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Zulässige Kettenvereinbarung von befristeten Dienstzeiten im Rahmen von unbefristeten Dienstverhältnissen

MIRIAMMITSCHKA (WIEN)
  1. Die Vereinbarung eines beliebigen Beschäftigungsausmaßes, die dem DG die jederzeitige einseitige Änderung des Beschäftigungsausmaßes ermöglicht, ist unzulässig.

  2. Eine Kettenvereinbarung von befristeten Dienstzeiten im Rahmen eines unbefristeten Dienstverhältnisses ist mit § 4 Abs 2 Z 6 VBG vereinbar und daher zulässig.

Die Kl ist seit 13. 3. 2003 als Vertragsbedienstete (VB) bei der Bekl beschäftigt.

Zunächst war sie aufgrund eines Sondervertrags gem § 36 Vertragsbedienstetengesetz 1948 (VBG) vom 19.5.2003 im Kabinett einer Staatssekretärin vollbeschäftigt. Das Dienstverhältnis war für die Dauer dieser Verwendung befristet vereinbart.

Mit dem 1. Nachtrag zum Sondervertrag vom 17.12.2003 vereinbarten die Parteien einen Dienstvertrag gem § 4 VBG, nach dem die Kl ab 1.1.2004 „auf bestimmte Zeit bis einschließlich 31.12.2004“ beschäftigt war.

Mit dem 2. Nachtrag vom 17.2.2004 wurde der Vorrückungsstichtag der Kl neu festgesetzt, mit dem 3. Nachtrag vom 13.10.2004 eine neue Einreihung vereinbart.

Mit dem 4. Nachtrag vom 10.11.2004 wurde ein Dienstverhältnis auf unbestimmte Zeit vereinbart. Als Beschäftigungsausmaß wurde vereinbart: „vollbeschäftigt, jedoch befristet bis 8. Februar 2006; im Anschluss daran teilbeschäftigt mit 20 Wochenstunden“.

Mit dem 5. Nachtrag vom 29.11.2005 wurde das Beschäftigungsausmaß wie folgt vereinbart: „vollbeschäftigt, jedoch befristet bis 8. Februar 2007; im Anschluss daran teilbeschäftigt mit 20 Wochenstunden“.

Mit dem 6. Nachtrag vom 13.12.2006 wurde das Beschäftigungsausmaß wie folgt vereinbart: „vollbeschäftigt, jedoch befristet für die Dauer der Karenzierung von Frau I* S*; im Anschluss daran teilbeschäftigt mit 20 Wochenstunden“.

Die Kl hatte eine „fixe“, also auf unbefristete Zeit eingeräumte Planstelle im Ausmaß von 20 Wochenstunden inne; befristet wurden ihr mit den genannten Nachträgen jeweils weitere 20 Wochenstunden eingeräumt, sodass die Kl also insgesamt vollzeitbeschäftigt war.

[...] Mit Schreiben vom 5.10.2011 teilte das nunmehr zuständige BM der Kl mit, dass sie aufgrund der Rückkehr der VB S* aus dem Karenzurlaub ab dem 5.10.2011 wieder in Teilzeitbeschäftigung im Ausmaß von 20 Wochenstunden (50 %) stehe. Seither wird sie entsprechend dieser Teilzeitbeschäftigung entlohnt.

Die Kl begehrt die Zahlung der aus ihrer nur teilweisen Beschäftigung im Vergleich zu einer Vollbeschäftigung resultierenden Entgeltdifferenz und die Feststellung, dass das Vertragsbedienstetendienstverhältnis zur Bekl im Ausmaß einer Vollbeschäftigung unbefristet bestehe und die Bekl auch in Zukunft verpflichtet sei, die für eine Vollbeschäftigung gebührenden Bezüge der Kl zu zahlen. Sie brachte vor, dass der Sondervertrag samt den Nachträgen ein unzulässiges Kettendienstverhältnis sei. In der Vereinbarung einer befristeten Vollbeschäftigung im Rahmen eines unbefristeten Dienstverhältnisses liege eine Umgehung der Regelung des § 4 Abs 4 VBG. Es liege daher ein unbefristetes Dienstverhältnis mit Vollbeschäftigung vor. [...] Die Bekl habe darüber hinaus durch ihre Vorgangsweise gegen das in § 4 Abs 6 VBG nicht zur Gänze umgesetzte Diskriminierungsverbot der RL 1999/70/EG zur Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge verstoßen.

