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Öffentlichkeitsarbeit als Personalvertretungstätigkeit

WOLFGANGGORICNIK (SALZBURG)
  1. Handlungen eines Personalvertreters können der Personalvertreter-Funktion nur zugeordnet werden, wenn sie einem DG-Vertreter, einem Bediensteten der Dienststelle, bei der das Personalvertretungsorgan besteht, einem anderen vom Personalvertretungsorgan zu vertretenden Bediensteten oder einem anderen Personalvertreter gegenüber gesetzt worden sind und gehören daher Kontakte zu Massenmedien, wie das Schreiben von Leserbriefen an Tageszeitungen oder auch die Gewährung von Interviews, nicht zu den Möglichkeiten, die das Gesetz den Organen der Personalvertretung im Rahmen der Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben gestattet.

  2. Die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens des Personalvertreters bzw der Umstand, dass er die Grenzen seiner Funktion (bewusst oder unbewusst) überschreitet, schließt seine Immunität iSd § 70 PBVG nicht zwangsläufig aus. Es liegt im Wesen der Immunität, dass auch gewisse Dienstpflichtverletzungen sanktionslos zu bleiben haben, sodass bis zu einem gewissen Grad auch Äußerungen oder Handlungen, die nicht mehr dem Personalvertreter obliegen, immer noch dem Schutz des § 70 PBVG unterfallen. § 70 PBVG dient ja dazu, auch etwaige an sich eine Dienstpflichtverletzung darstellende Fehler von Personalvertretern, die auch im unrichtigen Erkennen der Grenzen ihrer Aufgaben bestehen können, sanktionsfrei zu stellen.

Der handelnde Personalvertreter, Gewerkschaftsfunktionär und Zeuge ist ein der kl Österreichischen Post AG zur Dienstleistung zugewiesener Bundesbeamter und Mitglied des bekl Personalausschusses der Kl. Im Rahmen seiner Tätigkeit als Personalvertreter wurden Beschwerden der im Zustellbereich eingesetzten Mitarbeiter der Kl an ihn herangetragen. Diese Beschwerden bezogen sich darauf, dass aufgrund von vorhergehenden Personaleinsparungen eine Personalknappheit gegeben war, die iVm der erhöhten Arbeitsbelastung durch die Weihnachtspost einerseits und Krankenstände andererseits zu einer Mehrbelastung für die Mitarbeiter geführt hat. Diese Mehrbelastung konnte nur durch Überstundenleistungen bewältigt werden. Ergänzend kam hinzu, dass seitens der Kl bereits der Abbau von weiteren 12 Zustellposten in der Stadt S bis August 2013 angekündigt war, was massive Unsicherheiten bei den Mitarbeitern zur Folge hatte. Die Situation im Zustellbereich war angespannt. Einige Tage vor dem 6.1.2013 rief ein Redakteur der Kronenzeitung den Personalvertreter auf seinem dienstlichen Mobiltelefon an und fragte ihn, was aus Sicht der Personalvertretung zur Situation der Post gesagt wird. Vor dem Interview des 6.1.2013 hatte der Personalvertreter keinen Kontakt zum Redakteur. Am Sonntag, den 6.1.2013, erschien in der Ausgabe der Kronenzeitung dann folgendes Interview: „Die Unzufriedenheit der Kunden wächst: Selbst in der Stadt gibt es oft tagelang keine Briefzustellung. Gewerkschafter […] ist sauer: Keine Leute, Struktur kaputt: Die Post ist am Ende. […] Unsere Leute sind völlig ausgebrannt, es krankt an allen Ecken und Enden. […] Tatsächlich aber sind die Rayone für die Zusteller viel zu groß geworden, es fehlt an Personalreserven. Wird ein Zusteller krank, bleibt die Post eben liegen. Es gibt nur 162 Zusteller in der Stadt S und das Management will weitere einsparen. […] Viele von unseren Leuten sind verzweifelt und ausgebrannt. Das Management ruiniert eine gesunde Struktur, weil ihm kurzfristige Börsengewinne wichtiger sind als die Menschen im Betrieb. […] Wir verlieren laufend an Qualität, können unseren Versorgungsauftrag nicht mehr erfüllen.“ Der Personalvertreter ist mit dem Untertitel: Postgewerkschafter […]: „Die Infrastruktur steht vor dem Kollaps“ abgebildet.

Der Erteilung des Interviews liegt keine Beschlussfassung des bekl Personalausschusses zugrunde. Es ist jedoch Usus, dass alle Mitglieder des Personalausschusses Medienanfragen beantworten und auch Interviews geben. Der Personalausschuss geht in seiner Gesamtheit mit den inhaltlichen Ausführungen des Interviews konform.

