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§ 332 ASVG: Keine differenzierte Kongruenzprüfung bezüglich des Anspruchs auf Ersatz des Verdienstentgangs?

SUSANNEAUER-MAYER (SALZBURG)
  1. Der Anspruch des/der Verletzten gegen den/die Schädiger geht bereits mit dem Eintritt des Versicherungsfalls insoweit auf den Sozialversicherungsträger über, als dieser kongruente Leistungen an den/die Verletzte/n zu erbringen hat.

  2. Der Schadenersatzanspruch auf Ersatz von Verdienstentgang dient dem gleichen Zweck wie jener auf Leistung einer Versehrtenrente und ist daher zu dieser sachlich kongruent.

  3. Da auch Einnahmen aus einer Nebenbeschäftigung oder „Pfuscharbeit“ begrifflich der Deckung des Lebensunterhalts dienen, sind auch diese als sachlich kongruent einzubeziehen.

Am 16.1.2003 ereignete sich ein Verkehrsunfall, bei dem der Kl schwer verletzt wurde. Die Haftung der Bekl zu 75 % wurde in einem Vorprozess [...] rechtskräftig festgestellt (2 Ob 23/07g).

Mit seiner [...] Klage begehrte der Kl [...] 58.200 € sA an Verdienstentgang für die Monate 11/2007 bis 12/2009 [...] mit der Begründung, er könne aufgrund der Verletzung seine (nebenberufliche) Tätigkeit als lizenzierter Fußballtrainer nicht mehr ausüben. [...]

Das Erstgericht sprach [...] den bis dahin verbliebenen Restverdienstentgangsanspruch von 39.000 € sA vollinhaltlich zu. [...]

Da der Kl im Jahr 2002 aufgrund seiner nebenberuflichen Tätigkeit als Fußballtrainer keine Unfallversicherungsbeiträge geleistet habe, sodass auch keine Erhöhung der Bemessungsgrundlage eingetreten sei, komme eine Anwendung des Quotenvorrechts des Sozialversicherungsträgers nicht in Betracht.

Das von den Bekl angerufene Berufungsgericht bestätigte diese E. [...]

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Bekl ist zulässig, weil die Vorinstanzen von der Rsp des OGH zur sachlichen Kongruenz von Versehrtenrente und Verdienstentgang abgewichen sind; sie ist auch berechtigt iSd eventualiter gestellten Aufhebungsantrags.

[...]

3. Zur Kongruenzfrage:

3.1. Die Bekl haben dem Verdienstentgangsbegehren des Kl auch entgegengehalten, dass in Bezug auf die Versehrtenrente das „Quotenvorrecht des Sozialversicherers“ und die Stellung von Regressforderungen durch die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) zu berücksichtigen sei.269

Die Vorinstanzen haben die Rechtsansicht vertreten, dass das Einkommen aus der Fußballtrainertätigkeit nicht aus einer sozialversicherten Tätigkeit resultiere und nicht von der Legalzession umfasst sei.

3.2. Der Anspruch des Verletzten gegen den Schädiger nach bürgerlichem Recht geht nach dem Grundsatz der kongruenten Deckung bereits mit dem Eintritt des Versicherungsfalls insoweit auf den Sozialversicherungsträger über, als dieser an den Verletzten Leistungen zu erbringen hat, und verbleibt niemals beim Geschädigten (RIS-Justiz RS0030708; RS0113644; vgl auch RS0045190). Durch die Legalzession wird der Schadenersatzanspruch in zwei Teile geteilt, nämlich den von der Legalzession nicht erfassten Teil (der zB Schmerzengeld, Sachschäden etc umfasst) und jenen, der nach Wirksamkeit der Legalzession den Deckungsfonds für die kongruenten Leistungen der SV an den Geschädigten bildet (RIS-Justiz RS0085002). Insoweit verliert der Geschädigte die Aktivlegitimation gegen den Schädiger (RIS-Justiz RS0035295).

Der Umfang des Forderungsübergangs und damit der Regressanspruch des Sozialversicherungsträgers ist in zwei Dimensionen begrenzt, nämlich einerseits mit der Höhe des Schadenersatzanspruchs des Geschädigten und andererseits mit dem Anspruch des Geschädigten auf Leistungen gegenüber dem Sozialversicherungsträger (RIS-Justiz RS0030708 [T5]).