Die Bekl wandte dagegen im Wesentlichen ein, dass der Schutzzweck des § 4 Abs 4 VBG bloß das Dienstverhältnis an sich, aber nicht das Beschäftigungsausmaß umfasse. Mit der Kl sei ein unbefristetes Dienstverhältnis und ein Beschäftigungsausmaß von 20 Wochenstunden vereinbart. Grund dafür sei gewesen, dass keine Vollzeitplanstelle vorhanden gewesen sei. Die mit der Kl im Einvernehmen vereinbarte befristete Aufstockung der Arbeitszeit auf 40 Wochenstunden ändere nichts an der ursprünglichen Vereinbarung. Nach Beendigung der Vertretungstätigkeit der Kl sei ihr Arbeitszeitausmaß wieder vertragskonform auf 20 Wochenstunden reduziert worden. [...]

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. [...] Das Berufungsgericht hat das Urteil aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen E zurückverwiesen. Der Rekurs an den OGH sei zulässig, weil zur Frage, ob der Schutz des § 4 Abs 4 VBG auch dann zur Anwendung komme, wenn ein ursprünglich befristetes Vollbeschäftigungsverhältnis hinsichtlich eines Teils der Arbeitsstunden mehrmals befristet werde, Rsp fehle.

Die rechtliche Beurteilung des OGH:
Gegen diesen Beschluss richtet sich der von der Kl beantwortete Rekurs der Bekl. Der Rekurs ist zulässig und auch berechtigt.

  1. Auf § 4 Abs 4 VBG kann sich die Kl nicht mit Erfolg berufen. Nach dieser Bestimmung kann ein Dienstverhältnis, das auf bestimmte Zeit eingegangen wurde, auf bestimmte Zeit einmal verlängert werden. Wird das Dienstverhältnis darüber hinaus fortgesetzt, so wird es von da an so angesehen, wie wenn es von Anfang an auf unbestimmte Zeit eingegangen worden wäre.

    Diese Bestimmung, die den Abschluss von Kettenverträgen und die damit verbundene Umgehung von Schutzbestimmungen zugunsten des VB verhindern soll, betrifft nach ihrem klaren Wortlaut die Zulässigkeit wiederholter Befristungen bzw die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen das Dienstverhältnis als auf unbestimmte Zeit eingegangen zu gelten hat. Mit dem Ausmaß der Beschäftigung des VB im befristeten oder unbefristeten Dienstverhältnis hat diese Norm hingegen nichts zu tun.

    Da hier ohnedies völlig unstrittig ist, dass das Dienstverhältnis der Kl unbefristet ist, ist § 4 Abs 4 VBG für die hier zu treffende Entscheidung ohne jede Bedeutung. Nichts anderes gilt für § 4a Abs 4 VBG, der ebenfalls nur die Frage betrifft, ab wann im Falle der Aneinanderreihung zu Vertretungszwecken befristeter Dienstverhältnisse das zuletzt eingegangene Dienstverhältnis als unbefristet gilt. Auch diese Bestimmung hat mit dem Beschäftigungsausmaß im unbefristeten Dienstverhältnis nichts zu tun.101

  2. Das Beschäftigungsausmaß betrifft hingegen der vom Berufungsgericht ins Treffen geführte § 4 Abs 2 Z 6 (früher § 4 Abs 2 lit e) VBG. Danach hat der Dienstvertrag Bestimmungen darüber zu enthalten, „in welchem Ausmaß der Vertragsbedienstete beschäftigt wird (Vollbeschäftigung oder Teilbeschäftigung)“. Daraus wurde der Schluss gezogen, dass der Abschluss eines Dienstvertrags auf unbestimmte Zeit mit zwischen Teilbeschäftigung und Vollbeschäftigung variablem Beschäftigungsausmaß unzulässig ist, weil der Vertrag nach dieser zwingenden Bestimmung entweder Vollbeschäftigung oder Teilbeschäftigung vorsehen muss. Die Vereinbarung eines beliebigen Beschäftigungsausmaßes, die dem DG die jederzeitige einseitige Änderung des Beschäftigungsausmaßes ermöglicht, ist daher nicht zulässig (9 ObA 509/89; 9 ObA 282/98f = RIS Justiz RS0081653).

