192Ungleichbehandlung von „Aushilfspersonal“ gegenüber Beamten bei einer Dienstalterszulage ist ohne sachliche Gründe unzulässig
Ungleichbehandlung von „Aushilfspersonal“ gegenüber Beamten bei einer Dienstalterszulage ist ohne sachliche Gründe unzulässig
§ 4 Nr 1 der Rahmenvereinbarung steht einer Regelung entgegen, die ohne Rechtfertigung durch sachliche Gründe Aushilfspersonal von Dienstalterszulagen für Berufsbeamte ausschließt, wenn sich beide Kategorien von AN in einer vergleichbaren Lage befinden.
Die Leiterin des Sekretariats eines Ständigen Ratsmitglieds beim Consejo de Estado in Spanien war seit 1980 – auch in früheren Tätigkeiten beim Verfassungsgericht und beim Wirtschafts- und Sozialrat – stets im Rahmen des „Personal eventual“ beschäftigt. (Die deutsche Fassung des Urteils spricht etwas irreführend von „Aushilfspersonal“. Tatsächlich sollen diese Personen im Normalfall als Vertrauenspersonen oder Sonderberater „im Rahmen einer Stelle politischer oder ähnlicher Art“ beschäftigt werden.) Während Berufsbeamte in streng geregelten Verfahren nach Befähigung und anderen objektivierbaren Kriterien ausgewählt werden, werden diese Vertrauenspersonen nach freiem Ermessen des Politikers oder sonstigen Amtsträgers aufgenommen und verlieren ihre Anstellung automatisch mit Ausscheiden des Amtsträgers, für den sie tätig waren. Der Antrag von Frau Regojo Dans auf sogenannte Dreijahresdienstalterszulagen ab 1980 wurde mit der Begründung abgelehnt, dass das entsprechende nationale Gesetz für das „Aushilfspersonal“ keine Dienstalterszulagen vorsehe. Allerdings sieht eine andere gesetzliche Regelung vor, dass Berufsbeamte, die auf eine dem „Aushilfspersonal“ vorbehaltene Stelle abgeordnet werden, diese Zulage erhalten.
Der spanische OGH setzte das Verfahren aus und wandte sich an den EuGH zunächst mit der Frage, ob das „Aushilfspersonal“ unter die Definition des „befristet beschäftigten Arbeitnehmers“ und damit in den Anwendungsbereich der Rahmenvereinbarung falle. Dies wurde vom EuGH aufgrund des automatischen Vertragsendes bei Ausscheiden des Amtsträgers, für den die Tätigkeit ausgeübt wird, bejaht.
Die zweite und dritte Vorlagefrage fasste der EuGH im Wesentlichen zur Frage danach zusammen, ob die Rahmenvereinbarung mit dem beschriebenen Ausschluss des „Aushilfspersonals“ von den Dienstalterszulagen vereinbar sei. Der EuGH entschied wie oben im Leitsatz ersichtlich.
„Wie aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu den Dreijahresdienstalterszulagen wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die Beschäftigungsbedingungen im Sinne von Paragraf 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung darstellen, hervorgeht, dürfen befristet beschäftigte Arbeitnehmer ohne sachliche Rechtfertigung nicht schlechter behandelt werden als Dauerbeschäftigte, die sich in einer vergleichbaren Situation befinden (vgl. in diesem Sinne Urteile Del Cerro Alonso, C-307/05, EU:C:2007:509, Rn. 42 und 47, Impact, C-268/06, EU:C:2008:223, Rn. 126, sowie Gavieiro Gavieiro und Iglesias Torres, C-444/09 und C-456/09, EU:C:2010:819, Rn. 53). […]
In jedem Fall obliegt unter solchen Umständen dem vorlegenden Gericht die Feststellung, ob sich die Berufsbeamten und das Aushilfspersonal, für das eine Ungleichbehandlung im Hinblick auf die Beschäftigungsbedingungen vorgetragen wird, bezogen auf den Erhalt der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Dreijahresdienstalterszulagen in einer vergleichbaren Situation befinden. […]
Wenn dieses Gericht […] der Auffassung ist, dass die Klägerin des Ausgangsverfahrens in ihrer Eigen- 252schaft als Angehörige des Aushilfspersonals eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit wie ein Berufsbeamter des Consejo de Estado oder eines anderen, ähnlichen Organs ausgeübt hat, wäre der einzige Ansatzpunkt, um ihre Situation von der eines Berufsbeamten zu unterscheiden, die Befristung des Arbeitsverhältnisses, das sie während der Erfüllung der Dienstzeiten als Aushilfspersonal an ihren Arbeitgeber band.
In einem solchen Fall befände sich die Klägerin des Ausgangsverfahrens in einer vergleichbaren Situation mit diesem Berufsbeamten, und es wäre zu prüfen, ob ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung zwischen diesen beiden Arbeitnehmern besteht, die sich im vorliegenden Fall aus der Weigerung ergibt, der Klägerin des Ausgangsverfahrens die Dreijahresdienstalterszulagen für diese Dienstzeiten zu gewähren. […]
Hierzu ist zum einen darauf hinzuweisen, dass zwar die Prüfung, ob diese Argumente […] sachliche Gründe im Sinne von Paragraf 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung darstellen, grundsätzlich dem vorlegenden Gericht obliegt, die Tatsache, dass das Aushilfspersonal nicht dauerhaft eingesetzt wird, aber in keinem Fall als ein solcher Grund angesehen werden kann.