Mit Schreiben vom 28.2.2013 erstattete die Kl beim Personalamt Disziplinaranzeige gegen den handelnden Personalvertreter. Weiters begehrte sie mit Schreiben vom 28.2.2013 die Zustimmung des Personalausschusses gem § 70 Abs 1 PBVG zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens. Der Personalausschuss erteilte keine entsprechende Zustimmung.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren des Inhalts, es werde mit Wirkung zwischen der Kl und dem bekl Personalausschuss festgestellt, dass die dem handelnden Personalvertreter in der Disziplinaranzeige vorgeworfene Handlung, nämlich, dass dieser im Rahmen eines am 6.1.2013 in der Kronenzeitung publizierten und von der Österreichischen Post AG nicht autorisierten Interviews als „Gewerkschafter“ unternehmensschädigende und unrichtige Aussagen bezüglich der Österreichischen Post AG getätigt hat, nicht in Ausübung des Mandats als Mitglied des Personalausschusses erfolgte, ab.

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht ua aus, dass entscheidend sei, ob eine Tätigkeit im weitesten Sinn als Personalvertretertätigkeit iSd Vertretung der Interessen der Bediensteten gegenüber dem DG oder als der Vertretung dienliche Vorbereitungs- und Hilfstätigkeit zu werten ist. Nach der E 8 ObA 76/07w entspreche der Wortlaut des § 70 Abs 1 PBVG praktisch jenem des § 28 PVG, sodass bei der Auslegung der Frage, ob eine Äußerung oder Handlung in Ausübung des Mandats erfolgt, auf die zu § 28 Abs 2 PVG ergangenen und von der PVAK (Personalvertretungsaufsichtskommission) entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden könne.

Zu Medienkontakten im Rahmen einer Personalvertretertätigkeit sei auszuführen, dass die der Personalvertretung auferlegte Wahrung der Interessen der Bediensteten grundsätzlich nur dem DG gegenüber349 zu erfolgen habe, es sei denn, das Gesetz sieht wie in § 9 Abs 1 lit a PVG ausdrücklich eine Ausnahme vor. Sonst sei es der Personalvertretung untersagt, nach außen hin tätig zu werden. Personalvertreter seien folglich in der Regel auch nicht berechtigt, Auseinandersetzungen mit dem Dienststellenleiter oder mit Dienstbehörden auf außerbetrieblichem Weg auszutragen. Kontakte zu Massenmedien, wie das Schreiben von Leserbriefen an Tageszeitungen, würden daher eindeutig nicht zu den Möglichkeiten gehören, die das Gesetz den Organen der Personalvertretung im Rahmen der Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben gestattet. Der Umstand aber, dass das Verhalten des Personalvertreters rechtswidrig ist bzw dass der Personalvertreter die Grenzen seiner Funktion – bewusst oder unbewusst – überschreitet, schließe seine Immunität iSd § 28 PVG nicht aus; entscheidend sei ausschließlich, ob sein Verhalten inhaltlich als Personalvertretung zu werten ist oder nicht. Es liege im Wesen der Immunität, dass auch gewisse Dienstpflichtverletzungen sanktionslos zu bleiben hätten, sodass bis zu einem gewissen Grad auch Äußerungen oder Handlungen, die an sich nicht mehr den Personalvertretern obliegen, immer noch als in Ausübung der Funktion erfolgt anzusehen seien.

Nach Ansicht des Erstgerichts war im gegenständlichen Fall aber auch zu berücksichtigen, dass es sich bei der Kl um ein im öffentlichen Interesse stehendes Unternehmen handelt. Zufolge aktueller Judikatur des EGMR zu Art 10 EMRK seien (auch) die Gerichte berufen, eine gerechte Abwägung zwischen dem erforderlichen Schutz des Rufes und der Rechte des DG einerseits und dem erforderlichen Schutz der Meinungsfreiheit von DN andererseits zu treffen, wobei insb auch Interessen der Allgemeinheit, über Defizite von öffentlichem Belang informiert zu werden, in einer demokratischen Gesellschaft berücksichtigt werden müssen (EGMR 21.7.2011/Applic 28274/08, Heinisch/Deutschland). Da das Bestehen eines öffentlichen Interesses am Zustand und Funktionieren des österreichischen Postwesens notorisch sei und die im inkriminierten Interview angesprochenen Themen von diesem öffentlichen Interesse abgedeckt würden, wofür das diesbezüglich proaktive Tätigwerden einer bekannten Tageszeitung ein Indiz sei, seien diese Grundsätze im vorliegenden Fall noch großzügiger zu verstehen, da sich natürlich auch ein Personalvertreter in dieser seiner Funktion auf Art 10 EMRK berufen könne, zumal die Annahme legitim sei, dass auch die öffentliche Meinung die Unternehmenspolitik von Unternehmen öffentlichen Interesses (wie der Kl) und damit auch deren Personalpolitik zu beeinflussen geeignet sei. Letztlich entspreche dies auch der Vorgabe des § 70 Abs 1 AktG für die Leitung einer Aktiengesellschaft.