3.3. Die Ansprüche, die dem Verletzten einerseits gegen den Versicherungsträger, andererseits gegen den Haftpflichtigen zustehen, müssen ihrer Art nach gleich sein (RIS-Justiz RS0085405). Die sachliche Kongruenz ist daher zu bejahen, wenn der Ausgleichszweck des Sozialversicherungsanspruchs und des Schadenersatzanspruchs identisch sind; die sachliche Kongruenz dieser beiden Ansprüche besteht, wenn sie darauf abzielen, denselben Schaden zu decken (RIS-Justiz RS0085343).

3.4. Der Schadenersatzanspruch auf Ersatz von Verdienstentgang dient nach der stRsp des erkennenden Senats dem gleichen Zweck wie der Anspruch gegen den Sozialversicherungsträger auf Leistung einer Versehrtenrente, nämlich dem Ausgleich des durch die Schadenszufügung verminderten oder nur unter erschwerten Voraussetzungen erzielbaren Erwerbseinkommens (RIS-Justiz RS0031026). Es besteht daher sachliche Kongruenz von Versehrtenrente und Verdienstentgangsanspruch (RISJustiz RS0031026 [T2]; zuletzt 2 Ob 134/14s = ZVR 2015/127).

3.5. Auch alle Einnahmen, die dem Verletzten aus seiner Tätigkeit aus einer Nebenbeschäftigung zufließen, dienen begrifflich der Deckung des Lebensunterhalts (RIS-Justiz RS0030697; 2 Ob 2187/96y, 2 Ob 22/84ZVR 1985/39). Sie sind daher nach der Judikatur ebenso wie Nebeneinkommen aus „Pfuscharbeit“ (vgl RIS-Justiz RS0030938) oder der Schadenersatzanspruch eines verletzten Zahlkellners auf Entgang des Trinkgeldes (vgl RIS-Justiz RS0119943) als sachlich kongruent einzubeziehen.

3.6. Lediglich wenn der Sozialversicherungsträger im Rahmen einer bestimmten Schadensart nur bestimmte (aber nicht alle im Zuge des Schadensausgleichs anfallenden) Sachleistungen erbringt, wird der kongruente Deckungsfonds nur aus jenem Teil schadensartbezogener Ersatzansprüche gebildet, die den vom Sozialversicherungsträger zu erbringenden Sachleistungen entsprechen. Unter diesem Gesichtspunkt gehen etwa Schadenersatzansprüche des Versicherten auf Ersatz von Medikamenten, die im Leistungsprogramm des Sozialversicherungsträgers nicht enthalten sind, oder Ansprüche auf Ersatz der von der SV nicht gewährten Pflegegebühren der Sonderklasse auf die Sozialversicherungsträger nicht über (RIS-Justiz RS0085193; RS0085015).

3.7. Die Judikatur des OGH zur Einbeziehung aller Erwerbseinkommen in den Deckungsfonds wird in der Literatur teilweise kritisiert (vgl Mayer in

Mosler/Müller/Pfeil
, Der SV-Komm § 332 ASVG Rz 64; Neumayr in
Schwimann
, ABGB3 § 332 ASVG Rz 66; Krejci/Böhler in
Tomandl
, System des österreichischen Sozialversicherungsrechts, 3.2.3.).

Diese Kritik geht zurück auf Krejci, Kongruenzlehre und Quotenvorrecht nach § 332 ASVG und § 1542 RVO, ZAS 1974, 5 ff, wiederholt in Krejci, Bemerkungen zum Rückgriffsrecht der Sozialversicherungsträger gegenüber haftpflichtigen Schädigern, VersRdSch 1978, 345 ff [358], aufbauend allerdings auf der BGH-E vom 20.3.1973, VI ZR 19/72, die zu Pflegegebühren während Anstaltspflege, also einer Sachleistung, ergangen ist und insofern ohnehin auch der österreichischen Judikatur (siehe Pkt 3.6.) entspricht. Krejci meint, dass es das Prinzip der Kongruenz erfordere, eine möglichst präzise Konkretisierung durchzuführen. Stelle eine SV für eine bestimmte Schadensart nicht global eine Summe zur Verfügung, sondern erbringe sie nur bestimmte, aber nicht alle im Zuge des Schadensausgleichs anfallenden Sachleistungen, werde der kongruente Deckungsfonds nur aus jenem Teil schadensbezogener Ersatzansprüche gebildet, die den von der SV zu erbringenden Sachleistungen entsprächen. Krejci legt weiter dar, dass diese Konkretisierung auch für die Schadensart Verdienstentgang zu erwägen sei, insb wenn jemand sein Einkommen nicht nur aus sozialversicherungspflichtiger Arbeit schöpfe, weil die Leistung des Sozialversicherers nur dem Ausgleich jenes Verdienstes diene, den der Verletzte durch sozialversicherungspflichtige Tätigkeit erworben habe. So könne dem Quotenvorrecht des Sozialversicherers „einiges von jener Schärfe genommen werden, welche die Gegner des Instituts nicht ruhen“ lasse.

