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Altersdiskriminierung bei der Bestimmung des Vorrückungsstichtages

WALTERSCHRAMMEL (WIEN)
Art 21 GRC; Art 2 Abs 2, Art 6 RL 2000/78/EG; §§ 8, 12 und 113 GehG
  1. Art 2 Abs 1 und 2 Buchst a und Art 6 Abs 1 der RL 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, wonach zur Beendigung einer Diskriminierung wegen des Alters Schulzeiten und Zeiten der Berufserfahrung, die vor Vollendung des 18. Lebensjahrs zurückgelegt wurden, berücksichtigt werden, aber für die von dieser Diskriminierung betroffenen Beamten zugleich eine Verlängerung des für die Vorrückung von der jeweils ersten in die jeweils zweite Gehaltsstufe jeder Verwendungs- bzw Entlohnungsgruppe erforderlichen Zeitraums um drei Jahre eingeführt wird.

  2. Die Art 9 und 16 der RL 2000/78 sind dahin auszulegen, dass ein Beamter, der durch die Art der Festsetzung seines Vorrückungsstichtags eine Diskriminierung wegen des Alters erlitten hat, die Möglichkeit haben muss, unter Berufung auf Art 2 der RL 2000/78 die diskriminierenden Wirkungen der Verlängerung der Vorrückungszeiträume anzufechten, auch wenn dieser Stichtag auf seinen Antrag hin neu festgesetzt wurde.

Die vorliegende E betrifft die Auslegung des Art 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) und der Art 2, 6 Abs 1 und 16 der RL 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Ver-232wirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl L 303, S 16). Die E ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Schmitzer und der Bundesministerin für Inneres wegen der Rechtmäßigkeit des beamtenrechtlichen Besoldungssystems, das der österreichische Gesetzgeber erlassen hat, um eine Diskriminierung wegen des Alters abzustellen.

Herr Schmitzer war Beamter im BM für Inneres. Am 22.1.2013 beantragte er die Neufestsetzung seines Vorrückungsstichtags, damit vor Vollendung des 18. Lebensjahrs zurückgelegte Schulzeiten und Zeiten der Berufserfahrung iSd geltenden nationalen Rechts einbezogen werden. Während das zum Zeitpunkt seiner Einstellung geltende Recht eine Berücksichtigung dieser Zeiten nicht zuließ, war dies nach § 113 GehG in der durch das BG BGBl I 2010/82BGBl I 2010/82(Reformgesetz) geänderten Fassung erlaubt.

Mit Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 28.1.2013 wurde der neue Vorrückungsstichtag entsprechend dem Antrag von Herrn Schmitzer mit dem 1.7.1975 festgesetzt. In der Begründung dieses Bescheids wurde ausgeführt, dass nach dem für Herrn Schmitzer geltenden Besoldungssystem auch § 8 GehG in der durch das Reformgesetz geänderten Fassung zur Anwendung komme, wonach die Vorrückung in die Gehaltsstufe 2 nach einem Zeitraum von fünf Jahren in Gehaltsstufe 1 erfolge.

Mit Antrag vom 26.2.2013 begehrte Herr Schmitzer die Neufestsetzung seiner besoldungsrechtlichen Stellung gem § 8 GehG in der vor dem Reformgesetz geltenden Fassung, um in den Genuss einer zweijährigen Vorrückung ab dem neuen Vorrückungsstichtag zu gelangen.

Am 4.4.2013 wurde dieser Antrag von der Bundesministerin für Inneres abgewiesen. Gegen diesen Bescheid erhob Herr Schmitzer Beschwerde beim VwGH. Dieser warf die Frage auf, ob eine Gesetzesänderung, die eine neue Methode zur diskriminierungsfreien Festsetzung des Vorrückungsstichtags für Beamte einführe, zugleich die Verlängerung der für eine Vorrückung in die nächste Gehaltsstufe erforderlichen Zeiträume vorsehen könne. Er stellte die Frage, ob eine solche Verlängerung mit dem Unionsrecht vereinbar sei, da sie nur Beamte betreffe, die eine Neufestsetzung ihres Vorrückungsstichtags und ihrer besoldungsrechtlichen Stellung beantragten, nicht aber diejenigen, die keinen solchen Antrag stellten oder bei denen die Änderung dieses Stichtags nicht von Bedeutung sei.

Unter diesen Umständen hat der VwGH beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1. Stellt es – vorerst unbeschadet des Art 52 Abs 1 der Charta und des Art 6 der RL 2000/78 – eine (unmittelbare) Ungleichbehandlung auf Grund des Alters im Verständnis des Art 21 der Charta bzw des Art 2 Abs 1 und Abs 2 Buchst a dieser RL dar, wenn aus Anlass der Einführung eines diskriminierungsfreien Systems der Gehaltsvorrückung für Neubeamte ein nach der Altrechtslage (durch Ausschluss der Anrechenbarkeit von vor der Vollendung des 18. Lebensjahres gelegenen Zeiten für die Vorrückung) diskriminierter Altbeamter zwar durch Antragstellung in das neue System optieren und hiedurch einen diskriminierungsfrei errechneten Vorrückungsstichtag erlangen kann, die Bewilligung eines solchen Antrages aber nach innerstaatlichem Recht bewirkt, dass sich auf Grund der im Neusystem vorgesehenen langsameren Vorrückung seine besoldungsrechtliche Stellung (und damit letztlich das ihm gebührende Gehalt) trotz Verbesserung des Vorrückungsstichtages nicht in dem Ausmaß verbessert, dass er die gleiche besoldungsrechtliche Stellung erlangt wie ein nach der Altrechtslage in diskriminierender Weise begünstigter Altbeamter (der vergleichbare Zeiten zwar nicht vor, wohl aber nach dem 18. Lebensjahr aufzuweisen hat, welche ihm nach der Altrechtslage bereits angerechnet wurden), welcher sich nicht veranlasst sieht, in das Neusystem zu optieren?