Zum anderen scheint, auch wenn einige der Unterschiede hinsichtlich der Einstellung von Berufsbeamten, der verlangten Qualifikationen und der Art der Aufgaben, für die sie Verantwortung zu tragen haben, grundsätzlich eine unterschiedliche Behandlung des Aushilfspersonals in Bezug auf seine Beschäftigungsbedingungen rechtfertigen können, […] dies im Ausgangsverfahren nicht der Fall zu sein. […]
Aus dem Wortlaut von Art. 26 Abs. 4 Unterabs. 2 des Gesetzes 2/2012 geht nämlich hervor, dass den Berufsbeamten, die im aktiven Dienst oder im Rahmen einer Abordnung Stellen besetzen, die dem Aushilfspersonal vorbehalten sind, die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Dreijahresdienstalterszulagen gewährt werden. Die Tatsache, dass solche Berufsbeamte diese Zulagen auch während des Zeitraums, in dem sie dem Aushilfspersonal vorbehaltene Aufgaben übernehmen, erhalten, widerspricht dem Argument, nach dem die besondere Art der Aufgaben als Vertrauensperson oder Sonderberater, mit denen das Aushilfspersonal betraut ist, diese beiden Arten von Personal unterscheide und eine unterschiedliche Behandlung zwischen ihnen in Bezug auf die Gewährung dieser Zulagen rechtfertige.
Nach alledem ist auf die zweite und die dritte Frage zu antworten, dass Paragraf 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die ohne Rechtfertigung durch sachliche Gründe das Aushilfspersonal vom Anspruch auf die Dreijahresdienstalterszulagen, die u. a. den Berufsbeamten gewährt werden, ausschließt, dann entgegensteht, wenn sich diese beiden Kategorien von Arbeitnehmern im Hinblick auf den Erhalt dieser Zulage in einer vergleichbaren Lage befinden, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.“
Der EuGH hat mit der vorliegenden E deutlich gemacht, dass er nicht beabsichtigt von der Linie seiner Rsp, die er zu befristeten Arbeitsverhältnissen bereits im Gesundheits- und Bildungsbereich vorgelegt hat, abzugehen. Und obwohl es Sache des vorlegenden Gerichtes ist, festzustellen, ob sich erstens die beiden zu vergleichenden Berufsgruppen (Beamte und „Aushilfspersonal“) in vergleichbarer Situation befinden und ob sich – wenn dies bejaht wird – dennoch sachliche, eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigende Gründe finden lassen, deutet der EuGH an, dass er nach dem bisherigen Vorbringen (der spanischen Regierung) keine derartigen sachlichen Gründe erkennen kann.
Der EuGH stellt vielmehr mit aller Deutlichkeit klar, dass die Tatsache, dass „Aushilfspersonal“ nicht dauerhaft eingesetzt wird, in keinem Fall einen solchen Rechtfertigungsgrund darzustellen vermag. Vielmehr müsse eine Ungleichbehandlung durch genau bezeichnete, konkrete Umstände gerechtfertigt sein. Die Unterscheidung der Beschäftigungsbedingungen müsste in ihrem speziellen Zusammenhang auf der Grundlage objektiver und transparenter Kriterien einem echten Bedarf entsprechen und für die Erreichung eines legitimen Ziels auch geeignet sein.
Als Argument brachte die spanische Regierung vor, dass sich sowohl die Aufgaben als auch die Funktion des „Aushilfspersonals“ von jener der Beamten unterscheiden. Vor allem seien die Aufgaben auf solche als „Vertrauensperson oder Sonderberater“ beschränkt, und die „Aushilfspersonen“ dürften nicht wie Beamte Aufgaben der öffentlichen Verwaltung ausüben, keine Leistungen an die Verwaltung oder Maßnahmen im Zuge der reinen Verwaltungsorganisation erbringen.
Diese Unterscheidungsmerkmale werden aber dadurch relativiert, dass Beamte, die als „Aushilfspersonal“ eingesetzt werden, sehr wohl Anspruch auf eine Dienstalterszulage haben. Deshalb steht für den EuGH die spanische Regelung, die dem „Aushilfspersonal“ diese Zulage vorenthält, gegen das Nichtdiskriminierungsgebot der Rahmenvereinbarung und steht die Zulage auch der befristet beschäftigten Kl zu, sofern nicht das nationale Gericht doch noch nach objektiven Kriterien feststellt, dass die Kl nicht mit Berufsbeamten vergleichbar sei (was angesichts ihrer Tätigkeit – laut EuGH „unterstützende Aufgaben im Bereich Verwaltungstätigkeiten“ – wenig wahrscheinlich ist).253