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Dynamische Verweisung im KollV als vertragliche Einräumung eines Gestaltungsrechts an Dritte

MARTINRISAK (WIEN)
  1. Eine als Norm in einem KollV nichtige dynamische Verweisung kann durch Vereinbarung oder dauernde betriebliche Übung iSd § 863 ABGB zum Inhalt der Einzelarbeitsverträge werden, in denen derartige Vereinbarungen – beschränkt durch den Rahmen „billigen Ermessens“ – zulässig sind.

  2. Nach hA kann ungeachtet fehlender gesetzlicher Bestimmung die Festlegung der Gegenleistung für eine Leistung nicht nur beim Kauf, sondern bei jedem Rechtsgeschäft (insb auch beim Arbeitsvertrag) iSd § 1056 ABGB einem Dritten übertragen werden, soweit diese nicht willkürlich erfolgt.

  3. Bereits die Prüfung einer gesetzlichen Bestimmung durch den VfGH bietet ausreichende Gewähr dafür, dass Verschlechterungen für die sich der Gestaltung durch Gesetz vertraglich unterworfenen AN nur in einem sachlichen Ausmaß möglich sind. Eine darüber hinausgehende individualisierte Zumutbarkeitsprüfung ist daher nicht erforderlich.

[...] Der *1957 geborene Erstkl trat am 19.11.1973, der *1957 geborene Zweitkl am 26.5.1975 als Angestellter in die Dienste der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen (VAE). Beide Kl sind seither ununterbrochen DN der VAE bzw nunmehr der Bekl [Anm: der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau, die die Gesamtrechtsnachfolgerin der VAE ist]. [...] Auf die Dienstverhältnisse der Parteien gelangt die Dienstordnung der Verwaltungsangestellten der VAE (im Folgenden: EDO) zur Anwendung. Die EDO wurde ursprünglich als KollV zwischen der VAE und der Gewerkschaft der Eisenbahner abgeschlossen. Die Kl bestätigten zu Beginn ihrer Dienstverhältnisse, dass sie sich mit der EDO vertraut gemacht haben und die darin enthaltenen Vorschriften anerkennen. Für beide Kl war schon damals eine wesentliche Ergänzung, dass sie an das ÖBB-Dienstrecht angebunden waren, was eine zusätzliche Sicherheit bedeutete. [...] Die EDO galt [...] nach dem Verständnis aller Bediensteter und nach dem allgemeinen Gebrauch für jene DN weiter, die vor dem 1.1.1996 eingetreten sind. Für die nach dem 1.1.1996 angestellten DN gilt die bei Sozialversicherungsträgern anzuwendende Dienstordnung A (DO.A). [...]

Aufgrund der Verweisungsbestimmungen der §§ 54 und 132 EDO wurden die Mitarbeiter der Bekl etwa hinsichtlich der Monatsbezüge, aber auch hinsichtlich der pensionsrechtlichen Bestimmungen, mit Mitarbeitern der ÖBB gleichgestellt. [...] Sämtlichen Mitarbeitern wurde auch ausführlich vermittelt, dass eine größtmögliche Harmonisierung zwischen dem Bundesbahn-Pensionsgesetz 2000, BGBl I 2001/86(BB-PG 2000) und der EDO zu erreichen sei. Kein Mitarbeiter sprach sich dagegen aus. [...] Zirka 180 bis 190 Mitarbeiter der Bekl sind von der Problematik betroffen, dass sie nach der EDO früher in Pension gehen könnten als nach den ÖBB-Bestimmungen.

Die Kl begehren [nach dem nach der EDO erforderlichen Ablauf von 35 Dienstjahren] die Zahlung von [...] Pension für Februar 2010 [... bzw] Pension für Juni 2010 sowie die Feststellung, dass der Erstkl mit Stichtag 1.2.2010 und der Zweitkl mit Stichtag 1.6.2010 gegenüber der Bekl insb gem §§ 37, 102 ff EDO Anspruch auf Versetzung in den dauernden Ruhestand haben und sämtliche Voraussetzungen dafür erfüllen. Hilfsweise begehren sie die Verpflichtung der Bekl zur dauerhaften Zahlung des Ruhegenusses im gesetzlichen Ausmaß von 83 % des ruhegenussfähigen Monatsbezugs ab den jeweiligen Stichtagen. [...]

Die Bekl bestritt die Begehren [...]

Das Erstgericht wies die Klagebegehren in den verbundenen Verfahren ab. Die Bekl habe mit Inkrafttreten des § 553 Abs 8 ASVG die Kollektivvertragsfähigkeit verloren. Die EDO gelte jedoch gem § 13 ArbVG für jene DN weiter, die vor dem 1.1.1996 eingetreten seien, daher auch für die Kl. [...] § 132 Abs 1 EDO enthalte eine dynamische Verweisung auf das ÖBB-Pensionsrecht. Diese sei zwar ohne normative Wirkung, gelte jedoch hier infolge einzelvertraglicher Vereinbarung, weil sich auch die Kl dieser Klausel unterworfen hätten. [...] Das Berufungsgericht hob dieses Urteil über Berufung der Kl auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen E an das Erstgericht zurück. [...] Das Verfahren sei [...] ergänzungsbedürftig, weil Feststellungen fehlten, aus denen sich beurteilen lasse, ob die von den Kl geltend gemachten Verschlechterungen durch die Übernahme des ÖBB-Pensionsrechts zumutbar seien. [...]

Gegen diesen Beschluss richten sich die [...] Rekurse der Kl und der Bekl.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurse sind aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig. Der Rekurs der Kl ist nicht berechtigt, jener der Bekl ist hingegen berechtigt.