2. Bejahendenfalls, kann sich ein Beamter – bei Fehlen einer Rechtfertigung im Verständnis des Art 52 Abs 1 der Charta bzw des Art 6 der RL 2000/78 (siehe dazu insb die folgende Frage 3) – auf eine unmittelbare Anwendbarkeit des Art 21 der Charta bzw des Art 2 der RL in einem Verfahren zur Feststellung der besoldungsrechtlichen Stellung auch dann berufen, wenn er zuvor schon durch entsprechende Antragstellung eine Verbesserung des Vorrückungsstichtages im Neusystem erlangt hat?

3. Bei Bejahung der Frage 1 ist eine anlässlich der Einführung eines diskriminierungsfreien Systems für Neubeamte weiterhin aufrechterhaltene Unterscheidung bezüglich ihrer besoldungsrechtlichen Stellung zwischen nicht optierenden begünstigten Altbeamten einerseits und trotz Option weiterhin benachteiligten Altbeamten andererseits im Verständnis des Art 52 Abs 1 der Charta bzw des Art 6 der RL als Übergangsphänomen aus den Gründen der Verwaltungsökonomie und der Besitzstandwahrung bzw des Vertrauensschutzes gerechtfertigt, auch wenn

  1. der innerstaatliche Gesetzgeber bei der Regelung des Vorrückungssystems nicht an die Zustimmung von Tarifvertragspartnern gebunden ist und sich lediglich innerhalb der grundrechtlichen Grenzen des Vertrauensschutzes bewegen muss, welcher eine vollständige Besitzstandwahrung iSd gänzlichen Beibehaltung des Altsystems für nicht optierende begünstigte Altbeamte nicht erfordert;

  2. es dem innerstaatlichen Gesetzgeber in diesem Zusammenhang auch freigestanden wäre, die Gleichheit unter den Altbeamten durch Anrechnung von Zeiten auch vor dem 18. Lebensjahr unter Beibehaltung der alten Vorrückungsregeln für bisher diskriminierte Altbeamte herzustellen;

  3. der damit verbundene Verwaltungsaufwand auf Grund der zu erwartenden großen Zahl der Anträge zwar beträchtlich wäre, aber von seinen Kosten her die Gesamthöhe der den benachteiligten Beamten im Vergleich mit den begünstigten Beamten entgangenen und in Zukunft entgehenden Bezüge nicht annähernd erreicht;

  4. die Übergangsperiode des Fortbestandes der Ungleichbehandlung zwischen Altbeamten viele Jahrzehnte dauern und auch für sehr lange Zeit (infolge des grundsätzlichen „Aufnahmestopps“ für Neubeamte im öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis) die weit überwiegende Mehrheit aller Beamten betreffen wird;

  5. eine rückwirkende Einführung des Systems erfolgte, welche zu Lasten des Beamten in die unter233 Berücksichtigung des Anwendungsvorrangs des Unionsrechtes jedenfalls zwischen 1.1.2004 und 30.8.2010 zu vollziehende für den Beamten günstigere Rechtslage, deren Anwendung der Beamte auf seinen Fall auch schon vor Herausgabe der Novelle beantragt hatte, eingriff?

4. Für den Fall der Verneinung der Fragen 1 oder 2 oder der Bejahung der Frage 3:

  1. Stellt eine gesetzliche Regelung, die für Beschäftigungszeiten am Beginn der Karriere einen längeren Vorrückungszeitraum vorsieht und die Vorrückung in die nächste Gehaltsstufe daher erschwert, eine mittelbare Ungleichbehandlung aus Gründen des Alters dar?

  2. Bejahendenfalls ist sie mit Rücksicht auf die geringe Berufserfahrung am Beginn der Karriere angemessen und erforderlich?

5. Für den Fall der Bejahung der Frage 3:

  1. Stellt eine gesetzliche Regelung, die „sonstige Zeiten“, auch wenn sie weder der schulischen Ausbildung noch der Sammlung von Berufserfahrung dienten, bis zu 3 Jahren zur Gänze und bis zu weiteren 3 Jahren zur Hälfte anrechnet, eine Diskriminierung nach dem Alter dar?

  2. Bejahendenfalls ist sie gerechtfertigt, um eine Verschlechterung der besoldungsrechtlichen Stellung für jene Beamte (offenbar gemeint: auch für Neubeamte), die nicht über entsprechende anrechenbare Zeiten vor dem vollendeten 18. Lebensjahr verfügen, zu vermeiden, obwohl sich die Anrechenbarkeit auch auf sonstige Zeiten nach dem vollendeten 18. Lebensjahr bezieht?