In Anwendung dieser Grundsätze ergebe sich, dass die im Interview angesprochenen Themen im Hinblick auf die in § 7 PBVG genannten Aufgaben einen direkten Bezug zum Vertretungsbereich des Personalausschusses darstellen würden. Auch wenn im Presseartikel vom „Gewerkschafter […]“ die Rede sei, erweise sich das Interview inhaltlich als Funktionsausübung, da die Tätigkeit jedenfalls im weitesten Sinn als Personalvertretungstätigkeit zu werten sei. Gerade dann, wenn es eine personelle Verschränkung zwischen der Personalvertretung und der Gewerkschaft bzw einer bestimmten Fraktion gibt, sollten vom Anwendungsbereich des § 28 PVG nur solche Äußerungen und Handlungen nicht mehr erfasst sein, die tatsächlich in keinerlei – nicht einmal mittelbarem – Zusammenhang mit der Interessenvertretungsaufgabe der Personalvertretung stehen. Im Ergebnis seien die vom handelnden Personalvertreter im Interview getätigten Äußerungen daher nicht als außerhalb der Personalvertretungstätigkeit liegendes Handeln zu qualifizieren.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kl keine Folge. Rechtlich führte das Berufungsgericht ua aus, dass sich der handelnde Personalvertreter, der im Interview nicht als betriebsfremder Gewerkschaftsfunktionär, sondern als „Postgewerkschafter“ bezeichnet wurde, sich auch inhaltlich als Personalvertreter der Post präsentiert habe, indem er die Postzusteller wiederholt als „unsere Leute“ bezeichnete und deren Interessen verteidigte, indem er die vom Reporter angesprochenen Probleme mit der Brief- bzw Postzustellung mit Fehlern des Managements der Post zu erklären versuchte. Jedenfalls dann, wenn das Personalvertretungsorgan die Interessen der AN eines Betriebes bzw Unternehmens wahrzunehmen und zu fördern hat, das – wie im vorliegenden Fall – die Pflicht zur Erbringung von im öffentlichen Interesse stehenden Leistungen, nämlich die Briefzustellung trifft, und dessen Leistungserbringung daher in der öffentlichen Kritik steht, könnten Erklärungen von Personalvertretungsorganen gegenüber Pressevertretern sehr wohl noch als der Vertretung der wirtschaftlichen Interessen der Bediensteten gegenüber dem DG dienliche Vorbereitungs- und Hilfstätigkeit zu werten sein, ohne dass es einer Ableitung aus dem Grundrecht auf Freiheit der Meinungsäußerung bedürfe.

Der OGH wies die außerordentliche Revision zurück.

Gem § 70 PBVG dürfen Mitglieder von Personalvertretungsorganen […], die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen, wegen Äußerungen oder Handlungen nur mit Zustimmung des Organs, dem sie angehören, dienstrechtlich zur Verantwortung gezogen werden (Abs 1). Nach Abs 3 leg cit hat das Personalvertretungsorgan die Zustimmung zu erteilen, wenn es zu dem Ergebnis gelangt, dass die Äußerungen oder Handlungen nicht in Ausübung des Mandats erfolgt sind. Erteilt das Personalvertretungsorgan die Zustimmung nicht, hat das Gericht aufgrund einer Klage festzustellen, ob die Äußerungen oder Handlungen nicht in Ausübung des Mandats erfolgt sind.

Der OGH hat sich mit dieser Bestimmung bzw mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen Äußerungen oder Handlungen eines Personalvertreters (noch) unter den dadurch vermittelten Schutz fallen, bereits mehrmals auseinandergesetzt (8 ObA 76/07w; 9 ObA 90/12v; 9 ObA 71/14b) und dabei ua auf die Spruchpraxis der PVAK zur vergleichbaren Bestimmung des § 28 PVG Bezug genommen350 (A21-PVAK/01; A26-PVAK/02; A19-PVAK/04; A22-PVAK/13; A11-PVAK/08 uva). Ob unter Anwendung der von der bisherigen Rsp erarbeiteten Grundsätze Äußerungen oder Handlungen eines Personalvertreters im Schutzbereich des § 70 PBVG liegen, ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalls, die – von Fällen grober Fehlbeurteilung der zweiten Instanz abgesehen – keine iSd § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage begründet.

Das Berufungsgericht hat seiner E die zitierte Rsp zugrunde gelegt und auf dieser Grundlage den vorliegenden Fall in vertretbarer Weise beurteilt.

Dass Handlungen eines Personalvertreters der Personalvertreterfunktion nur zugeordnet werden können, wenn sie einem DG-Vertreter, einem Bediensteten der Dienststelle, bei der der Ausschuss besteht, einem anderen vom Ausschuss zu vertretenden Bediensteten oder einem anderen Personalvertreter gegenüber gesetzt worden sind (8 ObA 76/07w) und dass daher Kontakte zu Massenmedien, wie das Schreiben von Leserbriefen an Tageszeitungen oder auch die Gewährung von Interviews, nicht zu den Möglichkeiten gehören, die das Gesetz den Organen der Personalvertretung im Rahmen der Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben gestattet (A11-PVAK/08), hat das Berufungsgericht ohnedies erkannt. Es hat aber zu Recht darauf verwiesen, dass die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Personalvertreters bzw der Umstand, dass er die Grenzen seiner Funktion (bewusst oder unbewusst) überschreitet, seine Immunität iSd § 70 PBVG nicht zwangsläufig ausschließt. Es liegt im Wesen der Immunität, dass auch gewisse Dienstpflichtverletzungen sanktionslos zu bleiben haben, sodass bis zu einem gewissen Grad auch Äußerungen oder Handlungen, die nicht mehr dem Personalvertreter obliegen, immer noch dem Schutz des § 70 PBVG unterfallen. § 70 PBVG dient ja dazu, auch etwaige an sich eine Dienstpflichtverletzung darstellende Fehler von Personalvertretern, die auch im unrichtigen Erkennen der Grenzen ihrer Aufgaben bestehen können, sanktionsfrei zu stellen (A11-PVAK/08 mwN).