1. [...]

2. Zur Rechtsnatur der EDO:

[...] Die Parteien stellen die oben wiedergegebene Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass die VAE bzw nunmehr die Bekl zu den hier relevanten Zeitpunkten der Antragstellung durch die Kl (1.2. und 1.6.2010) ihre Kollektivvertragsfähigkeit endgültig verloren hatte (§ 553 Abs 8 ASVG idF der 54. Novelle BGBl I 1997/139), sodass die EDO als KollV erloschen war (Reissner in ZellKomm2 § 17 ArbVG Rz 12), in ihren Rechtsmittelschriften nicht in Frage, sodass darauf nicht weiter einzugehen ist.

3. Zur Frage der Nachwirkung (§ 13 ArbVG):

3.1 Gem § 13 ArbVG bleiben die Rechtswirkungen des KollV nach seinem Erlöschen für Arbeitsverhältnisse, die unmittelbar vor seinem Erlöschen durch ihn erfasst waren, so lange aufrecht, als für diese Arbeitsverhältnisse nicht ein neuer KollV wirksam oder mit den betroffenen AN nicht eine neue Einzelvereinbarung abgeschlossen269 wird. Diese Nachwirkung bedeutet ein gesetzlich angeordnetes Weiterwirken von Inhalten des erloschenen KollV. Sie erfüllt die Funktion, eine kollektivvertragslose Phase zu überbrücken (RISJustiz RS0050925, zuletzt 8 ObA 40/12h) und entspricht einem bloß dispositiven Weiterbestehen der Bestimmungen des an sich erloschenen KollV (Strasser in

Strasser/Jabornegg/Resch
, ArbVG § 13 Rz 6 mwH). Dass ein die EDO ersetzender neuer KollV nicht abgeschlossen wurde, ist zwischen den Parteien nicht strittig.

3.2 Die Kl stützen ihre Ansprüche auf die §§ 37, 102 ff EDO und bringen dazu vor, dass es sich dabei um wirksame und daher von der Nachwirkung gem § 13 ArbVG erfasste Bestimmungen handle.

Dem hält die Bekl in ihrem Rechtsmittel insb entgegen [...]. § 132 Abs 1 EDO enthalte [...] eine zulässige dynamische Verweisung, sodass auch diese Bestimmung von der Nachwirkung gem § 13 ArbVG erfasst sei.

3.3 Im Kern zeigt die Bekl damit die im konkreten Fall beachtliche Frage des Verhältnisses des § 13 ArbVG zu § 553 Abs 8 ASVG auf.

Der Bundesgesetzgeber nimmt damit [in § 553 Abs 8 ASVG] eine sich ausdrücklich auf das ArbVG beziehende und von diesem abweichende Regelung vor. Nicht nur wird die („wiederaufgelebte“) Kollektivvertragsfähigkeit der Bekl – wie vom Berufungsgericht dargelegt – befristet, sondern es enthält der letzte Satz auch eine inhaltliche Vorgabe dahin, dass Änderungen von Kollektivverträgen, die die Bekl abgeschlossen hat, an das für die Bediensteten der ÖBB geltende Recht angepasst werden dürfen. Damit hat der Gesetzgeber für die vor dem 1.1.1996 bei der VAE eingetretenen Verwaltungsangestellten in Bezug auf ihre pensionsrechtliche Stellung im Ergebnis dieselbe Vorgangsweise wie bei den ÖBB-Bediensteten gewählt: Ein ursprünglich (kollektiv-)vertraglich geregeltes Pensionsrecht wird einer gesetzlichen Regelung zugeführt. Der Gesetzgeber verfolgte mit dieser Bestimmung erkennbar das Ziel, die EDO so lange weiter bestehen zu lassen, bis neue dienst-, besoldungs- und pensionsrechtliche Regelungen für die Bediensteten der ÖBB geschaffen werden (ErlRV 886 BlgNR 20. GP 108), die dann auch für die vor dem 1.1.1996 bei der VAE eingetretenen Verwaltungsangestellten gelten sollten. Es könnte vor diesem Hintergrund daher mit gutem Grund vertreten werden, dass § 553 Abs 8 ASVG insofern eine lex specialis zu § 13 ArbVG darstellt, als diese Bestimmung selbst die Überleitung der früheren kollektivvertraglichen Bestimmungen der EDO in das für die Bediensteten der ÖBB geltende Recht regelt. Dies ergibt sich insb aus dem letzten Satz des § 553 Abs 8 ASVG, der eine Anpassung der von der VAE abgeschlossenen Kollektivverträgen an das für die Bediensteten der ÖBB geltende Recht ausdrücklich auch in Abweichung von den die Regelung der dienst-, besoldungs- und pensionsrechtlichen Verhältnisse der Bediensteten der Versicherungsträger und des Hauptverbandes bzw den Abschluss von Kollektivverträgen betreffenden Richtlinien des Hauptverbandes gem § 31 Abs 3 Z 9 ASVG ermöglicht.

Letztlich braucht darauf aber nicht abschließend eingegangen zu werden, weil das Berufungsgericht nach den hier maßgeblichen Verfahrensergebnissen ohnehin zutreffend davon ausgegangen ist, dass – insb – § 132 EDO im Weg des § 863 ABGB zum Inhalt der Einzelarbeitsverträge der Kl geworden ist.