3.8. Dem Quotenvorrecht der Sozialversicherungsträger [...] seine „Schärfe“ zu nehmen, ist aber in erster Linie eine rechtspolitische Frage und damit Aufgabe des Gesetzgebers und nicht Sache der Rsp (vgl RIS-Justiz RS0009099, RS0008880). Auch stellt der Sozialversicherer beim Verdienstentgang mit der Versehrtenrente – im Gegensatz zu den dargelegten Fällen bei Sachleistungen – gerade global eine Summe zur Verfügung, die zwar gem § 205 iVm § 178 ASVG der Höhe nach begrenzt ist, aber im Gegensatz zum Sachleistungsfall nicht nur bestimmte Teile einer Schadensart decken soll. Alleine dass die Höhe der sozialversicherungsrechtlichen Versehrtenrente nicht die Höhe des gesamten schadenersatzrechtlichen Verdienstentgangs erreichen mag, kann die sachliche Kongruenz per se nicht verhindern, knüpfen doch die sozialver-270sicherungsrechtlichen Tatbestände (die Versicherungsfälle) grundsätzlich nicht am zivilrechtlichen Schadensbegriff an, sondern wählen eigene Fallbeschreibungen und gewähren Leistungen in unterschiedlicher Höhe (Neumayr, Rechtsfragen an der Schnittstelle von Sozialversicherungs- und Schadenersatzrecht, RZ 2010, 161 ff [165]; Krejci-Böhler in

Tomandl
, System, 3.2.3.3.5.). Das Zivilrecht ist vom Grundsatz der individuellen Schadloshaltung bestimmt, das Sozialversicherungsrecht dagegen bietet eine Grundversorgung aus einer typisierten Massenversicherung (Neumayr, aaO). So wird die Versehrtenrente nach § 205 ASVG nach dem Grad der erlittenen Minderung der Erwerbsfähigkeit in objektiv-abstrakter Betrachtung aufgrund eines ärztlichen Gutachtens über die Unfallfolgen bemessen (vgl Fellinger in
Mosler/Müller/Pfeil
, Der SV-Komm § 205 ASVG Rz 4 ff) und hängt weder vom Eintritt noch von der Höhe eines zivilrechtlichen Verdienstentgangs ab. Dies wird gerade im vorliegenden Fall deutlich, hat doch der Kl unbestritten in seinem Hauptberuf keine Einkommenseinbuße erlitten und erhielt dennoch eine Versehrtenrente.

3.9. Auch im von Krejci herangezogenen deutschen Rechtsbereich wird in der Schadensgruppe des Erwerbsschadens bei der sachlichen Kongruenz zB zur Rente wegen Erwerbsminderung – im Gegensatz zu den Sachleistungen – nicht weiter differenziert [...].

3.10. Der erkennende Senat sieht sich daher insgesamt nicht veranlasst, von seiner ständigen Judikatur zur grundsätzlichen sachlichen Kongruenz von Verdienstentgang aus Nebenbeschäftigung und sozialversicherungsrechtlicher Versehrtenrente abzugehen. Einer näheren Prüfung der (in der Revisionsbeantwortung dahingestellt gelassenen) Frage, ob die Nebenbeschäftigung des Kl, die nach den erstgerichtlichen Feststellungen nach dem GSVG nicht versicherungspflichtig war, allenfalls dennoch unfallversicherungspflichtig war, bedarf es daher nicht mehr.