6. Bei Bejahung der Fragen 4 a und Verneinung von 4 b und gleichzeitiger Bejahung der Frage 3 oder bei Bejahung der Frage 5 a und Verneinung von 5 b:

Haben die dann vorliegenden diskriminierenden Merkmale der Neuregelung zur Folge, dass die Ungleichbehandlung in Bezug auf Altbeamte als Übergangsphänomen nicht mehr gerechtfertigt ist? Entscheidungsgründe des EuGH:

[...]

Zu den Vorlagefragen

Vorbemerkungen

Mit seinen Vorlagefragen ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof um die Auslegung des in Art 21 der Charta verankerten und durch die RL 2000/78 konkretisierten Verbots der Diskriminierung wegen des Alters. Nach der Rsp des Gerichtshofs müssen die Mitgliedstaaten, wenn sie Maßnahmen treffen, die in den Geltungsbereich der RL 2000/78 fallen, mit der für den Bereich der Beschäftigung und des Berufs das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters konkretisiert wird, unter Beachtung dieser RL vorgehen (vgl in diesem Sinne Urteile Prigge ua, C-447/09, EU:C:2011:573, Rn 48, und Tyrolean Airways Tiroler Luftfahrt, C-132/11, EU:C:2012:329, Rn 22). Unter diesen Umständen sind die im Rahmen eines Rechtsstreits wie dem Ausgangsverfahren, der zwischen einem Einzelnen und einer nationalen Verwaltung geführt wird, vorgelegten Fragen nur anhand der RL 2000/78 zu prüfen.

Zur ersten und zur dritten Frage

Mit seiner ersten und seiner dritten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art 2 Abs 1 und 2 Buchst a und Art 6 Abs 1 der RL 2000/78 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, wonach zur Beendigung einer Diskriminierung wegen des Alters Schulzeiten und Zeiten der Berufserfahrung, die vor Vollendung des 18. Lebensjahrs zurückgelegt wurden, berücksichtigt werden, aber für die von dieser Diskriminierung betroffenen Beamten zugleich eine Verlängerung des für die Vorrückung von der jeweils ersten in die jeweils zweite Gehaltsstufe jeder Verwendungs- bzw Entlohnungsgruppe erforderlichen Zeitraums um drei Jahre eingeführt wird.

In einem ersten Schritt ist zu untersuchen, ob die fragliche nationale Regelung eine Ungleichbehandlung iS von Art 2 Abs 1 der RL 2000/78 enthält. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift bedeutet „Gleichbehandlungsgrundsatz“, dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen eines der in Art 1 der RL genannten Gründe geben darf. Nach Art 2 Abs 2 Buchst a der RL liegt eine unmittelbare Diskriminierung iSd Abs 1 vor, wenn eine Person wegen eines der in ihrem Art 1 genannten Gründe in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person.

Im Ausgangsverfahren sind die für die Zwecke dieses Vergleichs maßgeblichen Personengruppen auf der einen Seite die Beamten, die Berufserfahrung, sei es auch nur teilweise, vor Vollendung des 18. Lebensjahrs erworben haben (im Folgenden: vom früheren System benachteiligte Beamte), und auf der anderen Seite die Beamten, die nach Vollendung des 18. Lebensjahrs eine gleichartige Berufserfahrung in vergleichbarem zeitlichem Umfang erworben haben (im Folgenden: vom früheren System begünstigte Beamte).

Entgegen dem Vorbringen der österreichischen Regierung lässt der Umstand, dass einige Beamte darauf verzichtet haben, sich auf § 12 Abs 1 GehG in der durch das Reformgesetz geänderten Fassung zu berufen, und dadurch weiterhin dem zuvor geltenden System unterliegen, die Maßgeblichkeit dieser Gruppen für den fraglichen Vergleich unberührt.

Zum Vorliegen einer Ungleichbehandlung dieser beiden Gruppen von Beamten geht aus der dem Gerichtshof vorliegenden Akte hervor, dass der österreichische Gesetzgeber im Anschluss an das Urteil Hütter (EU:C:2009:381) § 12 Abs 1 GehG mit dem Reformgesetz geändert und ein Besoldungs- und Vorrückungssystem eingeführt hat, das es ermöglicht, bei der Festsetzung des Vorrückungsstichtags die gesamte Berufserfahrung der AN zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob sie vor oder nach Vollendung des 18. Lebensjahrs erworben wurde. Wie das vorlegende Gericht ausgeführt hat, wird der Vorrückungsstichtag künftig ohne Diskriminierung wegen des Alters bestimmt.

Gleichwohl ist zu prüfen, ob die beiden Beamtengruppen nach dem Reformgesetz weiterhin unterschiedlich behandelt werden.

Dazu ist festzustellen, dass die vom früheren System benachteiligten Beamten, die unter Berufung auf § 113 Abs 10 GehG in der durch das Reformgesetz geänderten Fassung die Berücksichtigung der vor Vollendung ihres 18. Lebensjahrs erworbenen Zeiten beantragen, § 8 Abs 1 GehG in der durch das Reformgesetz geänderten Fassung unterliegen, der eine Vorrückung von der ersten in die zweite234 Gehaltsstufe erst nach fünf Jahren vorsieht, während das vor dem Reformgesetz geltende System diese Vorrückung nach Ablauf von zwei Jahren vorsah.