Hier hat der handelnde Personalvertreter zwar seine Befugnisse überschritten; es ist ihm jedoch zuzubilligen, in (vermeintlicher) Wahrung der Rechte und Interessen von Bediensteten tätig geworden zu sein. Dass er im Interviewtext nicht als Personalvertreter, sondern als Gewerkschafter bezeichnet wird, trifft zu. Er wurde aber von Seiten der Tageszeitung um eine Stellungnahme „aus Sicht der Personalvertretung“ ersucht, sodass er immerhin der Meinung sein konnte, als Personalvertreter im Interesse der Bediensteten zu handeln. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, das Verhalten des Personalvertreters sei noch vom Schutz des § 70 PBVG umfasst, ist daher vertretbar, sodass die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Revision nicht gegeben sind.

Die gegenständliche E interessiert nicht so sehr wegen der – aus Sicht des Rezensenten zutreffenden – Zuerkennung der „Immunität“ an einen an die (Zeitungs-)Öffentlichkeit gegangenen Personalvertreter, sondern vor allem deshalb, weil die rechtsdogmatische Begründung dafür vom Erstgericht bildhaft gesprochen noch als breiter Strom angelegt wurde, der über das Berufungsgericht bis hin zum OGH immer weiter versiegte, bis schließlich nur mehr das dünne Rinnsal einer bloß vermeintlichen Wahrung der Rechte und Interessen der zu vertretenden Bediensteten (als – noch ausreichende – Begründung) übrig blieb (die erste und zweite Instanz hatten das inkriminierte Interview ja sehr wohl noch als Personalvertretungstätigkeit angesehen), wobei dieses Bild in keinster Weise als Kritik an der E des Höchstgerichts verstanden werden soll, das verständlicherweise nicht ohne Bedarf Rechtssätze oder obiter dicta, vor allem nicht in einer so sensiblen Materie, in die Rechtswelt setzt.

Da sich die allgemeine Fragestellung dieser Rechtssache, nämlich der Gang an die Öffentlichkeit, als eine Form zulässiger Personalvertretungstätigkeit, entsprechend auch für Mitglieder des BR stellt, soll diese wichtige Frage aber deshalb im Zuge einer Nachbetrachtung näher beleuchtet werden.

1.
Einschlägiges Personalvertretungsrecht

Der Wortlaut des § 70 Abs 1 PBVG entspricht praktisch jenem des § 28 PVG, wonach die (Bundes-)Personalvertreter wegen Äußerungen oder Handlungen nur mit Zustimmung des Ausschusses, dem sie angehören, dienstrechtlich zur Verantwortung gezogen werden dürfen.

Entsprechend der Bestimmung des § 70 Abs 3 PBVG regelt § 28 Abs 2 PVG, dass der Ausschuss die Zustimmung zu erteilen hat, wenn er zu dem Ergebnis kommt, dass die Äußerungen oder Handlungen nicht in Ausübung der Funktion erfolgt sind.

Gem § 28 Abs 2 PVG hat das Personalvertretungsorgan, dem der Personalvertreter angehört, zu prüfen, ob das zu ahndende Verhalten in der Eigenschaft als Personalvertreter gesetzt wurde oder nicht. Entscheidend ist, ob die Tätigkeit im weitesten Sinn als Personalvertretungstätigkeit iS einer Vertretung der Interessen der Bediensteten gegenüber dem DG oder als eine einer solchen Vertretungstätigkeit dienliche Vorbereitungs- oder Hilfstätigkeit zu werten ist (zB PVAK 28.11.2013, A11-PVAK/13). Dabei hat das Personalvertretungsorgan allerdings nicht zu prüfen, ob die dem Personalvertreter vorgeworfenen Äußerungen und Handlungen einen dienstrechtlich zu ahndenden Tatbestand darstellen und ob der Personalvertreter die ihm zur Last gelegten Äußerungen oder Handlungen tatsächlich gemacht hat, sondern lediglich die Frage zu beurteilen, ob das dem Personalvertreter vorgeworfene Verhalten, die Wahrheit des Vorwurfes vorausgesetzt, in Ausübung seiner Funktion als Personalvertreter gesetzt worden wäre oder nicht; die anderen Umstände zu beurteilen, ist allein Aufgabe der zuständigen Organe des DG (Schragel, HK zum Bundes-Personalvertretungsgesetz [PVG] [1993] § 28 Rz 1 mwN). Verweigert das Personalvertretungsorgan351 die Zustimmung und hält der Vertreter des DG diese Weigerung für gesetzwidrig, kann er die Aufhebung des Beschlusses durch die (mittlerweile durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 per 1.1.2014 aufgelöste) PVAK bzw nunmehrige Personalvertretungsaufsichtsbehörde beantragen. Die PVAK bzw Personalvertretungsaufsichtsbehörde kann einen gesetzwidrigen Beschluss nur aufheben, nicht aber die gesetzwidrige Verweigerung der Zustimmung ersetzen. An die Rechtsansicht der PVAK bzw Personalvertretungsaufsichtsbehörde ist das Personalvertretungsorgan aber gebunden (PVAK 28.11.2013, A11-PVAK/13); es hat umgehend einen Beschluss iSd Rechtsauffassung der PVAK bzw Personalvertretungsaufsichtsbehörde zu fassen und der DG-Seite mitzuteilen; es verhält sich gesetzwidrig, wenn es einen solchen Beschluss nicht (umgehend) fasst (Schragel, PVG § 28 Rz 10 mwN).