4. Zur einzelvertraglichen Geltung des § 132 EDO:

4.1 Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit der hL und Rsp ausgeführt, dass eine als Norm in einem KollV nichtige dynamische Verweisung durch dauernde betriebliche Übung iSd § 863 ABGB zum Inhalt der Einzelarbeitsverträge werden kann, in denen derartige Vereinbarungen – beschränkt durch den Rahmen „billigen Ermessens“ – zulässig sind (Reissner in ZellKomm2 § 2 ArbVG Rz 62 mwH; RIS-Justiz RS0050838 [T3, T6]; 9 ObA 121/04s). Dem treten die Kl in ihrem Rekurs mit dem Argument entgegen, dass dadurch unwirksame dynamische Verweisungen bei normativen Regelungen umgangen werden könnten, zumal die gültigen Bestimmungen der EDO gem § 13 ArbVG noch nachwirkten. Dem kommt keine Berechtigung zu.

4.2 [...] Aus den Feststellungen des Erstgerichts ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass den Kl die EDO und die in ihr enthaltenen Verweisungen sowohl auf das Gehalts- als auch auf das Pensionsrecht der ÖBB von Anfang an bekannt waren, und dass für die Kl die Anbindung an das ÖBB-Dienstrecht eine wesentliche Ergänzung und zusätzliche Sicherheit war. Die Kl erklärten sich mit dem Inhalt der EDO ausdrücklich einverstanden und haben nicht lediglich – wie sie dies im Rekurs behaupten – geschwiegen. Die Kl erblickten in der Anbindung an das ÖBB-Gehalts- und Pensionsrecht einen Vorteil und eine von ihnen begrüßte Besserstellung gegenüber Bediensteten, die nach dem 1.1.1996 aufgenommen wurden. Gegenüber den Mitarbeitern der Bekl – daher auch gegenüber den Kl – wurde kommuniziert, dass durch § 132 EDO für die Anpassung des Pensionsrechts auf die zwischen den ÖBB und der Gewerkschaft der Eisenbahner ausverhandelten Entscheidungen zurückgegriffen werden könne. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass das allfällige Nichtwissen über die Unzulässigkeit einer dynamischen Verweisung in einem KollV einer einzelvertraglichen Vereinbarung nicht entgegensteht, weil diesfalls im Weg der objektiven Vertragsergänzung davon ausgegangen werden könne, dass die Parteien auch bei Kenntnis von der Ungültigkeit den Inhalt einzelvertraglich vereinbart hätten (8 ObA 99/04y; 8 ObS 7/06x), ziehen die Kl in ihrem Rekurs nicht in Zweifel. [...]

4.4 [...]

4.5 [...]

4.6 Das Berufungsgericht ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass die ursprüngliche Kollektivvertragsnorm des § 132 EDO hier durch schlüssige Vertragsergänzung bzw im Weg der ergänzenden Vertragsauslegung zum Inhalt der Einzelarbeitsverträge der Kl wurde.

5. Zur Auslegung des § 132 Abs 1 EDO:

5.1 [...]270

5.2 [...]

5.3 Darüber hinaus kommt den Bestimmungen der EDO wie ausgeführt infolge des Verlusts der Kollektivvertragsfähigkeit der Bekl gem § 13 ArbVG nur mehr dispositive, daher abdingbare Bedeutung zu. Auch abweichende und aus Sicht der AN nachteilige einzelvertragliche Änderungen der pensionsrechtlichen Bestimmungen der EDO sind daher grundsätzlich zulässig (RIS-Justiz RS0018115; RS0112269), worauf das Berufungsgericht hingewiesen hat. Im Ergebnis führt dies dazu, dass das im Weg der einzelvertraglichen Vereinbarung schlüssig zwischen den Parteien vereinbarte ÖBB-Pensionsrecht die älteren pensionsrechtlichen Normen der EDO insofern verdrängte, als diese einzelvertragliche Vereinbarung – worauf noch einzugehen sein wird – der Billigkeit und Zumutbarkeit entsprach.

6. Zur Übertragung von Gestaltungsrechten an Dritte:

6.1 Nach hA kann ungeachtet fehlender gesetzlicher Bestimmung die Festlegung der Gegenleistung für eine Leistung entgegen der Rechtsansicht der Kl in ihrem Rekurs nicht nur beim Kauf, sondern bei jedem Rechtsgeschäft iSd § 1056 ABGB einem Dritten übertragen werden (RIS-Justiz RS0020089; RS0020079; zur Übertragung an einen Dritten auch für den Arbeitsvertrag vgl zB 14 Ob 136/86), soweit diese nicht willkürlich erfolgt (RIS-Justiz RS0112269; RS0017784 ua). Dem halten die Kl in ihrem Rekurs im Wesentlichen entgegen, dass es eine Überstrapazierung dieses Arguments bedeuten würde, wenn man hier davon ausginge, dass die Parteien schlüssig vereinbart hätten, die Ausgestaltung der Einzelverträge an den Bundesgesetzgeber zu delegieren. Zum Zeitpunkt der Schöpfung der EDO sei mit der Delegierung an „Dritte“ nicht der Bundesgesetzgeber gemeint gewesen; ursprünglich gemeinte dritte Personen könnten nicht jederzeit „schlüssig ausgetauscht“ werden.