Hingegen wird der Vorrückungsstichtag der vom früheren System begünstigten Beamten nach § 113 Abs 11 GehG in der durch das Reformgesetz geänderten Fassung nur auf Antrag geändert, zu dessen Stellung diese Beamten aber – wie das vorlegende Gericht ausführt – keinerlei Veranlassung haben. Für sie gilt daher im Gegensatz zu den vom früheren System benachteiligten Beamten, die einen solchen Antrag gestellt haben, die Verlängerung des für die Vorrückung von der ersten in die zweite Gehaltsstufe erforderlichen Zeitraums um drei Jahre nicht.

Somit hat der österreichische Gesetzgeber durch den Erlass von § 8 Abs 1 GehG in der durch das Reformgesetz geänderten Fassung eine Bestimmung eingeführt, nach der die vom früheren System benachteiligten Beamten und die von diesem System begünstigten Beamten in Bezug auf ihre besoldungsrechtliche Stellung und das entsprechende Gehalt weiterhin unterschiedlich behandelt werden.

Dadurch neutralisiert die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung nicht nur den Vorteil, der sich aus der Berücksichtigung der vor Vollendung des 18. Lebensjahrs zurückgelegten Schulzeiten und Zeiten der Berufserfahrung ergibt, sondern benachteiligt auch allein die vom früheren System benachteiligten Beamten, da die Verlängerung des Vorrückungszeitraums nur für sie gelten kann. Somit wurden die nachteiligen Folgen des vor dem Reformgesetz geltenden Systems in Bezug auf diese Beamten nicht vollständig beseitigt.

Da die Verlängerung des für die Vorrückung von der ersten in die zweite Gehaltsstufe erforderlichen Zeitraums um drei Jahre nur für Beamte gilt, die Zeiten vor Vollendung des 18. Lebensjahrs zurückgelegt haben, ist festzustellen, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung eine unmittelbar auf dem Alter beruhende Ungleichbehandlung iS von Art 2 Abs 2 Buchst a der RL 2000/78 enthält.

In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob diese Ungleichbehandlung gerechtfertigt werden kann.

Nach Art 6 Abs 1 Unterabs 1 der RL 2000/78 können die Mitgliedstaaten nämlich vorsehen, dass eine Ungleichbehandlung wegen des Alters keine Diskriminierung darstellt, sofern sie objektiv und angemessen ist und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insb rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.

Der Gerichtshof hat wiederholt entschieden, dass die Mitgliedstaaten nicht nur bei der Entscheidung darüber, welches konkrete Ziel von mehreren sie im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik verfolgen wollen, sondern auch bei der Festlegung der zu seiner Erreichung geeigneten Maßnahmen über ein weites Ermessen verfügen (Urteil Specht ua, C-501/12 bis C-506/12, C-540/12 und C-541/12, EU:C:2014:2005, Rn 46 und die dort angeführte Rsp).

Nach den Angaben des vorlegenden Gerichts soll die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung vor allem ein diskriminierungsfreies Besoldungs- und Vorrückungssystem schaffen. Im Rahmen des Reformgesetzes werden mit den Vorschriften, nach denen die Neufestsetzung der Vorrückungsstichtage auf Antrag der Betroffenen erfolgt, und den Vorschriften über die Verlängerung der Vorrückungszeiträume Ziele der Verwaltungsökonomie, der Besitzstandwahrung und des Vertrauensschutzes verfolgt. Die österreichische Regierung hebt außerdem hervor, dass dem Erlass des Reformgesetzes Haushaltserwägungen zugrunde gelegen seien.

Zum Ziel der budgetären Ausgeglichenheit der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Regelung ist darauf hinzuweisen, dass das Unionsrecht die Mitgliedstaaten nicht daran hindert, neben politischen, sozialen oder demografischen Erwägungen auch Haushaltserwägungen zu berücksichtigen, sofern sie dabei insb das allgemeine Verbot der Diskriminierung wegen des Alters beachten. Insoweit können Haushaltserwägungen zwar den sozialpolitischen Entscheidungen eines Mitgliedstaats zugrunde liegen und die Art oder das Ausmaß der von ihm zu treffenden sozialen Schutzmaßnahmen beeinflussen, für sich allein aber kein legitimes Ziel iSd Art 6 Abs 1 der RL 2000/78 darstellen (Urteil Fuchs und Köhler, C-159/10 und C-160/10, EU:C:2011:508, Rn 73 und 74). Das Gleiche gilt für die vom vorlegenden Gericht angeführten administrativen Erwägungen.

Was die Besitzstandwahrung und den Schutz des berechtigten Vertrauens der vom früheren System begünstigten Beamten in Bezug auf ihr Entgelt betrifft, ist festzustellen, dass sie legitime Ziele der Beschäftigungspolitik und des Arbeitsmarkts darstellen, die die Beibehaltung der bisherigen Vergütungen und somit einer Regelung, die zu einer Diskriminierung wegen des Alters führt, während eines Übergangszeitraums rechtfertigen können (vgl in diesem Sinne Urteil Hennigs und Mai, C-297/10 und C-298/10, EU:C:2011:560, Rn 90 und 92).

Im vorliegenden Fall ermöglicht § 113 Abs 11 GehG in der durch das Reformgesetz geänderten Fassung, der vorsieht, dass die §§ 8 und 12 GehG in ihrer am 31.12.2003 geltenden Fassung weiterhin auf Personen anzuwenden sind, die keinen Antrag auf Neufestsetzung des Vorrückungsstichtags stellen oder für die eine Neufestsetzung nicht zu erfolgen hat, die Wahrung des Besitzstands und den Schutz des berechtigten Vertrauens der vom früheren System begünstigten Beamten hinsichtlich des Fortbestands ihres Entgeltniveaus. Sie sind nämlich von der rückwirkenden Verlängerung des Vorrückungszeitraums nicht betroffen.

