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Freie Dienstverträge von TaxitänzerInnen

MONIKAWEISSENSTEINER

Mit der vorliegenden Frage der Pflichtversicherung von sogenannten TaxitänzerInnen hatte sich der VwGH bereits zu befassen (siehe bereits Erk vom 25.6.2013, 2011/08/0346und 2013/08/0021). Der Revisionswerber betreibt eine Agentur, deren Tätigkeit darin besteht, Kunden wie zB Betreiber von Tanzlokalen oder Ballveranstalter zu akquirieren und diesen TänzerInnen zu vermitteln. Diese sollten die jeweiligen Gäste zum Paartanz auffordern, damit sich so viele Gäste wie möglich auf der Tanzfläche aufhielten. Daneben umfasste die Tätigkeit auch die „seriöse Tanzbegleitung von Privatpersonen“ und die Darbietung von Tanzeinlagen. Der Auftraggeber hatte mit den TänzerInnen schriftlich bzw konkludent eine Rahmenvereinbarung getroffen, nach deren wesentlichem Inhalt die zu erbringende Leistung „auf Basis einer selbständigen Erwerbstätigkeit“ erfolgen sollte, was nicht zutrifft: Beim Tanzen handelt es sich nicht um ein Endprodukt, sondern um laufend zu erbringende Dienstleistungen. Es ist auch kein Maßstab ersichtlich, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei mangelhafter Herstellung des „Werkes“ solcher „TaxitänzerInnen“ be-29urteilt werden sollten. Die TänzerInnen haben ihre Dienstleistungen zudem (überwiegend) persönlich erbracht und waren mangels Verfügung über wesentliche eigene Betriebsmittel auch wirtschaftlich abhängig, so dass auch das Vorliegen eines unternehmerähnlichen freien Dienstvertrags, der eine Pflichtversicherung nach § 2 Abs 1 Z 4 GSVG begründen würde, auszuschließen ist.

Die Vereinbarung kann daher nicht die Vermutung der Richtigkeit für sich haben. Die Beurteilung hat daher nach dem Gesamtbild der Beschäftigung zu erfolgen. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein echter Dienstvertrag (§ 4 Abs 2 ASVG) oder ein freier Dienstvertrag (§ 4 Abs 4 ASVG) vorliege, stellte der VwGH zunächst fest, dass persönliche Arbeitspflicht, also keine generelle Vertretungsbefugnis und kein jederzeitiges sanktionsloses Ablehnungsrecht betreffend bereits vereinbarter Leistungen bestand.

Beim zweiten Prüfungsschritt – ist die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten weitgehend ausgeschaltet? – hielt der VwGH fest, dass sich die Weisungsgebundenheit in Hinblick auf das arbeitsbezogene Verhalten bei der hier vorliegenden dislozierten Beschäftigung anders darstellt als bei Einbindung in eine Betriebsorganisation: Während in letzterem Fall die persönliche Abhängigkeit oft weniger durch die Erteilung von Weisungen, sondern durch die „stille Autorität“ des AG zum Ausdruck kommt, wird bei außerhalb eines Betriebs stattfindender Beschäftigung die persönliche Abhängigkeit durch eine über die bloß sachliche Kontrolle des Arbeitsergebnisses hinausreichende, die persönliche Bestimmungsfreiheit einschränkende Kontrollmöglichkeit bzw persönliche Weisungen dokumentiert.

Der Revisionswerber hatte keine persönliche Kontrollmöglichkeit, es bestand auch keine Verpflichtung, detailliert Rechenschaft zu legen, um eine wirksame Kontrolle zu ermöglichen. Es war in erster Linie den vor Ort auf sich allein gestellten TaxitänzerInnen überlassen, sich entsprechend geschickt zu verhalten, ihre Animationsleistung in sozial kluger Weise zu erbringen und insgesamt bei den Kunden so aufzutreten, dass die TanzpartnerInnen zufrieden waren.

Die ebenfalls zur Beurteilung heranzuziehenden Nebenkriterien (die Verwendung eigener – wenn auch nicht wesentlicher – Betriebsmittel, wie insb des eigenen KFZ, die relativ geringe zeitliche Inanspruchnahme durch die Nebenbeschäftigung und das Fehlen sachlicher Weisungen auf der einen Seite, das zeitabhängige Entgelt und die Konkurrenzklausel auf der anderen) sprechen insgesamt nicht gegen das Vorliegen eines freien Dienstvertrages. Eine Abwägung ergibt daher, dass die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit in diesem Fall nicht überwiegen und daher freie Dienstverträge vorliegen. Im Fall eines freien Dienstvertrages ergibt sich keine tageweise, sondern eine durchlaufende Pflichtversicherung.