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Widerruf und Rückforderung des Arbeitslosengeldes wegen Auszahlung von Urlaubstagen durch die BUAK während eines geringfügigen Dienstverhältnisses

BIRGITSDOUTZ

Gem § 12 Abs 3 lit h AlVG liegt Arbeitslosigkeit nicht vor, wenn beim selben DG eine unter der Geringfügigkeitsgrenze entlohnte Beschäftigung aufgenommen wird, es sei denn, dass zwischen den Beschäftigungen ein Zeitraum von mindestens einem Monat gelegen ist.

Es kann nicht Sinn des Gesetzes sein, dass ein Arbeitsloser, der aus einem von Juli bis September 2013 dauernden Dienstverhältnis geringfügig entlohnt wurde, auch für August 2013 die Leistung verlieren soll, weil er lediglich aufgrund des Bezuges von Urlaubsentgelt von der BUAK in den Monaten Juli und September ein Gesamtentgelt über der Geringfügigkeitsgrenze bezogen hat.

SACHVERHALT

Das AMS widerrief das Arbeitslosengeld im Zeitraum Juli bis September 2013 und forderte das Arbeitslosengeld für diesen Zeitraum zurück. Für Juli und September lag keine Arbeitslosigkeit vor, da das Einkommen die Geringfügigkeitsgrenze überschritten hatte. Der Monat August 2013 wurde aufgrund des § 12 Abs 3 lit h AlVG widerrufen und rückgefordert.

Der Arbeitslose brachte dagegen vor, dass er aus seinem Dienstverhältnis immer nur geringfügige Einkünfte ererzielt habe, lediglich für Juli und September habe er zusätzlich Zahlungen von der BUAK erhalten. Auch lägen die Voraussetzungen für Widerruf und Rückforderung nicht vor, da er keine unwahren Angaben gemacht oder maßgebende Tatsachen verschwiegen habe und den unberechtigten Empfang nicht hätte erkennen müssen.

VERFAHREN UND ENTSCHEIDUNG

In der Beschwerdevorentscheidung, die den Widerruf und die Rückforderung bestätigten, hielt das AMS fest, dass das AMS iSd § 38 AVG verpflichtet ist, die Frage des Vorliegens eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses als Vorfrage nach eigenen Anschauungen zu beurteilen und nicht an die beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger gespeicherten Versicherungsdaten gebunden ist. Der Aufforderung zur Stellungnahme zum Versicherungsverlauf ist der Arbeitslose nicht nachgekommen. Das AMS hat festgestellt, dass im Juli und im September 2013 ein arbeitslosenversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis und in der Zeit von 1.8.2013 bis. 31.8.2013 beim selben DG eine geringfügige Beschäftigung laut Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger vorlag. Das AMS führte dazu aus, dass dies sowohl die übermittelten 85Lohnbescheinigungen als auch die Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) bestätigten. Weiters brachte das AMS vor, dass der Arbeitslose das Dienstverhältnis nicht umgehend gemeldet habe. Daher war das Arbeitslosengeld für den Juli und September 2013 gem § 12 Abs 3 lit a iVm § 24 Abs 3 AlVG zu widerrufen und wegen Verschweigung maßgebender Tatsachen gem § 25 Abs 1 AlVG zurückzufordern. Das AMS hat weiters in der Begründung ausgeführt, dass das Arbeitslosengeld für den Monat August 2013 gem § 12 Abs 3 lit h iVm § 24 Abs 2 AlVG zu widerrufen ist, weil gem § 12 Abs 3 lit h AlVG nicht als arbeitslos gelte, wer beim selben DG eine Beschäftigung aufnehme, deren Entgelt die im § 5 Abs 2 ASVG angeführten Beträge nicht übersteige, es sei denn, dass zwischen vorhergehender Beschäftigung und der neuen geringfügigen Beschäftigung ein Zeitraum von mindestens einem Monat gelegen sei. Dazu brachte der Arbeitslose im Vorlageantrag vor, dass die Vollversicherung bei der WGKK sich durch die Auszahlung der Urlaubstage durch die BUAK ergeben hat und die Berechnung der Urlaubstage auf Basis von vorigen Dienstverhältnissen ausbezahlt wurde. Vom DG sei im gesamten Zeitraum nur ein geringfügiges Einkommen bezogen worden. Auch habe er die Urlaubstage dem AMS gemeldet und hat er für diesen Zeitraum kein Arbeitslosengeld bezogen.

