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Verweisung von Angestellten auf Tätigkeiten der nächstniedrigeren Kollektivvertragsstufe

ANDREATUMBERGER

Die Kl war als Filialleiterin in der Beschäftigungsgruppe 4 des KollV für Handelsangestellte eingestuft. Aufgrund ihrer medizinischen Einschränkungen ist ihr nur mehr eine Halbtagsbeschäftigung im Rahmen von Innendiensttätigkeiten an einem Büroarbeitsplatz als Sachbearbeiterin entsprechend der Beschäftigungsgruppe 3 des Handels-KollV zumutbar.

Der OGH bestätigt die Entscheidungen der Vorinstanzen, dass eine Verweisung auf diese Tätigkeiten kein unzumutbarer sozialer Abstieg wäre, eine Wohnsitzverlegung und ein Wochenpendeln möglich und zumutbar sind:

Unzumutbar ist der soziale Abstieg vor allem dann, wenn die Verweisungstätigkeit in den Augen der Öffentlichkeit ein wesentlich geringeres Ansehen genießen würde. Die Einstufung einer Tätigkeit in einen KollV kann dafür ein Indiz bilden und zur Beurteilung des sozialen Werts und eines sozialen Abstiegs herangezogen werden. In stRsp wird die Auffassung vertreten, dass die Verweisung von Angestellten auf Tätigkeiten der nächstniedrigeren Beschäftigungs- oder Verwendungsgruppe eines KollV in der Regel mit keinem unzumutbaren sozialen Abstieg verbunden ist, auch wenn es sich dabei um Arbeiten mit weniger Eigenverantwortung handelt. Gewisse Einbußen an Entlohnung und sozialem Prestige muss ein Versicherter hinnehmen (OGH 15.9.1998, 10 ObS 239/98i).

Die Revisionswerberin brachte vor, dass der Verlust der Vorgesetztenfunktion zu einem unzumutbaren sozialen Abstieg führt. Der OGH verneinte dies, weil in den der Beschäftigungsgruppe 3 enthaltenen Tätigkeiten ein gewisses Maß an Selbstständigkeit und Verantwortung enthalten ist, wie sie auch eine Filialleiterin aufweisen muss (OGH 10.6.2008, 10 ObS 73/08w). Auch eine geringere Entlohnung sei für sich alleine kein Kriterium für einen unzumutbaren sozialen Abstieg (RIS-Justiz RS 0085599 [T6]).

Ob einem ursprünglich Vollzeitbeschäftigten, der nur mehr Teilzeitarbeit verrichten kann, zur Erreichung eines entsprechenden Arbeitsplatzes eine Wohnsitzverlegung oder ein Wochenpendeln zumutbar ist, ist nach den Besonderheiten des Einzelfalls zu beurteilen (RS0085027). Maßgeblich dafür ist die Höhe des Erwerbseinkommens, das der Versicherte mit seinem eingeschränkten Leistungskalkül durch eine Halbtagsbeschäftigung in den Verweisungsberufen – einschließlich Sonderzahlungen und anderen regelmäßigen Gehaltsbestandteilen – konkret erreichen kann. Für den Fall, dass das zu erwartende Einkommen weit unter dem Ausgleichszulagenrichtsatz liegt, wurden bereits eine Verlegung des Wohnsitzes und ein Wochenpendeln vom OGH als nicht zumutbar erachtet (19.11.2013, 10 ObS 168/13y mwN). Das von der Kl im Rahmen der Verweisungstätigkeit erzielbare monatliche Einkommen von € 1.874,14 netto (inklusive Sonderzahlungen) liegt aber weit über dem Ausgleichszulagenrichtsatz.268