  3. Das Erstgericht hat aber richtig erkannt, dass die hier gewählte Vertragsgestaltung dem § 4 Abs 2 Z 6 VBG nicht widerspricht. Dem DG wurde hier nicht die Möglichkeit eingeräumt, das Beschäftigungsausmaß der Kl jederzeit einseitig zu ändern. Der Kl war an jedem Tag des Dienstverhältnisses das Ausmaß ihrer Beschäftigung völlig klar. Es bestand auch kein Zweifel daran, dass ihr Dienstverhältnis grundsätzlich der zur Verfügung stehenden Planstelle entsprechend auf eine Teilbeschäftigung ausgerichtet war. In den einzelnen Nachträgen, die die Kl im Bewusstsein ihrer Bedeutung unterschrieben hat, wurden ihr lediglich allerdings jeweils befristet weitere 20 Wochenstunden zuerkannt, wobei immer klar war, dass sie (ohne Unterfertigung eines weiteren Vertrags) nach Ablauf des jeweils vereinbarten Zeitraums bzw nach Ende der Karenz ihrer Arbeitskollegin wieder mit 20 Wochenstunden teilbeschäftigt sein sollte.

    Dieser Vertragsgestaltung steht das Gesetz nicht entgegen. Missbräuchliches Verhalten des DG, das allenfalls eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte, wurde hier weder konkret behauptet noch ist derartiges nach den Feststellungen anzunehmen.

    Der Standpunkt der Kl, sie sei in Wahrheit vollbeschäftigt, ist daher nicht berechtigt. [...]

ANMERKUNG
1.
Einleitung

Der Trend zu mehr Flexibilisierungsmöglichkeiten im Dienstverhältnis macht offenbar auch vor Dienstverhältnissen zum Staat nicht halt. Mit der Befristung einzelner Elemente des Arbeitsvertrages beschäftigte sich der OGH in der Vergangenheit nur im Rahmen von Entgeltbestimmungen im privaten Sektor. Im vorliegenden Sachverhalt wählen die Parteien eine neue Vertragsvariante: Sie vereinbaren zunächst ein befristetes Vollbeschäftigungsverhältnis und sodann im Rahmen eines unbefristeten Dienstvertrags über 20 Stunden mehrfach eine befristete Vollzeitbeschäftigung. Fraglich ist, ob ein „Splitting“ eines Dienstvertrags in eine befristete Vollbeschäftigung und eine unbefristete Teilbeschäftigung überhaupt zulässig ist. Das VBG sieht zugleich ein besonders strenges Kettenbefristungsverbot vor. Problematisch könnte daher auch die mehrfache Befristung der Vollbeschäftigung sein. Nach OGH ist ein „Splitting“ der Beschäftigungszeit mit dem VBG vereinbar und daher zulässig. Die Bestimmungen des VBG zu Kettenbefristungsverboten sind seiner Ansicht nach auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, da „ohnedies völlig unstrittig“ ein unbefristetes Dienstverhältnis (von wohl gemerkt bloß 20 Stunden) vorläge und diese Bestimmungen für die Frage nach dem Beschäftigungsausmaß nicht relevant seien. Ferner sei auch kein missbräuchliches Verhalten anzunehmen, weshalb es nach OGH keinen Anlass gab, sich mit der Problematik von Mehrfachbefristungen auseinanderzusetzen. Angesichts der knappen Begründung bedarf es einer gründlichen Untersuchung dieser Thematik. Dieser Beitrag widmet sich daher der Kettenbefristungsproblematik von befristeten Dienstzeiten im Rahmen von unbefristeten Dienstverträgen im öffentlichen Bereich.

