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Unwirksamkeit der vollmachtslosen Kündigung eines Vertragsbediensteten trotz nachträglicher Genehmigung durch das zuständige Organ

WOLFGANGGORICNIK

Die vom unzuständigen Bürgermeister erklärte Kündigung eines Vertragsbediensteten ist selbst bei einer nachträglichen Genehmigung durch das zuständige Organ der Gemeinde formell unwirksam, wenn die nachträgliche Genehmigung nicht so rechtzeitig erfolgt, dass die gesetzliche Kündigungsfrist zum beabsichtigten und gesetzeskonformen Kündigungstermin gewahrt bleibt, so dass das Dienstverhältnis aufrecht bleibt.

SACHVERHALT

Ein diplomierter Assistent für physikalische Medizin war bei der beklagten Gemeinde als Rechtsträgerin eines Krankenhauses gemäß den Bestimmungen des Salzburger Gemeinde-Vertragsbedienstetengesetzes beschäftigt. Nach einem Vorfall am 10.2.2013 wurden betriebsintern Schritte zur Kündigung des (später) klagenden AN gesetzt. Am 25.2.2013 stimmte der BR der Kündigung zu. Am 27.2.2013 wurde dem AN ein vom Bürgermeister der Gemeinde unterfertigtes Kündigungsschreiben des Krankenhauses ausgehändigt. Darin wurde das Dienstverhältnis des AN zum 31.7.2013 – unter Hinweis ua auf die gröbliche Verletzung von Dienstpflichten – aufgekündigt. Die dienstzeitabhängige Kündigungsfrist gem § 117 Salzburger Gemeinde-Vertragsbedienstetengesetz betrug für den AN fünf Monate.

Die für dienst- und besoldungsrechtliche Angelegenheiten zuständige Gemeindevorstehung beschloss in ihrer Sitzung vom 4.3.2013 einstimmig die Aufkündigung des Dienstverhältnisses.

Der klagende AN begehrt in seiner Klage insb die Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses über den 31.7.2013 hinaus, weil die Kündigung schon formell unwirksam sei, weil sie vom Bürgermeister ohne vorherige Zustimmung der für diese Entscheidung zuständigen Gemeindevorstehung ausgesprochen worden sei. Das vollmachtslose Handeln des Bürgermeisters sei auch nicht durch die nachträgliche Genehmigung der Gemeindevorstehung geheilt, weil die Gemeindevorstehung erst am 4.3.2013, also zu einem Zeitpunkt die Kündigung seines Dienstverhältnisses beschlossen habe, als die fünfmonatige Kündigungsfrist mit 1.3.2013 bereits zu laufen begonnen habe.

VERFAHREN UND ENTSCHEIDUNG

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Gemeinde Folge. Zur Frage der Wirksamkeit der genehmigten Kündigung vertrat es die Ansicht, dass von einem Unterlaufendes Zwecks der Kündigungsfrist bei einer Verkürzung einer mehrmonatigen Kündigungsfrist um wenige Tage nicht gesprochen werden könne. Das Berufungsgericht ließ aber die ordentliche Revision zu. Der OGH erachtete die Revision für zulässig und berechtigt und stellte das Ersturteil wieder her.

ORIGINALZITATE AUS DER ENTSCHEIDUNG

„Gem § 34 Abs 6 Z 2 lit a der Salzburger Gemeindeordnung 1994 (kurz Sbg GdO 1994) obliegt der Gemeindevorstehung, die aus dem Bürgermeister und weiteren Mitgliedern der Gemeindevertretung als Gemeinderäten besteht, auch die Entscheidung über die Kündigung von Bediensteten (mit hier nicht zum Tragen kommenden Ausnahmen). [...] Ausgehend von dieser Rechtslage ergibt sich, dass der AN nur mit Beschluss der Gemeindevorstehung der Beklagten gekündigt werden könnte, weil Gefahr im Verzug nicht vorlag (und von der Gemeinde auch gar nicht behauptet wurde).

