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Leistungseinstellung wegen genereller Arbeitsunwilligkeit, auch wenn zwei der drei Zuweisungen die identische Beschäftigung betreffen. Auch ist für in München lebende, aber in Österreich Arbeit Suchende entsprechende Wegzeit zumutbar.

JUTTAKEUL

Ein Arbeitsloser erklärte sich nach seiner letzten Beschäftigung, der er, von seinem Wohnort in München (Mü) aus, in Österreich nachgegangen war, für den österreichischen Arbeitsmarkt als verfügbar und bezog Leistungen nach dem AlVG. Das AMS stellte ab 15.7.2013 seinen Notstandshilfebezug mangels Arbeitswilligkeit ein. Er habe innerhalb eines Jahres zum dritten Mal das Zustandekommen eines zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses vereitelt. In seiner Berufung brachte der Arbeitslose vor, dass die beiden ersten zugewiesenen Stellen, wegen deren Vereitelung im September 2012 und März 2013 jeweils eine Leistungssperre verhängt worden war, ua wegen der verbundenen täglichen Wegzeit (von Mü nach Salzburg [S] und zurück) nicht zumutbar gewesen wären. Auch läge keine zweimalige Ablehnung einer Beschäftigung vor, da es sich um die identische Beschäftigung gehandelt habe. Bezüglich der dritten Sperre führte er aus, dass das AMS ihm im Juni 2013 eine Teilzeitbeschäftigung als Teamassistent in S zugewiesen habe. Dabei habe er keine Zu- oder Absage versäumt, sondern sich zunächst über die Zumutbarkeit informieren müssen, auch hier seien ua die Wegzeit und die hohen Fahrtkosten unzumutbar.

Das AMS wies die Berufung ab. Beim Vorstellungstermin am 3.7.2013 sei seitens der Firma mit dem Arbeitslosen vereinbart worden, dass er offene Fragen bezüglich eines Fahrtkostenzuschusses für die tägliche Fahrt von Mü nach S mit dem AMS klären und sich für den gewünschten Dienstantritt am 15.7.2013 vereinbarungsgemäß bis 10.7.2013 bei der Firma melden werde. Am 8.7.2013 übermittelte er ua ein Schreiben an die Firma, dass er die Stelle aufgrund der hohen Fahrtkosten als unzumutbar erachte. Am 10.7.2013 teilte er der Firma mit, dass er wegen der Fahrtkosten noch nichts wisse und259sich nach Abklärung melden werde. Daraufhin konnte er zum Arbeitsantritt 15.7.2103 nicht eingestellt werden. Das AMS hielt fest, dass die Entlohnung dem KollV entsprochen habe. Die hohen Anreisekosten seien unbeachtlich, weil die Fahrtkosten zwischen Wohn- und Dienstort grundsätzlich vom AN zu tragen seien. Mit seiner Entscheidung, sich trotz seines Wohnsitzes in Mü dem österreichischen Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen, habe er erhöhte Fahrtkosten in Kauf genommen. Was die tägliche Wegzeit von vier Stunden – bei einer Teilzeitstelle – betrifft, habe er bereits während seines Dienstverhältnisses von Oktober 1999 bis September 2004 seinen Wohnort in Mü gehabt. Er habe seine Erwerbstätigkeit als Grenzgänger ausgeübt und nach Eintritt der Arbeitslosigkeit von seinem Wahlrecht Gebrauch gemacht und den Antrag auf Arbeitslosengeld beim AMS gestellt. Dabei habe er auch ausdrücklich erklärt, dass er dem lokalen Arbeitsmarkt uneingeschränkt zur Verfügung stehe. Die Zuständigkeit des AMS impliziere die Fiktion eines Wohnsitzes in S in Bezug auf die Erreichbarkeit eines vom AMS angebotenen Arbeitsplatzes. Andernfalls könnte sich der Arbeitslose auf Grund seines ausländischen Wohnsitzes unter Hinweis auf die Wegzeit stets einer Vermittlung entziehen. Ausgehend von einem Wohnsitz am Sitz des AMS dauere der Fußweg zur (dritten) Firma nur drei Minuten. Die vermittelte Beschäftigung habe daher sämtliche Voraussetzungen der Zumutbarkeit iSd § 9 AlVG aufgewiesen. Er habe das Beschäftigungsverhältnis zwar nicht definitiv abgelehnt, aber, obwohl er wusste, dass die Firma einen Mitarbeiter ab sofort suchte, eine Entscheidung über die Annahme der Stelle hinausgezögert. Unter diesen Umständen habe die Firma seine Äußerung als Ablehnung zu werten gehabt, zumal er die Stelle wegen der hohen Fahrtkosten bereits als unzumutbar bezeichnet hatte. Es liege daher Arbeitsverweigerung vor. Auch die beiden Vorsperren seien rechtskräftig geworden, so dass die Einstellung der Leistung mangels Arbeitswilligkeit zu Recht erfolgt sei.

Der VwGH bestätigte die E des AMS und gab der Revision des Arbeitslosen keine Folge. Im konkreten Fall liegen besondere Umstände iSd vierten Satzes des § 9 Abs 2 AlVG vor, die wesentlich längere Wegzeiten als die „jedenfalls eineinhalb Stunden“ bei einer Teilzeitbeschäftigung rechtfertigen. Mit Ausübung seines Wahlrechts, als Grenzgänger mit Wohnsitz in Mü dem österreichischen Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen, nimmt er eine längere Entfernung zwischen seinem Wohnsitz und der neuen (potenziellen) Arbeitsstätte bewusst in Kauf. Auch die Vereitelung der dritten Beschäftigung liegt vor. Das aufgezeigte Verhalten war für das Nichtzustandekommen der Beschäftigung kausal. Er hat auch zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt, da er mit seinem Vorgehen in Kauf genommen hat, dass das Dienstverhältnis nicht zustande gekommen ist. Was die zweimalige Zuweisung einer Beschäftigung bei derselben Firma im September 2012 und März 2013 betrifft, so handelte es sich dabei um zwei verschiedene zu unterschiedlichen Zeitpunkten stattgefundene Vereitelungshandlungen. Unerheblich ist dabei, dass es sich beide Male um dieselbe Beschäftigung gehandelt hat.