3.11. Ein sachlich und zeitlich kongruenter Schadenersatzanspruch des Verletzten geht allerdings auch nur in dem Umfang auf den Sozialversicherungsträger über, als dieser Leistungen zu erbringen hat. Ein darüber hinausgehender Schadenersatzanspruch verbleibt dagegen beim Verletzten. Er ist also (nur) im Umfang der Differenz zwischen dem zuzusprechenden Verdienstentgang und den Sozialleistungen des Sozialversicherungsträgers aktiv legitimiert (RIS-Justiz RS0087557).

Hier haben die Vorinstanzen aufgrund ihrer abweichenden Rechtsansicht iSd ebenfalls notwendigen zeitlichen Kongruenz (vgl RIS-Justiz RS0085396; Mayer in

Mosler/Müller/Pfeil
, Der SV-Komm § 332 ASVG Rz 96 ff; Neumayr in
Schwimann
, ABGB3 § 332 ASVG Rz 71 ff) aber keine Feststellungen zur im Klagszeitraum 11/2007 bis 12/2009 zu leistenden Versehrtenrente getroffen. [...]

ANMERKUNG

In der gegenständlichen E musste der OGH ein weiteres Mal zur Frage der Beurteilung der sachlichen Kongruenz von Sozialversicherungsleistungen und Ersatzansprüchen auf Verdienstentgang Stellung nehmen. Die Bekl wandten gegen die auf Ersatz des Verdienstentgangs gerichtete Klage des Geschädigten ua dessen fehlende Aktivlegitimation wegen Legalzession des Anspruchs gem § 332 ASVG auf die AUVA ein. Der Kl und diesem folgend die Vorinstanzen argumentierten dagegen, der entgangene Verdienst aus einer vor dem Unfall unversicherten Nebentätigkeit sei mangels sachlicher Kongruenz nicht vom Forderungsübergang erfasst. Der OGH schloss sich zwar der Meinung der Bekl an, verwies das Urteil jedoch mangels Feststellungen zur zeitlichen Kongruenz der strittigen Ansprüche an das Erstgericht zurück. Im Folgenden soll näher dargelegt werden, warum die E zwar im Ergebnis der Zurückverweisung, nicht aber in der Begründung der sachlichen Kongruenz überzeugt.

1.
Ausgangslage und Problemstellung

§ 332 Abs 1 ASVG ordnet eine Legalzession bestehender Schadenersatzansprüche gegen Dritte auf den Sozialversicherungsträger an, soweit dieser kongruente Leistungen zu erbringen hat. Die Legalzession ist somit zum einen mit dem als Deckungsfonds zur Verfügung stehenden Schadenersatzanspruch beschränkt (exemplarisch OGH2 Ob 226/07kZVR 2009/206, 369 [Huber] mwN). Zum anderen geht der/die Geschädigte nur insoweit seines/ihres Schadenersatzanspruchs – und damit der Aktivlegitimation – verlustig, als persönlich, zeitlich und sachlich kongruente Sozialversicherungsleistungen zu erbringen sind (vgl bereits OGH2 Ob 64/88JBl 1989, 654).

Voraussetzung ist folglich neben der (grundsätzlichen) Identität der schadenersatz- und der sozialversicherungsrechtlich anspruchsberechtigen Person (vgl nur OGH2 Ob 8/13kecolex 2014/236; OGH2 Ob 170/08aSZ 2009/71; Neumayr in

Schwimann
[Hrsg], ABGB VII3 [2005] § 332 ASVG Rz 37, 40; Krejci/Böhler in
Tomandl
, System des österreichischen Sozialversicherungsrechts [Loseblatt-Slg ab 1978] 3.2.3.3.4.) sowie des Bestehens der Sozialversicherungs- und Schadenersatzansprüche für denselben Zeitraum (exemplarisch bereits OGH2 Ob 91/61SZ 34/45; OGH2 Ob 64/88JBl 1989, 654; Neumayr in
Schwimann
[Hrsg], ABGB VII3 § 332 ASVG Rz 71 ff) insb, dass Schadenersatzanspruch und Sozialversicherungsleistung auf die Deckung desselben Schadens abzielen (zB OGH2 Ob 8/13kecolex 2014/236; OGH2 Ob 170/08aSZ 2009/71). Nur funktionsgleiche Ansprüche gehen somit auf den leistungspflichtigen Sozialversicherungsträger über (exemplarisch nur Krejci/Böhler in
Tomandl
, System 3.2.3.3.5.).