Nach § 70 Abs 3 letzter Satz PBVG hat im Fall der Nichterteilung der Zustimmung durch das Personalvertretungsorgan das Gericht festzustellen, ob die Äußerungen oder Handlungen nicht in Ausübung des Mandats erfolgt sind. Aus dieser Bestimmung geht zwar hervor, dass das Gericht durch die bindende Feststellung, dass eine Handlung oder Äußerung (nicht) in Ausübung des Mandats erfolgt ist, die fehlende Zustimmung des Personalvertretungsorgans substituiert, keinesfalls kann daraus aber geschlossen werden, dass dem Gericht eine inhaltliche Prüfung des dem Personalvertreter vorgeworfenen Verhaltens ermöglicht werden soll.

§ 70 Abs 3 letzter Satz PBVG ist daher dahingehend auszulegen, dass sich das Gericht auf die Feststellung zu beschränken hat, dass die dem Personalvertreter vorgeworfenen Äußerungen oder Handlungen (nicht) in Ausübung des Mandats erfolgt sind. Eine inhaltliche Prüfung dahingehend, ob das Personalvertretungsorgan das ihm vorgeworfene Verhalten auch tatsächlich gesetzt hat, ist dem Gericht verwehrt, würde dies doch einen verfassungsrechtlich bedenklichen Eingriff in die durch § 17 PTSG (den dort aufgeführten Unternehmen) vom Bund als DG übertragene Diensthoheit bedeuten (OGH 17.12.2007, 8 ObA 76/07w). Auch nach dem PBVG kann also die Stellung eines Personalvertreters nicht von seiner dienstlichen Stellung als Beamter abgekoppelt werden, sodass der beamtete Personalvertreter nur im Verwaltungsweg dienstrechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann (OGH 27.2.2012, 9 ObA 4/12x).

Keine Funktionsausübung liegt vor, wenn es um ein Verhalten gegenüber Dritten geht, die weder zu vertretende Bedienstete, noch Vertreter des DG oder andere Personalvertreter sind, und das auch nicht vermeintliche Interessen zu vertretender Bediensteter wahren soll (PVAK 4.3.2008, A14-PVAK/07). ZB handelt es sich bei einer rein fraktionellen Tätigkeit, ebenso wie bei einer gewerkschaftlichen Maßnahme, um eine Tätigkeit, die unabhängig von der Ausübung der Personalvertretertätigkeit erfolgt, mit der Ausübung der Funktion als Personalvertreter also nicht in untrennbarem Zusammenhang steht (OGH9 ObA 90/12vDRdA 2013/51 [krit Felten]).

Die der Personalvertretung auferlegte Wahrung der Interessen der Bediensteten hat zu Folge PVAK 17.11.2008, A11-PVAK/08 nur dem DG gegenüber zu erfolgen, es sei denn, das Gesetz sehe, wie im § 9 Abs 1 lit a PVG, ausdrücklich eine Ausnahme vor. Sonst sei es der Personalvertretung untersagt, nach außen hin tätig zu werden. Personalvertreter seien daher auch nicht berechtigt, Auseinandersetzungen mit dem Dienststellenleiter oder mit Dienstbehörden auf außerbetrieblichem Weg auszutragen. Kontakte zu Massenmedien, wie das Schreiben von Leserbriefen an Tageszeitungen, würden daher eindeutig nicht zu den Möglichkeiten gehören, die das Gesetz den Organen der Personalvertretung im Rahmen der Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben gestattet (so auch Schragel, PVG § 2 Rz 8).