2.
Mehrfachbefristungen von Dienstzeit nach dem VBG

Das Kettenbefristungsverbot in § 4 Abs 4 VBG war bereits in der Stammfassung 1948 vorgesehen. Die RL 1999/70/EG (Befristungs-RL) enthält unionsrechtliche Vorgaben zu befristeten Arbeitsverträgen sowie zur Vermeidung von deren Missbrauch (insb § 5 Rahmenvereinbarung). Da befristete Dienstverträge mit öffentlichen DG vom Anwendungsbereich nicht ausgenommen sind (§§ 2, 3 der Befristungs-Rahmenvereinbarung), ist die Befristungs-RL auch für den öffentlichen Sektor anwendbar (vgl ua EuGH 4.7.2006, C-212/04, Adeneler ua, Rz 55 f). Die verpflichtende Umsetzung der unionsrechtlichen Vorgaben erfolgte für VB des Bundes grundsätzlich in §§ 4 und 4a VBG, die richtlinienkonform zu interpretieren sind. Zunächst ist daher zu untersuchen, ob befristete Dienstzeiten in unbefristeten Dienstverträgen vom Geltungsbereich der RL umfasst sind. Auch der OGH hätte unionsrechtliche Erwägungen anstellen müssen. Die vorliegende E enthält jedoch keinen Hinweis auf die Befristungs-RL.

2.1.
Unionsrechtliche Überlegungen

Zu untersuchen ist, ob die Befristungs-RL auch befristete Dienstzeitelemente erfasst. Der Wortlaut der Rahmenvereinbarung umfasst in § 2 Abs 1 „befristet beschäftigte Arbeitnehmer mit einem Arbeitsvertrag oder -verhältnis“. Die Definition von Arbeitsvertrag oder -verhältnis bleibt aber dem nationalen Recht überlassen. Fraglich ist, ob die RL zugleich einen Rahmen vorgibt, welche Konstruktionen unter befris teter Arbeitsvertrag oder befristetes Arbeitsverhältnis zu verstehen sind, um eine einheitliche Auslegung zu gewährleisten. Nach § 2 Abs 2 Rahmenvereinbarung können die Mitgliedstaaten nur in zwei Ausnahefällen von den Mindestvorschriften der Rahmenvereinbarung „nach unten“ abweichen, weshalb der EuGH den Geltungsbereich der RL stets sehr weit versteht (vgl ua EuGH 4.7.2006, C-212/04, Adeneler ua, Rz 56 f). In § 3 Rahmenvereinbarung werden befristete Arbeitsverträge und -verhältnisse darüber hinaus dadurch definiert, dass deren „Ende durch objektive Bedingungen“ bestimmt wird. Die Bestimmung lässt jedoch offen, ob darunter auch befristete Dienstzeiten im Rahmen von unbefristeten Dienstverträgen zu verstehen sind. Ziel der Rahmenvereinbarung und damit der RL ist es, Rahmenvorgaben über befris-102tete Arbeitsverhältnisse festzulegen (Präambel Z 3 der Rahmenvereinbarung). Insb soll der Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverhältnisse verhindert werden (§ 1 Abs 2 und 5 der Rahmenvereinbarung). Zweck der Rahmenvereinbarung ist es, einerseits eine flexible Gestaltung durch die AG zu ermöglichen, andererseits die AN vor missbräuchlicher Verwendung von Befristungen zu schützen. Auch daraus lässt sich im Wege der Auslegung keine abschließende Antwort auf die interessierende Frage ableiten. Soweit zu sehen, musste sich der EuGH noch nicht zu dieser Auslegungsfrage äußern. Von einem Vorabentscheidungsverfahren hätte der OGH daher nur absehen dürfen, wenn über die Auslegung der RL vernünftigerweise keine Zweifel bestehen können.

