41Kein Unfallversicherungsschutz bei Taxi-Bobfahrt
Kein Unfallversicherungsschutz bei Taxi-Bobfahrt
Ereignet sich ein Unfall im Zuge eines Rahmenprogramms einer Ausbildungsmaßnahme, sind die Kriterien für die Qualifikation von betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen für die Prüfung des Unfallversicherungsschutzes heranzuziehen.
Um das Vorliegen einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung bejahen zu können, ist in Zweifelsfällen entscheidend, inwieweit sich der/die AN dem/der AG gegenüber zur Teilnahme verpflichtet fühlen musste.
Auch wenn sich ein/eine AN aufgrund von Höflichkeitsaspekten gegenüber den OrganisatorInnen an die Teilnahme einer Freizeitaktivität gebunden fühlte, ist daraus noch keine besondere Verpflichtung gegenüber dem/der AG abzuleiten.
Der Kl, ein angestellter EDV-Berater, nahm ab Donnerstag 14.11.2013, an einem von einem Softwarelieferanten der AG organisierten dreitägigen Seminar („Partnertagung“) teil. Am Freitag [...] waren für 17:45 Uhr die Abfahrt zur Bobbahn, um 18:00 Uhr eine Bahnführung, um 19:00 Uhr ein Team-Event Bobfahren bzw ein sogenannter „Cup“ im Taxibob und um 20:30 Uhr ein zünftiges Abendessen mit einer Teamsiegerehrung geplant. [...] Zum Bobfahren waren alle 20 bis 30 Teilnehmer der Partnertagung, an der auch der Chef des Kl teilnahm, eingeladen. An der Besichtigung der Bahn nahmen sämtliche Seminarteilnehmer zu Fuß teil. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kl noch nicht geplant gehabt, im Bob mitzufahren; er war auch noch nicht angemeldet. Da aber noch Plätze im Bob frei waren, fühlte sich der Kl bemüßigt, doch noch an der „Taxi-Bobfahrt“ teilzunehmen; dies deshalb, weil ihn auch sein Chef zur Teilnahme ermunterte. Er meldete sich an und unterfertigte auch den Haftungsausschluss. In der letzten Kurve gab es durch eine Richtungsänderung einen gewaltigen Ruck, wodurch der Kl einen Bruch des 4. Lendenwirbelkörpers erlitt.
Mit Bescheid [...] lehnte die bekl Allgemeine Unfallversicherungsanstalt die Anerkennung des Unfalls [...] als Arbeitsunfall und die Gewährung von Leistungen aus der UV ab.
Das Erstgericht verpflichtete die Bekl, dem Kl zur Abgeltung der Folgen des Arbeitsunfalls [...] eine Versehrtenrente [...] zu gewähren. Bei der Bobfahrt habe es sich um eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung gehandelt, weil sie im offiziellen Programm des Seminars enthalten gewesen sei [...]. Weiters sei der Kl von seinem Chef zur Teilnahme an der Fahrt ermuntert worden.
Infolge Berufung der Bekl wies das Berufungsgericht die Klage ab. Bei der Partnertagung [...] habe es sich nicht um eine unter dem Schutz der gesetzlichen UV stehende betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung gehandelt, weil diese Veranstaltung nicht vom AG des Kl organisiert und finanziert worden sei und sie auch nicht dem Zweck der Verbundenheit mit dem Unternehmen bzw der AN untereinander gedient habe. [...] Infolge der Freiwilligkeit der Teilnahme fehle der geforderte ursächliche Zusammenhang zur Fortbildungsveranstaltung.
Rechtliche Beurteilung
[...] 1. Arbeitsunfälle sind nach § 175 Abs 1 ASVG „Unfälle, die sich im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung ereignen“. Für die Qualifikation eines Unfalls als Arbeitsunfall ist insb erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang).357
2.1. Unter die Generalklausel des § 175 Abs 1 ASVG fällt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse und Fähigkeiten und Erfahrungen im Rahmen einer betrieblichen Berufsausbildung (10 ObS 137/01x, SSV-NF 15/138 [Ausbildung einer Berufsschullehrerin auf der Pädagogischen Akademie]). [...]
2.3. Findet die Ausbildungsmaßnahme außerhalb des Betriebs statt, dann gilt der Versicherungsschutz konsequenterweise wie bei Dienstreisen. Soweit dabei eine Verpflichtung zur Teilnahme an einem Rahmenprogramm besteht, ist auch dieses versichert (R. Müller in SV-Komm [92. Lfg, Stand 1.3.2014] § 175 ASVG Rz 59).