Gem § 9 Abs 1 lit a PVG obliegt dem Dienststellenausschuss die Mitwirkung bei der Durchführung und Überwachung der Einhaltung von Vorschriften und Anordnungen über den DN-Schutz und die SV; in diesen Belangen kann erforderlichenfalls die zuständige Aufsichtsbehörde angerufen werden. Es handelt sich um die einzige (ausdrückliche) Bestimmung des PVG, die der Personalvertretung ein solches Auftreten außerhalb des Dienstbetriebes gestattet. Dieses Recht wurde aus § 89 ArbVG übernommen (dazu näher Schragel, PVG § 9 Rz 24).

Grundsätzlich ist der Dienststellenausschuss gem § 9 Abs 1 Satz 1 PVG zur Erfüllung aller jener im § 2 leg cit umschriebenen Aufgaben berufen, die nicht ausdrücklich anderen Einrichtungen der Personalvertretung vorbehalten sind. Gem § 2 Abs 1 PVG ist die Personalvertretung nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes berufen, die beruflichen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und gesundheitlichen Interessen der Bediensteten zu wahren und zu fördern. Sie hat in Erfüllung dieser Aufgaben dafür einzutreten, dass die zugunsten der Bediensteten geltenden Gesetze, Verordnungen, Verträge, Dienstordnungen, Erlässe und Verfügungen eingehalten und durchgeführt werden. Nach Abs 2 Satz 1 leg cit hat sich die Personalvertretung bei ihrer Tätigkeit von dem Grundsatz leiten zu lassen, den Bediensteten unter Bedachtnahme auf das öffentliche Wohl zu dienen.

2.
Interventionsrecht der Betriebsverfassung

Gem § 90 Abs 1 Satz 1 ArbVG hat der BR das Recht, in allen Angelegenheiten, die die Interessen der AN berühren, beim Betriebsinhaber (BI) und erforderlichenfalls bei den zuständigen Stellen außerhalb des Betriebes entsprechende Maßnahmen zu beantragen und die Beseitigung von Mängeln zu verlangen. Dieses Interventionsrecht besteht also sowohl gegenüber dem BI selbst als auch – erforderlichenfalls – gegenüber zuständigen externen Stellen. Aus der Verwendung des Wortes „erforderlichenfalls“ ist zu schließen, dass sich der BR primär an den BI wenden muss und (sofern nicht ausnahmsweise von vornherein feststeht, dass eine innerbetriebliche Intervention nicht zielführend ist) erst bei Erfolglosigkeit der internen Intervention außerbetriebliche Stellen eingeschaltet werden352 sollen. Erfolglosigkeit wird dabei insb auch dann anzunehmen sein, wenn der BI trotz erfolgter Intervention untätig bleibt.

Als „zuständige Stellen“ außerhalb des Betriebes sind dabei solche anzusehen, die die Möglichkeit haben, entsprechende Maßnahmen zu setzen und auf die Beseitigung von Mängeln hinzuwirken. Dies gilt insb für Behörden, wie dem Arbeitsinspektorat, Bau- oder Gewerbebehörden, wenn zB Auflagen, die auch AN betreffen, nicht umgesetzt wurden, aber auch für die überbetrieblichen Interessenvertretungen, sprich Gewerkschaften und Arbeiterkammern (Auer-Mayer in

Gahleitner/Mosler
, Arbeitsverfassungsrecht 35 [2015] § 90 Rz 7). Im Gegensatz zu anderen Rechten des BR ist das Interventionsrecht in dem Sinne umfassend, als es sich nicht auf den BI als unmittelbaren Adressaten solcher Aktivitäten beschränkt, wenn sich auch letztlich das Interventionsrecht, wie die Interessenvertretungsaufgabe des BR überhaupt, am BI orientiert, dh (zumindest mittelbar) gegen ihn richtet. Als unmittelbare Adressaten des Interventionsrechts des BR kommen deshalb praktisch alle Personen und Einrichtungen in Frage, bei denen es sinnvoll ist, Vorschläge, Anträge und Forderungen iSd § 90 ArbVG vorzubringen (Strasser in ArbVGHK [1975] 481).

Interventionen anbringen kann der BR in Bezug auf „alle die Interessen der AN berührenden Angelegenheiten“; diese Formulierung ist sehr weit und betrifft nicht nur Aspekte des Arbeitsrechts, des Sozialrechts und des Steuerrechts, sondern auch Materien aus anderen Rechtsgebieten sowie sonstige, außerrechtliche Angelegenheiten (Reissner in ZellKomm2 § 90 ArbVG Rz 8).

Die konkrete Durchführung der Intervention hat idR durch den Betriebsratsvorsitzenden bzw dessen Stellvertreter zu erfolgen, wobei allerdings auch eine Delegierung an ein anderes Betriebsratsmitglied gem § 69 Abs 1 ArbVG in Betracht käme. Wegen ihrer Tragweite bedürfen Interventionen bei außerbetrieblichen Stellen in aller Regel eines Beschlusses des BR (Mosler in

Tomandl
, ArbVG [4. Lfg] § 90 Rz 2).