6.2 Die Kl zeigen damit keine Korrekturbedürftigkeit der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, wonach die Parteien insb im Rahmen ihrer Privatautonomie berechtigt sind, derartige Gestaltungsrechte auf den Gesetzgeber zu übertragen, auf. Gerade der Gesetzgeber ist, worauf die Bekl hinweist, an das aus dem Gleichheitsgrundsatz abgeleitete allgemeine Sachlichkeitsgebot gebunden (RIS-Justiz RS0058455; RS0053981) und macht seine Normen in einer für jedermann, und daher auch für jeden AN der Bekl, zugänglichen, genau vorgeschriebenen Weise kund. Damit ist das Berufungsgericht aber zutreffend davon ausgegangen, dass auch verschlechternde Veränderungen der pensionsrechtlichen Bestimmungen zumindest ausreichend bestimmbar sind. Auf das Argument der Kl in ihrem Rekurs, dass die Schaffung des BB-PG 2000 nicht vorhersehbar gewesen sei, kommt es nicht an, weil – worauf das Berufungsgericht ebenfalls hingewiesen hat – das vertraglich dem Gesetzgeber eingeräumte Gestaltungsrecht nur nach Treu und Glauben und nicht unbillig ausgeübt werden darf; es unterliegt daher insofern der richterlichen Kontrolle (RIS-Justiz RS0020079). Es kann daher entgegen der im Rekurs der Kl vertretenen Befürchtung auch nicht das ältere Pensionsrecht der EDO durch das jüngere Pensionsrecht „völlig ausgehebelt“ werden.

7. Zur Frage der Zumutbarkeit der Übernahme des ÖBB-Pensionsrechts:

7.1 Das Berufungsgericht hat zutreffend – und insofern von den Parteien im Rekursverfahren auch nicht in Frage gestellt – die oben wiedergegebenen Maßstäbe dargestellt, nach denen zu prüfen ist, ob für die Kl die konkludent einzelvertraglich vereinbarte Übernahme des ÖBB-Pensionsrechts nach Treu und Glauben und nach billigem Ermessen zumutbar ist (vgl dazu Risak, Einseitige Entgeltgestaltung im Arbeitsrecht 302 ff mwH; 8 ObA 220/95 ua; RIS-Justiz RS0038552).

Die Kl wenden sich nicht gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, dass das Verfahren ergänzungsbedürftig sei. Sie meinen jedoch, dass das Berufungsgericht die Maßstäbe der vorzunehmenden Prüfung nicht darlege. Diese ergäben sich jedoch aus der E 8 ObA 44/12x. Danach erscheine die im konkreten Fall gegebene Verschlechterung der Stichtage um 7 bis 7,5 Jahre kumuliert mit den übrigen massiven Nachteilen als unzumutbar.

Dem hält die Bekl entgegen, dass bereits die Prüfung der gesetzlichen Bestimmungen des ÖBB-Pensionsrechts durch den VfGH eine ausreichende Gewähr dafür biete, dass Verschlechterungen auch für die Mitarbeiter der Bekl nur in einem sachlichen Ausmaß möglich seien. Eine darüber hinausgehende individualisierte Zumutbarkeitsprüfung sei daher nicht erforderlich. Die Vertragsparteien hätten sich darauf geeinigt, diese Sachlichkeitskontrolle auch gegen sich gelten zu lassen, indem sie auf die jeweils für die ÖBB-Mitarbeiter geltenden Regelungen verwiesen hätten. Die Sachlichkeitskontrolle hinsichtlich der gesetzlichen Regelungen sei zudem letztlich inhaltlich ident mit der Prüfung der Zumutbarkeit der Leistungsbestimmung durch Dritte. Dem kommt Berechtigung zu:

7.2 Der VfGH hat bereits mehrfach eine Verfassungswidrigkeit von Bestimmungen des ÖBB-Pensionsgesetzes, auch idF des BBG 2003, verneint (G 298/02; G 53/2013 ua) und ist damit gerade auch den in der von den Kl für ihren Standpunkt angeführten E 8 ObA 44/12x (sowie in 9 ObA 15/13s) vorgetragenen Bedenken über die Anhebung des Pensionsantrittsalters und in Bezug auf die Kürzung des Ruhegenusses nicht gefolgt. Die vom VfGH bei dieser Prüfung herangezogenen und vom Berufungsgericht dargelegten Maßstäbe (vgl RIS-Justiz RS0038552; RS0053889) sind auch beachtlich, wenn wie hier im Weg einzelvertraglicher Vereinbarungen der Gesetzgeber von den Vertragsparteien ermächtigt wird, gestaltend – auch verschlechternd – in einzelvertragliche Vereinbarungen einzugreifen (vgl 8 ObA 61/97x zur vergleichbaren Ermächtigung der Kollektivvertragsparteien).

7.3 Grundsätzlich wäre danach zwar eine konkrete Interessenabwägung durchzuführen. Dies ist hier allerdings schon ausgehend vom Vorbringen der Kl nicht erforderlich.

Auszugehen ist nach den Feststellungen davon, dass die VAE bzw die Bekl in der Vergangen-271heit die Änderungen im ÖBB-Pensionsrecht (und auch im Dienstrecht) stets nachvollzogen hat. Das betraf nicht nur die ursprünglich „durchaus als günstig“ zu bezeichnende Pensionsleistungen, sondern auch die Berechnung des Ruhegenusses für Bedienstete der Bekl unter Berücksichtigung der Berechnungsmodalitäten der ÖBB. Die Rechtslage nach dem ÖBB-Pensionsrecht wurde den Pensionierungen mehrerer AN der Bekl (teilweise schon mit 31.12.2002) zugrunde gelegt. Die DN-Beiträge, die die AN der Bekl zu bezahlen hatten, entsprachen jenen der ÖBB-Bediensteten.