3. Dienstreisen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie in unmittelbarem Dienstinteresse unternommen werden. Es ist aber durchaus möglich, dass eine Dienstreise mit privaten Interessen verknüpft wird, sodass im Einzelfall genau zu prüfen ist, ob im Zeitpunkt des Unfallgeschehens tatsächlich der ursächliche Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit gewahrt ist. Zu bedenken ist jedoch, dass auf einer Dienstreise der Aufenthalt in einem fremden Ort auch außerhalb der Dienstzeit nicht in demselben Maße von rein eigenwirtschaftlichen Belangen beeinflusst ist wie derjenige am Wohnort. [...] Der Versicherungsschutz entfällt aber jedenfalls dann, wenn sich der Reisende rein persönlichen, von der dienstlichen Tätigkeit und den Besonderheiten des auswärtigen Aufenthalts nicht mehr wesentlich beeinflussten Belangen widmet (RIS-Justiz RS0084819), etwa einem Saunabesuch, dem Besuch der Hotelbar nach Beendigung der Dienstgeschäfte oder einem Spaziergang (Schwerdtfeger in
4. Der vorliegende Fall ist in gewisser Weise in der Mitte zwischen der eigentlichen Seminarteilnahme und einer rein privaten Verrichtung angesiedelt. Es bestand keine unmittelbare Verpflichtung zur Teilnahme an einer Taxi-Bobfahrt, aber eine gewisse Erwartungshaltung der Organisatoren, dass die Seminarteilnehmer mit dem Bob mitfahren. Naheliegenderweise sind für die Beurteilung, ob die im Rahmen der Dienstreise absolvierte Bobfahrt unter dem Schutz der gesetzlichen UV steht, diejenigen Kriterien heranzuziehen, die bei der Qualifikation von betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen angewendet werden (siehe dazu Taxerer, Unfallversicherungsrechtliche Fragen der Dienstreise, ZAS 2005/4, 16 [18 f]). Der mögliche Umstand, dass der Kl Erwartungen der Seminarorganisatoren erfüllen wollte, vermag für sich allein jedenfalls keinen Unfallversicherungsschutz zu begründen; maßgeblich sind die Verhältnisse auf der innerbetrieblichen Ebene.
4.1. Der Versicherungsschutz bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen wurzelt im betrieblichen Interesse an der Pflege der Verbundenheit zwischen dem DG und der Dienstnehmerschaft des Unternehmens. Aus dem Gedanken der Pflege der Betriebsverbundenheit wurden drei Voraussetzungen für den Versicherungsschutz abgeleitet (R. Müller in SV-Komm [Stand 1.3.2014] § 175 ASVG Rz 62; Pirker, Der sozialversicherungsrechtliche Schutz bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen, in
Es muss sich um eine vom DG organisierte und finanzierte Veranstaltung handeln,
sie muss allen oder zumindest Gruppen von Betriebsangehörigen offen stehen und
sie muss dem Zweck der Förderung der Verbundenheit mit dem Unternehmen bzw der DN untereinander dienen.
Diese Kriterien dienen der Abgrenzung versicherter betrieblicher Gemeinschaftsveranstaltungen von (unversicherter) bloß „subventionierter Freizeitgestaltung“ von DN (Krasney, Zum Unfallversicherungsschutz bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen, in FS Tomandl [1998] 475 [487 aE]).
4.2. Wesentlich für die betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung ist die Pflege der Betriebsverbundenheit zwischen DG und Mitarbeitern. Erst eine Mitwirkung des DG kann für die DN eine gewisse Zwangslage schaffen, an der betreffenden Veranstaltung teilzunehmen, die den Versicherungsschutz rechtfertigt (Tomandl in
4.3. Dem Berufungsgericht ist beizupflichten, dass die Taxi-Bobfahrt, obwohl sie im Seminarprogramm aufschien, eine organisierte Freizeitaktivität darstellte, die nicht in einem Maße von der Autorität des DG getragen wurde, dass sich der DN in allgemein begreiflicher Weise zur Teilnahme verpflichtet fühlen musste. Gerade die freien Plätze zeigen, dass offensichtlich das Verpflichtungsgefühl der übrigen Seminarteilnehmer nicht besonders ausgeprägt war. Das Verhalten des Kl mag vor allem unter Höflichkeitsaspekten gegenüber dem Seminarorganisator verständlich sein; eine besondere Verpflichtung dem AG gegenüber ist daraus aber nicht abzuleiten.
