205Grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung und Notwendigkeit einer Beschäftigungsbewilligung
Grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung und Notwendigkeit einer Beschäftigungsbewilligung
Ausgangspunkt des gegenständlichen Verfahrens war die Klage eines ungarischen Unternehmens gegen zwei Anwälte wegen vermeintlicher Falschauskünfte. Diese hatten die Auskunft erteilt, dass im Falle einer Überlassung ungarischer AN an ein österreichisches Unternehmen – konkret waren die AN in Österreich bei der Firma Alpenrind GmbH mit der Verarbeitung und Verpackung von Rinderhälften beschäftigt – keine Beschäftigungsbewilligung erforderlich sei. Die Tätigkeit dieser AN falle nicht in die im Zuge der Übergangsfristen am Arbeitsmarkt besonders geschützten Sektoren (insb Bau) und es263 handle sich auch nicht um eine Arbeitskräfteüberlassung.
Die österreichischen Behörden kamen jedoch zum Schluss, dass es sich um eine Arbeitskräfteüberlassung handelt, die eine Beschäftigungsbewilligung erfordert und verhängten in Folge gegen das ungarische Unternehmen eine hohe Geldstrafe.
Der EuGH urteile bezugnehmend auf die E Vicoplus ua (10.2.2011, C-307/09 bis 309/09), dass im Falle einer Arbeitskräfteüberlassung die Übergangsbestimmungen auch dann zur Anwendung kommen, wenn es sich nicht um einen besonders geschützten Sektor handelt. Österreich war daher – solange die Übergangsfristen gegenüber Ungarn noch nicht abgelaufen waren – berechtigt, in derartigen Fällen eine Beschäftigungsbewilligung zu verlangen.
ANMERKUNG DES VERFASSERS: Aktuell relevant ist die Aussage des EuGH nur mehr in Bezug auf Kroatien, da die Übergangsfristen zwischen Kroatien und Österreich noch nicht abgelaufen sind. Interessant ist die E des EuGH auch in Bezug auf die Abgrenzung von Arbeitskräfteüberlassung und Erbringung einer Dienstleistung auf Grund eines Werkvertrags. So etwa ist es für den Gerichtshof irrelevant, dass die Tätigkeiten der AN in den Räumlichkeiten und mit den gemieteten Maschinen des Vertragspartners (Alpenrind GmbH) erfolgen. Entscheidend ist seiner Ansicht auch nicht, dass der Vertragspartner den AN bestimmte allgemeine Anweisungen erteilt, sofern die genauen und individuellen Weisungen durch den AG direkt erfolgen. Die Abgrenzung des EuGH zwischen Arbeitskräfteüberlassung und Werkvertrag dürfte sich also wesentlich von der nach österreichischem Recht unterscheiden. Denn für den Gerichtshof ist allein maßgeblich, ob der eigentliche Gegenstand der vertraglich vereinbarten Dienstleistung der Wechsel von AN in den Aufnahmemitgliedstaat ist. Dies ändert jedoch nichts daran, dass für das AÜG die Abgrenzung nach § 4 AÜG weiterhin relevant bleibt. |