Diese Ziele können jedoch eine Maßnahme nicht rechtfertigen, mit der – sei es auch nur für bestimmte Personen – eine Ungleichbehandlung wegen des Alters endgültig festgeschrieben wird, die durch die Reform eines diskriminierenden Systems, zu der diese Maßnahme gehört, beseitigt werden soll. Eine solche Maßnahme ist, auch wenn sie die Wahrung des Besitzstands und den Schutz des berechtigten Vertrauens der vom früheren System begünstigten Beamten sicherzustellen vermag, nicht geeignet, für die vom früheren System benachteiligten Beamten ein diskriminierungsfreies System zu schaffen.

Nach alledem ist auf die erste und die dritte Frage zu antworten, dass Art 2 Abs 1 und 2 Buchst a und Art 6 Abs 1 der RL 2000/78 dahin auszulegen sind, dass sie235 einer nationalen Regelung entgegenstehen, wonach zur Beendigung einer Diskriminierung wegen des Alters Schulzeiten und Zeiten der Berufserfahrung, die vor Vollendung des 18. Lebensjahrs zurückgelegt wurden, berücksichtigt werden, aber für die von dieser Diskriminierung betroffenen Beamten zugleich eine Verlängerung des für die Vorrückung von der jeweils ersten in die jeweils zweite Gehaltsstufe jeder Verwendungs- bzw Entlohnungsgruppe erforderlichen Zeitraums um drei Jahre eingeführt wird.

Zur zweiten Frage

Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob ein Beamter, der durch die Art der Festsetzung seines Vorrückungsstichtags eine Diskriminierung wegen des Alters erlitten hat, die Möglichkeit haben muss, unter Berufung auf Art 2 der RL 2000/78 die diskriminierenden Wirkungen der Verlängerung der Vorrückungszeiträume anzufechten, auch wenn dieser Stichtag auf seinen Antrag hin neu festgesetzt wurde.

Das Gericht hält es nämlich für denkbar, dass einem vom früheren System benachteiligten Beamten die Möglichkeit, die diskriminierenden Wirkungen der Verlängerung der Vorrückungszeiträume anzufechten, mit der Begründung verweigert werden könnte, dass sich diese neue Diskriminierung allein aus der von ihm beantragten und erlangten Neufestsetzung seines Vorrückungsstichtags ergebe, während die Beamten, die alle anrechenbaren Zeiten nach Vollendung des 18. Lebensjahrs zurückgelegt haben, keinen solchen Antrag gestellt haben und daher von der Verlängerung der Vorrückungszeiträume nicht betroffen sind.

Nach der Rsp des Gerichtshofs ist das Recht auf Gleichbehandlung, das sich aus dem Verbot der Diskriminierung wegen des Alters iS von Art 2 der RL 2000/78 ergibt, ein Recht, auf dass sich ein Einzelner gegenüber einer Behörde berufen kann (vgl in diesem Sinne Urteil Römer, C-147/08, EU:C:2011:286, Rn 56 und die dort angeführte Rsp).

In diesem Zusammenhang sieht Art 9 der RL 2000/78 vor, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass alle Personen, die sich durch eine Diskriminierung für verletzt halten, ihre Ansprüche geltend machen können. Nach Art 16 dieser RL müssen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen treffen, damit die mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu vereinbarenden Bestimmungen in Arbeits- und Tarifverträgen für nichtig erklärt werden oder erklärt werden können oder geändert werden.

Könnte ein vom früheren System benachteiligter Beamter die diskriminierenden Wirkungen der Verlängerung der Vorrückungszeiträume nicht anfechten, weil er die Neufestsetzung seines Vorrückungsstichtags beantragt und erhalten hat, während die vom früheren System begünstigten Beamten keinen solchen Antrag gestellt haben, wäre er aber nicht zur Durchsetzung aller Ansprüche, die ihm aufgrund des durch die RL 2000/78 garantierten Grundsatzes der Gleichbehandlung zustehen, in der Lage, was gegen die Art 9 und 16 dieser RL verstieße.

Folglich ist angesichts der Antwort auf die erste und die dritte Frage auf die zweite Frage zu antworten, dass die Art 9 und 16 der RL 2000/78 dahin auszulegen sind, dass ein Beamter, der durch die Art der Festsetzung seines Vorrückungsstichtags eine Diskriminierung wegen des Alters erlitten hat, die Möglichkeit haben muss, unter Berufung auf Art 2 der RL 2000/78 die diskriminierenden Wirkungen der Verlängerung der Vorrückungszeiträume anzufechten, auch wenn dieser Stichtag auf seinen Antrag hin neu festgesetzt wurde.

Zu den Fragen 4 bis 6

Die Fragen 4 bis 6 sind hilfsweise für den Fall einer Verneinung der ersten und der zweiten Frage oder einer Bejahung der dritten Frage gestellt worden. Angesichts der Antworten auf die erste, die zweite und die dritte Frage sind die vierte, die fünfte und die sechste Frage nicht zu beantworten.