Es entspricht der ständigen Rsp des OGH, dass die in den Gemeindeordnungen enthaltenen Vorschriften über die Vertretung der Gemeinden nicht bloße Organisationsvorschriften über die interne Willensbildung öffentlich- rechtlicher Körperschaften darstellen, sondern vielmehr Einschränkungen der Vertretungsmacht des Bürgermeisters nach außen enthalten. Eine durch einen erforderlichen Gemeinderatsbeschluss nicht gedeckte Willenserklärung des Bürgermeisters bindet daher mangels der hiefür erforderlichen Vertretungsbefugnisse die Gemeinde einerseits grundsätzlich nicht und ist andererseits gegenüber dem Erklärungsempfänger wirkungslos. Überschreitet daher der Gewalthaber die Grenzen seiner Vollmacht, wird der Gewaltgeber gemäß § 1016 ABGB nur insoweit verpflichtet, als er das – schwebend unwirksame – Geschäft genehmigt oder sich den aus dem Geschäft entstandenen Vorteil zugewendet hat. Nach dieser auch für Gemeinden geltenden Regel kann auch ein vom Bürgermeister ohne Vertretungsmacht geschlossenes Geschäft nachträglich genehmigt und geheilt werden. Eine nachträgliche Genehmigung wirkt zurück.

Zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Entlassung hat der OGH bereits mehrfach ausgesprochen, dass die nachträgliche Sanierung einer vom Bürgermeister entgegen den Organisationsvorschriften der Gemeinde allein ausgesprochenen Entlassung nicht in Betracht kommt, weil die Entlassung die Rechtslage mit Wirkung ex nunc gestaltet.63

Hingegen wird die Rückwirkung der Genehmigung einer vom Bürgermeister ausgesprochenen schwebend unwirksamen Kündigung von Arbeits- und anderen Dauerschuldverhältnissen nach herrschender Rsp und Lehre dann für zulässig erachtet, wenn die Genehmigung so rechtzeitig erfolgt ist, dass dem AN die Kündigungsfrist zum beabsichtigten Kündigungstermin gewahrt bleibt. […] Erfolgt die Genehmigung hingegen nicht so rechtzeitig, dass die Kündigungsfrist zum beabsichtigten Kündigungstermin gewahrt ist, bleibt die vom falsus procurator erklärte Kündigung unwirksam und die Kündigung ist neuerlich unter Einhaltung der gebotenen Kündigungsfrist und des gebotenen Kündigungstermins auszusprechen.“

ERLÄUTERUNG

Die E bewegt sich auf dem Boden gefestigter Rsp einerseits zur Vertretungsmacht des Bürgermeisters einer Gemeinde nach außen und andererseits zur nachträglichen Sanierung einer von einem unzuständigen Organ (Bürgermeister) ausgesprochenen fristlosen Entlassung (mit „falsus procurator“ ist der vollmachtslose bzw der seine Vertretungsbefugnis überschreitende „Scheinvertreter“ gemeint). Bezüglich einer solchen Entlassung ist das wesentliche Argument für deren nicht nur schwebende, sondern absolute Unwirksamkeit – im Gegensatz zu den allgemeinen Ausführungen des OGH zur nachträglichen Genehmigungsmöglichkeit beim Abschluss von Verträgen mit Gemeinden – die Bedingungsfeindlichkeit einer Entlassung: Auf die Erfüllung der Bedingung, nämlich die nachträgliche Genehmigung durch das für die Gemeinde vertretungsbefugte Organ, hat der AN keinen Einfluss, so dass der AN sofort von der Gültigkeit der Entlassung, die ja mit erheblichen Rechtsfolgen verbunden ist, wissen muss.

Bei einer Kündigung stellt sich die Situation insofern anders dar, als es für den gekündigten AN keinen Unterschied macht, ob erst mit der nachträglichen Genehmigung des zuständigen Organs (zB der Gemeindevorstehung) die Wirksamkeit der zuvor vom unzuständigen Organ (zB dem Bürgermeister) ausgesprochenen Kündigung eintritt, wenn nur die vollständige gesetzliche Kündigungsfrist zum beabsichtigten und gesetzmäßigen Kündigungstermin eingehalten wird. Grundsätzlich ist die Rechtslage dabei mit einer nur vorläufigen Personalmaßnahme des Bürgermeisters, wie der Ankündigung einer Kündigung oder einer Dienstenthebung (Suspendierung) vergleichbar, zu der ein Bürgermeister grundsätzlich berechtigt ist (zumeist wegen Gefahr im Verzug), um eine Verwirkung eines Auflösungsrechts nach Bekanntwerden eines Auflösungsgrundes (siehe RIS-Justiz RS0028543 zur Kündigung von Vertragsbediensteten) zu vermeiden, da nach der Rsp die bis zur Klärung der tatsächlichen oder rechtlichen Lage vorgenommene Suspendierung eines AN die Annahme eines Verzichtes des DG auf die Ausübung des Auflösungsrechts verhindert (vgl zB OGH 19.12.2013, 9 ObA 148/13z).