2.2.
Kettenbefristungsverbote nach dem VBG

Klärungsbedürftig ist, ob der österreichische Gesetzgeber auch befristete Dienstzeitelemente dem strengen Regime des Kettenbefristungsverbots in den §§ 4 und 4a VBG unterwerfen wollte. Der Gesetzeswortlaut des § 4 Abs 4 VBG umfasst nur Dienstverhältnisse, die auf bestimmte Zeit eingegangen worden sind. Begreift man die vorliegende Vertragskonstruktion als zwei getrennte Vertragsverhältnisse – ein befristetes und ein unbefristetes –, wäre das befristete Dienstverhältnis vom Wortlaut erfasst. Der OGH geht hingegen von einem unbefristeten Grundvertrag und befristeten Vertragszeitelementen aus. Es ist daher zu untersuchen, ob auch einzelne Vertragsteile wie die Dienstzeit geschützt sind. Der OGH verneint die Anwendung des § 4 Abs 4 VBG und begründet dies wohl mit dem Wortlaut der Bestimmung. Der Wortlaut der Bestimmung kann mE aber durchaus weit verstanden werden und lässt die Anwendung daher offen. Verneint man eine weite Auslegung des Wortlauts, ist eine Anwendung des § 4 Abs 4 VBG dennoch im Wege der gesetzesergänzenden Rechtsfortbildung möglich. Nach den Materialien besteht der Zweck des Befristungsverbots darin, „eine Umgehung des Gesetzes zu verhindern“ (vgl ErläutRV 544 BlgNR 5. GP 16). Darunter ist mE zunächst der besondere Bestandschutz des VBG zu verstehen, welcher an das Bestehen eines unbefristeten Dienstverhältnisses geknüpft ist. Dem VBG ist daher die Wertung zu entnehmen, dass generell ein unbefristeter Dienstvertrag mit hohem Bestandschutz anzustreben ist, der durch den mehrfachen Abschluss von Befristungen nicht umgangen werden darf.

Insb sprechen weitere systematische Erwägungen für eine (analoge) Anwendbarkeit des Kettenbefristungsverbots auf Dienstzeitelemente. Der Abschluss von mehrfach befristeten Dienstzeitelementen ist einer einseitigen Festsetzung der Dienstzeiten ähnlich. Es liegt zwar eine Vereinbarung vor, hält man sich allerdings die faktischen Verhältnisse vor Augen, zeigt sich, dass Befristungsangebote, die in weiterer Folge auch tatsächlich zu einer Vereinbarung führen, idR nur von Seiten des DG gestellt werden und hier auch nur vom DG gestellt wurden. Der VB wird wiederum jedes Angebot des DG annehmen, um zusätzliches Entgelt zu erhalten. Funktionell liegt dann eine einseitige Vertragsgestaltung durch den DG vor. Nach den Bestimmungen des VBG, die auf die Dienstzeitregelungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG) verweisen, hat nur der VB Rechtsanspruch auf einseitige Herabsetzung der Dienstzeit (§ 20 VBG iVm § 50a BDG). Das VBG verbietet daher die einseitige Dienstzeitreduktion durch den DG. Es besteht zwar die Möglichkeit, befristete oder unbefristete Teilbeschäftigungen zu vereinbaren (§ 20 Abs 3 VBG), gleichwohl können daraus keine Erkenntnisse für die Zulässigkeit von Mehrfachbefristungen abgeleitet werden. Die einseitige Ausdehnung der Dienstzeiten durch den DG ist wiederum nur im Rahmen von angeordneten Mehrdienstleistungen möglich, für die detaillierte Regelungen im BDG bestehen (§ 20 Abs 1 VBG iVm § 49 BDG). Im Allgemeinen lässt das VBG daher flexible Dienstzeitgestaltung zu, allerdings nur unter Einhaltung der gesetzlich dafür vorgesehenen, engen Grenzen. Die Wertung des VBG zur einseitigen Dienstzeitgestaltung ist bei der Auslegung der §§ 4 und 4a VBG zu berücksichtigen.

Durch die vorliegende Vertragskonstellation werden faktisch Vertragsergebnisse erzielt, die durch einseitige Rechtsgestaltung durch den DG nach VBG gar nicht zulässig sind. Der Normzweck der Kettenbefristungsverbote sowie die Grundwertung des VBG gebieten es daher mE, die Rechtsfolgen der §§ 4, 4a VBG auch auf befristete Dienstzeitelemente zu erstrecken. Andernfalls könnten die strengen Grenzen des VBG durch den DG umgangen werden, etwa durch einstündige unbefristete Dienstverhältnisse, die durch befristete Dienstzeiten in beliebigem Ausmaß (zwei bis 39 Stunden) und von beliebiger Dauer (einige Wochen bis wenige Monate) aufgestockt werden. Dem könnte lediglich entgegengehalten werden, dass im unkündbaren Dienstverhältnis nach dem VBG ein erhöhtes Ausmaß an innerer Flexibilität zu bedenken ist. Für die hier interessierende Frage ist dieser Ansatz mE aber nicht relevant. Der OGH hat bereits festgehalten, dass VB keine innere Flexibilität bei der Verlängerung von Dienstzeiten schulden (vgl OGH 11.5.2010, 9 ObA 75/09h).

