Urnik/Pfeil (Hrsg)Internationale Personalentsendung – Chancen und Risiken aus Management- und Rechtsperspektive
Manz Verlag, Wien 2015, X, 158 Seiten, broschiert, € 28,80
Urnik/Pfeil (Hrsg)Internationale Personalentsendung – Chancen und Risiken aus Management- und Rechtsperspektive
Vorliegendes Buch stellt den Tagungsband eines Symposiums der Aspekte von internationalen Personalentsendungen vom 2.10.2014 des Wissensnetzwerkes der Universität Salzburg dar.
Die Herangehensweise an diese Thematik ist fächerübergreifend gewählt. So werden neben der arbeits- und sozialrechtlichen Sicht auf Entsendungen und deren Normenspezialitäten auch die Herausforderungen einer solchen aus der Perspektive von Betriebswirtschaft und Steuerrecht beleuchtet sowie Betrachtungen über Auswirkungen von „Mitarbeiter-Flexibilität“ angestellt.
Die zehn Autorinnen und Autoren des Tagungsbandes setzen sich aus ExpertInnen aus der Praxis und dem universitären bzw ministeriellen Bereich zusammen.
So behandeln Christian A. Mahringer und Birgit Renzl personalstrategische Faktoren, die bei einer Entsendung angestellt werden können. Nach dieser Darstellung spielen Einschätzungen bezüglich Wissenstransfer, das Auffinden geeigneter, von den AutorInnen als „talentiert“ bezeichneten MitarbeiterInnen sowie deren Entwicklungsmöglichkeiten eine wesentliche Rolle. Als wesentlich in dieser Sichtweise kann auch neben der Bereitstellung geeigneter Angebote und der zielgerichteten Auswahl der MitarbeiterInnen die Vorbereitung, Begleitung während der Entsendung und die geregelte Repatriierung bezeichnet werden, damit eine Entsendung als Erfolg – von beiden Vertragspartnerseiten – gewertet werden kann. Ebenfalls berührt der Beitrag die Schwierigkeiten, die sich im Zusammenhang eines Arbeitsumfeldes in gänzlich unterschiedlich gelagerten Gesellschaftskulturen ergeben, sowie Probleme von Compliance im Rahmen dieser internationalen Tätigkeit, die oftmals auf unterschiedliche nationale Standards und Gepflogenheiten zurückführbar sind. Die Überlegungen der AutorInnen, denen mE inhaltlich voll und ganz zuzustimmen ist, betreffen aber typischerweise das Premiumsegment von Entsendungen, bei welchen (lokale) arbeitsrechtliche Mindeststandards, wie sie durch die Entsendungs-RL geschützt werden, typischerweise nicht berührt werden.
In diesem Zusammenhang beschäftigt sich dann auch Barbara Müller in ihrem Beitrag mit den Auswirkungen von Flexibilisierung. Durch diese und die Zunahme von flexibler Reisetätigkeit sind zusätzliche Kompetenzen der Gesellschaft bzw der MitarbeiterInnen von Unternehmen gefordert. Hier ist für einen Unternehmenserfolg nach Müller gutes Personalmanagement und Unternehmenskultur erforderlich.
Um die Sicherung arbeitsrechtlicher Mindestniveaus geht es im Beitrag von Birgit Schrattbauer, die die unionsrechtlichen Grundlagen der AN-Entsendung behandelt. Der fantastisch strukturierte Beitrag vermittelt in seiner Kürze die wesentlichen Inhalte und lässt auch die politische Diskussion um das Spannungsfeld zwischen grenzenloser Umsetzung der Dienstleistungsfreiheit versus Schutz vor lokalem Lohn- und Sozialdumping und dem damit einhergehenden Niveauschutz nationaler Unternehmen nicht unbeachtet: Eine Diskussion, die mittlerweile auch den Umfang und die Möglichkeiten im Rahmen der AN-Freizügigkeit erreicht hat und noch lange nicht beendet scheint.