Die Kl haben nun zwar umfangreiches Vorbringen dazu erstattet, dass die durch die Anwendbarkeit des ÖBB-Pensionsrechts bewirkten Verschlechterungen ihrer ursprünglich nach der EDO zustehenden Ansprüche unzumutbar seien, weil sie mit einem über rund 7,5 Jahre verzögerten Pensionsantritt bei einer weit geringeren Pension und einer zuvor bestehenden höheren Belastung mit Pensionsbeiträgen nicht hätten rechnen müssen. Sie haben aber weder behauptet noch vorgebracht, dass ihre pensionsrechtliche Situation im Rahmen des hier vorzunehmenden Systemvergleichs ursprünglich substantiell besser gewesen wäre, als sie insb vor Inkrafttreten des BB-PG 2000 für ÖBB-Bedienstete gewesen war. Auch dort konnte ursprünglich eine Pension schon nach 35 ruhegenussfähigen Dienstjahren mit einem Höchstausmaß von 83 % des Letztbezugs angetreten werden (vgl 9 ObA 139/02k ua; 8 ObA 44/12x). Nach den Verfahrensergebnissen verschlechterte sich diese Situation aber durch die Eingriffe des Gesetzgebers für die ÖBB-Bediensteten in vergleichbarer Weise wie für die hier betroffene AN-Gruppe der Bekl, zu denen die Kl gehören.

Ausgehend von der nach dem Vorbringen der Kl vorliegenden Parallelität ihrer Situation zu jener der ÖBB-Bediensteten – die auch der Intention des Gesetzgebers iSd § 553 Abs 8 ASVG entspricht – könnte daher die nach Billigkeitskriterien vorzunehmende Beurteilung der Frage, ob die durch die vertraglich vereinbarte Übernahme des ÖBB-Pensionsrechts bewirkte Schlechterstellung den Kl zumutbar war, selbst bei Anwendung des bei Eingriffen in Pensionsleistungen anzuwendenden strengen Maßstabs (RIS-Justiz RS0017784) zu keinem anderen Ergebnis führen, als der vom VfGH bereits vorgenommene Systemvergleich. Auf den Umstand, dass die Höhe des zu erwartenden Pensionsverlustes zwischen den Parteien in diesem Verfahren im Detail strittig ist, kommt es daher nicht an.

7.4 Die Kl haben geltend gemacht, dass es – anders als bei den ÖBB – keine wirtschaftlichen Argumente gebe, die eine derartige Verschlechterung für den betroffenen Kreis von weniger als 20 % der bei der Bekl beschäftigten AN rechtfertigen könnten. Die Bekl könne ihre Personalkosten auch durch andere Maßnahmen umsetzen, als in die Vertrauenslage von Mitarbeitern einzugreifen, die mehr als 35 Dienstjahre absolviert hätten.

Diese Argumente übergehen jedoch, dass im vorliegenden Fall kein einseitiger Eingriff der Bekl in die Pensionsansprüche der Kl vorliegt, sondern die Anwendung des ÖBB-Pensionsrechts, die bereits in der EDO vorgesehen war, nach deren Erlöschen einvernehmlich weiter gehandhabt und einzelvertraglich vereinbart wurde. Der Gesetzgeber regelte mit dem BB-PG 2000 das ursprünglich einzelvertraglich vereinbarte ÖBB-Pensionsrecht. Es entspricht seinem bereits dargelegten Willen, dass dieses Pensionsrecht auch für die hier betroffene AN-Gruppe gelten sollte (§ 553 Abs 8 ASVG). Vor diesem Hintergrund kommt es im konkreten Fall für die Frage der Zumutbarkeit auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Bekl nicht an.

8. Zur behaupteten Schlechterstellung der Kl im Vergleich zu Angestellten, die der DO.A unterliegen: [...]

9. [...]

Ausgehend davon, erweist sich aber zusammenfassend die Rechtssache im klageabweisenden Sinn bereits als entscheidungsreif, ohne dass es einer weiteren Verbreiterung der Tatsachengrundlage bedarf, sodass dem Rekurs der Bekl iSd Wiederherstellung des klageabweisenden Ersturteils stattzugeben war. [...]

ANMERKUNG

Die umfangreiche, viele Fragen ansprechende E betrifft eine Fallkonstellation, die wegen zahlreicher Sachverhaltselemente wohl einmalig ist. Deshalb ist bei der Verallgemeinerung der vom OGH gemachten Aussagen Vorsicht geboten. Hinsichtlich ihres Ergebnisses, das dem deutschrechtlichen Sprichwort „guter Tropfen, böser Tropfen“ entspricht, ist die E nachvollziehbar: AN, die von der Anbindung ihres Dienst- und Pensionsrechtes an jenes der ÖBB über Jahrzehnte profitiert und dessen vorteilige Änderungen immer problemlos akzeptiert haben, sollen sich nicht gegen dessen Verschlechterungen, die alle ÖBB-Bediensteten und ÖBB-PensionistInnen ebenso treffen, wehren können. Der OGH hat dies dogmatisch mit einer einzelvertraglichen Übertragung eines Gestaltungsrechtes an Dritte (zuerst die Betriebsparteien bei den ÖBB und dann die Gesetzgebung) begründet, den Inhalt eines nachwirkenden KollV abändern zu können. Dazu müssen mehrere Voraussetzungen zutreffen: Erstens muss der KollV auch einzelvertraglich gelten (Pkt 1) und zweitens muss dieser nachwirken (Pkt 2). Im konkreten Fall ist wegen der zahlreichen gesetzgeberischen Eingriffe aber fraglich, ob der Parteiwille die im Falle strittigen Änderungen trägt (Pkt 3). ME ist der individualarbeitsrechtliche Begründungsweg ohnedies entbehrlich, da die Änderungen der individuellen Rechtspositionen im konkreten Fall gesetzlich gedeckt sind (Pkt 4).

