WobstLohn von Dritten

Duncker & Humblot Verlag, Berlin 2015 270 Seiten, € 89,90

MONIKADRS (WIEN)

Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine Dissertation, die im Wintersemester 2014/15 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München angenommen wurde. Diese Arbeit beschäftigt sich mit den arbeits-, steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Problemen, die sich stellen, wenn ein vom AG unabhängiger Dritter dem AN Zahlungen (Lohn) zukommen lässt, und das aus Sicht des deutschen Rechts.

Dabei geht der Autor Felix Wobst in Kapitel 1 zunächst der Frage nach, was als „Lohn vom Dritten“374 zu verstehen ist und hebt einige Beispiele hervor, auf die er in seiner Arbeit in der Folge immer wieder zurückkommt, wie zB Zahlungen der Konzernmütter und Anteilseigner, der Franchisegeber, der Führungskräfte (zB Beteiligungen der Ober- und Assistenzärzte an den Privatliquidationseinnahmen der Chefärzte) oder der Geschäftspartner und Kunden (zB die in manchen Branchen üblichen klassischen Trinkgelder) und zuletzt die Kundenbindungsprogramme (zB Vielfliegermeilen).

Das zweite und gleichzeitig bei weitem ausführlichste Kapitel beschäftigt sich mit den arbeitsrechtlichen Aspekten: Zuerst erfolgt eine kurze Analyse des Drei-Personen-Verhältnisses (zwischen Dritten, AN und AG), wobei der Autor vor allem die Möglichkeit einer ausdrücklichen oder konkludenten Drittzuwendungsvereinbarung zwischen dem Dritten und dem AN vertieft und zu dem Ergebnis kommt, dass es sich dabei um ein atypisches und entgeltliches Schuldverhältnis handelt, auf das einige arbeitsrechtliche Normen (analog) anwendbar sind, wobei er aber idR von einer dispositiven Wirkung der im Arbeitsrecht zwingenden Normen ausgeht (zB Kündigungsfristen für auf unbestimmte Zeit geschlossene oder kraft betrieblicher Übung begründete Drittzuwendungsvereinbarungen, Entgeltfortzahlungsbestimmungen bei Urlaub und Feiertagen).

Anschließend geht er insb folgenden Fragen nach: Wie spielen Dritt- und AG-Zuwendungen im Lohngefüge zusammen? Dabei geht es insb darum, ob ein Herausgabeanspruch des AG besteht bzw ob erhaltene Drittzuwendungen auf den AG-Lohn, aber zB auch auf Lohnunter- oder Obergrenzen angerechnet werden können. Wie kann der AN Ansprüche gegen einen Dritten erwerben? Dabei geht es ua um die Frage, ob die betriebliche Übung auch einen Dritten binden kann, was der Autor bejaht, wenn der Dritte an der Wertschöpfung durch den AN-Einsatz partizipiert. Welchen Bestandschutz genießen diese Ansprüche? Muss der Dritte arbeitsrechtliche Gleichbehandlungs- und Diskriminierungsverbote beachten? Ist der Dritte fortzahlungspflichtig (zB bei Urlaub, Feiertagen, Krankheit, Mutterschaft und in anderen Fällen der Arbeitsverhinderung)? Der Autor unterscheidet dabei zwischen zwei Gruppen von Lohnfortzahlungspflichten: für Zeiten eines planbaren Arbeitsausfalls (zB Urlaub und Feiertage) und denen zur Absicherung eines nicht kalkulierbaren Lebensrisikos (zB Krankheit und Schwangerschaft), wobei sE nur die Entgeltfortzahlungsbestimmung der zweiten Gruppe auf den AG beschränkt sind, während die der ersten Gruppe den Dritten ebenso treffen, wenn auch nur mit dispositiver Wirkung. Dabei ist zu beachten, dass Drittzuwendungsvereinbarungen seiner Meinung nach – mit angemessener Frist – gekündigt werden können. Kann der AN vom AG Lohnanpassung fordern, wenn er den Anspruch auf Drittlohn verliert? Sind Drittlohnansprüche insolvenzgesichert? Welcher Rechtsweg ist bei einem Streit über Drittlohnansprüche zu beschreiten: ordentlicher Rechtsweg oder Arbeitsrechtsweg?

In den folgenden beiden Kapiteln werden die steuerrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Aspekte behandelt. Im Kapitel 3 geht es insb darum, ob bzw wie der Drittlohn zu besteuern ist (Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sonstige Einkünfte), ob Steuerbefreiungen gelten, mit welcher Bemessungsgrundlage der Drittlohn gegebenenfalls der Steuer zu unterwerfen ist und wer die Steuer abzuführen hat, aber auch um die Frage der steuerlichen Berücksichtigung beim Dritten. Im Kapitel 4 geht es um die Frage, ob Drittzuwendungen als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt einzustufen sind, wobei es – wie beim Steuerrecht – nicht nur um die Frage der Beitragspflicht, sondern auch der Bemessungsgrundlage und der Beitragsabführung geht. Abschließend werden die Auswirkungen von Drittzuwendungen auf die Sozialversicherungsleistungen beleuchtet.

Im 5. Kapitel beschäftigt sich der Autor noch kurz mit der Möglichkeit des Drittlohns als personalwirtschaftliches Instrument und das sowohl aus der Sicht des Dritten als auch aus der des AG und des AN. Die wesentlichen Ergebnisse dieser Arbeit werden dann im 6. und zugleich letzten Kapitel nochmals zusammengefasst.

Das Buch bietet eine sehr übersichtliche Gliederung und ermöglicht selbst einem Leser, der nicht die Zeit hat, das ganze Buch vom Anfang bis zum Ende genau zu studieren, durch seine am Anfang eines jeden (Unter-)Kapitels aufgelisteten Fragestellungen mit genauem Hinweis, wo diese Aspekte dann behandelt werden und den wiederholten Zusammenfassungen am Ende eines jeden (Unter-)Kapitels, eine guten Überblick über die behandelten Themen und ihre Lösungen.

Da das österreichische Recht zum Teil sehr ähnliche Bestimmungen aufweist, auch wenn der österreichische Gesetzgeber diese Rechtsfragen im Detail doch etwas anders gelöst hat, ist es mE sehr interessant zu lesen, welche Überlegungen der Autor dazu anstellt und zu welchen Ergebnissen er kommt, selbst wenn diese nicht alle auf das österreichische Recht übertragbar sind.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass das Buch einen überaus interessanten Einblick in die deutschen Bestimmungen im Zusammenhang mit Drittzuwendungen bietet. Da sich diese Fragen ebenso im österreichischen Recht stellen und es bisher – soweit mir das bekannt ist – keine entsprechende Aufarbeitung dieses Themas aus österreichischer Sicht gibt, ist dieses Buch auch den österreichischen Rechtsanwendern aufs wärmste zu empfehlen.