In der Sache könnte die letzte Kettenbefristung, die für die Zeit der Karenz einer anderen VB vereinbart war, sachlich gerechtfertigt gewesen sein. § 4a Abs 4 VBG ist hier nicht unmittelbar anwendbar, weil für die Vertretung keine wiederholten befristeten Verträge, sondern bloß ein befristeter abgeschlossen wurde. Überdies wäre auch der Zeitraum von fünf Jahren für die Vertretung noch nicht abgelaufen. Fraglich könnte allerdings sein, ob das VBG den Abschluss eines einzigen befristeten Vertrags für Vertretungszwecke über die Dauer von fünf Jahren hinaus zulässt. Für die früheren Befristungen vor dem 13.12.2006 sind dem Sachverhalt hingegen keine rechtfertigenden Gründe zu entnehmen. Dies führt zur Frage, ob es für den Erfolg des Klagebegehrens nur auf die Zulässigkeit der letzten Befristung ankommt oder darauf, ob bereits davor auf Feststellung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses hätte geklagt werden können. Auch wenn man nur auf die Zulässigkeit der letzten Befristung abstellt, bleibt im vorliegenden Fall das prozessuale Problem, dass sich der DG nicht auf diese Rechtfertigung berufen hat.

2.3.
Auswirkungen auf den privaten Sektor

Nach Ansicht des OGH ist die gewählte Kettenbefristung von Dienstzeiten im öffentlichen Sektor nicht zu beanstanden. Fraglich ist, ob daraus bereits ein verallgemeinerungsfähiger Ausspruch für den privaten Bereich abzuleiten ist. Dies ist mE zu verneinen.103

Nach stRsp enthalten mehrfachbefristete Entgeltbestimmungen in Arbeitsverträgen ähnlich verpönte Umgehungstendenzen wie Kettenarbeitsverträge. Deshalb ist bereits die zweite Befristung von einzelnen Vertragsbestandteilen auf ihre sachliche Rechtfertigung zu prüfen (vgl ua OGH 27.7.2011, 9 ObA 61/11b). Anhand des Zwecks der befristeten Vereinbarung prüft der OGH darüber hinaus, ob tatsächlich zwingende arbeitsrechtliche Ansprüche unterlaufen werden. ME kann aus der knappen Formulierung in der vorliegenden E nicht abgeleitet werden, dass der OGH von der stRsp zu Kettenbefristungen im privaten Sektor abweichen wollte. Vergleicht man die vorliegende E darüber hinaus mit der Rechtsprechungspraxis des OGH im privaten Bereich, zeigt sich, dass im Gegensatz zum öffentlichen Bereich befristete Vertragselemente im privaten Sektor einer umfassenden Prüfung unterzogen werden. Verschiedene Lösungen für den öffentlichen und privaten Sektor sind unionsrechtlich zwar unproblematisch (vgl EuGH 7.9.2006, C-53/04, Marrosu und Sardino, Rz 48). Im Hinblick auf das weitaus strengere Kettenbefristungsverbot im VBG ist die vorliegende E dennoch überraschend. Fraglich ist daher vielmehr, warum der OGH in der vorliegenden E nicht die Rsp zum privaten Bereich berücksichtigt hat. Es bleibt abzuwarten, ob der OGH auch in Zukunft daran festhalten wird.

3.
Zusammenfassung

Die mehrfach befristeten Dienstzeitelemente führen dazu, dass die Regelungen des VBG zur einseitigen Dienstzeitgestaltung nicht eingehalten werden und der strenge Bestandschutz nicht greift. Es liegt daher tatsächlich ein Umgehungstatbestand vor. Die ratio legis der §§ 4 und 4a VBG sowie systematische Überlegungen fordern mE daher eine Erstreckung der Kettenbefristungsregelungen auf befristete Dienstzeit elemente im Rahmen eines unbefristeten Dienstverhältnisses. Es wäre wünschenswert gewesen, hätte der OGH die vorliegende E zum Anlass genommen, sich mit dem Kettenbefristungsproblem auseinanderzusetzen. Da keine EuGH-Rsp zu befristeten Vertragselementen besteht, wäre der OGH im vorliegenden Fall darüber hinaus zur Vorlage verpflichtet gewesen.