Dabei ist die sachliche Kongruenz jeweils im Hinblick auf eine bestimmte Schadensart (Verdienstentgang, Heilungskosten, entgangener Unterhalt etc; vgl §§ 1325, 1327 ABGB) zu beurteilen. Grundsätzlich sachlich kongruent sind demnach:

  • auf die Wiederherstellung der Gesundheit bzw den Ausgleich bleibender Beeinträchtigungen gerichtete Sozialversicherungsleistungen (Krankenbehandlung, Anstaltspflege, Hilfsmittel etc)271 und Anspruch auf Ersatz der Heilungskosten bzw vermehrter Bedürfnisse,

  • Leistungen mit Einkommensersatzfunktion (zB Krankengeld, Versehrtenrente, Rehabilitationsgeld) und Verdienstentgangsanspruch sowie

  • Hinterbliebenenrenten/-pensionen und Anspruch auf Ersatz des entgangenen Unterhalts (zum Ganzen statt vieler ausführlich nur Auer-Mayer in

    Mosler/Müller/Pfeil
    [Hrsg], Der SV-Komm [Faszikelwerk ab 2013] § 332 ASVG Rz 47 ff mwN).

Hinsichtlich der geschilderten Kongruenzprüfung stellt sich jedoch die schwierige Frage, inwieweit auch innerhalb der genannten Schadenskategorien weiter zu differenzieren, wie „fein“ also die Kongruenzprüfung durchzuführen ist. Der auf den/die Sozialversicherungsträger übergehende Anspruch ist dabei naturgemäß umso höher (und damit der dem/der Geschädigten verbleibende Restanspruch umso geringer), je gröber diese ausfällt (exemplarisch Atria in

Sonntag
, ASVG6 § 332 Rz 35 mwN).

Aus Sicht des/der Geschädigten wird dies vor allem dann praktisch relevant, wenn der Schadenersatzanspruch, wie im vorliegenden Fall, aufgrund eines Mitverschuldens des/der Geschädigten (vgl § 1304 ABGB) oder einer betragsmäßigen Begrenzung der Haftungssumme (vgl insb § 15 EKHG) den eingetretenen Schaden nur zum Teil abdeckt. In einer solchen Konstellation geht die stRsp von einem „Quotenvorrecht“ des Sozialversicherungsträgers aus. Demnach ist der dem/der Geschädigten zustehende Schadenersatzanspruch dem Mitverschulden entsprechend zu teilen und sind davon sodann alle kongruenten Sozialversicherungsleistungen abzuziehen (zuletzt etwa OGH7 Ob 89/14kZak 2014/512 mwN). Die Legalzession findet somit, wie sonst auch, (maximal) bis zur Höhe des kongruenten Ersatzanspruchs statt. Dem/der Geschädigten verbleibt jedoch nur insoweit ein Restanspruch, als der kongruente Schadenersatzanspruch trotz seiner geringeren Höhe über die zu gewährenden Sozialversicherungsleistungen hinausgeht. Damit spielt es eine bedeutende Rolle, ob im Zuge der Beurteilung der sachlichen Kongruenz nur auf die Schadensart abgestellt, oder aber auch innerhalb derselben weiter danach differenziert wird, welcher konkrete Schaden – also welcher konkrete Verdienstentgang, welches konkrete Medikament oder welche spezifische Behandlung – durch den Ersatzanspruch auf der einen und die Sozialversicherungsleistung auf der anderen Seite abgedeckt werden soll.

2.
Keine differenzierte Kongruenzprüfung in Bezug auf den Ersatz des Verdienstentgangs?

Der OGH geht in stRsp davon aus, dass in Fällen, in denen der Sozialversicherungsträger in Bezug auf eine Schadensart – insb Heilungskosten – nur bestimmte Sachleistungen zu erbringen hat, auch nur jener Teil schadensartbezogener Ersatzansprüche den kongruenten Deckungsfonds bildet, der diesen Sachleistungen funktional entspricht. Hier wird also eine sehr differenzierte Kongruenzprüfung durchgeführt. Demnach gehen etwa Ansprüche auf Ersatz im Leistungsspektrum der Sozialversicherungsträger nicht enthaltener Medikamente oder aus der SV nicht gewährter Pflegegebühren der Sonderklasse mangels kongruenter Leistungspflicht eines Sozialversicherungsträgers nicht auf diesen über (vgl nur OGH2 Ob 158/88SZ 62/87 = ZVR 1990/132, 335 [krit Welser]; OGH7 Ob 8/85SZ 58/78).

