Burger-Ehrnhofer/DrsBeendigung von Arbeitsverhältnissen – Arten, Ansprüche und Rechtsfolgen

Verlag Österreich, Wien 2014, 461 Seiten, broschiert, € 69,–

BARBARATROST (LINZ)

Zwei Autorinnen widmen sich einem ehrgeizigen Vorhaben – und hunderte Interessierte warten mit Spannung auf das Ergebnis! Ist es tatsächlich möglich, das gesamte Recht der Beendigung von Arbeitsverhältnissen auf 439 Seiten abzuhandeln? Die Frage erscheint berechtigt, wenn man bedenkt, dass im Verlauf des vergangenen Jahrhunderts über jeden Mikrokosmos dieses Themenbereichs jeweils hunderte von Seiten geschrieben wurden. Die hohe Kunst war daher, das Vorhandene auf diesem knappen Raum zusammenzufassen und dennoch verständlich zu bleiben. Und in der Tat: Es ist gelungen! Natürlich ist das Gelingen eines jeden Projekts nicht nur nach objektiven Kriterien zu messen, sondern auch nach der subjektiv definierten Zielsetzung. Bei einem Buch wird letztere meist im Vorwort von AutorInnen festgelegt. Im Folgenden sollen daher die erwähnten Aspekte im Detail beleuchtet werden: Inhalt und Qualität des Werks an sich, und die Frage, ob das selbst gesteckte Ziel für den anvisierten LeserInnenkreis erfüllt werden kann.

Zum Inhalt ist zunächst anzumerken, dass die Fülle der aufgenommenen Einzelthemen keine Wünsche offen lässt. Alle Arten der Beendigung von Arbeitsverhältnissen sind erfasst, dh neben Kündigung, Entlassung und Austritt finden auch Rücktritt vom Vertrag, einvernehmliche Auflösung und selbst die Beendigung kraft Gesetzes Raum. Übersichtlich und ausführlich dargestellt sind die beendigungsabhängigen Ansprüche, ebenso wie die wesentlichsten Eckpunkte von allgemeinem, besonderem und individuellem Kündigungsund Entlassungsschutz.

Den Bedürfnissen der Praxis durchaus entsprechend, hält sich die Darstellung nicht mit wissenschaftlichen Auseinandersetzungen auf. Literaturzitate beschränken sich daher in weitem Umfang auf praxisorientierte Kommentare. Das ist gut so, weil für diese Art der stringenten Erfassung eines so großen Themas das Herausbrechen einzelner Details aus wissenschaftlichen Diskussionen oder größeren Untersuchungen eher verwirrend oder sogar irreführend wäre. Eines der wenigen Beispiele, wo dieses sonst so konsequent durchgehaltene Prinzip durchbrochen wurde (FN 1455), zeigt diese negative Auswirkung, wenn etwa hier der Eindruck entsteht, jede ehrenamtliche Nebentätigkeit könne nach § 121 Abs 1 Z 4 ArbVG den Kündigungstatbestand verwirklichen, wohingegen im naturgemäß ausführlicherem Originalzitat deutlich darauf hingewiesen wird, dass eben von dem im Gesetz geforderten „Nebengeschäft“ nicht abstrahiert werden dürfe. Gerade solche winzigen Kleinigkeiten zeigen umso deutlicher, wie gut sich der im Übrigen praktizierte Weg der Restriktion auf die Kernaussagen der eher praxisorientierten Literatur bewährt.

Dicht an den Alltagsbedürfnissen der RechtsanwenderInnen im Wirtschafts- und Arbeitsleben bewegt sich vor allem auch der Umgang mit der Rsp. Höchstgerichtliche Entscheidungen finden sich zum Beleg der Aussagen in großer Fülle. Entscheidungen von Unterinstanzen sind nicht vollständig ausgespart und werden vor allem zur Untermauerung von Abgrenzungsbeispielen herangezogen (zB FN 128, 515), was ohne nähere Erläuterung mitunter bei Einzelentscheidungen eines ASG in der Verkürzung problematisch erscheinen mag (vgl FN 510), wenn zB als Quintessenz „häufige und ausgedehnte Rauchpausen“ eines/einer AN ohne weitere Präzisierung als Entlassungsgrund des unbefugten Verlassens der Arbeit übrig bleiben. Ein genauerer Blick auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalls wäre hier durchaus ganz nützlich, weil sich doch der Fall anders darstellt, je nachdem, ob die/der AG ein solches Verhalten vorher geduldet hat oder nicht, das Verhalten betriebsüblich ist, oder ob umgekehrt bereits ausdrücklich auf die Einhaltung von Arbeitszeit und Pausen hingewiesen oder die/der betreffende AN bereits mehrfach abgemahnt wurde. Gerade an solchen Stellen zeigen sich die Tücken des Systems: Wollte man eben mit Präzision und Detailtreue weg von den formelhaften Entscheidungssentenzen hin zu den Feinschattierungen der jeweiligen Sachverhalte, würde man zwar der Richtigkeit künftiger Entscheidungen gute Dienste erweisen, den Rahmen der 439 Seiten aber um ein Mehrfaches sprengen. Gleiches gilt selbstverständlich auch für die Art des Umgangs mit kontroversiell diskutierter Judikatur. Dem erklärten Ziel gemäß darf naturgemäß in dieser Darstellung solchen Auseinandersetzungen kein Raum geboten werden. Rezensierte Entscheidungen sind durch Beifügung des AutorInnennamens in Klammer als besprochen gekennzeichnet, wobei aber auf ergänzende Bezeichnung der Rezension als „kritisch“, „ablehnend“ oder „zustimmend“ bewusst verzichtet wurde. Überhaupt sind Entscheidung und Besprechung im Zitat hier als Paket zu betrachten, wobei der klare Blick auf das Ergebnis nicht durch eine allzu scharfe Trennung in OGH-Meinung und RezensentInnen-Meinungen getrübt wird. Wenn am Ende das inhaltlich richtige Ergebnis wiedergegeben wird, spielt es in der Tat für eine positive Weiterentwicklung in der Praxis wenig Rolle, ob dieses nun im Einzelfall vom OGH oder von der/dem RezensentIn stammt (wie zB bei FN 82 auf S 25).

