181

Kein Haftungsprivileg eines „gleichgeordneten“ Arbeitnehmers mangels „Aufseher“-Eigenschaft

MANFREDTINHOF

Für das Herrichten von Vorwalzgerüsten waren beim damaligen AG der Parteien grundsätzlich zwei Arbeiter zuständig, nämlich der „Vorstaffel-Walzer“ und der „Vorrichter“, die diese Arbeit nicht in Über- oder Unterordnung durchführten. Wenn einer dieser beiden keine Zeit hatte und kein Helfer von einem Walzmeister zugeteilt wurde, so ersuchte der „Vorstaffel-Walzer“ entweder einen im Bereich der Vor-241straße befindlichen Arbeiter um Hilfe, oder ein Arbeiter sah selbst, dass der „Vorstaffel-Walzer“ Hilfe benötigte und kam ihm von sich aus zu Hilfe. Im Anlassfall half nun der Kl zwar dem bekl „Vorstaffel-Walzer“ beim Herrichten eines Vorwalzgerüsts, es steht aber nicht fest, ob der Kl dazu eingeteilt, vom Bekl gebeten wurde oder ob er dem Bekl von sich aus half. Der Kl erhielt bei den gegenständlichen Tätigkeiten keine Arbeitsanweisungen vom Bekl.

Nachdem sich offenbar ein Arbeitsunfall aus Verschulden des Bekl ereignet hatte und der Kl Schadenersatz verlangte, hatten die Gerichte zu prüfen, ob der Bekl als „Aufseher“ im Betrieb anzusehen war. In diesem Fall wäre er in den Genuss des Haftungsprivilegs des § 333 Abs 1 ASVG gelangt: Für Körperverletzungen infolge eines Arbeitsunfalls haften der AG und – gem § 333 Abs 4 ASVG – dessen Aufseher nur bei vorsätzlicher Schadensverursachung.

„Aufseher“ im Betrieb kann jedenfalls nur der sein, der andere Betriebsangehörige oder wenigstens einen Teil des Betriebs zu überwachen hat. Nicht entscheidend ist, ob eine Dauerfunktion ausgeübt wird, wenn die Qualifikation nur im Zeitpunkt der schadenverursachenden Handlungen besteht. Bei einer „Zwei-Mann-Partie“ wurde von der Rsp auch schon derjenige als „Aufseher“ angesehen, der hinsichtlich einer bestimmten Arbeit entscheidungsbefugt ist.

Der OGH hielt die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass sich die Parteien bei dieser Arbeit als gleichberechtigte AN gegenüberstanden, weil der Bekl keine Weisungsbefugnis gegenüber dem Kl hatte, für vertretbar und wies die außerordentliche Revision des Bekl zurück.

ANMERKUNG DES VERFASSERS:
Die normale Schadenshaftung von AG und der von diesen eingesetzten Führungskräften wurde für den Bereich der Gesundheitsschäden sozusagen durch die Übernahme der Beiträge zur gesetzlichen UV „abgelöst“.