5. Da die E in Einklang mit der höchstgerichtlichen Rsp steht, ist die außerordentliche Revision des Kl mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen.
Im vorliegenden Fall hatte sich der OGH ein weiteres Mal mit einer Unfallsituation zu beschäftigen,358 deren Zuordnung weder zum betrieblichen Bereich noch zu rein privaten Interessen eindeutig war. Dem Sachverhalt zufolge nahm der Kl an einem Seminar mit Rahmenprogramm teil und verletzte sich bei letzterem schwer. Es stellte sich somit die Frage nach der Grenze des Unfallversicherungsschutzes.
Die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall iSd § 175 Abs 1 ASVG erfordert einen örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung. Die UV ist somit nur bei Vorliegen eines inneren Zusammenhangs der unfallverursachenden Handlung mit der versicherten Tätigkeitleistungspflichtig (OGH10 ObS 238/00yZAS 2002/4, 25 [Taxerer]; OGH10 ObS 16/11tDRdA 2013/21, 237 [R. Müller]; Taxerer, Unfallversicherungsrechtliche Fragen der Dienstreise, ZAS 2005, 16 [17]; R. Müller in
Die verpflichtende Teilnahme an Ausbildungs-, Schulungs- und Umschulungsmaßnahmen, die der/die AG veranstaltet oder zumindest organisiert, ist nach stRsp unfallversichert (OGH10 ObS 137/01xSSV-NF 15/138 = RdW 2002/471, 491; OGH10 ObS 105/02tDRdA 2003, 459 = SSV-NF 17/52 mwN). Von einer Verpflichtung wird Rudolf Müller folgend im Zweifel dann auszugehen sein, wenn die Ausbildungsveranstaltung in der Arbeitszeit stattfindet (in
Für das Bestehen eines Unfallversicherungsschutzes ist auch bei Dienstreisen zu unterscheiden, ob die Betätigung, die zu einem Unfall führte, mit dem Beschäftigungsverhältnis rechtlich wesentlich zusammenhängt oder ob sie der privaten Sphäre des/der Versicherten zuzurechnen ist. Eine Besonderheit besteht nach stRsp allerdings darin, dass während einer Dienstreise dieser innere Zusammenhang auch außerhalb der eigentlichen dienstlichen Beschäftigung im Allgemeinen eher anzunehmen ist als am Wohn- bzw Betriebsort. Begründet wird dies mit dem Umstand, dass der/die AN während einer Dienstreise idR gezwungen ist, seinen/ihren lebensnotwendigen Bedürfnissen unter anderen Bedingungen als an seinem/ihrem Wohnort nachzukommen (OGH10 ObS 316/91SZ 65/53 = SSV-NF 6/39; OGH10 ObS 120/01xinfas 2002, 14 = RdW 2002/107; OGH10 ObS 105/02tDRdA 2003, 459 = SSV-NF 17/52; OGH10 ObS 9/06fDRdA 2006, 495 = SSV-NF 20/27). Daher stehen auch Hotelaufenthalte bei länger andauernden Dienstreisen unter Versicherungsschutz, solange keine eigenwirtschaftlichen Tätigkeiten ausgeübt werden (das Verstauen der Toilettetasche im Bad zählt aber zB zum privaten Bereich: OGH10 ObS 129/09gDRdA 2010, 254 = SSV-NF 23/82; OGH10 ObS 63/11dSSV-NF 25/71). Von der Rsp ebenfalls aus dem Schutzbereich der UV ausgeschlossen wurde die reine Freizeitgestaltung auf Dienstreisen (wie etwa Tennisspielen, ein Saunaaufenthalt oder der Besuch der Hotelbar nach Beendigung der dienstlichen Aufgaben; OGH10 ObS 146/95SSV-NF 9/71; OGH10 ObS 105/02tDRdA 2003, 459 = SSV-NF 17/52; OGH10 ObS 9/06fDRdA 2006, 495 = SSV-NF 20/27 mwN; vgl auch Taxerer, Unfallversicherungsrechtliche Fragen der Dienstreise, ZAS 2005/4, 16 [18]).