Hinweise, Beispiele und Praxistipps in hervorgehobenen Fenstern lockern nicht nur den Text und erleichtern die Lesbarkeit; diese Einschübe machen die jeweilige Thematik auch für AnwenderInnen, die mit der Materie wenig vertraut sind, schnell greifbar, weil hier zielsicher solche Probleme in den Vordergrund gerückt werden, die jeder Mensch aus dem Arbeitsleben kennt. Wunderbar übersichtlich und leicht verständlich sind die grafischen Problemdarstellungen, wie zB die Zeitlisten zu den Ansprüchen bei Schwangerschaft (S 222) sowie Tabellen (vgl hier etwa zu den beendigungsabhängigen Ansprüchen ab S 255) und Prüfschemata (zB ab S 262).

Die offenbar hauptsächlich verfolgte Absicht, einen praxis orientierten Ratgeber für AG zu schaffen, zeigt sich vor allem in den Kapiteln 15.3 und 15.4. Unter289 den Titeln „Die ‚günstigste‘ Beendigungsart aus der Sicht des Arbeitgebers“ und „Die ‚ungünstigste‘ Beendigungsart aus der Sicht des Arbeitgebers“ werden zB die Vorzüge des unberechtigten vorzeitigen Austritts und die Nachteile der unberechtigten Entlassung (jeweils für die/den AG) noch einmal überblicksartig aufgelistet. AG seien an dieser Stelle davor gewarnt, sich nur an diesen Kapiteln ohne entsprechenden Kontext zu orientieren. Selbstverständlich geht an anderen Stellen des Buches sehr deutlich hervor, dass man sich eben als AG einen unberechtigten Austritt einer/eines AN nicht bestellen, sondern allenfalls wünschen kann. Wer es auf diese „günstigste“ Beendigungsart anlegt, indem sie/er zB der/dem AN absichtlich das Leben im Betrieb recht schwer macht, läuft durchaus Gefahr, einen Austrittsgrund zu setzen (so ausführlich S 115 ff). Ein Verweis auf diesen Aspekt wäre im Kontext mit der Anpreisung der „günstigsten“ Beendigungsart im Interesse der hauptsächlich angesprochenen AG ganz nützlich gewesen.

Damit gelangt man schlussendlich bereits zu der Frage nach Wert und Nutzen des vorliegenden Buches, bezogen auf den damit beabsichtigten Zweck. Nicht nur aus dem Vorwort der AutorInnen, sondern durchgängig aus dem Inhalt wird deutlich, dass hier beabsichtigt war, die Beendigung von Arbeitsverhältnissen insb von der Kostenseite her zu betrachten, um PraktikerInnen aus dem Kreis der AG eine Entscheidungshilfe zu bieten. In der Tat wurden hier die Voraussetzungen geschaffen, um sich rasch die wesentlichsten Eckpunkte der Materie anzueignen und in weitem Umfang zielsicher das Beendigungsrecht im Alltag anzuwenden. Was die Faktendarstellung anbelangt, kann das Buch sicher auch für die zweite Zielgruppe, die Studierenden, verwendet werden, soweit sie sich tatsächlich nur in die Materie „einarbeiten möchten“ (siehe VI). Ein gewisser Vorbehalt drängt sich hier insofern auf, als es für Studierende unumgänglich ist, das Beendigungsrecht auch von der AN- und nicht nur von der Kostenseite her kennenzulernen. Mit der Maßgabe einer solchen Ergänzung ist hier im Übrigen auch für den Studienbetrieb eine äußerst gelungene Lerngrundlage geschaffen worden. Einem weiteren Zweck sollte das Buch aber darüber hinaus auch noch dienen: Auch AN und deren Vertretungen sollten sich wichtige Tipps und Hinweise daraus holen, denn es kann für die Einschätzung der eigenen Situation und das Treffen richtiger Entscheidungen von großem Nutzen sein, wenn man sich auch mit den Kostenüberlegungen der anderen Seite auseinandersetzt.