Im Gegensatz dazu hat der OGH eine weitere Differenzierung im Hinblick auf die konkret durch die jeweilige Sozialversicherungsleistung abgedeckten Schäden innerhalb des Anspruchs auf Ersatz des Verdienstentgangs wiederholt mit der Begründung abgelehnt, dass alle Einnahmen, die dem/der Verletzten aus seiner/ihrer Erwerbstätigkeit vor der Schädigung zugeflossen seien, begrifflich der Deckung des Lebensunterhalts dienten. In diesem Lichte sei hinsichtlich der Legalzession keine Einschränkung auf den Verdienstentgang aus der konkreten versicherten – und daher dem jeweiligen sozialversicherungsrechtlichen Anspruch zugrundeliegenden – Tätigkeit zu machen (vgl nur OGH2 Ob 269/04dZVR 2006/86, 276 mwN). Auch das entgangene Einkommen aus (unversicherten) Nebentätigkeiten (OGH8 Ob 28/76ZVR 1977/77, 114) oder „Pfuscharbeiten“ (OGH8 Ob 150/75RZ 1976/79, 153; OGH2 Ob 22/84ZVR 1985/39, 79) sei demnach in den Deckungsfonds für (zeitlich und persönlich kongruente) Sozialversicherungsleistungen mit Einkommensersatzfunktion einzubeziehen. Ebenso seien bei Bemessung des zu Hinterbliebenenpensionen und -renten kongruenten Anspruchs auf Ersatz des entgangenen Unterhalts sämtliche – und nicht nur die in die Bemessungsgrundlage einfließenden – Einkünfte des/der Verstorbenen zu berücksichtigen (OGH4 Ob 104/71ZAS 1974/22, 173 [krit Gutknecht]).

Diese Rsp wurde in der Literatur mehrfach kritisiert (vgl dazu nur die ausführlichen Nachweise im oben wiedergegebenen Entscheidungstext). Anders als die Vorinstanzen ist der OGH der diesbezüglichen Kritik jedoch auch in der vorliegenden E nicht gefolgt. Dies begründete er zum einen neuerlich damit, dass auch Einkünfte aus Nebentätigkeiten begrifflich der Deckung des Lebensunterhalts dienten. Zum anderen verwies er darauf, dass der Sozialversicherer mit der Versehrtenrente (nur) global eine Summe zur Verfügung stelle, die zwar gem § 205 iVm § 178 ASVG der Höhe nach begrenzt sei, aber im Gegensatz zum Sachleistungsfall nicht nur bestimmte Teile einer Schadensart decken solle. Beide Argumente vermögen freilich letztlich nicht zu überzeugen:

Zunächst ist unbestritten, dass auch Einkünfte aus Nebentätigkeiten, unabhängig von deren sozialversicherungs- oder steuerrechtlicher Beurteilung, der Sicherung des Lebensunterhalts dienen, sodass der diesbezügliche Schadenersatzanspruch ebenfalls auf den Ersatz des Verdienstentgangs gerichtet ist. Dies sagt jedoch nichts über den Differenzierungsgrad der durchzuführenden Kongruenzprüfung aus. Anders ausgedrückt bedeutet die Bejahung272 eines Ersatzanspruchs auf Verdienstentgang nicht, dass diesem auch kongruente Sozialversicherungsleistungen gegenüberstehen. Darüber hinaus trifft es zwar zu, dass die Versehrtenrente gem § 205 ASVG unabhängig vom konkret erlittenen Verdienstentgang in objektiv-abstrakter Betrachtung bemessen wird; dies ändert aber nichts daran, dass im Zuge der Ermittlung deren Bemessungsgrundlage gem § 178 Abs 1 ASVG nur (aber doch) alle nach dem ASVG oder BSVG versicherten Tätigkeiten Berücksichtigung finden. In diesem Lichte scheint es durchaus gerechtfertigt, auch einen allfälligen Verdienstentgang aus allen diesen Tätigkeiten (und nicht nur jenen aus der konkret dem Unfall zugrundeliegenden Beschäftigung) als Deckungsfonds heranzuziehen. Der ungeachtet aller Abstraktheit im Wege der Bemessungsgrundlage hergestellte Konnex zu den vor dem Unfall ausgeübten versicherungspflichtigen Tätigkeiten spricht aber dagegen, auch unversicherte Nebentätigkeiten in die Kongruenzprüfung einzubeziehen. Nicht zuletzt deutet die allgemein gehaltene Formulierung des § 332 Abs 1 ASVG in keiner Weise darauf hin, dass eine Legalzession und eine daran anknüpfende Regressmöglichkeit des Sozialversicherungsträgers auch in Bezug auf Einkommensausfälle intendiert ist, die nicht den geringsten Niederschlag in der zu gewährenden Sozialversicherungsleistung gefunden haben. Der Zweck der Legalzession, eine Doppelbefriedigung des/der Geschädigten oder eine Entlastung des/der Schädigers/Schädigerin zulasten der SV zu vermeiden (vgl zB OGH3 Ob 176/52SZ 25/77; OGH8 Ob 79/77SZ 50/76), legt vielmehr im Gegenteil nahe, dass der/die Geschädigte seiner diesbezüglichen Ersatzansprüche mangels sozialversicherungsrechtlicher Absicherung gerade nicht verlustig gehen soll.