1.
Die einzelvertraglichen Vereinbarungen der Anwendung eines KollV

Im vorliegenden Fall unterliegen die vor dem 1.1.1996 eingetretenen AN eines Sozialversicherungsträgers einer als KollV zu qualifizierenden Dienstordnung (der EDO). Sie bestätigen bei Ein-272tritt, sich mit dieser vertraut gemacht zu haben und diese anzuerkennen. Diese Vorgangsweise ist in § 2 Abs 2 EDO sogar ausdrücklich vorgesehen: „Jeder Angestellte, auf den die Bestimmungen dieser Dienstordnung Anwendung finden, hat ihre Anerkennung eigenhändig zu bestätigen.“ Sie wäre wegen der normativen Wirkung des KollV eigentlich unnötig, bietet aber für den OGH den Ansatzpunkt, dass zumindest jene Bestimmungen des KollV, die wegen ihrer Nichtigkeit (dazu sogleich) nicht Inhalt des KollV sind und so normativ nicht gelten können, zumindest einzelvertraglich Wirkung entfalten sollen.

In der Praxis findet sich gar nicht so selten eine Bezugnahme auf einen KollV im schriftlichen Arbeitsvertrag, in § 2 Abs 2 Z 12 AVRAG ist ein derartiger Hinweis für den Dienstzettel sogar angeordnet. Es stellt sich daher die Frage, ob es sich bei so einer Bezugnahme um eine bloße Wissenserklärung handelt, dh einen Hinweis auf die normative Geltung eines KollV (so § 2 Abs 2 Z 12 AVRAG). Andererseits kann ein solcher Hinweis uU auch als Willenserklärung gedeutet werden, den Inhalt des genannten KollV (oder genauer der schriftlichen Kollektivvertragsurkunde) in jedem Fall auf vertraglicher Ebene gelten zu lassen. Hier stellt sich dann die Folgefrage, ob es ich um eine statische oder eine dynamische Verweisung handelt.

Eine bloße Wissenserklärung ist jedenfalls anzunehmen, wenn der Vertrag auf den „jeweils geltenden KollV“ uU mit einem Hinweis, dass dies „derzeit“ ein konkreter KollV ist, verweist (vgl Gerlach in

Gerlach/Risak/Schrank/Höfle
, Praxishandbuch Arbeitsvertragsgestaltung [2011] 127). Eine vertraglich vereinbarte Geltung ist hingegen dann anzunehmen, wenn die AN die Geltung des KollV bewusst vereinbaren. Ob auch spätere Änderungen Inhalt des Arbeitsvertrages werden sollen, ergibt sich dann einerseits aus dem Wortlaut der Verweisung (insb wenn eine sogenannte „Jeweils-Klausel“ vorliegt) oder aus deren Zweck. Damit stellt sich die Frage, was die Vertragsparteien mit der vertraglichen Vereinbarung eines KollV eigentlich beabsichtigen. Es können dies mE insb folgende Ziele sein:

  1. Die Parteien sind sich des Rechtscharakters des „KollV“ bzw der Rechtswirksamkeit einzelner Klauseln nicht sicher und wollen deshalb dessen bzw deren Geltung vertraglich absichern. Diesfalls ist von einer dynamischen Verweisung auszugehen.

  2. Die Parteien wollen die Geltung eines KollV vereinbaren, von dem sie wissen, dass er keine normative Wirkung für ihr Arbeitsverhältnis entfaltet. Auch in diesem Fall sollen Änderungen des KollV wohl idR auf den Vertrag durchschlagen.

  3. Der KollV soll auch auf einzelvertraglicher Ebene weitergelten, wenn die AG aus dessen Geltungsbereich ausscheiden. Es soll somit seine Weitergeltung abgesichert werden, wobei im Zweifel wohl auch von einer dynamischen Verweisung auszugehen ist.

  4. Die Parteien wollen sich gegen eine zukünftige Änderung eines normativ wirkenden KollV vertraglich absichern, was wegen des Günstigkeitsprinzips (§ 3 ArbVG) nur für Verschlechterungen funktioniert. Diesfalls verweisen die Parteien auf einen KollV in einer bestimmten Fassung, der so vertraglich „versteinert“ wird.

Im vorliegenden Fall ist nicht ganz klar, warum der Sozialversicherungsträger den KollV von den AN einzelvertraglich „anerkannt“ haben möchte. Sieht man die „Anerkennung“ wie der OGH als Vereinbarung einer vertraglichen Wirkung des KollV neben der normativen, dann liegt wohl eine dynamische Verweisung vor. Einzige praktische Auswirkung der „doppelten Kollektivvertragswirkung“ scheint dabei lediglich der Fall der Konversion zu sein; nämlich, dass eine als Kollektivvertragsbestimmung ungültige Regelung auf vertraglicher Ebene Wirkung entfalten kann. Dies ist der Fallgruppe 1 („vertragliche Geltung zur Sicherheit“) zuzuordnen.

2.
Die einzelvertraglichen Wirkung einer dynamischen Verweisung

Im vorliegenden Fall enthält die als KollV zu qualifizierende EDO, die auch als RL des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger gem § 31 Abs 5 ASVG (in der damaligen Fassung) in SozSi 1967, 174 kundgemacht wurde, eine dynamische Verweisungen auf das ÖBB-Dienstrecht. Hinsichtlich der Pensionen sieht § 132 Abs 1 EDO Folgendes vor: „Künftige Änderungen pensionsrechtlicher Bestimmungen für die Beamten der ÖBB – ausgenommen solcher über deren Geltungsbereich – gelten auch für die Angestellten (§ 100 Abs 1) sowie für Personen, die Leistungen nach diesem Pensionsrecht beanspruchen können, insoweit, als sie Bestimmungen betreffen, die in diesem Pensionsrecht inhaltlich gleich geregelt sind.