Da sich der Unfall im vorliegenden Fall bei der Absolvierung des Rahmenprogramms ereignete, musste sich der OGH folglich mit der schwierigen Frage beschäftigen, ob es sich bei diesem um eine reine Freizeitaktivität der Dienstreise handelte, die keinen Schutz der UV begründet oder ob ein Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit des Kl bejaht werden kann. Ist der/die AN zur Teilnahme an einem Rahmenprogramm verpflichtet und können die Voraussetzungen für das Vorliegen einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung bejaht werden, dann fällt dieses unter den Schutz der UV (R. Müller in
Für Unfälle bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen gibt es keine spezielle gesetzliche Regelung. Sie stehen aber nach hL und Rsp, soweit die Teilnahme daran in Ausübung der Erwerbstätigkeit geschieht, unter Versicherungsschutz (Tomandl in
Voraussetzung ist, dass allen Betriebsangehörigen oder, falls eine zu große Anzahl an AN im Betrieb359 eine gemeinsame Veranstaltung verhindert, zumindest einigen AN einzelner Abteilungen oder Gruppen, eine Teilnahme ermöglicht wird. Dabei soll die betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung eine gewisse Mindestbeteiligung aufweisen, da ansonsten die Möglichkeit der Verbundenheitspflege mit dem Unternehmen bzw zwischen den AN nicht gegeben ist (OGH10 ObS 23/91SSV-NF 5/8; OGH10 ObS 121/05zSSV-NF 19/75= infas 2006, 21; OGH10 ObS 54/12gecolex 2013, 157 [Schoditsch] = SSV-NF 26/35; Krasney, Zum Unfallversicherungsschutz bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen, in FS Tomandl [1998] 475 [483]; R. Müller in
Der OGH untersuchte im vorliegenden Fall lediglich, ob sich der Kl aufgrund seiner Eigenschaft als AN zur Fahrt mit dem Taxi-Bob verpflichtet fühlen musste und folgte dem Berufungsgericht in der Ansicht, dass es sich um eine Freizeitaktivität handelte, die kein Teil des Seminars war und zu deren Teilnahme der Kl nicht gedrängt wurde. Der OGH begründete diese Auffassung mit den freien Plätzen, die das fehlende Verpflichtungsgefühl der übrigen SeminarteilnehmerInnen ausdrückten. Auch der Umstand, dass der Kl sich zuerst gar nicht angemeldet hatte, verstärkte nach Ansicht des OGH zusätzlich das Argument des fehlenden Druckes.
Nicht ganz nachvollziehbar ist, weshalb der OGH der Tatsache, dass der Chef des Kl ihn zur Fahrt ermuntert und möglicherweise überredet hat, keine wirkliche Beachtung geschenkt hat. Ein Überreden des/der Vorgesetzten kann nämlich durchaus als Zwang bzw Druck gewertet werden. Dafür würde auch sprechen, dass der Kl zuerst nicht angemeldet war und sich erst aufgrund des Zuspruchs durch seinen Vorgesetzten zur Mitfahrt entschieden hat. Folgt man weiters Tomandl in der Ansicht, dass selbst eine erwartete Reaktion von ArbeitskollegInnen, sollte der/die AN nicht an der betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung teilnehmen, bereits Druck auf den/die AN auslösen könne, dann würde jedenfalls eine Ermunterung durch ein vorgesetztes Organ den/die AN zur Teilnahme drängen (Tomandl, Der Arbeitsunfall – Ein Rechtsprechungsvergleich: OGH und deutsches Bundessozialgericht, in FS Bauer/Maier/Petrag [2004] 341 [350]). Trotzdem kann der E mE im Ergebnis zugestimmt werden. Die freien Plätze deuten sehr wohl auf eine fehlende Verpflichtung hin, die dadurch unterstrichen wird, dass der Bahnführung, die unmittelbar vor der Abfahrt mit dem Taxi-Bob stattfand, alle TeilnehmerInnen beiwohnten. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass die Mitfahrt des Kl ausschlaggebend für die Durchführung des „Cups“ war, weshalb auch aus diesem Umstand kein Druck entstanden sein konnte. Wie bereits erwähnt, ist aus dem festgestellten Sachverhalt nicht ersichtlich, wie diese Ermunterung stattgefunden hat und ob sie daher als Druck gegenüber dem Kl zu werten gewesen wäre, weshalb schlussendlich wohl auch daraus zu schließen ist, dass kein Verpflichtungsgefühl zustande gekommen ist.
