgeld bestehen.

Nach Sonntag* ist bei Bestehen eines Anspruchs auf Alterspension (ausgenommen die Korridorpension) unter Hinweis auf § 254 (gemeint ist offenbar § 254 Abs 1 Z 4) bzw § 271 Abs 1 Z 4 ASVG ein Anspruch auf eine Invaliditäts-/Berufsunfähigkeitspension ausgeschlossen, sodass schon bei Erfüllung der Voraussetzungen für die genannten Leistungen das Rehabilitationsgeld – das ein Surrogat für die befristete Invaliditäts-/ Berufsunfähigkeitspension ist – zu entziehen ist. ME übersieht Sonntag, dass die §§ 254 Abs 1 Z 4 bzw 271 Abs 1 Z 4 ASVG nach deren klarem Wortlaut einen Anspruch auf eine dauernde Invaliditäts-/Berufsunfähigkeitspension nur dann ausschließen, wenn am Stichtag die Voraussetzungen für einen Anspruch auf eine Alterspension (ausgenommen die Korridorpension nach § 4 Abs 3 APG) vorliegen. Der Zweck dieser Bestimmungen liegt nicht darin, einen bestehenden Anspruch auf Invaliditäts-/Berufsunfähigkeitspension zu beseitigen, sondern es soll durch das Abstellen auf den Stichtag verhindert werden, dass, wenn am Stichtag für die Invaliditäts-/Berufsunfähigkeitspension ein Anspruch auf eine der genannten Alterspensionen vorliegt, erst ein Anspruch auf eine Invaliditäts-/ Berufsunfähigkeitspension entsteht. Dh, selbst wenn die §§ 254 Abs 1 Z 4 bzw 271 Abs 1 Z 4 ASVG auf das Rehabilitationsgeld anwendbar wären, ist für den Fall nichts gewonnen, wenn der Anspruch auf Rehabilitationsgeld vor der Erfüllung der Voraussetzungen auf eine Alterspension entsteht.

Zu überlegen ist daher, ob ein vor Erfüllung der Voraussetzungen für eine Alterspension entstandener Anspruch auf Rehabilitationsgeld, außer durch eine Entziehung, aus einem sonstigen Grund verlustig geht. § 100 Abs 1 lit a ASVG, demzufolge eine laufende Leistung in der KV ohne weiteres Verfahren erlischt, wenn die Voraussetzungen für den Anspruch weggefallen sind, ist, weil § 143a Abs 1 letzter Satz ASVG ausdrücklich eine Entziehung von Rehabilitationsgeld vorsieht,* auf das Rehabilitationsgeld nicht anwendbar.

§ 100 Abs 2 ASVG, der einen Parallelbezug von laufenden Leistungen aus eigener PV* ausschließt, ist nach dessen Wortlaut auf das Rehabilitationsgeld, das als Leistung der KV konzipiert wurde, nicht anwendbar. Bejahte man die Anwendbarkeit des § 100 Abs 2 ASVG dennoch, so würde diese Bestimmung nur dann zum Erlöschen des Rehabilitationsgeldes führen, wenn eine andere Leistung aus eigener Pension anfiele. Dh stellt eine rehabilitationsgeldbeziehende Person keinen Antrag auf eine solche Leistung, so kann gem § 86 Abs 3 ASVG eine solche Leistung nicht anfallen. Ein vernünftiger Mensch wird jedoch kaum eine Alterspension bzw eine dauernde Invaliditäts-/Berufsunfähigkeitspension beantragen, wenn das Rehabilitationsgeld höher ist als diese Leistungen wären und hinzukommend der Anspruch auf Rehabilitationsgeld auf Grund der Teilversicherung in der PV die zu erwartende Pension erhöht.

Da gem § 99 Abs 4 ASVG eine Entziehung einer Leistung aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit nach Erreichung des Regelpensionsalters nicht mehr zulässig ist, kann Rehabilitationsgeld nach Erreichung des Regelpensionsalters, selbst dann wenn die Voraussetzungen für den Anspruch auf Rehabilitationsgeld nicht mehr vorhanden sind, nicht mehr entzogen werden.