Derartige dynamische Verweisungen in einem KollV werden von der hA (Strasser in

Strasser/Jabornegg/Resch
, ArbVG-Komm § 2 Rz 13 mwN) als unzulässig angesehen. Begründet wird dies idR damit, dass die Kollektivvertragsparteien ihre eigene Regelungsbefugnis nicht ohne besondere gesetzliche Ermächtigung einfach weitergeben können. Der OGH (9 ObA 108/01z infas 2002 A 19) hat zwar diese restriktive Sicht für jene Fälle gelockert, in denen es um eine bloße Anknüpfung an das gesetzliche Pensionsalter ging (dazu Jabornegg, Grenzen der Gestaltungsmöglichkeiten durch Kollektivvertrag und Betriebsvereinbarung und deren gerichtliche Kontrolle, in
Jabornegg/Resch/Stoffels
, Vertragsgestaltung im Arbeitsrecht [2007] 17), ein solcher „bloßer Anknüpfungsfall“ liegt aber hier nicht vor.

Dass für die Parteien des Arbeitsvertrages – anders als für die von KollV und BV – eine dynamische Verweisung auf Gesetz oder einen KollV in der jeweils geltenden Fassung zulässig ist, ist hingegen unbestritten und in der Praxis auch überaus gängig. Damit wird der Gesetzgebung bzw den Kollektivvertragsparteien mittelbar das Recht eingeräumt, den Inhalt des Arbeitsvertrages abzuändern. Mittelbar ist die Einräumung deshalb, da die Gestaltungsberechtigten von dem ihnen eingeräumten Gestaltungsrecht zumeist gar nichts wissen. Auch273 wird idR weder das Gesetz noch der KollV auf das bzw den verwiesen wird, bewusst als Abänderung des Arbeitsvertrages erlassen bzw abgeschlossen. Der Arbeitsvertrag ist lediglich mit diesen Akten verknüpft, sie sollen als Blaupause auf den Arbeitsvertrag durchschlagen. Hinsichtlich der Prüfung der Gültigkeit der damit bewirkten Änderung des Arbeitsvertrages kommt es letztlich darauf an, ob sich die Änderungen im Rahmen dessen bewegen, was die Parteien sich erwartet haben, dh inwieweit die Änderungen vorhersehbar und somit vom Unterwerfungswillen gedeckt waren (dazu Risak, Einseitige Entgeltgestaltung [2008] 29).

Die Begründung des OGH zur Zulässigkeit der Abänderung bietet unter diesem Aspekt im Detail insb hinsichtlich der Frage, warum keine individuellen Maßstäbe für die „Ausübungskontrolle“ heranzuziehen sind, Raum für Kritik, die hier aber aus Platzgründen nicht weiter verfolgt werden kann.

Für die Dauer der Laufzeit des KollV hat die Koppelung des dem KollV ursprünglich entsprechenden Einzelvertragsinhaltes mit den Gestaltungsakten Dritter praktisch nur eine Wirkung zu Gunsten der AN. Jegliche Gestaltung Dritter kann ja nur vertraglich wirken, dh sie wird nicht Kollektivvertragsinhalt, da die Abänderung des KollV den Kollektivvertragsparteien vorbehalten ist und von diesen nicht übertragen werden kann. Damit besteht bei einer Änderung zu Gunsten der AN ein vertraglicher Anspruch, der günstiger als der des KollV ist und ihm nach § 3 ArbVG vorgeht. Bei einer verschlechternden Änderung der verwiesenen Norm ist dies nicht möglich, da die relativ zwingende Normwirkung des KollV die AN gegen derartige einzelvertragliche Änderungen schützt. Dies wäre nur dann anders, wenn die Kollektivvertragsparteien dem KollV in seiner Gesamtheit dispositive Wirkung zuerkennen (dazu Brodil/Risak/Wolf, Arbeitsrecht in Grundzügen8 [2014] Rz 139 mwN). Es muss dann aber jedenfalls aus dem Willen der Kollektivvertragsparteien hervorgehen, dass der KollV in jede Richtung hin von den Parteien des Arbeitsvertrages bzw von Dritten an die diese ein Gestaltungsrecht übertragen haben, abgeändert werden kann. Dafür bietet der Sachverhalt im vorliegenden Fall jedoch keine Ansatzpunkte.

Die Situation ändert sich jedoch schlagartig, wenn der KollV wie im vorliegenden Fall erlischt. Die dann eintretende Nachwirkung nach § 13 ArbVG wandelt nämlich die relativ zwingende Normwirkung in eine dispositive um. Dann können auch verschlechternde Änderungen auf vertraglicher Ebene die kollektivvertragliche Rechtsposition umgestalten. Damit kann sich die Situation der AN im Falle der Nachwirkung auch zu deren Ungunsten verändern. Dies ist Folge der abgeschwächten Normwirkung bei der Nachwirkung und fügt sich zwanglos ins gesetzgeberische Konzept ein.