Das BVwG hat bestätigt, dass in den Monaten Juli und September 2013 gem § 12 Abs 1, 3 und 6 lit a AlVG keine Arbeitslosigkeit vorlag und die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes widerrufen sowie die Rückforderung für diesen Zeitraum bestätigt. Hingegen bestätigte das BVwG, dass die Einkünfte des Arbeitslosen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze für das Jahr 2013 im August nicht überstiegen, so dass der Arbeitslose im August zu Recht Arbeitslosengeld bezogen hat.

ORIGINALZITATE AUS DER ENTSCHEIDUNG

„Im Katalog der Ausschlussgründe des § 12 Abs. 3 AlVG nimmt lit h eine Sonderstellung ein, wonach Arbeitslosigkeit dann nicht gegeben ist, wenn beim selben Dienstgeber eine unter der Geringfügigkeitsgrenze entlohnte Beschäftigung aufgenommen wird, es sei denn, dass zwischen den beiden Beschäftigungen ein Zeitraum von mindestens einem Monate gelegen ist (vgl. Krapf/Keul, Arbeitslosenversicherungsgesetz Praxiskommentar, § 12, Rz 310). Durch diesen Ausschlussgrund des § 12 Abs. 3 lit h AlVG soll klargestellt werden, dass iSd Abs. 1 leg. cit Arbeitslosigkeit nur dann vorliegt, wenn das vorangegangene, anspruchsbegründende Beschäftigungsverhältnis tatsächlich beendet wird und ein bloße Umwandlung des Beschäftigungsverhältnisse ohne entsprechende zeitliche Unterbrechung Arbeitslosigkeit nicht herbeizuführen vermag (vgl. Krapf/Keul, Arbeitslosenversicherungsgesetz Praxiskommentar, § 12, Rz 310).

Eine arbeitsrechtliche Umwandlung des Beschäftigungsverhältnisses hat nicht stattgefunden. Es kann im gegenständlichen Fall nicht Sinn des Gesetzes sein, dass der Beschwerdeführer, der vom Arbeitgeber geringfügig entlohnt wurde und lediglich aufgrund des Bezuges von Urlaubsentgelt BUAK über der Geringfügigkeitsgrenze Entgelt bezogen hatte, einen Monat lang diese (geringfügige) Tätigkeit nicht hätte ausüben dürfen, um als arbeitslos zu gelten. In der Regel wären geringfügig beschäftigte Bauarbeiter de facto gezwungen, nach Konsumation von Urlaubstagen ihr Dienstverhältnis (unter Androhung der Sanktion gemäß § 11 AlVG) zu beenden, um wieder Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung beziehen zu können. Diese weiterreichende, nur an den Urlaubsverbrauch anknüpfende Konsequenz kann der Gesetzgeber nicht beabsichtigt haben, weshalb ein Anwendungsfall des § 12 Abs. 3 lit h AlVG hier nicht vorliegt.“

ERLÄUTERUNG

Ohne dieses Erk wären geringfügig beschäftigte Bauarbeiter de facto gezwungen, nach Konsumation von Urlaubstagen ihr Dienstverhältnis (unter Androhung der Sanktion gem § 11 AlVG) zu beenden, um wieder Leistungen aus der AlV beziehen zu können. Diese weitreichende, nur an den Urlaubsverbrauch anknüpfende Konsequenz hat der Gesetzgeber nicht beabsichtigt, weshalb ein Anwendungsfall des § 12 Abs 3 lit h AlVG hier nicht vorliegt. In dieser E wird deutlich, dass für die Anwendung des § 12 Abs 3 lit h AlVG eine echte Beschäftigung über der Geringfügigkeitsgrenze ausschlaggebend ist und nicht eine bloße Vollversicherung ohne entsprechendes Beschäftigungsverhältnis.