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Keine Mitteilung über Änderung der Abgabestelle – Zustellung durch Hinterlegung wirksam

SUSANNEGITTENBERGER
§ 2 Z 4, 8 Abs 1 ZustG

Ein Zahlungsbefehl wurde an der im Firmenbuch eingetragenen Geschäftsanschrift des AG durch Hinterlegung am 25.9.2013 zugestellt und am 26.9.2013 behoben. Bei dieser Anschrift handelt es sich um die Wohnung des Geschäftsführers. Dieser ist dort auch gemeldet, jedoch im Oktober 2013 zu seiner Freundin gezogen. Seit Dezember 2013 schaute der Geschäftsführer gelegentlich vorbei und bemühte sich, hinterlegte Sendungen gleich abzuholen. Betreffend die infolge des Einspruchs des AG anberaumte Tagsatzung am 17.1.2014 richtete der AG eine Vertagungsbitte an das Erstgericht, auf der wieder die vorgenannte Geschäftsanschrift angegeben war. Deren Ablehnung wurde der Bekl an die Geschäftsanschrift durch Hinterlegung zugestellt und gelangte wieder mit dem Vermerk „nicht behoben“ zurück. Das Nichterscheinen der Bekl zur Tagsatzung führte zum Versäumungsurteil, das wiederum durch Hinterlegung am 30.1.2014 zugestellt wurde. Am 5.2.2014 behob der Geschäftsführer der Bekl diese Postsendung, erst am 3.3.2014 erhob die Bekl gegen das Versäumungsurteil Berufung.

Zur Rechtswirksamkeit der Zustellung, die Voraussetzung für den Beginn des Laufs einer Rechtsmittelfrist ist, hielt der OGH fest, dass eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, dies nach § 8 Abs 1 ZustG der Behörde unverzüglich mitzuteilen habe. Wird diese Mitteilung unterlassen und die Aufgabe der bisherigen Abgabestelle dem Gericht auch nicht auf andere Weise bekannt, so kann nach der mittlerweile gefestigten Rsp weiterhin an der bisherigen Abgabestelle zugestellt werden. Es wirkt daher eine Hinterlegung gem § 17 ZustG als Zustellung, und zwar unabhängig davon, wo sich die Partei befindet und welche Abgabestelle für sie sonst in Betracht gekommen wäre.

Die Wohnung des Geschäftsführers der Bekl war zumindest zu Beginn des Verfahrens eine Abgabestelle iSd § 2 Z 4 ZustG, da der Zahlungsbefehl noch im September 2013, zu einem Zeitpunkt, als die Wohnung vom Geschäftsführer noch tatsächlich bewohnt und benützt wurde, zugestellt wurde. Nach § 8 Abs 1 ZustG wäre die Bekl ab dem Auszug des Geschäftsführers im Oktober 2013 zur unverzüglichen Mitteilung der Änderung ihrer Abgabestelle an das Erstgericht verpflichtet gewesen. Das Versäumungsurteil vom 17.1.2014 wurde ihr wegen der Verletzung dieser Mitteilungspflicht am 30.1.2014 durch Hinterlegung an der bisherigen Abgabestelle zugestellt. Da diese Zustellung rechtswirksam war, wurde die Berufung am 3.3.2014 verspätet erhoben.84