Insofern erweist sich das Ansinnen einer differenzierten Kongruenzprüfung auch in Bezug auf objektiv-abstrakt bemessene Sozialversicherungsleistungen wie die Versehrtenrente keineswegs nur als rechtspolitischer Wunsch, sondern als rechtlich zumindest ebenso begründbar wie die vom OGH vertretene Lösung.

Selbst wenn man dem OGH aber angesichts des abstrakten Charakters der Versehrtenrente diesbezüglich folgen wollte, überzeugt die generalisierende Heranziehung des Verdienstentgangs als Deckungsfonds zumindest in Bezug auf diejenigen Sozialversicherungsleistungen nicht, die – wie insb das Krankengeld – eindeutig darauf abzielen, den Ausfall (nur) des Entgelts aus der konkreten versicherten Erwerbstätigkeit zu ersetzen. Nicht nur wird bei Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit konkret auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit abgestellt, vielmehr ist auch Bemessungsgrundlage hier nur der vorangehende beitragspflichtige Arbeitsverdienst (vgl § 125 Abs 1 ASVG). Damit finden weder unversicherte noch etwa nach dem GSVG versicherte Nebentätigkeiten in irgendeiner Weise Niederschlag im nach dem ASVG zu gewährenden Krankengeld. Folglich scheint es aber nicht sachgerecht, der nach dem ASVG leistungspflichtigen Gebietskrankenkasse etwa Zugriff auf den Ersatzanspruch für den sozialversicherungsrechtlich nicht (bzw nur sehr eingeschränkt; vgl §§ 104a, 105 GSVG) abgesicherten Verdienstentgang aus einer nicht mehr ausübbaren selbständigen Tätigkeit zu ermöglichen.

Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob eine Auslegung des Gesetzes in diesem Sinn im Lichte der geschilderten Rsp zur Kongruenzprüfung bei Sachleistungen nicht zu einer unsachlichen und daher gleichheitsrechtlich problematischen Differenzierung führt. Denn in beiden Fällen soll die gewährte Sozialversicherungsleistung „nur bestimmte Teile einer Schadensart“ decken. Es erscheint aber zweifelhaft, ob allein der Umstand, dass Sozialversicherungsleistungen mit Einkommensersatzfunktion in Form von Geldleistungen erbracht werden, hier eine Differenzierung rechtfertigt. Denn wäre dies ausschlaggebend, müsste etwa auch bezüglich der ärztlichen Hilfe der Grad der Kongruenzprüfung davon abhängen, ob der/die Versicherte eine/n Vertragsarzt/Vertragsärztin konsultiert oder aber nach Inanspruchnahme eines/einer Wahlarztes/ Wahlärztin Kostenerstattung (vgl § 131 ASVG) begehrt und daher ebenfalls (nur) einen bestimmten Geldbetrag erhält.

