34Anrechnung einer Versorgungsrente auf die Ausgleichszulage – Meldepflichtverletzung des Sachwalters
Anrechnung einer Versorgungsrente auf die Ausgleichszulage – Meldepflichtverletzung des Sachwalters
Die Auszahlung des Pflichtteils als Leibrente ist auf den Anspruch auf Ausgleichszulage anzurechnen. Soweit für die anspruchsberechtigte Person ein Sachwalter bestellt ist, ist dieser zur Meldung verpflichtet.
Der Vater des Kl hatte testamentarisch festgelegt, dass statt des Pflichtteils an der Erbschaft eine Leibrente zustehen soll. Zur Zahlung dieser Rente waren die beiden Geschwister des Kl verpflichtet. Nach dem Tod des Vaters überwiesen diese für den Zeitraum August 2011 bis Juli 2014 den gesamten ausständigen Betrag und leisteten seither die Rente. Der Sachwalter des Kl, der als Rechtsanwalt auch das Testament des Vaters aufgesetzt hatte, meldete im Oktober 2014 bei der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) den Bezug der Leibrente.
Mit Bescheid vom 3.12.2014 stellte die PVA fest, dass der Anspruch des Kl mit 31.7.2011 geendet hat. Der vom 1.8.2011 bis 30.11.2014 entstandene Überbezug wurde rückgefordert. Das Erstgericht wies die dagegen erhobene Klage ab. Der auf einem Vermächtnis beruhende Anspruch auf eine monatliche Zahlung falle unter die Einkünfte gem § 292 Abs 3 ASVG. Die Anrechnung des Vermächtnisses auf den Pflichtteil des Kl nach seinem Vater ändere daran nichts. Die Meldepflicht bezüglich des Einkommens sei verletzt worden.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Kl nicht Folge. Die im August 2014 tatsächlich zugeflossene Zahlung und die ab dann erfolgten regelmäßigen Leistungen seien bei der Ermittlung des Nettoeinkommens des Kl zu berücksichtigen, weil sie nicht in den Ausnahmenkatalog des § 292 Abs 4 ASVG fielen. Der Versorgungscharakter der Leistungen stehe im Vordergrund. Die gegen diese E eingebrachte außerordentliche Revision wurde vom OGH zugelassen, ihr wurde aber keine Folge gegeben.
„Die Rechtsprechung betont, dass grundsätzlich sämtliche Einkünfte des Pensionsberechtigten in Geld oder Geldeswert bei der Feststellung des Anspruchs auf Ausgleichszulage zu berücksichtigen sind; es kommt nicht darauf an, aus welchem Titel und von wem die Einkünfte zufließen, ob sie dem Empfänger für oder ohne eine Gegenleistung zufließen und ob sie allenfalls der Steuerpflicht unterliegen (RIS-Justiz RS0085296). Abgestellt wird auf ‚Ansprüche mit Einkommenscharakter‘, die dem Pensionsberechtigten auf vertraglicher oder gesetzlicher Grundlage zustehen (RIS-Justiz RS0085296 [T1]). […] Vermögen fällt nicht unter den Begriff der Einkünfte (RIS-Justiz RS0085101); es ist ausgleichszulagenneutral (10 ObS 71/09b, SSV-NF 23/46; RIS-Justiz RS0085284). Von der Berücksichtigung sämtlicher Einkünfte der pensionsberechtigten Person in Geld oder Geldeswert ist nur abzusehen, soweit eine der in § 292 Abs. 4 ASVG genannten Ausnahmen vorliegt. […]
Der Kläger wendet sich gegen die Anrechnung der Rente mit dem Hinweis darauf, dass mit der Rente sein Pflichtteilsanspruch abgegolten werde; in Wirklichkeit liege also kein Einkommen, sondern ausgleichszulagenneutrales Vermögen vor, das im Wege des Pflichtteils innerhalb der Familie transferiert werde. […] Diesem Standpunkt steht entgegen, dass das Bestehen eines Anspruchs, der in Form einer Geldrente abgefunden wird (oder auch umgekehrt), im Hinblick auf den Einkommenscharakter nichts an der Anrechnung ändert, sofern nicht ein Ausnahmetatbestand nach § 292 Abs. 4 ASVG eingreift. […] Der Umstand, dass der Kläger die ihm für den Zeitraum August 2011 bis Juli 2014 zustehenden Rentenbeträge tatsächlich als Gesamtbetrag im August 2014 erhalten hat, steht einer Berücksichtigung des Zuflusses in den einzelnen Monaten, für die die Zahlung gewidmet war, nicht entgegen. […]
Die Meldepflicht trifft grundsätzlich den Anspruchsberechtigten auf eine Leistung. Soweit für die anspruchsberechtigte Person aber ein Sachwalter (mit einem entsprechenden Pflichtenkreis) bestellt ist, ist dieser – innerhalb seines Pflichtenkreises – zur Mel-35dung verpflichtet. […] Im vorliegenden Fall wurde der Sachwalter auch zur Vertretung des Klägers vor Sozialversicherungsträgern bestellt. […] Auch wenn nur tatsächlich zufließende Einkünfte auf den Anspruch auf Ausgleichszulage anzurechnen sind […], kann eine Meldepflicht bereits vor dem Zufließen bestehen. […] Der Versicherungsträger muss nämlich in die Lage versetzt werden, über die Gewährung der Ausgleichszulage als Vorschuss zu entscheiden.“
Die Ausgleichszulage soll PensionsbezieherInnen ein „Mindesteinkommen“ gewähren. Der Anspruch auf Ausgleichszulage setzt einen Pensionsbezug voraus, hat zwar sozialhilfeähnlichen Charakter, ist aber keine Sozialhilfeleistung. Bei der Ausgleichszulage wird ausschließlich das Nettoeinkommen, sei es Barbezüge oder Sachbezüge berücksichtigt, nicht angerechnet werden Unterhaltsansprüche oder Vermögen. Angerechnet wird nur tatsächlich zufließendes Einkommen oder nach ständiger Judikatur rechtsmissbräuchlich nicht geltend Gemachtes. Es wird keine Anspannung gefordert. Personen, die eine Ausgleichszulage beziehen, sind nicht verpflichtet, Vermögenswerte zu versilbern oder vorhandenes Kapital fruchtbringend anzulegen. Nur die tatsächlich bezogenen Einkünfte (zB Kapitalerträge) vermindern den Anspruch auf Ausgleichszulage. Hat jemand dagegen ein noch so großes Vermögen, das keine Einkünfte abwirft, oder sogar Bargeld in beträchtlicher Höhe, mindert dies den Anspruch auf Ausgleichszulage in keiner Weise. Bei der Anrechnung von Einkommen ist der Gesetzgeber dagegen streng. Anzurechnen sind alle Arten von Einkünften, außer es handelt sich um eine der im § 292 Abs 3 ASVG angeführten Leistungen. Diese Leistungen werden nicht beispielhaft angeführt, sondern der Gesetzgeber hat eine abschließende Regelung getroffen. Die Eigenart der Ausgleichszulage, dass sie eine existenzsichernde Leistung ist, bei der allerdings nur der Ertrag aus einem Vermögen, nicht aber das Vermögen an sich angerechnet wird, führt für den vorliegenden Fall zu folgenden Konsequenzen: Hätte der Erblasser den Erbteil testamentarisch nicht in eine regelmäßige Leistung umgewandelt, wäre dem Ausgleichszulagenbezieher der gesamte Pflichtteil ohne Anrechnung auf die Ausgleichszulage zugestanden. Die E ist somit genauso formalistisch wie konsequent.