3.
Zur Reichweite der Unterwerfung im konkreten Fall

Eine Besonderheit im vorliegenden Fall ist weiter, dass sich die „Dritten“, denen das Recht zur Abänderung des vertraglich wirkenden KollV übertragen wurde, und das dabei einzuhaltende Verfahren im Laufe der Zeit ändern: Das hier strittige Pensionsrecht der Bundesbahnbediensteten war ursprünglich in der Bundesbahn-Pensionsordnung 1966 (BB-PO) geregelt. Die BB-PO war, wie alle anderen für die Gestaltung des Dienstverhältnisses von ÖBB-Bediensteten maßgeblichen Vorschriften (VfGHB 550/90 VfSlg 12.371 mwN; OGH9 ObA 290/94 Arb 11.316) trotz ihrer Verlautbarung im BGBl kein Gesetz, sondern eine ausschließlich nach Privatrecht zu beurteilende Vertragsgrundlage für Einzeldienstverträge (Gerlach/Somek, Bundesbahn- Pensionsgesetz: Der enteignete Dienstnehmer, DRdA 2002, 110). Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang, dass die bei der ÖBB geltende Personalvertretungsvorschrift in § 1 vorsah, dass alle Personalangelegenheiten und Fragen sozialer und wirtschaftlicher Natur zur Wahrung und Förderung der Interessen der aktiven und der im Ruhestand befindlichen Bediensteten der ÖBB im gegenseitigen Einvernehmen zwischen der Dienststelle und den Personalvertretungen zu regeln sind (dazu Gerlach/Somek, DRdA 2001, 110). Obwohl Mitbestimmung bei der ÖBB mit dem BG über die Bahn-Betriebsverfassung (BBVG, BGBl I 1997/66) in der Folge sondergesetzlich in Richtung des betriebsverfassungsrechtlichen Teils des ArbVG geändert wurde, sollten bestehende Regelungen zwischen Unternehmensleitung und Personalvertretung, in denen Mitwirkungsrechte der Personalvertretung vorgesehen sind, bis zu einer allfälligen Abänderung, die in Form einer BV zu erfolgen hat, gem § 69 Abs 2 BBVG weitergelten. Damit war die Abänderung des ÖBB-Pensionsrechts weiterhin nur mit Zustimmung der Personalvertretung möglich. Die danach erfolgte Aufhebung des BBVG mit dem BundesbahnstrukturG 2003 (BGBl I 2003/138), die die über das ArbVG hinausgehenden Mitwirkungsrechte – auf was für eine Rechtsgrundlage auch immer sie gestützt sein mögen – dann beseitigen sollte (ErläutRV 311 BlgNR 22. GP 32), ist für den vorliegenden Fall nicht mehr relevant, da davor in die vertragliche ÖBB-Pensionsregelung durch Gesetz eingegriffen wurde.

Mit dem PensionsreformG 2001 (BGBl I 2001/86) wurde nämlich die einzelvertraglich begründete Pensionsregelung der ÖBB-Bediensteten auf eine gesetzliche umgestellt. Sie ist seitdem im BB-PG gesetzlich geregelt. Damit wurde der Mechanismus der Abänderung des Pensionsrechts bewusst grundlegend umgestellt: Konnte dieses davor iSd Konsensprinzips nur im Einvernehmen mit der Personalvertretung geändert werden, kommt es nunmehr nur noch auf eine Mehrheit im Parlament an. Die Absicherung der Interessen der AN bzw PensionistInnen wurde so reduziert, was auch ja auch der Zweck der „Vergesetzlichung“ war. Dieser Eingriff wurde auch massiv kritisiert, aber letztlich vom VfGH gut geheißen (VfGHG 298/02DRdA 2004/38 [krit Jabornegg/Resch]).

Fraglich ist freilich, ob die dynamische Verweisung auf die durch das Konsensprinzip gegen Verschlechterung doch recht gut abgesicherten Regelungen des vertraglichen ÖBB-Pensionsregimes auch eine dem Mehrheitsprinzip unterliegende gesetzliche274 Regelung umfasst. MaW: Kann angenommen werden, dass es den Parteien – insb den einzelnen AN – egal war, ob die Abänderung im Einvernehmen mit der Personalvertretung zustande kommen muss oder ob dies nur eine einfache Mehrheit im Parlament benötigt? Es spricht mE vieles dafür, dass dem nicht so ist. Der OGH ist aA unter Berufung darauf, dass das Sachlichkeitsgebot der Gesetzgebung die AN vor unzumutbaren Änderungen schütze und es auf die Vorhersehbarkeit des Austausches der Gestaltungsberechtigten nicht ankomme.

4.
Ergebnis: Gesetzlicher Eingriff

Unter der hier vertretenen Prämisse, dass die Abänderung vertraglich nicht gedeckt ist, ist nun die vom OGH in der E unter Pkt 3.3. aufgeworfene, aber nicht „abschließend beantwortete“ Frage der Rechtswirkungen der Übergangsbestimmung des § 553 Abs 8 ASVG wieder von Relevanz. Der Gerichtshof führt ja selbst aus, dass „mit gutem Grund vertreten werden [könne], dass § 553 Abs 8 ASVG insofern eine lex specialis zu § 13 ArbVG darstellt, als diese Bestimmung selbst die Überleitung der früheren kollektivvertraglichen Bestimmungen der EDO in das für die Bediensteten der ÖBB geltende Recht regelt.“ Dies wird insb mit dem Wortlaut des letzten Satzes von § 553 Abs 8 ASVG begründet und mE durch den telos des PensionsreformG 2001 bestärkt, die ÖBB-Pensionen einem anderen, nämlich einem gesetzlichen und damit nicht auf den Konsens der Personalvertretung angewiesenen Regelungsmechanismus zu unterwerfen. Dass dabei ein Residuum an privilegierten Beschäftigten bei der VAB verbleiben soll, die einem „versteinerten“ ÖBB-Pensionsregime unterliegen, ist nicht nachzuvollziehen. ME hätte die E daher besser mit dem Eingriff der Gesetzgebung und nicht mit einem sehr weit verstandenen, in Details komplexe Rechtsfragen aufwerfenden Unterwerfungsakt der betroffenen AN begründet werden sollen.