3.
Die Öffentlichkeit als Adressat einer Intervention in Bezug auf ein „öffentliches Unternehmen“?

Nach dem Vorgesagten kann Adressat des betriebsverfassungsrechtlichen Interventionsrechts nur eine Person oder Einrichtung sein, die von ihrer Zuständigkeit her letztlich auch im Interesse der Belegschaft tätig werden kann. Insofern kann mE mit Recht die Frage aufgeworfen werden, ob nicht der allfällige Druck der öffentlichen bzw zumindest der (in der Presse) „veröffentlichten“ Meinung auf den BI eines „öffentlichen Unternehmens“ dieser Interessenvertretung (mittelbar, aber durchaus kausal) dienlich sein kann, maW ob diesfalls nicht auch die Öffentlichkeit bzw Presse ein solcher Adressat sein darf:

Legt man die Definition zu Grunde, dass es sich bei einem „öffentlichen Unternehmen“ um ein Unternehmen handelt, das unmittelbar oder mittelbar auf Grund rechtlicher Regelungen einem beherrschenden Einfluss durch die „öffentliche Hand“ unterliegt (dazu näher Potacs, Öffentliche Unternehmen, in

Raschauer
, Wirtschaftsrecht2 [2003] Rz 901), ist wohl notorisch, dass die auf Zeit gewählten obersten Verwaltungsorgane alle ihnen zustehenden faktischen und rechtlichen Ingerenzmöglichkeiten (insb Weisungen) nützen werden, um – gegenüber der Presse bzw Öffentlichkeit – zu demonstrieren, dass aufgezeigte (behauptete) Missstände in ihrem Zuständigkeitsbereich entweder nicht bestünden oder abgestellt würden, falls sie ihre Wiederwahl anstreben.

Die hier kl Österreichische Post AG ist bspw zweifellos ein solches „öffentliches Unternehmen“: So hielt ihr Großaktionär ÖIAG per Jänner 2015 52,8 % der Aktien, wobei die Eigentümerrechte des Bundes an der ÖIAG gem § 2 ÖIAG-Gesetz 2000 durch den Bundesminister für Finanzen ausgeübt wurden (mittlerweile wurde die ÖIAG bekanntlich gem Art 1 ÖBIB-Gesetz 2015 BGBl I 2015/37formwechselnd in die Österreichische Bundes- und Industriebeteiligungen GmbH [ÖBIB] umgewandelt; weiterhin stehen sämtliche Anteile im Eigentum des Bundes, vertreten durch den Bundesminister für Finanzen). Als (einzigen) „Universaldienstbetreiber“ in Österreich treffen die Österreichische Post AG auch spezielle Verpflichtungen, so insb konkrete Vorgaben hinsichtlich der Laufzeiten der im Rahmen des Universaldienstes zu befördernden Sendungen gem § 11 PMG, dies im öffentlichen Interesse an einer entsprechenden Infrastruktur-Dienstleistung. Darüber hinaus hat der Vorstand der Österreichischen Post AG auch die Zielvorgaben des § 70 Abs 1 AktG zu beachten, wonach die Gesellschaft so zu leiten ist, wie das Wohl des Unternehmens unter Berücksichtigung der Interessen der Aktionäre und der AN sowie des öffentlichen Interesses es erfordert. Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Österreichischen Post AG wird dabei die Verpflichtung zur Rücksichtnahme auf das öffentliche Interesse verstärken, wobei dieses öffentliche Interesse in einer parlamentarischen Demokratie durch die Staatsorgane im Rahmen ihrer Zuständigkeit wahrgenommen und damit auch artikuliert und konkretisiert wird (Strasser in

Jabornegg/Strasser
, AktG II5 § 70 Rz 27 f [Stand März 2010, rdb.at]).

Aber auch unabhängig von den Eigeninteressen der Repräsentanten der „öffentlichen Hand“, die das „öffentliche Unternehmen“ beherrscht, gilt zu beachten, dass selbst eine gesetzeskonforme Leitung eines „öffentlichen Unternehmens“ der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters dann widersprechen kann, wenn durch eine negative öffentliche Reaktion (zB im Falle des „Ausreizens“ gesetzlicher Bestimmungen) mit Gegenmaßnahmen (zB der Gesetzgebung) gerechnet werden muss (allgemein Nowotny in

Doralt/Nowotny/Kalss
, AktG2 § 70 Rz 16 [Stand 1.4.2012, rdb.at]).

Zusammengefasst kann also der Druck der (in der Presse) „veröffentlichten“ Meinung auf zweifache Weise geeignet sein, den BI eines „öffentlichen353 Unternehmens“ iS einer Interessenvertretung zu Gunsten der Belegschaft (legal) zu beeinflussen, vor allem, wenn in der entsprechenden medialen Darstellung die Interessen der Belegschaft mit denen des Gemeinwohls verwoben werden, wofür das entscheidungsgegenständliche inkriminierte Interview ein gutes Anschauungsbeispiel bietet.