ANMERKUNG
1.
Zur Vorgeschichte

Nach § 3 Abs 1 Z 4 VBG dürfen nur Personen in ein Dienstverhältnis zum Bund aufgenommen werden, die ein Lebensalter von mindestens 15 Jahren aufweisen. Die Bezüge des Vertragsbediensteten (VB) ergeben sich aus der Einreihung in eine bestimmte Entlohnungsgruppe; innerhalb der Entlohnungsgruppe entscheidet die Entlohnungsstufe über den konkreten Monatsbezug des VB. Die Entlohnungsstufe hängt ihrerseits von den zurückgelegten Dienstzeiten des VB seit der Anstellung ab. Gem § 26 VBG sind bestimmte Vordienstzeiten dem Tag der Anstellung voranzusetzen. Bis zum Inkrafttreten der VBG-Novelle BGBl I 2010/82war vorgesehen, dass nur Vordienstzeiten nach Vollendung des 18. Lebensjahres berücksichtigt werden konnten. Eine gleichlautende Regelung traf § 12 GehG für Beamtendienstverhältnisse.

Der Ausschluss von Berufszeiten vor Vollendung des 18. Lebensjahres wurde ua damit legitimiert, dass Personen mit allgemeiner Sekundarschulbildung (keine Vordienstzeiten) nicht gegenüber Personen mit beruflicher Bildung (Anrechnung als Vordienstzeit) benachteiligt werden sollten. Der EuGH hat in der Rs Hütter (EuGH 18.6.2009, C-88/08) diese Regelung als altersdiskriminierend erachtet. Der EuGH war der Meinung, dass sich die in Rede stehende nationale Regelung bei der Einstufung und damit der Festlegung des Arbeitsentgelts der VB des öffentlichen Dienstes auf das Kriterium der Berufserfahrung stützt. Die Honorierung der erworbenen Berufserfahrung sei in der Regel als ein legitimes Ziel anerkannt. Daher stehe es dem AG frei, diese Berufserfahrung bei der Vergütung zu berücksichtigen. Die nationale Regelung beschränkte sich jedoch nach Meinung des EuGH nicht darauf, die Berufserfahrung zu vergüten. Sie hat vielmehr eine Ungleichbehandlung danach vorgenommen, in welchem Alter diese Erfahrung erworben wurde. Unter diesen Umständen steht ein solches Alterskriterium – keine Berücksichtigung von Vordienstzeiten vor Vollendung des 18. Lebensjahres – daher in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Ziel des AG, die erworbene Berufserfahrung zu honorieren.

2.
Die Besoldungs-Novelle 2010

Der österreichische Gesetzgeber hat auf die E des EuGH in der Rs Hütter mit einer Änderung der Vordienstzeitenregelung im BDG und im VBG reagiert (BGBl I 2010/82). Die Anrechnung von Vordienstzeiten wurde236nicht mehr an ein bestimmtes Lebensalter, sondern an das objektive Kriterium der Erfüllung der Schulpflicht geknüpft. In den EB zur RV (781 BlgNR 24. GP) wird betont, der Zweck der geplanten Neuregelung bestehe darin, im Interesse der Rechtssicherheit sämtliche Regelungen zur Anrechnung von Zeiten vor dem Dienstverhältnis für die Vorrückung bzw zum „Vorrückungsstichtag“ richtlinienkonform zu gestalten. Technisch wurde diese Zielsetzung dadurch erreicht, dass der Beginn der tatsächlichen oder gedachten Entgeltkarriere nicht an ein bestimmtes Lebensalter, sondern an einen sachlichen Zeitpunkt geknüpft wird, nämlich an den Tag der Vollendung der allgemeinen Schulpflicht. Dies hatte zum Ergebnis, dass sich die als Vordienstzeiten zu berücksichtigenden Zeiten bei einer Durchschnittsbetrachtung um drei Jahre verlängert haben. Der Gesetzgeber wollte allerdings – wohl aus Kostengründen – die für die einzelnen Bediensteten maßgebliche besoldungsrechtliche Stellung nicht verändern. Dieses Ergebnis hat der Gesetzgeber dadurch erreicht, dass die Dauer des für die Vorrückung von der jeweils ersten in die jeweils zweite Gehaltsstufe erforderlichen Zeitraums von zwei auf fünf Jahre angehoben wurde. Dies bedeutet, dass der Vorrückungsstichtag nunmehr ohne strukturelle Altersdiskriminierung ermittelt wird, die Vorrückungen in die höheren Gehaltsstufen aber später erfolgen, sodass mit der Neueinstufung kein höheres Einkommen für den Bediensteten verbunden ist. Überdies hat der Gesetzgeber vorgesehen, dass Personen, die nicht über anrechenbare Dienst- oder Schulzeiten vor dem 18. Lebensjahr verfügen, drei Jahre als „sonstige (Vordienst-)Zeiten“ angerechnet werden.

Die Neuregelung der Vordienstzeitenanrechnung trat rückwirkend mit 1.1.2004 in Kraft. Die durch die Besoldungsnovelle 2010 geschaffene Rechtslage gilt uneingeschränkt für Bedienstete, deren Dienstverhältnis ab 31.8.2010 beginnt („Neubedienstete“). Für „Altbedienstete“ hat der Gesetzgeber sowohl im VBG als auch im BDG bestimmt, dass eine Neufeststellung des Vorrückungsstichtages nur auf Antrag erfolgt. Wird kein Antrag gestellt, sind weiterhin die früheren Rechtsvorschriften über Vordienstzeiten anzuwenden (vgl § 113 Abs 11 BDG). Dies bedeutet, dass sich die besoldungsrechtliche Stellung der Bediensteten ohne deren Zutun nicht verschlechtern kann.