Wird ein Antrag auf Alterspension nicht gestellt, so müsste, wie Sonntag* zutreffend ausführt, in letzter Konsequenz Rehabilitationsgeld bis zum Tod der Bezieherin bzw des Beziehers geleistet werden. Da der bloße Bezug von Rehabilitationsgeld mit der damit verbundenen Beitragsleistung auch nach Erreichung des Regelpensionsalters zu einer höheren Alterspension führt, ist jedenfalls davon auszugehen, dass ein Antrag auf eine Alterspension dann gestellt wird, wenn diese höher ist als das Rehabilitationsgeld. Letztendlich könnte eine Person dadurch eine deutlich höhere Alterspension beziehen, als sie hätte beziehen können, wenn die vorübergehende Invalidität bzw Berufsunfähigkeit nicht eingetreten wäre und sie daher eine Erwerbstätigkeit weiter ausüben hätte können.

Ein solches Ergebnis, bei dem die Versicherten durch eine Einkommensersatzleistung aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit eine höhere Alterspension erzielen könnten als sie erzielten, wenn der Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit nicht eingetreten wäre, widerspricht jedoch dem sozialpolitischen Zweck, den die Versicherungsfälle der geminderten Arbeitsfähigkeit gemein haben, nämlich den Teilersatz jenes Einkommens, das durch den Eintritt des Versicherungsfalles weggefallen ist.

Wird ein solcher Antrag auf die Alterspension tatsächlich gestellt, so eröffnet sich, wenn man von der Nichtanwendbarkeit des § 100 Abs 2 ASVG auf das Rehabilitationsgeld ausgeht, folgende weitere Problematik: Bewirkt der Anfall einer Alterspension nicht das Erlöschen des Anspruchs auf Rehabilitationsgeld und kommt ein Entzug von Rehabilitationsgeld nach den §§ 99 bzw 143a Abs 4 ASVG nicht in Frage, so könnte parallel Rehabilitationsgeld und eine Alterspension* bezogen werden. Ein solcher Doppelbezug von aus der PV finanzierten Einkommensersatzleistungen wäre einzigartig im österreichischen Sozialversicherungsrecht und ist auch sachlich nicht zu rechtfertigen.90

Es bestehen daher keine Zweifel, dass solche Ergebnisse nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen und schlicht übersehen wurden.

Sonntag* erwägt zur Lösung dieser Problematik eine teleologische Reduktion des § 99 Abs 4 ASVG. § 99 Abs 4 ASVG selbst regelt jedoch keinen Entziehungstatbestand. Er schließt als Schutzbestimmung lediglich die Entziehung einer Leistung aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit bei Erreichung des Regelpensionsalters aus. Dh § 99 Abs 4 ASVG findet nur dann Anwendung, wenn ein Entziehungstatbestand erfüllt wurde. Liegt ein solcher Entziehungstatbestand nicht vor, so erscheint mir der Ansatz einer teleologischen Reduktion des § 99 Abs 4 ASVG nicht zur Lösung dieser Problematik geeignet.

ME könnte zur Lösung eine Analogie zu § 22 AlVG gezogen werden.

Nach § 22 AlVG ist ein Anspruch auf Arbeitslosengeld ausgeschlossen, wenn ua eine Alterspension nach dem ASVG oder dem APG bezogen wird oder die Anspruchsvoraussetzungen für eine Alterspension erfüllt sind.* Regelungsziel des § 22 AlVG ist es, eine Doppelversorgung aus den öffentlich-rechtlichen Systemen der sozialen Sicherheit zu vermeiden, wobei den Dauerversorgungen der Vorrang vor der temporären Transferleistung eingeräumt wird.* Durch die analoge Anwendung des § 22 AlVG könnte nicht nur eine Gleichbehandlung von BezieherInnen von Rehabilitationsgeld und BezieherInnen von Arbeitslosengeld hergestellt werden. Vielmehr ermöglicht eine solche Anwendung, weil § 22 AlVG gem § 39b Abs 5 AlVG auf die BezieherInnen von Umschulungsgeld anzuwenden ist, auch die Gleichbehandlung von BezieherInnen von Umschulungsgeld mit BezieherInnen von Rehabilitationsgeld. Dadurch wäre sichergestellt, dass bei Vorliegen einer vorübergehenden Invalidität bzw Berufsunfähigkeit im Ausmaß von mindestens sechs Monaten unabhängig davon, ob die Durchführung von beruflichen Maßnahmen der Rehabilitation zumutbar und zweckmäßig ist oder nicht, bei Erfüllung der Voraussetzungen für eine Alterspension alle Fälle gleich behandelt werden.

Da nur Personen mit einem Geburtsdatum ab Jahrgang 1964 einen Anspruch auf Rehabilitationsgeld haben können, wird die geschilderte Problematik jedoch, wie Sonntag zutreffend ausführt,* erst frühestens ab dem Jahr 2024 schlagend.*