Ergänzt wird dieser auf das Unionsrecht beschränkte Beitrag durch jenen von Walter J. Pfeil, der sich ausgehend vom österreichischen Recht arbeitsrechtlichen Fragen bei internationalen Personalentsendungen widmet.
In diesem aufgestellten Rahmen werden sowohl Entsendungen nach Österreich als auch aus Österreich hinaus in das Ausland behandelt. Die bei Entsendungen286 nach Österreich relevanten Themen Mindestentgelt, Entgeltfortzahlung, Arbeitszeit, anteiliger Mindesturlaub, AN-Schutz, Antidiskriminierung, Bestandschutz und gerichtliche Durchsetzbarkeit werden dargestellt, wobei auch eine Auseinandersetzung mit dem im Schrifttum geäußerten Rechtsansichten stattfindet. Die Einhaltung einer straffen Systematik erleichtert bei diesen komplexen Rechtsgebieten den Nachvollzug der Gedankenfolgen erheblich. Die Zusammenfassung am Ende dieses Themenkomplexes gibt dann prägnant die Schlüsse des Autors wieder.
Der zweite Abschnitt des Beitrages, der sich mit den Entsendungen von Österreich in das Ausland befasst, behandelt die grundsätzliche Frage, wie lange bzw wann österreichisches Arbeitsrecht trotz des Wechsels des Arbeitsortes aufrecht bleibt und geht auf die Rechtsfolgen von Vertragsänderungen bzw dem Abschluss eines oder mehrerer neuen Arbeitsverträge ein. Kurze Betrachtungen, inwieweit organisatorische Betriebszugehörigkeiten bei Wechsel in das Ausland erhalten bleiben und so das Betriebsverfassungsrecht und seine Rechtsfolgen weiterhin auf dieses Arbeitsverhältnis anzuwenden sind, runden neben der Behandlung rechtlicher Ausgestaltungsvarianten der Beendigung des Auslandseinsatzes diesen Komplex ab. Aus dem Herzen spricht Walter J. Pfeil in seinem Fazit, wenn er eine Flankierung wirtschaftlicher Freiheiten durch international verbindliche Mindeststandards im Arbeitsrecht fordert. Natürlich ist aus national-österreichischer Sicht bei so einer Forderung der Wunsch bzw das politische Ziel mitzudenken, dass diese Mindeststandards nicht unter den Österreichischen liegen mögen. Mindeststandards, die sich nach dem zB unionsweit niedrigsten Niveau richteten, wären kontraproduktiv.
Zwei weitere Beiträge von Sabine Urnik und Elisabeth Steinhauser sowie Kurt Lassacher und Claudia Grabner beschäftigen sich mit nationalem und internationalem Steuerrecht bei Personalentsendungen. Ein Bereich, der sowohl Unternehmen als auch MitarbeiterInnen zutiefst berührt und, wie alle Autoren und Autorinnen ausdrücklich betonen, sowohl Risiken als auch Chancen (wohl iS einer Erleichterung einer Steuerlast) für beide VertragspartnerInnen beinhalten.
Betrachtungen von Bernhard Spiegel zu sozialversicherungsrechtlichen Aspekten, wie der Bindungswirkung der sogenannten A1-Formulare, die von den nationalen Sozialversicherungsträgern als Bescheinigung der anzuwendenden Rechtsordnung ausgestellt werden, sowie zu den Aspekten der Abgrenzung von Entsendungen zu Erwerbstätigkeiten, die gewöhnlich in mehreren Mitgliedstaaten ausgeübt werden und Betrachtungen zur bewussten Vermeidung einer Sozialversicherungspflicht in Österreich und dem Problem von Briefkastenfirmen runden den Tagungsband perfekt ab.
Dieser überzeugt mit der Dichte der dargebotenen Information auf dem für dieses Thema knappen Raum von gerade einmal 158 Seiten. Verständlichkeit und Klarheit für den Leser sind für die Autoren und Autorinnen offensichtlich sehr wichtig gewesen, was für ein Lesen in der Komfortzone bei höchster Informationswirkung sorgt. Diese Publikation ist mE für alle ein Muss, die sich mit internationaler Personalentsendung beschäftigen.