SorgerWer dreht an der Uhr? Geschlechtergerechtigkeit und gewerkschaftliche Arbeitszeitpolitik
Verlag Westfälisches Dampfboot, Münster 2014, 280 Seiten, kartoniert, € 30,80
SorgerWer dreht an der Uhr? Geschlechtergerechtigkeit und gewerkschaftliche Arbeitszeitpolitik
Arbeitszeitfragen und die ungleiche Verteilung von unbezahlter Versorgungsarbeit und bezahlter Erwerbsarbeit auf die Geschlechter seien für eine gelebte Geschlechtergerechtigkeit von elementarer Bedeutung. Vor diesem Hintergrund behandelt die 2014 erschienene Untersuchung von Claudia Sorger die Fragen, welchen Beitrag Arbeitszeitpolitik zur Umsetzung von Geschlechtergerechtigkeit leisten kann und welche Rolle der Arbeitszeitpolitik der österreichischen Gewerkschaften in diesem Zusammenhang zukommt.
In ihrer Arbeit entwickelt die Autorin Kriterien für eine geschlechtergerechte Gestaltung von Arbeitszeit und Arbeitszeitpolitik: das Aufbrechen des (vorwiegend männlichen) Normalarbeitszeitstandards als universelle Norm – die Etablierung unterschiedlicher Arbeitszeitformen, die sich an den Bedürfnissen der Beschäftigten in ihren jeweiligen Lebenslagen orientieren –; die Anerkennung von Versorgungsarbeit als gesellschaftliche Aufgabe; die Ausrichtung der Strategien nicht nur an Frauen; die ausgewogene Repräsentation von Männern und Frauen in der Arbeitszeitpolitik; die Veränderung der Arbeitskultur in den Betrieben – derzeit orientieren sich diese Rahmenbedingungen oft an jenen Beschäftigten, die keine Zusatzbelastung durch Betreuungspflichten oder ähnliches haben –; die Einbeziehung der sozialen Sicherungssysteme in eine geschlechtergerechte Gestaltung von Arbeitszeit; die Berücksichtigung von Arbeitsbedingungen für die Festlegung von Arbeitszeitnormen und Arbeitszeitmodellen.
Der zweite Teil der Arbeit widmet sich der Frage nach der Umsetzung von Geschlechtergerechtigkeit in der Arbeitszeitpolitik der österreichischen Gewerkschaften. Dazu führte die Autorin Interviews mit GewerkschafterInnen des ÖGB und aller sieben Teilgewerkschaften. Grundlage für die Interviewtexte bildeten dabei die vorweg erarbeiteten Kriterien zur geschlechtergerechten Gestaltung von Arbeitszeit und Arbeitszeitpolitik. Die Ergebnisse halten den von der Autorin erarbeiteten Kriterien nur teilweise stand: So lägen kaum konkrete Zielvorstellungen zu einer geschlechtergerechten Gesellschaft vor. Das Vollzeitarbeitsverhältnis stehe nach wie vor als Standard im Zentrum der gewerkschaftlichen Arbeitszeitpolitik. In der Anerkennung von Versorgungsarbeit als gesellschaftliche Aufgabe bewertet die Autorin das Engagement der Gewerkschaften hingegen durchaus positiv. Auch herrsche unter den Befragten ein hohes Problembewusstsein für den gestiegenen Leistungsdruck in der Arbeitswelt und bezüglich der Einbindung von Männern in die Familienarbeit wird eine Bewusstseinsänderung in den Betrieben als notwendig erachtet.
Bei der Lektüre des Buches wird klar, dass in der Gestaltung der Arbeitszeit tatsächlich enormes Potential zur Erreichung von Geschlechtergerechtigkeit liegt. Man darf gespannt sein, wie Politik und Gewerkschaften diese umsichtig erarbeiteten Ansätze aufgreifen.