3.
Konsequenzen der Nichtanmeldung einer versicherungspflichtigen Tätigkeit

Nach dem Gesagten ist dem OGH in der Begründung für die Annahme der sachlichen Kongruenz im konkreten Fall nicht zu folgen. Eine genauere Betrachtung des Sachverhalts zeigt jedoch, dass diesem im Ergebnis nicht nur hinsichtlich der Zurückverweisung an das Erstgericht, sondern (doch) auch bezüglich der Bejahung der sachlichen Kongruenz zuzustimmen sein könnte. Denn fest steht demnach nur, dass der Kl für seine Tätigkeit im für die Bemessung der Versehrtenrente strittigen Jahr 2002 faktisch keine Beiträge geleistet hat. Angesichts des Grundsatzes des ex-lege-Eintritts der Pflichtversicherung bedeutet dies jedoch nicht, dass damit bezüglich der strittigen Einkünfte kein Unfallversicherungsschutz bestanden hat. Zum einen könnte der Kl in den Beschäftigungsmonaten wegen einer Tätigkeit in persönlicher und/oder wirtschaftlicher Abhängigkeit als DN iSd § 4 Abs 2 ASVG oder (mangels Gewerbeberechtigung) als freier DN iSd § 4 Abs 4 ASVG pflichtversichert gewesen sein (die Ausnahme vom Entgeltbegriff für „pauschale Reiseaufwandsentschädigungen“ nach § 49 Abs 1 Z 28 ASVG käme insoweit schon angesichts der € 540,– überschreitenden Beträge nicht in Betracht). Zum anderen wäre auch bei einer selbständigen Tätigkeit nur dann vom Nichtbestehen einer Unfallversicherungspflicht nach § 8 Abs 1 Z 3 lit a ASVG auszugehen, wenn der Kl als „Neuer Selbständiger“ iSd § 2 Abs 1 Z 4 GSVG tätig geworden wäre und nur Einkünfte unterhalb der Versicherungsgrenze nach § 4 Abs 1 Z 5 leg cit erzielt hätte. Dies scheint, ungeachtet der Feststellung des Erstgerichtes, wonach keine Pflichtversicherung nach GSVG bestanden habe, angesichts der angenommenen Entlohnung von ca € 2.000,– selbst bei Unterstellung einer nur halbjährigen273 Tätigkeit und größerer Aufwendungen im Jahr 2002 kaum denkbar.

Wäre bezüglich der strittigen Einkünfte tatsächlich eine ex-lege-Versicherung in der UV eingetreten, so hätte dies gem § 178 bzw § 181 ASVG auch Auswirkungen auf die Bemessungsgrundlage für die Versehrtenrente haben müssen. Insoweit wäre dem Schadenersatzanspruch des Kl nach Maßgabe der gesetzlichen Vorgaben also auch bei differenzierter Prüfung ein kongruenter Leistungsanspruch gegenüber gestanden. Da der Forderungsübergang gem § 332 ASVG nach hA unabhängig von einer tatsächlichen Inanspruchnahme von Sozialversicherungsleistungen durch den/die Geschädigte/n allein aufgrund der gesetzlichen Anspruchsberechtigung eintritt (OGH9 ObA 118/10hARD 6155/5/2011; OGH2 Ob 256/06wJBl 2008, 253; Neumayr in

Schwimann
, ABGB VII3 § 332 ASVG Rz 19 mwN), wäre folglich schlussendlich (unabhängig von der in diesem Rahmen nicht näher erörterbaren Frage einer Beitragsnachforderung einerseits und einer rückwirkenden Anpassung der Leistungshöhe andererseits) doch von einer Legalzession auszugehen und damit dem OGH im Ergebnis zuzustimmen. Insoweit hätte es freilich jedenfalls weiterer Feststellungen bedurft.

4.
Fazit

Im Lichte der Vorjudikatur überrascht die grundsätzliche Einbeziehung auch auf den Ersatz unversicherter Einkünfte gerichteter Ansprüche in den für Sozialversicherungsleistungen mit Einkommensersatzfunktion zur Verfügung stehenden Deckungsfonds durch den OGH kaum. Sie vermag in der Begründung dennoch nicht zu überzeugen. Da nach der hier vertretenen Auffassung nicht nur Feststellungen zur zeitlichen Kongruenz der Ansprüche, sondern auch solche zur Versicherungspflicht des Kl fehlen, ist dem OGH freilich hinsichtlich der Zurückverweisung im Ergebnis uneingeschränkt zuzustimmen.