3.
Die Rs Hennigs

Fraglich ist allerdings, ob durch diese Neuregelung die Altersdiskriminierung tatsächlich ausgeglichen wurde. Konkret stellt sich die Frage, ob dafür eine – auch rückwirkende – Herstellung des diskriminierungsfreien Zustands durch ein neues Anrechnungs- und Vorrückungssystem genügt, oder ob den betroffenen AN zwingend ein Geldanspruch auf Basis der alten Rechtslage bei diskriminierungsfreier Neuberechnung nur des Vorrückungsstichtags eingeräumt werden muss. Der EuGH hat in der Rs Hennigs (EuGH 8.9.20011, C-297/10) die Auffassung vertreten, dass die RL 2000/78/EG (Verbot der Altersdiskriminierung) einer nationalen Regelung, die ein diskriminierendes Vergütungssystem durch ein auf objektive Kriterien gestütztes Vergütungssystem ersetzt und zugleich für einen befristeten Übergangszeitraum einige der diskriminierenden Auswirkungen des erstgenannten Systems bestehen lässt, um für die bereits in einem Beschäftigungsverhältnis stehenden Angestellten den Übergang zum neuen System ohne Einkommensverluste zu gewährleisten, nicht entgegensteht. Im Anlassfall hatte die ursprüngliche Regelung unmittelbar das Lebensalter als relevantes Einstufungskriterium festgelegt. Die Ersatzregelung hat dieses Kriterium beseitigt, das neue Entgeltsystem stellte auf Kriterien wie Tätigkeit, Berufserfahrung und Leistung ab. Die Tätigkeit war maßgeblich für die Vergütungsgruppe, Berufserfahrung und Leistung für die Stufe. Die betroffenen AN wurden ab dem 1.10.2005 neu eingestuft. Die Neueinstufung erfolgte in zwei Schritten. In einem ersten Schritt wurde auf der Grundlage der im September 2005 erhaltenen Bezüge ein Vergleichsentgelt berechnet. Diese Form der Überleitung führte dazu, dass dem Angestellten Entgelt in der bisherigen Höhe gezahlt und damit sein Besitzstand gewahrt wurde.

Die Angestellten wurden für einen Zeitraum von zwei Jahren einer individuellen Zwischenstufe innerhalb der Vergütungsgruppe zugewiesen, in der sie eingestuft waren. Am 1.10.2007 wurde die endgültige Neueinstufung durch die Überleitung aus der individuellen Zwischenstufe in die nächsthöhere reguläre Stufe der Vergütungsgruppe vollzogen. Die Ungleichbehandlung von jüngeren und älteren „Berufseinsteigern“ ist daher zunächst beibehalten worden. Ohne diese Übergangsregelung hätten 55 % der AN eine monatliche Einkommenseinbuße von durchschnittlich 80 € erlitten.

Der EuGH hat diese Übergangsregel als legitimes Ziel iS von Art 6 Abs 1 der RL 2000/78/EG erachtet. Im Verfahren vor dem EuGH wurde allerdings nur am Rande thematisiert, was nach der Übergangszeit geschehen soll. Der EuGH hält lediglich fest, dass sich die Vergütung der Angestellten nach der Übergangszeit gemäß den neuen Einstufungskriterien richten sollte. Wenn allerdings die endgültige Einstufung von der individuellen Zwischenstufe in die nächsthöhere reguläre Stufe erfolgt, so bedeutet dies offenkundig, dass der Angestellte auch pro futuro keine Einkommenseinbußen erfährt. Damit wird aber im Ergebnis die ursprüngliche altersdiskriminierende, den Angestellten begünstigende Einstufung perpetuiert.