4.
Berufung auf Art 10 EMRK

Die Meinungsäußerungsfreiheit wird nicht nur durch Art 13 Abs 1 StGG, sondern vor allem durch Art 10 Abs 1 EMRK (und dessen materiellen Eingriffsvorbehalt in Abs 2) geschützt, welche Bestimmung unmittelbar anwendbares Verfassungsrecht darstellt (dazu näher Hengstschläger/Leeb, Grundrechte [2012] Rz 1/14). Ein Recht auf sachliche Kritik (in einer angemessenen Form) steht dabei grundsätzlich auch Beamten gegenüber dem Staat zu (vgl Meyer-Ladewig, EMRK2 [2006] Rz 18 und 36; EGMR 28.10.1999/Applic 28396/95, Wille/Liechtenstein). Wie das Erstgericht zutreffend ausführte, kann sich sohin auch ein (beamteter) Belegschaftsvertreter in dieser seiner Funktion auf Art 10 EMRK berufen.

Abgesehen von der Frage der Reichweite der Fiskalgeltung der Meinungsäußerungsfreiheit für die öffentliche Hand (dazu näher Hengstschläger/Leeb, Rz 19/15) sind die Gerichte jedenfalls zu einer entsprechend grundrechtskonformen Auslegung der von ihnen anzuwendenden Rechtsnormen auch bei der Entscheidung von Streitigkeiten zwischen Privaten verhalten (Hengstschläger/Leeb, Rz 1/75). Diese „mittelbare Drittwirkung“ gebietet mE eine grundrechtskonforme Auslegung von § 90 Abs 1 Satz 1 ArbVG, aber auch von § 9 Abs 1 Satz 1 PVG dergestalt, dass ein BR bzw ein Personalvertretungsorgan (oder ein entsprechend ermächtigtes Betriebsratsmitglied bzw ein vom Organ entsprechend ermächtigter Personalvertreter) nach einem ausdrücklichen Beschluss auch legitimiert ist, die Öffentlichkeit von dienstlichen Missständen im Zuständigkeitsbereich des Belegschaftsorgans zu informieren, wenn die unternehmensinternen Versuche bzw personalvertretungsrechtlich ausdrücklich vorgesehenen Schritte, ein Abstellen dieser Missstände zu erreichen, ergebnislos geblieben sind und – als erste wesentliche einschlägige Voraussetzung – das Gemeinwohl betroffen ist: Liegt ein entsprechendes Interesse der Allgemeinheit vor, über diese Missstände informiert zu werden (etwa weil sich dienstliche Missstände – wie entscheidungsgegenständlich– konkret auf für das Funktionieren des Gemeinwesens grundlegende Infrastrukturdienstleistungen auswirken), darf ein Bediensteter (oder ein Gewerkschaftsfunktionär) als ultima ratio sogar die Öffentlichkeit informieren (EGMR 21.7.2011/Applic 28.274/08, Heinisch/Deutschland). Ist diese Information – als zweite wesentliche einschlägige Voraussetzung – als Druckmittel, wie im Kapitel 3. dargestellt, geeignet, die Leitung eines „öffentlichen Unternehmens“ iS einer Interessenvertretung zu Gunsten der Gesamtheit der Belegschaft bzw der vertretenen Bediensteten (legal) zu beeinflussen, darf solches mE auch ein Personalvertreter bzw ein Betriebsratsmitglied. Klarzustellen ist, dass es sich diesfalls um kein „Whistleblowing“ ieS (dazu näher Goricnik in

Grünanger/Goricnik
, Arbeitnehmer-Datenschutz und Mitarbeiterkontrolle [2014] 205 ff) handelt, sondern um Interessenvertretungstätigkeit.

5.
Resümee

Im konkreten Fall war der Gang des Personalvertreters an die Öffentlichkeit aus Sicht des Rezensenten (konform mit erster und zweiter Instanz) eine Form grundsätzlich zulässiger Personalvertretungstätigkeit in Bezug auf die behaupteten Missstände gegenüber dem „öffentlichen Unternehmen“ Österreichische Post AG. In einer gleichgelagerten Konstellation eines solchen Fallspezifikums würde sich dieser Befund, nämlich eine grundsätzlich zulässige Mandatsausübung, auch für Mitglieder eines BR ergeben. Die jeweilige rechtsdogmatische Begründung ergäbe sich mE aus einer – auf Art 10 Abs 1 EMRK gestützten – entsprechenden Auslegung von § 9 Abs 1 Satz 1 PVG bzw § 90 Abs 1 Satz 1 ArbVG. Die weitergehende Frage der Rechtmäßigkeit (oder objektiven Rechtswidrigkeit) der dann im jeweiligen Einzelfall gewählten Form der Öffentlichkeitsarbeit, die auch von den in Kapitel 4. aufgestellten Voraussetzungen abhängen wird, spielt für § 28 PVG bzw § 70 PBVG keine Rolle, da es in Bezug auf die dort normierte „Immunität“ nur auf das Vorliegen von Personalvertretungstätigkeit iwS ankommt; Betriebsratsmitglieder, die nicht diesen Umfang an Immunität genießen, könnten sich aber selbst bei einem allfälligen Überschreiten der Grenzen zulässiger Mandatsausübung diesfalls auf die Mandatsschutzklausel des § 120 Abs 1 Satz 3 ArbVG berufen.354