In weiterer Folge widmete sich der OGH noch dem Umstand, dass auch aus der Beteiligung an diesem Programmpunkt aufgrund von Höflichkeitsaspekten gegenüber den OrganisatorInnen noch keine Verpflichtung gegenüber dem/der AG abzuleiten sei. Wohingegen er in einer früheren E (OGH10 ObS 120/01xRdW 2002/107 = ARD 5302/9/2002), bei der ein österreichisches Delegationsmitglied bei einer Schießübung im Zuge einer Exkursion mit dem chinesischen Delegationsleiter und Forstdirektor einen Hörsturz erlitt, angenommen hat, dass aufgrund der Teilnahme aller Exkursionsmitglieder, wenn auch lediglich aus Höflichkeit, ein Versicherungsschutz gegeben war. Der OGH argumentierte in diesem Fall, dass das Zustandekommen der Schießübung nicht im Einflussbereich der ÖsterreicherInnen gelegen habe und eine Teilnahme von den für die wissenschaftliche Zusammenarbeit Verantwortlichen gewünscht gewesen sei, um auch aufgrund von Kommunikationsproblemen (sowohl fehlende Englischkenntnisse bei der chinesischen Delegation als auch fehlende Chinesischkenntnisse auf Seiten der ÖsterreicherInnen) zu einem positiven Arbeitsklima beizutragen.
Im Lichte dessen, dass sich im vorliegenden Fall weder alle TeilnehmerInnen des Seminars an der Bobfahrt beteiligten noch dies für eine weitere Zusammenarbeit von Bedeutung war, ist die Argumentationslinie des OGH nachvollziehbar. Daher360 begründete eine Teilnahme lediglich aus Höflichkeit gegenüber den OrganisatorInnen in diesem Fall noch keine Verpflichtung gegenüber der AG des Kl.
Aus dem Sachverhalt geht in weiterer Folge noch hervor, dass es sich bei der Bobfahrt um ein Team-Event mit anschließender Siegerehrung gehandelt hat. Daher könnte auch die Rsp zu sportlichen Aktivitäten mit Wettkampfcharakter herangezogen werden, die ebenfalls zu einer Ablehnung des Versicherungsschutzes führen würde.
Nach stRsp können sportliche Aktivitäten prinzipiell im betrieblichen Interesse liegen, da sie meist dem Ausgleich einseitiger körperlicher, geistiger oder nervlicher Belastungen des/der AN dienen. Organisiert daher ein AG ein sportliches Event, das Gesundheits- oder Körperschädigungen vorbeugen soll, so steht ein dabei erlittener Unfall unter Versicherungsschutz. Die Grenze von betrieblichen hin zu privaten Interessen ist aber überschritten, sobald der sportliche Wettkampfcharakter im Vordergrund steht (OGH10 ObS 224/89ÖJZ 1990/15 = SZ 62/139; OGH10 ObS 245/93ARD 4558/64/94= infas 1994, 13; OGH10 ObS 253/98y
Auch die konsequente Anwendung der Rsp des OGH zu sportlichen Aktivitäten bei Gemeinschaftsveranstaltungen, die eine erhebliche Gefahrenerhöhung darstellen, hätte wahrscheinlich zu einer Verneinung des Versicherungsschutzes der UV geführt. Nicht geschützt sind laut OGH sportliche Tätigkeiten, die mit einer nicht unbeträchtlichen Gefahr verbunden sind, die das übliche Risiko, das mit derartigen Veranstaltungen zusammenhängt, wesentlich übersteigt (OGH10 ObS 234/92SSV-NF 6/115 mwN; siehe auch Tomandl in
Der OGH ist auch in dieser E seiner bisherigen Linie treu geblieben und hat den Ausschluss des Versicherungsschutzes auf ein fehlendes Verpflichtungsgefühl des Kl gegenüber seiner AG gestützt. Aus dem Sachverhalt waren keine Umstände ersichtlich, die den Kl aufgrund seiner Eigenschaft als AN so sehr unter Druck gesetzt hätten, dass er nur deshalb der Teilnahme an der Taxi-Bobfahrt zugestimmt hat. Insb reicht eine Teilnahme aufgrund von Höflichkeitsaspekten gegenüber den OrganisatorInnen nicht aus, um einen Versicherungsschutz entstehen zu lassen. Zusätzlich hätte mE auch die Anwendung der Rsp zu sportlichen Aktivitäten mit Wettkampfcharakter sowie der Rsp zu erheblicher Gefahrenerhöhung zu einer Verneinung des Vorliegens einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung und damit des Versicherungsschutzes geführt.361