4.
Die Rs Schmitzer

Die E des EuGH in der Rs Schmitzer geht auf ein Vorabentscheidungsersuchen des VwGH zurück. Der VwGH war der Auffassung, dass die durch die Besoldungsreform 2010 geschaffene Rechtslage weiterhin mit dem Unionsrecht in Widerspruch steht, weil Personen mit Vordienstzeiten vor Vollendung des 18. Lebensjahres immer noch schlechter behandelt werden als Personen mit gleichartigen Vordienstzeiten nach dem 18. Lebensjahr. Der VwGH geht davon aus, dass Vordienstzeiten nach dem 18. Lebensjahr schon nach der alten Rechtslage angerechnet worden seien, während dies für Zeiten vor dem 18. Lebensjahr nicht gegolten habe. Dies ist zwar richtig, hat aber besoldungsrechtlich keine Auswirkungen. Ein Bediensteter, der vor Vollendung des 18. Lebensjahres eine dreijährige Lehre absolviert hat und danach zwei Jahre beim Bund beschäftigt wird, ist nach alter Rechtslage nach Vollendung des zweiten Dienstjahres in die Entgeltstufe 2 vorgerückt (Biennalsprung). Nach weiteren237 sechs Dienstjahren (Gesamtdienstzeit acht Jahre) hatte der Bedienstete die Entlohnungsstufe 5 erreicht. Nach neuer Rechtslage und mit Neufeststellung des Vorrückungsstichtages werden dem Anstellungstag drei Lehrjahre vorangestellt; die Vorrückung in die 2. Entgeltstufe erfolgt nach fünf Jahren, somit also wiederum nach Vollendung von zwei „echten“ Dienstjahren. Nach weiteren sechs Dienstjahren hat der betreffende AN wiederum die Entlohnungsstufe 5 erreicht (nunmehr acht Jahre Dienstzeit plus drei Jahre Vordienstzeit). Einem AN, der erst nach Vollendung des 18. Lebensjahres eine Lehre absolviert hat, konnte nach früherer Rechtslage diese Zeit unter bestimmten Voraussetzungen als Vordienstzeit angerechnet werden, wobei allerdings zu beachten war, dass diese Zeiten nach dem 18. Lebensjahr grundsätzlich nur im halben Ausmaß anzurechnen waren. Der betreffende AN konnte daher bereits nach 6,5 „echten“ Dienstjahren die Entlohnungsstufe 5 erreichen. Diese Bediensteten werden naturgemäß kein Interesse an einer Neufeststellung ihres Vorrückungsstichtages haben. Zwar würde bei einer Neufeststellung des Vorrückungsstichtages die Zeit von der Vollendung der Schulpflicht bis zum 18. Lebensjahr nunmehr als sonstige Zeit angerechnet, dies kann aber zu einer Kürzung der nach Vollendung des 18. Lebensjahres liegenden sonstigen Zeiten führen (vgl § 12 Abs 1a GehG). Insoweit werden Lehrzeiten nach Vollendung des 18. Lebensjahres anders behandelt als gleichartige Zeiten vor dem 18. Lebensjahr.

Der EuGH hat in der vorliegenden Rs Schmitzer die These vertreten, die Neuregelung durch die Besoldungsreform 2010 enthalte eine unmittelbar auf dem Alter beruhende Ungleichbehandlung iS von Art 2 Abs 2 Buchst a der RL 2000/78, weil die Verlängerung des für die Vorrückung von der ersten in die zweite Gehaltsstufe erforderlichen Zeitraums um drei Jahre nur für Beamte gilt, die Zeiten vor Vollendung des 18. Lebensjahrs zurückgelegt haben. Diese Aussage ist höchst missverständlich, weil die nationale Regelung niemanden ausschließt, einen Antrag auf Neufeststellung des Vorrückungsstichtages zu stellen. Richtig ist, dass ein solcher Antrag von jenen Personen nicht gestellt werden wird, die dadurch Nachteile im Verhältnis zur „Altregelung“ erleiden würden.

Selbst wenn man auf dem Standpunkt steht, dass die Neuregelung eine auf dem Alter beruhende Ungleichbehandlung darstellt, bleibt zu fragen, ob sich für diese Ungleichbehandlung nicht sachliche Gründe finden Der EuGH erinnert in seiner E an die Rs Hennigs, wonach die Besitzstandwahrung und der Schutz des berechtigten Vertrauens der vom früheren System begünstigten Beamten in Bezug auf ihr Entgelt legitime Ziele der Beschäftigungspolitik und des Arbeitsmarkts darstellen, die die Beibehaltung der bisherigen Vergütungen und somit einer Regelung, die zu einer Diskriminierung wegen des Alters führt, während eines Übergangszeitraums rechtfertigen können. Diese Ziele könnten jedoch eine Maßnahme nicht rechtfertigen, mit der – sei es auch nur für bestimmte Personen – eine Ungleichbehandlung wegen des Alters endgültig festgeschrieben wird. Eine solche Maßnahme sei, auch wenn sie die Wahrung des Besitzstands und den Schutz des berechtigten Vertrauens der vom früheren System begünstigten Beamten sicherzustellen vermag, nicht geeignet, für die vom früheren System benachteiligten Beamten ein diskriminierungsfreies System zu schaffen. Worin der große Unterschied zur Rs Hennigs liegt, hat der EuGH nicht wirklich beantwortet. Im vorliegenden Fall geht der EuGH von einer dauernden Diskriminierung aus; in der Rs Hennigs wird immer darauf hingewiesen, die dort vorgesehene Besitzstandswahrung sei von bloß temporärer Natur. Wie schon erwähnt, ist aus dem Sachverhalt der Rs Hennigs nicht erkennbar, dass mit der Überstellung der Angestellten von der individuellen Vergütungsstufe in die reguläre Stufe eine Kürzung des Entgelts verbunden sein sollte.

Der EuGH weist selbst eher kryptisch darauf hin, dass sich die Vergütung der Angestellten im Anschluss an die endgültige Neueinstufung allein anhand der im Tarifvertrag vorgesehenen Kriterien entwickeln werde, zu denen das Alter nicht gehört. Demzufolge sei damit zu rechnen, dass die diskriminierenden Auswirkungen schrittweise nach Maßgabe der Entwicklung der Vergütung der Angestellten verschwinden werden. Man hätte daher erwarten dürfen, dass auch in der Rs Schmitzer diese Überlegungen zum Tragen kommen. Wenn man die Besitzstandswahrung als legitimes Ziel der Beschäftigungspolitik erachtet, muss man akzeptieren, dass damit im Ergebnis die Ungleichbehandlung nicht nur temporär fortgeschrieben wird. Besitzstandswahrung bedeutet eben, dass das bisherige Entlohnungssystem zumindest „eingefroren“ und damit nicht nur temporär, sondern für längere Zeit beibehalten wird. Die E des EuGH kann letztlich nicht überzeugen.